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Alt 17.07.11, 13:01
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Bauhof Bauhof ist offline
Singularität
 
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Standard AW: Raumzeitkrümmung nur Mathematik?

Zitat:
Zitat von Benjamin Beitrag anzeigen
Dass wir Raum und Zeit zu einer gemeinsamen Raumzeit verbinden, ist in dem Sinn ein mathematischer Hilfsgriff. Letztlich beschreiben wir nämlich nicht einen wie auch immer gearteten Raum oder eine wie auch immer geartete Zeit selbst, sondern nur die Materie darin.
Hallo Benjamin,

das ist das Problem.
In der ART wird nicht nur die Materie, sondern auch die Wirkungen auf eben diese Raumzeit beschrieben. Und in der ART wird auch die Rückwirkung der Raumzeit auf die Materie beschrieben. Wenn der Materie ein physikalischer Status zuerkannt wird, dann muss auch der Raumzeit spätestens durch die ART ein physikalischer Status zuerkannt werden.

Die meisten Physiker haben der Raumzeit einen physikalischen Status zuerkannt. Ich habe viele Experten-Hinweise dazu, am deutlichsten spricht Edward R. Harrison in [1] auf den Seiten 161 und 282 der Raumzeit einen physikalischen Status zu:

Zitat:
Aber Raumzeit, die Kombination von Raum und Zeit, ist kein bloßes Nichts; sie ist ein Kontinuum, das physikalische Realität eigenen Rechts hat. Raum und Zeit sind in ihrer Kombination aktive Teilhaber am physikalischen Universum, deshalb sind sie im Universum enthalten.
[...]
Weil Raumzeit physikalisch ist, ist es in den Regionen der Raumzeit möglich, aufeinander zu wirken und einander zu beeinflussen, und dies ist das Wesentliche in der Allgemeinen Relativitätstheorie. Die Gravitation, die einst als geheimnisvolle Kraft galt, die durch ein Vakuum auf entfernte Körper wirkte, ist zur dynamischen und geometrischen Krümmung der Raumzeit geworden.
[...]
Zumindest können wir sagen, dass Raumzeit als ein Ergebnis der allgemeinen Relativitätstheorie physikalisch real ist und nicht allein dank der Materie existiert.
Wenn die Raumzeit gemäß der ART physikalisch real ist, dann kann sie nicht nur ein mathematischer Hilfsgriff sein. Ebenso propagiert Bernulf Kanitscheider in [2] und [3] die Raumzeit als "ontologisch respektablen Entität":
Zitat:
Obwohl Einstein bei der Konstruktion seiner Theorie geleitet war von der Machschen Idee der ontologischen Dominanz der Materie über die Raumzeit, ja sogar zeitweise glaubte, dass seine Theorie "Raum und Zeit die letzte Spur einer objektiven Realität genommen hatte", zeigte sich durch eine Art Eigendynamik der Theorie im Laufe der Ausarbeitung der Konzeption die gegenläufige, Anti- Machsche Tendenz. Raumzeit wurde immer mehr zu einer ontologisch respektablen Entität, und sie übernahm laufend Eigenschaften von materialen Objekten.
[...]
Raumzeit ist nicht als ein abstraktes mathematisches Konstrukt aufzufassen, das die Ereignismenge der Weltgeschichte wiedergibt, sondern als ein autonomes Substrat, das als dynamisches Objekt die Verbindungsmöglichkeiten von Ereignissen regiert.
Eine ontologisch respektable Entität und ein autonomes Substrat sind ganz bestimmt nicht nur mathematische Hilfsgriffe.

Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof

[1]Harrison, Edward R.
Kosmologie.
Darmstadt 1983. ISBN=3-87139-078-X

[2] Kanitscheider, Bernulf
Kosmologie.
Stuttgart 1984 und 1991 (2. Auflage)
ISBN=3-15-0008025-8 und 3-15-008025-8 (2. Auflage)

[3] Kanitscheider, Bernulf
Philosophie und moderne Physik.
Systeme, Strukturen, Synthesen.
Darmstadt 1979
ISBN=3-534-00808-1
__________________
Ach der Einstein, der schwänzte immer die Vorlesungen –
ihm hatte ich das gar nicht zugetraut!

Hermann Minkowski
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