Einzelnen Beitrag anzeigen
  #6  
Alt 21.07.15, 17:07
Benutzerbild von TomS
TomS TomS ist offline
Singularität
 
Registriert seit: 04.10.2014
Beitr?ge: 3.124
Standard AW: Lokaler Realismus

Realismus bedeutet hier im Wesentlichen die Zuordnung von definierten Eigenschaften zu physikalischen Objekten. Z.B. „hat“ ein klassisches / makroskopisches Objekt einen definierten Ort, einen Impuls, einen Drehimpuls usw.

Ein Quantenobjekt „hat“ nun bestimmte Eigenschaften nicht immer isoliert bzw. eindeutig diesem Objekt zugeordnet. Sie resultieren vielmehr erst im Kontext einer Messung.

Betrachten wir ein typisches Bell- bzw. Aspect-Experiment. Zwei Quantenobjekte, die jeweils Spin s = ½ tragen, seien in einem verschränkten Singulett-Zustand mit Gesamtspin S = 0. Nun ist es nachweislich unverträglich mit der QM (Theorie, d.h. Bell sowie Experiment, d.h. Aspect), jedem einzelnen Objekt einen definierten Spin (bzgl. einer frei wählbaren Achse, z.B. z) von ½ bzw. -½ zuzuordnen. Aus einer derartigen Annahme können mit der QM unverträgliche Wahrscheinlichkeiten bzw. mit dem Experiment unverträgliche Häufigkeiten abgeleitet werden. Insofern ist die QM nicht zugleich realistisch und lokal.

D.h. dass (im o.g. Beispiel) die naive Zuordnung der Einzelspins zu Einzelobjekten nicht möglich ist. Bell zeigt darüber hinaus, dass auch sogenannte lokale verborgene Variablen, die implizit diese Werte bzw. Eigenschaften je Objekt (lokal) festlegen, nicht zulässig sind. Daneben gibt es weitere, teilweise umfassendere no-go Theoreme (s.u.)

Mögliche Auswege sehen wie folgt aus:

Man gibt das Konzept des Realismus völlig auf, ohne jedoch die Messung physikalisch definieren zu können: Kopenhagen.

Man gibt eine Ein-Teilchen-Interpretation der QM und damit Lokalität und Realität auf: Ensemble-Interpretation u.a.

Man gewinnt in Teilen einen nicht-lokalen Realismus zurück mittels Einführung klassischer Teilchen zusätzlich zur Wellenfunktion (deBroglie-Bohm); dies funktioniert jedoch nicht für rein quantenmechanische Eigenschaften, die man klassischen Teilchen prinzipiell nicht zuordnen kann; diese tragen z.B. keinen Spin, der weiterhin rein der Wellenfunktion zugeordnet bleibt.

Man gibt das Konzept der fixen Zuordnung von messbaren Eigenschaften zu identifizierbaren Quantenobjekten auf (eigenvalue - eigenvector - link): in der Viele-Welten-Interpretation trägt der Gesamtzustand (über alle Zweige) i.A. keine eindeutig definierte Eigenschaft (d.h. entspricht nicht einem Eigenzustand der zur gemessenen Observablen); die klassischen Eigenschaften erscheinen jedoch aufgrund der Dekohärenz Zweig-lokal (entsprechend einem Eigenwert). In Summe erfordert letzteres ein anderes Verständnis des Objektbegriffs (das eigtl. Objekt ist über alle Zweige aufgefächert) sowie der Epistemologie (man nimmt jeweils nur Zweig-lokale Aspekte war)

Generell herrscht sicher Einigkeit über diverse no-go-Theoreme, nicht jedoch über einen sinnvollen Ausweg.

Meine Meinung habe ich hier bereits mehrfach geäußert.

http://www.pro-physik.de/details/new..._die_Enge.html
https://en.wikipedia.org/wiki/Bell%27s_theorem
https://en.wikipedia.org/wiki/Kochen...pecker_theorem
https://en.wikipedia.org/wiki/Leggett_inequality
https://en.wikipedia.org/wiki/Legget...arg_inequality
__________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.

Ge?ndert von TomS (21.07.15 um 22:04 Uhr)
Mit Zitat antworten