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Alt 18.02.12, 21:52
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Marco Polo Marco Polo ist offline
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Standard AW: Anekdote

Apropos Anekdote.

hier eine Kurzgeschichte, deren Beurteilung "Weltklasse" noch untertrieben erscheint (hihihi). Habe ich gerade aus dem Internet kopiert.

Im Weinberg:

Ich hatte mir gerade das dritte Glas Wein eingeschenkt, als mein Laptop einen seltsamen Ton von sich gab. Es klang ein wenig, wie die Hupe eines alten Kleinwagens.
Ich hatte drei Fenster auf dem Bildschirm geöffnet: ein Online-Pokerturnier, eine Live-Wette auf ein Fußballspiel und dann noch eine dieser Internet-Partnerbörsen. Als ich mich zur Tastatur drehen wollte, stieß ich gegen mein Weinglas und schüttete den schönen Weißburgunder über Tisch und Boden. Ich war als zerstreuter Trottel geboren und würde so sterben. Dazu kam der Hang zum Alkohol. Insgesamt konnte man sagen, dass es bei meiner 92jährigen Großmutter strukturierter zuging als bei mir.

Ich wischte die ganze S.auerei weg, um danach meine Aufmerksamkeit wieder dem Bildschirm zu widmen. Dem Anschein nach war heute nicht mein Tag:
Die Sportwette war verloren und beim Pokern hatte ich schon die Hälfte meines Einsatzes eingebüßt.
Jetzt warf ich noch einen Blick auf das letzte geöffnete Fenster. Bei der Partnerbörse blinkte das Brief-Symbol auf, was mir eine neue Nachricht verheißen sollte. Also las ich die Nachricht. Die Mail klang gut, der Lady gefiel, was ich so zur Welt zu sagen hatte (und das war nicht sehr schmeichelhaft). Also schaute ich sie mir einmal genauer an. Auf dem Foto sah sie gut aus, sehr gut sogar.
Mit Fotos war das natürlich immer so eine Sache: ich zum Beispiel sah auf Fotos immer beschissen aus. In der Realität war es genauso. Das hatte zumindest den Charme einer gewissen Authentizität. Bei Frauen hingegen musste man Vorsicht walten lassen. Sie veröffentlichten manchmal Bilder, die nur entfernt etwas mit der Wirklichkeit zu tun hatten. Da wurde ein augenscheinlich hängender A.rsch schnell einmal zum „sportlichen Po“.

Ich antwortete auf ihre Nachricht. Dann schickte sie mir wieder eine und dann ich wieder retour. So ging das den ganzen Abend. Sie kam aus der Nähe von Karlsruhe und hieß Klaudia mit K. Ich fand es befremdlich, wenn Eltern ihren Bälgern Namen gaben, die sie aus der Mittelmäßigkeit herausheben sollten.
Hermann Hesse, Friedrich Schiller, Charles Bukowksi, Franz Beckenbauer. Bei denen hatte es schließlich auch ohne besondere Vornamen funktioniert.
Klaudia und ich schrieben uns noch bis spät in die Nacht. Ich trank dazu die Flasche Weißburgunder leer und gegen 3 Uhr legte ich mich schlafen.

Am nächsten Morgen erwachte ich wieder einmal viel zu spät und schleppte mich mit dickem Schädel und ungewaschenen Haaren ins Büro. Nach dem Mittagessen sagte ich meiner Bürokollegin, ich hätte einen wichtigen Termin und verschwand nach Hause in mein Bett.
Als ich am Abend den Rechner hochfuhr, hatte ich eine neue Nachricht von Klaudia auf dem Bildschirm.
Sie war auf ein Weinfest gegangen und wollte erst gegen 22 Uhr wieder zu Hause sein. Ich machte mir in der Zwischenzeit ein Bier auf und onanierte ein wenig. Das verkürzte die Wartezeit.
Als Klaudia online kam, ging es wieder schriftlich ein paar Mal hin und her. Ich war jedoch nach dem vierten Bier mittlerweile etwas träge geworden. Also schlug ich vor, zu telefonieren und noch ein paar aktuelle Fotos auszutauschen. Ihr gefiel die Idee.
Auf den Bildern, die sie mir schickte (eines im Bikini), sah es so aus, als wäre bei Klaudia alles am rechten Fleck. Zudem klang ihre Stimme am Telefon sehr angenehm. Viel konnte da nicht schief gehen. Also verabredeten wir uns für Freitag.

