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Alt 23.01.18, 22:38
Jan R. Jan R. ist offline
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Standard AW: Die korrekte Formulierung und Herleitung der "Konstanz der Lichtgeschwindigkeit"

Hallo allerseits, Hallo Ich,

Zitat:
t2>t1 und s2>s1, aber s1/t1=s2/t2=c.
Das war's. Da ist noch keine einzige Koordinate des Zugsystems verwendet worden.
Stimmst du dem zu?
Du hast ganz recht, da habe ich mich im Eifer des Schreibens vergalloppiert und noch unkorrekt ausgedrückt. Ich probiere es nochmal ordentlich. Der Blitz schlägt in genau dem Moment ein, als das Ende des Zuges den Anfang des Bahnsteigs erreicht. Der Bahnsteig hat eine Eigenlänge von 200 m, der Zug hat eine Eigenlänge von 200 m. Zu Kontrollzwecken ist auf dem Bahnsteig und auf dem Zug ein durchlaufendendes Meterband aufgedruckt (0-200 m). In der Mitte des Zuges, bei 100 m (zugkoordinaten), befindet sich ein Beobachter, in der Mitte des Bahnsteigs ein zweiter (bei 100 m Bahnsteigkoordinaten). Natürlich sind beide Beobachter wechselseitig der Auffassung, dass die Längen der Gegenseite verkürzt sind. Das ist für das Folgende aber nicht relevant, wie mir scheint.
Das Licht hat die Aufgabe, in den beiden Koordinatensystemen je 100 m bis zum Beobachter zurückzulegen. Die Strecken s1 und s2 (in Eigenlänge) sind also gleich. Die Frage ist, ob es für die eine Strecke eine längere Zeit benötigt als für die andere. Denn (uäähh.. danke für die Berichtigung) natürlich ergibt sich die Geschwindigkeit aus Weg/Zeit.

Jetzt werden im wesentlichen 4 Zeitpunkte festgehalten, und zwar durch entsprechende technische Methoden sowohl im Zug als auch auf dem Bahnsteig in den jeweiligen Eigenzeiten. Die sind aufgrund der Relativität der Gleichzeitigkeit natürlich unterschiedlich, aber es geht letztlich nur um die Abfolge. Als erstes wird der Zeitpunkt t0 in beiden Koordinatensystemen gespeichert, an dem das Zugende am Bahnsteigende ankommt und der Blitz einschlägt. Gespeichert wird immer am Ort des Ereignisses, also mit entsprechenden Uhren am Bahnsteig und im Zug. Als zweites wird der Zeitpunkt t1 abgespeichert, an dem der Beobachter im Zug am Beobachter auf dem Bahnsteig vorbeifährt. Ob der Zeitpunkt t1 früher, gleichzeitig oder später als der Zeitpunkt t0 registriert wird, ist relativ. :-) Dann passiert eine kleine Weile nix, bis das Licht zum Zeitpunkt t3 den Beobachter auf dem Bahnsteig erreicht. Dieses Ereignis wird sowohl vom Beobachter auf dem Bahnsteig als auch an der Stelle des Zuges, der sich in diesem Augenblick neben dem Beobachter befindet, registriert. Der Beobachter könnte in diesem Augenblick auch ein Foto vom Maßband auf dem Zug machen und z.B. feststellen, dass dieses gerade 80 m anzeigt (es ist ein ziemlich schneller Zug). Schließlich gibt es kurze Zeit später den Zeitpunkt t4, als das Licht den Beobachter im Zug erreicht. Auch dieser Zeitpunkt wird sowohl im Zug als auch auf dem Bahnsteig registriert. Der Beobachter im Zug kann auch noch ein Foto vom Maßband des Bahnsteigs machen, das hier vielleicht 125 m oder so anzeigt. Es gibt, um hier ganz klar zu sein, 8 Uhren, vier im Zug und vier auf dem Bahnsteig, die sich je an der Stelle befinden, wo die einzelnen Zeitereignisse eintreten. Die Uhren sind natürlich in ihrem Koordinatensystem kalibriert und registrieren die Zeitereignisse als Abstand von "ihrem" t0.

Relevant ist jetzt das Folgende: in beiden Koordinatensystemen ist die je aufgezeichnete Zeit t4 größer als die aufgezeichnete Zeit t3. Der Weg, den das Licht in beiden Koordinatensystemen zurückzulegen hatte, war (jedenfalls in Eigenlänge) gleich lang. Nur hat es für die 100 m Bahnsteig die Zeit t3 benötigt, für 100 m Zug die Zeit t4. Da t4 in den Aufzeichnungen beider Koordinatensysteme größer ist als t3, kommen beide Beobachter übereinstimmend zu dem Schluss, dass das Licht in Bezug auf das Koordinatensystem des Bahnhofs (100m/t3) eine höhere Geschwindigkeit hatte als in Bezug auf das Koordinatensystem des Zugs (100m/t4).

Natürlich messen beide die Geschwindigkeit des Lichts mit c. Das folgt aus dem Relativitätsprinzip. Das ändert aber nix daran, dass sie beide übereinstimmende Meßwerte vorliegen haben, denen zufolge das Licht sich im einen Koordinatensystem mit einer objektiv anderen Geschwindigkeit bewegt als im anderen. Das steht in Übereinstimmung mit der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit. Um diesen (wie Einstein schon 1905 schreibt) nur scheinbaren Widerspruch aufzulösen, muss die Galileo-Transformation über Bord gehen und durch die Lorentz-Transformation ersetzt werden. Allerdings muss dafür der Widerspruch auch erst mal her. Aus dem Relativitätsprinzip alleine (ich zitiere hier Einstein aus dem Gedächtnis, müsste ich nachschlagen) kann man die Lorentz-Transformation nicht ableiten. Dafür braucht es einen scheinbar widersprüchlichen Gegenspieler. Und genau deswegen hat die Einsteinsche originale "Konstanz der Lichtgeschwindigkeit" die zitierten Formulierungen. (Ok, vor allem deswegen natürlich, weil sie durch die Fizeau-Versuche und die Beobachtung der Doppelstern-Systeme empirisch gut begründet ist). Wie gesagt, ich war auch überrascht. Aber die Zitate von Einstein sind ja nun sehr eindeutig, die Fundstellen sind angegeben, es ist eine Sache von 10 Minuten, auf Princeton.Edu nachzuprüfen, ob ich korrekt zitiert habe oder hier Fake news verbreite. Ich kann es nur empfehlen. Es war sehr erhellend, Einstein im Original zu lesen.

Viele Grüße allerseits
Jan

Ge?ndert von Jan R. (23.01.18 um 23:57 Uhr)
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