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Alt 18.02.21, 11:27
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TomS TomS ist offline
Singularität
 
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Standard AW: Frage eines Laien

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Zitat von soon Beitrag anzeigen
Hmm, vorausgesetzt, ein Ereignishorizont ist abhängig Beobachter/Bezugssystem, wieviele Beobachter/Bezugssysteme gibt es denn in so einem 'Schwarzen Loch' ?
Nein, ein Ereignishorizont ist nicht abhängig von Beobachtern.

Ein Ereignishorizont wird rein mathematisch / geometrisch definiert. Die Definition ist physikalisch unschön, da sie die Existenz eines “lichtartig Unendlichen” verwendet, was für praktische Betrachtungen innerhalb endlicher Eigenzeiten realer Beobachter wenig geeignet erscheint. Deswegen wurden andere mathematische Definitionen von Horizonten erarbeitet, die in Idealfällen äquivalent zur Definition von Ereignishorizonten sind, und aus denen rein praktisch identische Schlussfolgerungen für reale Beobachter folgen.

https://en.wikipedia.org/wiki/Isolated_horizon
https://en.wikipedia.org/wiki/Trapped_surface

Vereinfacht gesprochen geht es um eine Region der Raumzeit, innerhalb der alle lichtartigen Geodäten konvergieren.

Die Existenz realer Beobachter ist nicht notwendig für die geometrische Definition, allerdings kann man natürlich mathematische Objekte mit idealisierten Beobachtern assoziieren - muss man aber nicht. D.h. natürlich kann man die o.g. Geodäten als Weltlinien realer Photonen auffassen, für die dann gilt, dass sie diesen Bereich der Raumzeit nicht verlassen können. Aber die geometrischen Objekte Trapped Null Surface und Null Geodesics sind rein geometrischer Natur und bedürfen keiner Beobachter.

Die Existenz derartiger Horizonte ist insofern verträglich mit der ART, als man zunächst physikalisch vernünftige Materie und Wechselwirkungen definieren kann, sowie dann unter Anwendung der ART = der Einsteinschen Feldgleichungen die Existenz von Horizonten mathematisch beweisen kann.

D.h. ist nicht nur die Existenz von Horizonten in den stationären Schwarzschild- und Kerr-Raumzeiten erlaubt, sondern es existieren darüberhinaus Modelle zur Bildung von Horizonten, u.a. der Oppenheimer-Snyder-Kollaps einer drucklosen, sphärisch symmetrischen Materieverteilung sowie die Tolman–Oppenheimer–Volkoff-Lösung für Neutronensterne.

Penrose (Nobelpreis 2020 *) hat bewiesen, dass die wesentlichen geometrischen Eigenschaften Schwarzer Löcher, nämlich die Existenz von Horizonten sowie die geodätische Unvollständigkeit **) der 4-Mannigfaltigkeit eine robuste Vorhersage der allgemeinen Relativitätstheorie ist, d.h. nicht von speziellen Anfangsbedingungen abhängig ist sondern unter sehr allgemeinen Bedingungen für eine große Klasse von 3-Mannigfaltigkeit und Materieverteilungen folgt.

Die Existenz Schwarzer Löcher ist also nicht nur verträglich mit der ART, sie ist eine robuste Vorhersage.


*) https://journals.aps.org/prl/abstrac...sRevLett.14.57
Gravitational Collapse and Space-Time Singularities
Roger Penrose
Department of Mathematics, Birkbeck College, London, England
Phys. Rev. Lett. 14, 57
Received 18 December 1964
Published 18 January 1965

https://www.nobelprize.org/prizes/physics/2020/summary/
The Nobel Prize in Physics 2020
... awarded to Roger Penrose "for the discovery that black hole formation is a robust prediction of the general theory of relativity" ...


**) geodätische Unvollständigkeit bedeutet, dass die Fortsetzung von Geodäten in mindestens eine Richtung nicht bis zu unendlichem Parameter möglich ist; im Falle eines Schwarzen Lochs kann man dies dahingehend interpretieren, dass die Weltlinien realer Beobachter bei endlicher Eigenzeit enden; dies entspricht einer verallgemeinerten mathematischen Definition einer Singularität, ohne dass z.B. die Krümmung zu Rate gezogen werden muss.
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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
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