Was mich faszinierte, war die Tatsache, dass Frauen mit dem sicheren Wissen der Anonymität Dinge taten, zu denen sie sonst nicht bereit waren. Solange also der Schornstein des eigenen Hauses außer Sichtweite war und somit das soziale Ansehen nicht gefährdet wurde, durfte durchaus spontan gevögelt werden. Erfuhr ja keiner. Mir gefiel das.

Ich fuhr am Freitag direkt nach der Arbeit mit einem Karton Wein und zwei Gläsern los. Man konnte ja nie wissen was kam und verdurstet war man schließlich schneller als verhungert.
Meine alte Mühle hatte natürlich kein Navigationssystem und so verfuhr ich mich in der Nähe von Karlsruhe andauernd. Ich fluchte ununterbrochen und fragte zwei Passanten erfolglos nach dem Weg. Eine Stunde später als geplant kam ich dann schließlich in dem winzigen Kaff an. Es war ein klassisches deutsches Dorf:
Viele kleine Häuschen, schmales Fachwerk, ein Bäcker, der nie offen hatte, wenn man ihn brauchte und natürlich sehr viele Leute, die sich für die Belange ihrer Nachbarn interessierten.

Klaudia wohnte am Ende des Dorfes. Sie öffnete mir die Tür mit einer Videokamera in der Hand. Ich war leicht irritiert und kratzte mich am Kopf:
„Aha, versteckte Kamera?“
Sie antwortete mir mit einem Lächeln.
„Neenee, ich film nur momentan alles in meinem Leben.“
„Aha, soso.“
Ich nickte freundlich und legte sie im Geiste in dem Ordner mit den schwierigen Frauen ab. Gott sei Dank war ich selbst gefahren. So war wenigstens immer die Möglichkeit zum Rückzug gegeben.
Zumindest hatte ich jetzt eine richtige Glückssträhne:
die Batterien von ihrer Kamera gaben den Geist auf. Schade, dass ich gerade keine Sportwetten platzieren konnte.
Klaudia wurde jetzt irgendwie etwas hektisch und rannte andauernd umher wie ein aufgescheuchtes Huhn. Das machte mich ganz nervös.
Sie sah in der Realität nicht so gut aus wie auf den Bildern. Zumindest hatte sie nicht die Ausstrahlung, die ich mir erwartet hatte. Ich musterte sie weiter, während sie herumgackerte.
Die Figur schien in Ordnung zu sein, auch wenn der A.rsch langsam zu hängen begann.
Es war immer das Gleiche mit diesen verdammten Erwartungen: man fiel meistens auf die Schnauze, wenn man welche hatte. Deswegen wollte ich eigentlich keine mehr haben.
Ich philosophierte weiter vor mich hin, da Klaudia noch irgendwas in ihrer Wohnung suchte. Von der nächsten Frau würde ich mir auf jeden Fall noch mehr Bilder schicken lassen.
Sie kam mit einem monströsen Korb aus ihrer Wohnung zurück, in dem ein Weißbrot steckte.
„Ok Madame, und was machen wir jetzt?“
„Ich dachte, wir machen ein kleines Picknick irgendwo im Weinberg, es ist ja noch so schön außen“ rief sie mir über ihre rechte Schulter hinweg zu.
„Sehr gute Idee, fahren wir!“. Die Frau gefiel mir jetzt wieder besser.

Wir fuhren ein bisschen in der Gegend herum, bis wir einen passenden Weinberg gefunden hatten. Ich bog in einen Feldweg ein und nach zwei Minuten standen wir mitten in bester Hanglage im Weinberg. Das war gar nicht übel.
Sie breitete nun ihre große Wolldecke zwischen den Rebstöcken aus, während ich das tat, was ich am besten konnte:
ich kümmerte mich um die Getränke und entkorkte den Wein.
Es war nun wirklich eine entspannte Sache. Wir lagen bequem bei Weißbrot, Oliven, Schinken, Käse und natürlich Wein im Weinberg. Zudem hatte ich alle Türen und den Kofferraum meines Wagens geöffnet, damit wir die passende musikalische Untermalung bekamen.
Nach dem zweiten Glas wurde es dann noch entspannter, denn wir begannen uns dem eigentlichen Sinn unseres Treffens zu nähern. Erst fingen wir an, ein bisschen rum zu machen und irgendwann steckte dann plötzlich meine Zunge in ihrem Hals oder auch umgekehrt. So genau wusste man das ja nie.
Sie hatte volle Lippen und küsste gut, was der ganzen Sache durchaus zuträglich war. So rollten wir eng umschlungen im Weinberg umher, wie die leere Weinflasche zuvor im Kofferraum meines Wagens.

Ende Teil 1



Ge?ndert von Marco Polo (18.02.12 um 22:00 Uhr)
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