Zitat:
Zitat von JoAx
Ich habe die Raumzeit "damals" als pseudoeuklidisch charakterisiert, und SCR meinte, mit Berufung auf ART und Einstein selbst, dass das falsch wäre, und die Raumzeit hyperbolisch sei. Das möchte ich gerne klären.
a. Was meint Einstein mit - "hyperbolisch",
b. "beißt" sich das mit "meiner" Formulierung, oder nicht.
|
Hallo Johann,
es "beißt" sich nicht. SCR hat recht und du hast auch recht.
Die Minkowski-Raumzeit ist hyperbolisch und sie kann man auch als pseudoeuklidisch charakterisieren. Im dreidimensionalen Ortsraum erfolgt die kugelsymmetrische Lichtausbreitung in Form einer Kugel mit einem zeitlich anwachsenden Radius R:
(1) x² + y² + z² = R = c²t²
Dieser Sachverhalt stellt ich vierdimensional wie folgt dar:
(2) x² + y² + z² ─ (ct)² = 0
Minkowski schlug nun vor, statt mit der reellen Größe (ct) mit einer imaginären vierten Koordinate, nämlich (ict) zu arbeiten. Dann ergibt sich:
(3) x² + y² + z² + (ict)² = 0
Das ist nun analog zum euklidischen Pythagoras. Ich denke, man nennt diese Art der Charakterisierung pseudoeuklidisch. Durch den Kunstgriff der Verwendung der imaginären Einheit i erreicht man, dass die Zeit scheinbar dieselbe Qualität wie der Raum bekommt. Damit konnte man dann formal die dreidimensionalen Drehungen auf vierdimensionale Drehungen verallgemeinern. Originalton Hermann Minkowski:
Dadurch wird alles noch viel anschaulicher!
Wie hängt nun diese pseudoeuklidische Charakterisierung mit "hyperbolisch" zusammen?
Für den Fall der Dreieckswinkelsumme kleiner als 180 Grad entdeckt der Mathematiker Lambert die Trigonometrie einer Kugel von
imaginärem Radius i, deren geometrische Verhältnisse durch die hyperbolischen Funktionen (sinh, cosh, etc) beschrieben werden
Ein Raum, dem ein Skalarprodukt, das
imaginäre Abstände (z.B. wie ict in Formel 3) zulässt, zugrundelegt, ist der
pseudoeuklidische Raum. Der Ereignisraum der speziellen Relativitätstheorie ist ein vierdimensionaler pseudoeuklidischer Minkowski-Raum.
Der Mathematiker Felix Klein wies nach, dass die Gruppe der Lorentz-Transformationen die gleiche Struktur besitzt wie die Transformationsgruppe des
hyperbolischen (Lobatschewskischen) Raumes.
Hans Jürgen Treder schreibt dazu in seinem Buch [1] auf Seite 19 folgendes:
Zitat:
Während in einem euklidischen Raum das Quadrat des Abstandes zweier verschiedener Punkte P1 und P2 stets größer als Null ist, kann es in der Minkowski-Welt auch kleiner oder gleich Null sein. Die Raumzeit-Union der SRT besitzt also keine euklidische Maßbestimmung. Vielmehr ist die Maßbestimmung die vierdimensionale Verallgemeinerung der pseudoeuklidischen Geometrie. Dies ist der mathematische Ausdruck dafür, dass die Zeitkoordinate eine andere Qualität als die 3 Raumkoordinaten besitzt.
|
Und schließlich bedeutet der Übergang von der SRT zur ART geometrisch den Schritt von einer pseudoeuklidischen Metrik zu einer
pseudo-riemannschen Metrik.
Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof
[1] Treder, Hans Jürgen
Relativität und Kosmos.
Raum und Zeit in Physik, Astronomie und Kosmologie.
Braunschweig 1968