Thema: Superposition
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Alt 27.01.19, 16:13
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TomS TomS ist offline
Singularität
 
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Standard AW: Quanten-Zeno-Effekt

Zitat:
Zitat von it77 Beitrag anzeigen
Meine Phantasie sagt mir:
Vermutlich erklärt die VWI den Effekt genauso, nur dass der Kollaps der Wellenfunktion mit einer Aufspaltung der Welten verbunden ist.
Wenn bei a=0,9 gemessen wird, findet eine Aufspaltung in 10 neue Welten statt. In neunen wird "kein Zerfall" und in einer "Zerfall" gemessen.
Wenn a=0,99 erfolgt eine Aufspaltung in 100 Welten. Die Frage ist, was passiert, wenn a einen irrationalen Wert annimmt.
Du kannst diese „Welten“ nicht „zählen“.

Du kannst lediglich das relative Maß eines Unterraumes (innerhalb des gesamten Hilbertraumes) bestimmen, innerhalb dessen eine bestimmte Eigenschaft vorliegt.

Betrachte die Erdoberfläche und stelle dir folgende Frage: „Wieviele Ländern sind Wüsten“? Die Frage ist offensichtlich sinnlos, denn der Begriff „Wüste“ kann nicht politisch erfasst werden. Genau ist die Frage „In wievielen Welten lebt die Katze“ sinnlos.

Die interessante Frage lautet, „wie groß ist der Anteil unserer Erde, innerhalb dessen Wüste vorliegt“.

Zitat:
Zitat von it77 Beitrag anzeigen
Auch stellen sich Fragen wie: Was zwingt mich, die Existenz objektiver Unbestimmtheit anzunehmen? Warum genügt es nicht zu sagen, ich weiss nicht, ob die Katze tot ist, warum muss ich annehmen, dass der Atomkern sich objektiv in einem Überlagerungszustand befindet und kann man das (experimentell) überhaupt unterscheiden: Superposition und subjektives Unwissen?
Dazu zwingt dich niemand, zumindest kein Physiker.

Du kannst sehr wohl konsistent Physik betreiben, indem du eine rein instrumentalistische Haltung einnimmst: du weißt nicht, in welchen Zustand sich der Atomkern tatsächlich befindet, und es ist dir auch egal, solange du berechnen kannst, was das Messgerät dir mit welcher Wahrscheinlichkeit anzeigen wird.

Der Punkt ist nur, dass diese Vermeidungsstrategie letztlich gerade mit der Quantenmechanik ihren Anfang genommen hat, da zunächst keine Interpretation vorlag, nach der man überhaupt konsistent davon sprechen konnte, was wirklich der Fall ist. Heute scheint die einzig konsistent Interpretation, die dies vollumfänglich zulässt, die Everettsche Viele-Welten-Interpretation zu sein, die von vielen Physikern wegen ihrer schwer erträglichen Konsequenzen - nicht Postulaten - abgelehnt wird. Wenn man andererseits darüber sprechen möchte, was real der Fall ist - auch ohne bzw. vor einer Messung - dann kommt man an Everett nicht vorbei.

Die Vermeidungsstrategie ist auch nichts, was die meisten Physiker wirklich verinnerlicht haben. Natürlich sind sie daran interessiert, wie die Natur tatsächlich funktioniert. Kein Physiker am CERN benutzt die QFT nur, um die Ergebnisse der nächsten Experimente zu berechnen, sondern weil ihn die Natur an sich interessiert. Ohne dieses Interesse an der „Wahrheit über die Natur“ würde er nicht Physik betreiben, es wäre schlichtweg uninteressant. Erst wenn man ihn dann auf das Wesen der Quantenmechanik anspricht, wird er entweder zum Everettianer, oder er reduziert die Quantenmechanik auf eine effiziente Prognosemaschine ohne Realitätsanspruch.

Beides sollte mit genügender Vorsicht ausgesprochen werden, denn ich denke, kein Physiker ist wirklich von der einen oder der anderen Sichtweise vollständig überzeugt.

Zitat:
Zitat von it77 Beitrag anzeigen
Aber es gibt z.B. auch eine Sterbestatistik. Die kann relativ genau vorhersagen, wie viel Prozent der 80-jährigen, der 81-jährigen usw. dieses Jahr versterben werden. Die Annahme von "Superposition" ist hier gar nicht notwendig.

Seltsam finde ich aber vor allem, dass die Physik jetzt auch noch unterscheiden können will,
- ob sich alle Rentner in Superposition (also jeder einzelne zu 10% tot, zu 90% lebendig ist) oder
- 10% der Rentner tot und 90% lebendig sind.
Das liegt daran, dass die mathematischen Eigenschaften sowie die experimentellen Konsequenzen der Superposition der Quantenmechanik sich fundamental von den mathematischen Eigenschaften sowie den experimentellen Konsequenzen eines statistischen Gemisches unterscheiden.

Man kann auch in der Quantenmechanik statistische Gemische von Teilchen ohne Superposition beschreiben, aber daraus folgen z.b. nicht die tatsächlich beobachteten Interferenzen (z.B. am Doppelspalt). Der vertraue Formalismus klassischer statistischer Gemische ist für die Beschreibung vieler Systeme und der Ableitung diverser Phänomene nicht ausreichend.

Zitat:
Zitat von it77 Beitrag anzeigen
Wenn ich die urspüngliche Formulierung der Unschärferelation lese, kommt diese auch ohne Superposition aus. Ich sehe auch nicht, dass entweder Ort oder Impuls unscharf sind, sondern beide sind gleichzeitig unscharf (in dieser Formulierung, wenn ich sie richtig verstanden habe).
Ich denke, die ursprünglichen Formulierung von Heisenberg et al. sind nicht sehr hilfreich und wenig präzise. Man muss die mathematischen Aussagen bzgl. des Zustandsvektors nach Dirac und von Neumann sehr klar von Veranschaulichungen a la Bohr und Heisenberg unterscheiden.
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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.

Ge?ndert von TomS (27.01.19 um 16:43 Uhr)
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