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Alt 21.01.18, 15:50
Jan R. Jan R. ist offline
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Standard Die korrekte Formulierung und Herleitung der "Konstanz der Lichtgeschwindigkeit"

Hallo allerseits,

mein erster Beitrag - da möchte ich mich kurz vorstellen. Ich habe mich hobbymäßig seit gut 10 Jahren immer mal wieder mit der SRT beschäftigt - unter anderem im alten Einsteinforum unter kundiger Anleitung von "Ich", der in diesem Forum ja Moderator ist. Inzwischen hab ich dazu ganz schön viel gelesen, gerechnet und mit Gedankenexperimenten herumprobiert. Es gibt im Wesentlichen zwei Aussagen an der üblichen Darstellung der SRT, die ich nie so recht verstanden habe:
- die Formulierung der "Konstanz der Lichtgeschwindigkeit" als "Licht bewegt sich in JEDEM Koordinatensystem mit c"
- die Zwillingsparadoxonerklärung, dass die messbare Zeitdilalation am Ende der Reise schlagartig dann erzeugt wird, wenn der Zwilling die Bewegungsrichtung ändert.

Nun, ich habe darüber viel recherchiert und Material und Argumente gesammelt. Das würde ich gerne nutzen, um gemeinsam mit Kenner(*innen) der Materie, also Euch , die Grundlagen der SRT, also die Herleitung und genaue Interpretation der beiden grundlegenden Postulate noch einmal akribisch durchzugehen. Meine These lautet: ein "lorentzkompatibles" SRT-Verständnis ist die einzig haltbare (oder zumindest die theoretisch sparsamste) Interpretation. Die läuft, kurz gesagt, auf den folgenden Leitspruch hinaus: " Licht bewegt sich in irgendeinem - und es ist nachgerade egal, in welchem! - aber trotzdem in genau einem Koordinatensystem mit c".

Zum Einstieg möchte ich in diesem Thread die korrekte Formulierung und Herleitung des Einsteinschen Postulats "Konstanz der Lichtgeschwindigkeit" diskutieren.

Das Prinzip von der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit wird in aktuellen Darstellungen der Einsteinschen SRT praktisch immer so definiert, dass die „Konstanz der Lichtgeschwindigkeit“ die Eigenschaft des Lichts kennzeichnet, in jedem von beliebig zueinander bewegten Inertialsystemen konstant die gleiche Geschwindigkeit c aufzuweisen. Einige Beispiele zur Definition dieses Prinzips:

„Die Vakuum-Lichtgeschwindigkeit hat in allen Inertialsystemen den gleichen Wert“, „Die (Vakuum-)Lichtgeschwindigkeit c hat in jedem Inertialsystem denselben Wert (299*792.458*km/s), ist also vom Bewegungszustand der Quelle ebenso unabhängig wie von dem des Beobachters“, „[das Prinzip] besagt, dass in allen Inertialsystemen die Vakuumlichtgeschwindigkeit gleich groß ist“, „Licht breitet sich im Vakuum in allen Inertialsystemen mit der gleichen Geschwindigkeit c aus, die unabhängig von der Geschwindigkeit der Lichtquelle oder des Beobachters ist“. Genauso im Englischen: The*speed of light*in a*vacuum*is the same for all observers, regardless of the motion of the light source".

Ich hab nie verstanden, wie man aus diesem Postulat z.B. auf die Relativität der Gleichzeitigkeit kommen konnte. Nehmen wir das beliebte Zug-Beispiel:

-ein Zug fährt am Bahnhof vorbei, es schlagen vorne und hinten zwei Blitze ein, ein Betrachter auf dem Bahnsteig erreichen die Lichtstrahlen von Links und Rechts gleichzeitig. Licht bewegt sich in Bezug zum Koordinatensystem des Bahnhofs von beiden Seiten mit c.
- Was sagt die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit nun für den Betrachter im Inneren des Zuges (gleiche Position wie Betrachter am Bahnsteig) voraus? Natürlich ist auch für den der Blitzschlag gleichzeitig! Denn das Licht im Zug bewegt sich ja laut Definition auch in Bezug zum Koordinatensystem des Zugs mit c. Also wird sich wohl die Geschwindigkeit des Lichts im Zug in Bezug zu der Geschwindigkeit des Lichts auf dem Bahnhof um die Zuggeschwindigkeit erhöhen bzw. erniedrigen. Wenn Licht sich in jedem Koordinatensystem mit c bewegt, dann muss es, kurz gesagt, in verblüffender Art in der Lage sein, stets eine passende Galileo-Transformation durchzuführen. Folge: Auch für den Beobachter im Zug ist der Blitzschlag "gleichzeitig".

Genauso, wie das auch mit dem Schall wäre: der Donner der beiden Blitze würde sowohl den Beobachter auf dem Bahnsteig als auch den Beobachter im Zug gleichzeitig erreichen, weil sich der Schall im Zug in der Luftsäule des Zugs bewegt, und die wird nun mal mitbewegt. Wenn wir annehmen, dass das Licht sich in einem Äther bewegt, der vollständig in der Zugluft "mitgeführt" wird, hätten wir sogar eine simple Erklärung dafür. Man kann sich aber auch kompliziertere ausdenken.

Hier also mein Unverständnis: wieso sollen die beiden Postulate, so wie sie heute in der Sekundärliteratur dargestellt werden, überhaupt dazu führen, die Galileo-Transformation abzuservieren und durch die Lorentz-Transformation zu ersetzen? Machen wir den kurzen Logik-Check:

1. Aus dem Relativitätsprinzip folgt u. a., das die Messung elektrodynamischer Prozesse im allgemeinen und damit auch der Lichtgeschwindigkeit im Besonderen in jedem von beliebig zueinander in Bewegung stehenden Inertialsystemen zu identischen Ergebnissen führt. Licht wird in jedem Inertialsystem mit c gemessen.

Steht das im Widerspruch zum klassischen Relativitätsprinzip von Newton und Galileo? Natürlich nicht.

2. Aus der "Konstanz der Lichtgeschwindigkeit" erfahren wir zudem, das Licht sich auch tatsächlich in jedem Koordinatensystem mit c bewegt. Kein Wunder, dass es dann mit c gemessen wird.

Steht das also im Widerspruch zum 1. Relativitätsprinzip? Nö, nicht die Bohne. Also gibt es überhaupt keinen Anlass, die Lorentztransformation einzuführen oder überhaupt nur drüber nachzudenken. Galileo rules!

Nun, soweit mein Problem, was ich immer mit dieser Darstellung hatte. Ich mach hier erst mal Pause und bin gespannt auf Eure Rückmeldungen. Ist Euch das auch schon mal als komisch aufgestoßen? Als nächstes würde ich dann gerne darstellen, wie die "Konstanz der Lichtgeschwindigkeit" von Einstein selbst formuliert wurde. Die hört sich nämlich dezidiert anders an als heute.

Viele Grüße aus Bremen
Jan
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