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Alt 15.01.22, 05:56
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TomS TomS ist offline
Singularität
 
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Standard AW: Abweichungen und Möglichkeiten in einem Multiversum?

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Ich habe das Gefühl dass du hier den komischen Philosophen nacheiferst, die von Zeit zu Zeit das Physikerboard heimsuchen. Du machst m. E. (und sorry, wenn ich das so krass sage) aus einem Mangel an Phantasie eine vermeintliche Denknotwendigkeit.
Das ist nun derart ad hominem, dass es ich es eigentlich nicht nötig habe, darauf zu antworten. Da ich aber immer noch davon ausgehe, dass es nicht mein Mangel an Phantasie ist sondern nur meine unzureichende Darstellung meiner Gedankengänge (nicht dein Mangel an Phantasie, sich Rechenschaft über einen blinden Fleck abzulegen) versuche ich es nochmal.

Nur so viel: ich habe mich über Jahre recht intensiv mit dem Phänomen Bewusstsein auseinandergesetzt und dazu tatsächlich einige komische Philosophen gelesen; Popper und Searle zum Beispiel. Dass die auch im Physikerboard schreiben, wusste ich nicht.

Ok. Jetzt wieder normal?

Zitat:
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Man kann in naher Zukunft schon einiges lernen, weil Lebewesen so wundervoll Top-Down organisiert sind. Wenn du z.B. ein bisschen Lysergsäurediethylamid dazugibst, dann geht nicht einfach alles kaputt, sondern es eröffnen sich vollkommen neue Bewusstseinszustände (weiß ich natürlich nur aus Berichten). Ähnlich aufschlussreich sind manche Läsionen. Allein durch Beobachtung der Effekte kann man vieles lernen über das Bewusstsein oder was man dafür hält.

In ferner Zukunft kann man vielleicht Gehirne kopieren und auf deterministischer Hardware laufen lassen. Dann kann man sehen, wie Bewusstseinszustände und das "Programm" zusammenhängen, und man kann reproduzierbare Untersuchungen anstellen, welcher Zustand wodurch repräsentiert wird. Man kann in einem Gehirn Muster identifizieren, die bestimmten Aspekten von "Bewusstsein" zuzuordnen sind, in andere Gehirne übertragen und nachprüfen, ob die selben Introspektionsergebnisse berichtet werden. Man kann sogar die Grenzen zwischen Individuen aufweichen, indem man zwischen Gehirnen interpoliert. Oder aus einem Individuum verschiedene machen, indem man kontrolliert extrapoliert.

Die Evolutionsbiologie wird vermutlich auch noch das "Warum" liefern, wieso also ein intelligentes soziales Wesen wie der Mensch Introspektion entwickelt und sich selbst als Betrachter wahrnimmt. Und auch aus welchen ursprünglichen Gehirnfunktionen das entstanden ist.
Völlig richtig, stelle ich nicht in Abrede. Diese rein funktionale Ebene des Bewusstseins ist sehr wahrscheinlich biochemisch und mathematisch erfassbar und objektivierbar. In Teilen ist das bereits heute der Fall.

All das erfasst jedoch nicht die Essenz des Phänomens Bewusstsein, wie es sich für mich anfühlt, sich meiner bewusst zu sein. Dieses Phänomen entzieht sich den von dir genannten Methoden, und es ist prinzipiell rein subjektiv und nicht objektivierbar. Wenn zur wissenschaftlichen Methode jedoch die Objektivierbarkeit gehört, dann entzieht sich dieses rein subjektive Phänomen dieser Methode; das sagt wenig über das Phänomen aus, sondern vielmehr etwas über einen blinden Fleck der Methode im Falle der Introspektion. Damit bleibt für einen Naturwissenschaftler die Möglichkeit der logischen Konsequenz, dass Bewusstsein vollumfänglich als emergentes Phänomen auf biochemischen Prozessen basiert und mathematischen Algorithmen in gewisser Weise vollständig äquivalent ist, sich jedoch gerade im Falle der subjektiven Wahrnehmung - das, was im Kern für mich mein Bewusstsein ausmacht - gleichzeitig der wissenschaftlichen Erkenntnis entzieht.

Bitte denke mal darüber nach.

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
Wenn etwas im wissenschaftlichen Kontext Mumpitz ist, dann ist es Mumpitz.
Nicht logisch zwingend.

Es kann sich um ein Phänomen handeln, das sich im blinden Fleck dieser Methode befindet. Und dass so ein blinder Fleck existiert, legt deine Argumentation ja nahe, solange du dich weigerst, ihn zumindest als mögliche Hypothese zu akzeptieren und zu überlegen, was sich dann eventuell anders darstellen würde.

  • Ein empirisch-wissenschaftliches System muss an der Erfahrung scheitern können.
  • Es ist die Methode, kühne Hypothesen aufzustellen und sie der schärfsten Kritik auszusetzen, um herauszufinden, wo wir uns geirrt haben.
Versuche mal, dies auf Introspektion und Qualia anzuwenden. Wenn es dir gelingt, lasse ich mich gerne davon überzeugen, dass “kein Mensch dann irgendwelche Qualia braucht”. Mir ist es bisher nicht gelungen, und ich habe keine Argumente gesehen, die nicht einen Kategoriefehler oder blinden Fleck enthalten hätten. Für mich ist daher die Aussage, dass es keine Qualia gäbe, im Popperschen Sinne unwissenschaftlich und dogmatisch. Deswegen mache ich sie mir nicht zu eigen und akzeptiere lieber die logisch mögliche Konsequenz, dass der Platzhalter “Qualia” für das stehen könnte, was sich unserem wissenschaftlichen Verständnis insofern entzieht, als es uns als rein subjektiv als irreduzibel erscheint.
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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.

Ge?ndert von TomS (15.01.22 um 08:03 Uhr)
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