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Alt 13.07.20, 10:43
Ich Ich ist offline
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Standard AW: Apocalypse Never

Zitat:
Zitat von Timm Beitrag anzeigen
Gut, dass du diesen Punkt so dezidiert aufgreifst.
Wenn Shellenberger sich auf "Alarmisten" einschießt, dann sollte er sich dabei unangreifbar machen, nur Fakten sprechen lassen, ohne Emotionen und ohne Übertreibungen seinerseits. Jemandem der krakeelt kommt man durch zurückkrakeelen nicht bei.
Doch, wenn man die Medien hinter sich hat. Shellenberger wird noch lernen, wie es auf der anderen Seite ist.
Zitat:
Aber die Frage wird doch sein, welche Wirkung seine "Breitseite gegen apokalyptischen Aktivismus" am Ende in der Fachwelt auslöst. Gut recherchierte und nicht so leicht widerlegbare Argumentationen könnten doch da Widerhall finden. Und wenn eine kritische Masse zusammenkommt, werden die Medien - vielleicht nicht gerade die Tagesschau - das aufgreifen.
Täusch dich da nicht. Ich zitiere als Beispiel mal den Psychologen Prof. Rost:
Zitat:
Zitat von Rost
Ob es Unterschiede zwischen Ethnien gibt, ist ein weithin erforschtes Feld. Aber ich werde hier nicht einmal fremde Ergebnisse wiedergeben, geschweige denn meine Meinung sagen. Sonst müsste ich fürchten, dass ich in der Vorlesung mit Eiern beworfen werde. Leider ist es nicht möglich, darüber vernünftig zu diskutieren.
Man kann die Öffentlichkeit durchaus über Jahrzehnte vor relevanten Fakten "schützen". Mit genau den Methoden, die uns soon hier dankenswerterweise so klar vorexerziert.
Zitat:
Würdest du "destroys" unterschreiben? Muß man sich das so vorstellen, daß er die einzelnen Fälle von Alarmismus aufgreift, sie beschreibt und dann mittels wissenschaflicher Belege aufdeckt, daß sie nicht haltbar sind?
"destroy" ist mir hier zu reißerisch, aber
Shellenberger beginnt jedes Kapitel mit einem Unterkapitel, in dem er sozusagen die "offizielle Geschichte" erzählt. Also wie Aktivisten gegen das Böse kämpfen. Im Kapitel über Sweatshops ist der Aktivist zur Auflockerung sogar sein jüngeres Ich. Dann kommt immer die "wie-es-wirklichist-Auflösung". Von daher ist das Buch genau so angelegt, wie du vermutest.
Ich kann bestätigen, dass er einzelne Fälle von Alarmismus komplett "zerstört", auch sehr prominente. Im Gesamten gesehen ist es meist so, dass er eine gute, aber nicht vollständige Gegengeschichte aufbaut. Ich persönlich finde die Gegengeschichte erheblich näher an der Wahrheit, aber was fehlt ist die Synthese: Die Aktivisten haben tatsächlich viel Unsinn erzählt, aber sie haben auch zur Lösung konkreter Probleme beigetragen, die Shellenberger durchgehend nur am Rande erwähnt.
Nehmen wir als Beispiel die Sweatshops: Ich bin ganz auf Shellenbergers Linie, dass es wahnsinnig scheinheilig und kontraproduktiv ist, aus ethischen Gründen auf Leuten rumzuhacken, die Ware aus Billiglohnländern kaufen. Es ist vollkommen klar, dass man mit diesen Käufen ganzen Landstrichen aus der Armut verhilft. Trotzdem natürlich muss es ein öffentliches Bewusstsein für die dortigen Arbeitbedingungen geben, damit gewisse Mindeststandards eingehalten werden (aber ganz sicher nicht die deutschen). Das z.B. fehlt dann in der Gegengeschichte weitgehend.
Für mich kein Problem, weil die ich die andere Seite ja täglich gefüttert bekomme, ob ich will oder nicht, oder weil es eh offensichtlich ist. Aber mir liegt es viel mehr, wenn ich nicht vom einen die eine Geschichte holen muss und von anderen die andere, sondern wenn da einer ist, der die Synthese selbst betreibt, die ich dann nur noch unterschreiben muss.
Zitat:
Geht Shellenberger auch darauf ein und wenn ja wie, daß dieser Alarmismus die Motivation, die Klimaziele zu erreichen untergräbt? Ich kenne Meinungen, da wird gesagt, klar gibt es Übertreibungen, aber die machen der Politik doch eher Feuer unterm Hintern.
Das wird nicht groß thematisiert.
Für Shellenberger ist der Aktivismus nicht nur übertrieben, sondern oft in die vollkommen falsche Richtung unterwegs. Hier ist der Grunddissens im Buch die Idee der "nachhaltigen Entwicklung". Es ist die Meinung weit verbreitet, die westliche, energiehungrige, technologische Kultur sei der Grundfehler, den man in den Entwicklungsländern nicht wiederholen dürfe. Man müsse stattdessen im Einklang mit der Natur leben. Z.B. mit Holz statt mit Kohle heizen, Landwirtschaft ohne viel Dünger und Pestizide, dafür aber sozial verträglich als Kleinbauern mit mehr Personaleinsatz betreiben. Shellenberger argumentiert da sehr nachdrücklich, dass dieser Lebensstil in einer Welt mit 8 Mrd Menschen nicht nur extreme Armut, sondern auch extreme Umweltzerstörung bedeuten würde. Und dass der Weg aus Armut und Umweltzerstörung notwendigerweise hohe Energiedichte bedeute, die ohne Kernkraft auf absebahre Zeit nicht klimafreundlich zu generieren sei.
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