Einzelnen Beitrag anzeigen
  #19  
Alt 06.06.15, 16:38
Benutzerbild von TomS
TomS TomS ist offline
Singularität
 
Registriert seit: 04.10.2014
Beitr?ge: 3.124
Standard AW: Schleifen-Quantengravitation und Stringtheorie

Zitat:
Zitat von Dave Beitrag anzeigen
Warum sollte das Universum nach der Stringtheorie mehr als vier Dimensionen haben?
Die Antwort darauf ist kompliziert. Ich versuche mal eine kurze Darstellung:

In der Stringtheorie wird eine geometrische Abbildung des eindimensionalen Strings bzw. seiner zweidimensionalen Weltfläche (entlang seiner Zeitkoordinate) in eine n-dimensionale Raumzeit untersucht. Die Geometrie der Weltfläche weist dabei eine extrem hohe innere Symmetrie auf (ähnlich wie bei Faserbündeln im Falle von Eichtheorien, allerdings ist die zugrundeliegende Symmetriegruppe unendlich-dimensional).

Im Zuge der Quantisierung des Strings resultieren für diese Symmetriegruppe Anomalien, d.h. die Symmetrie bricht teilweise zusammen. Derartige Anomalien sind auch aus Quantenfeldtheorien bekannt; im wesentlichen gibt es gutartige, globale Anomalien (z.B. axiale Anomalien, die für die korrekte Zerfallsrate des neutralen Pions in zwei Photonen sowie die vergleichsweise hohe Masse des eta'-Mesons verantwortlich sind), sowie bösartige lokale Anomalien (z.B. die chiralen Anomalien des Standardmodels). Letztere deuten üblicherweise auf eine Inkonsistenz der quantisierten Theorie hin; diese ist damit mathematisch gescheitert. Lokale Anomalien müssen unter allen Umständen vermieden werden.

Im Standardmodell führt dies dazu, dass jede Fermionen-Generation vollständig sein muss; ein fehlendes Teilchen würde eine Anomalie der elektro-schwachen Eichsymmetrie bedeuten. Daraus folgte z.B. zwingend die Existenz des (experimentell lange nicht nachgewiesenen) Top-Quarks. Außerdem folgen bestimmte algebraische Relationen zwischen den verallgemeinerten Ladungen.

1) Im Rahmen der Stringtheorie lässt sich die sogenannte Weyl-Anomalie als lokaler Ausdruck für die Spur des Energie-Impuls-Tensors (auf der Weltfläche) als Produkt des Ricci-Skalars (des Krümmungsskalars der Weltfläche) mit der dimensionsabhängigen Konstanten (D - 26) darstellen (letztere folgt explizit aus der Berechnung). Die Forderung nach Anomalienfreiheit bedeutet hier, dass dieser Term Null ist. Und daraus folgt für die bosonische (bzw. die fermionische / supersymmetrische) Stringtheorie der Wert D = 26 (bzw. D = 10).

2) Ein zweiter wesentlicher Mechanismus resultiert aus den Symmetrien der String-Weltfläche sowie deren Einbettung in die Raumzeit im Rahmen einer sogenannten heterotischen Superstringtheorie. Wieder resultiert zunächst D = 26 (s.o). Zunächst werden 16 Dimensionen kompaktifiziert, die verbleibenden 26 - 16 = 10 entsprechen gerade den 10 bekannten Dimensionen der fermionischen / supersymmetrischen Stringtheorie. Die Kompaktifizierung resultiert in chiralen Fermionen sowie Eichfeldern; chirale Fermionen führen zu den o.g. axialen (hier lokalen, bösartigen) Anomalien der Eichsymmetrie. Wenn man alle Terme berechnet, die zur Anomalie beitragen, dann stellt man fest, dass sich alle Terme exakt zu Null addieren, wenn die resultierende Eichsymmetrie durch seine Eichgruppe der Dimension 496 beschrieben wird; es gibt genau zwei Eichgruppen, die diese Eigenschaft erfüllen, nämlich SO(32), E(8) [vgl.: in der QCD liegt die SU(3) vor, deren Dimension ist 8; dies entspricht der Abzahl der Eichfelder = der Gluonen]. Damit legt die sogenannte Green-Schwarz-anomaly cancellation exakt die beiden erlaubten heterotischen Superstringtheorien fest.
__________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.

Ge?ndert von TomS (07.06.15 um 08:54 Uhr)
Mit Zitat antworten