Zitat:
Zitat von future06
Wie geht die VWI eigentlich mit der Energieerhaltung um? Aus einer Katze werden doch ganz schnell sehr sehr viele Katzen.
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Die Energieerhaltung ist exakt gültig.
Dazu betrachten wir zunächst den Zustand vorher
|Katze> ⊗ (|a> + |b>)
Die Zustände |a> und |b> bezeichnen dabei z.B. die Superposition aus zerfallenem und nicht zerfallenem Teilchen. Die Normierung erfordert
<Katze|Katze> (<a| + <b|)(|a> + |b>) = 1
Ich setze die einzelnen Zustände als normiert voraus, d.h.
<Katze|Katze> = 1
(<a| + <b|)(|a> + |b>) = <a|a> + <b|b> = 1
Dabei verwende ich
<a|b> = 0
d.h. beide Zustände mischen nicht.
Die Energie kann man mittels des Hamiltonoperators
H = H
Katze ⊗ 1 + h
berechnen. In h steckt der "Rest", also die Energie und Wechselwirkungen des Teilchens, der Umgebung usw. Für die Berechnung der Energie dominiert der Teil der Katze und wir dürfen den Beitrag von h als klein annehmen.
Die Energie lautet dann
E = <Katze| ⊗ (<a| + <b|) (H
Katze ⊗ 1 + h) |Katze> ⊗ (|a> + |b>) = <Katze| H
Katze |Katze> (<a| + <b|)(|a> + |b>) + <Katze|Katze> + (<a| + <b|) h (|a> + |b>) + ...
Nun setzen wir die o.g. Normierungsbedingungen ein und verwenden, dass h nur kleine Beiträge ... liefert. Dann gilt
E = <Katze| H
Katze |Katze> + ...
Als nächstes zeige ich formal die Energieerhaltung für den Gesamtzustand. Im Zuge der Wechselwirkung und der Messung entwickelt sich der Zustand gemäß der unitärer Dynamik und lautet zur Zeit t allgemein
|Zustand,t>= exp(-iHt) |Zustand,0>
Die Energie lautet
E(t) = <Zustand,t| H |Zustand,t> = <Zustand,0| exp(iHt) H exp(-iHt) |Zustand,0>
Nun vertauscht die Zeitentwicklung exp(-iHt) jedoch mit H selbst, und daher gilt
E(t) = <Zustand,0| H |Zustand,0>
Die Gesamtenergie ist also trivialerweise erhalten. Dabei muss ich keine spezielle Annahme über den Zustand machen.
Zuletzt betrachte ich die Verzweigung des Zustandes nach Everett. Der Zustand lautet näherungsweise
|Zustand,t> = |Katze A> ⊗ |a> + |Katze B> ⊗ |b> + ...
A bezeichnet dabei den makroskopisches Zustand der Katze, z.B. "lebendig" oder "tot", der dem mikroskopischen Zustand des Teilchens, z.B. "nicht zerfallen", "zerfallen" entspricht. Weitere Interferenzterme ... sind aufgrund der Dekohärenz unterdrückt.
Die Normierung des Zustandes lautet
<Katze A|Katze A> <a|a> + <Katze B|Katze B> <b|b> + ... = 1
... bezeichnet wieder kleine Terme; <a|b> = 0.
Zuletzt verwende ich noch, dass auch wieder jeder Katzenzustand für sich normiert ist.
<Katze A|Katze A> = <Katze B|Katze B> = 1
Das ist ebenfalls näherungsweise erfüllt, d.h. liefert nur Terme zu ...
Damit folgt wieder unsere Normierung von oben.
<a|a> + <b|b> + ... = 1
Als Beobachter "innerhalb" des Zweiges "A" beobachte ich nur die erste Komponente des Gesamtzustandes. Die Anteile von "B" sind zwar gemäß Everett existent, jedoch für einen Beobachter in "A" aufgrund der Dekohärenz unsichtbar.
Als Beobachter in "A" berechne ich nun die Energie, die ich in "A" sehe. Dazu muss ich beachten, dass mein Zweig alleine
|Katze A> ⊗ |a>
nicht normiert ist. Die Norm lautet
<Katze A|Katze A> <a|a> = <a|a>
Um die Energie zu berechnen, muss ist den Erwartungswert von
H
Katze ⊗ 1
im Zweig
|Katze A> ⊗ |a>
berechnen. Das liefert
<Katze A| H
Katze |Katze A> <a|a>
Diesen muss ich durch das Gewicht <a|a> meines Zweiges dividieren. Die "für mich" sichtbare Energie lautet also
E
A = <Katze A| H
Katze |Katze A> <a|a> / <a|a> = <Katze A| H
Katze |Katze A> + ...
... fasst kleine Terme zusammen, die z.B. Interferenzen von lebenden und toten Katzen beschreiben, Wechselwirkungen des Teilchens und der Umgebung mit der Katze usw.
Das Ergebnis besagt, dass die Gesamtenergie
exakt erhalten bleibt, und dass die innerhalb eines Zweiges "sichtbare Energie" in dem Maße der Gesamtenergie entspricht, in dem die Näherungen in ... gültig sind. Letztere sind aber gerade immer dann gültig, wenn der jeweils andere Zweig sozusagen unsichtbar wird; ... umfasst ja gerade die Interferenzterme mit dem jeweils anderen Zweig.
Wenn wir also die Energieerhaltung für
mikroskopische, quantenmechanische Systeme betrachten, dann werden wir letzteres gerade nicht abwenden, sondern wir werden das Gesamtsystem betrachten, da die Superpositionen eben nicht unsichtbar sind. Wenn wir dagegen die selbe Betrachtung für
makroskopische Systeme anstellen, die unter dem Einfluss der
Dekohärenz stehen, dann wird ein Teil des Gesamtsystems für uns "unsichtbar". Die Gültigkeit dieser Näherung für das "Unsichtbarwerden" ist exakt dieselbe Näherung wie die für die Berechnung der Energie im verbleibenden "sichtbaren Zweig". Wenn also diese Bedingungen vorliegen, dann folgt, dass die "sichtbar bleibende Energie" innerhalb eines Zweiges wieder der Gesamtenergie entspricht. Und dies gilt für jeden der beteiligten Zweige.
Zusammenfassend: Betrachtet man das Ergebnis aus einer "Vogelperspektive" über alle Zweige, dann verteilt sich die exakt erhaltenen Gesamtenergie über alle diese Zweige. Betrachtet man das Ergebnis aus der "Froschperspektive" eines Beobachters "innerhalb" eines Zweiges, so entspricht die für diesen Beobachter sichtbare Energie der exakt erhaltenen Gesamtenergie.