Thema: Aus!?
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Alt 03.01.09, 12:48
kawa kawa ist offline
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Standard AW: Aus!?

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Zitat von Hermes Beitrag anzeigen
wenn ich Euch richtig verstehe, seht Ihr Physik trotzdem als das grundlegendste, was wir materiell wissen können, die zwar selbst nur ihren Bereich hat aber aus der heraus sich alles weitere ergibt.
Jain. Einerseits ja, weil Physik (per definitionem) die tiefste Ebene der Natur beschreibt. Andererseits nein, weil die höheren Ebenen zwar auf der Basis der niedrigeren Ebenen realisiert sind, gleichzeitig aber fundamental neue Gesetzmäßigkeiten entwickeln, welche oft auch anderweitig realisiert werden können (bzw. könnten).

Evolution z.B. ist ein solches fundamentales Prinzip, welches in der Biologie auftaucht. Es kann aber z.B. auch in anderen Systemen realisiert sein, solange die Mechanismen Mutation und Selektion vorhanden sind. Und auch wenn Bewußtsein bisher auf neuronalen Prozessen basiert, spricht prinzipiell nicht dagegen, es z.B. auf der Basis von elektronischen Systemen (Computern) oder sogar rein mechanisch (Nanotechnologie) zu realisieren.

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Zitat von Hermes Beitrag anzeigen
Seid Ihr Euch bewußt, daß Ihr auch Materie für das grundlegendste was es gibt haltet?
Ja. Weil bisher jede Beobachtung dafür spricht, wäre alles andere pure Spekulation. Und pure Spekulation bringt keine Erkenntnis. Nein, wirklich nicht. Man kann (und muß) durchaus immer ein wenig herumspekulieren, darf aber nie den Boden unter den Füßen verlieren, weil man sonst ins Beliebige abdriftet.

Nun ist aber natürlich trotzdem die Frage, ob es 'Materie' wirklich gibt, oder ob nicht letztlich alles, bis ganz nach unten, nur Struktur ist. Die Physik ist ja wahrscheinlich noch nicht bis ganz unten gekommen und daher bleibt da noch etwas Raum für Spekulation. Aber das wäre sicherlich kein 'Bewußtsein', sondern etwas ganz neues.

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Zitat von Hermes Beitrag anzeigen
Ansonsten verstehe ich nicht, wie Ihr Bewußtseinserweiterung, 'Esoterik' als wertlos zum Realitätsverständnis ansehen könnt.
Esoterik ist für mich 'Cargo-Cult-Physik'. Da werden sinnlose Rituale postuliert und mit Begriffen aus der Physik ('Quanten', 'Energie', 'Wellen', 'Schwingungen' usw.) angereichert, dazu noch eine ordentliche Portion aus Elementen meist fernöstlicher Religionen, und fertig ist die 'Droge für die Dummen'. Und das ganze ist auch ein richtig fettes Geschäft, mit dem Milliarden umgesetzt werden.

Bewußtseinserweiterung ist ja genau das: Bewußtseinserweiterung. Oder besser 'Bewußtseinsveränderung', denn ob da wirklich etwas 'erweitert' wird, ist ja meist fraglich. Niemand bezweifelt ja, das man das Bewustsein verändern kann (sei es mit Drogen, sei es mit Meditation u.ä.). Aber was sagt das aus?

Es ist doch in 'unserem' Modell, nach dem Bewußtsein eine emergente Eigenschaft bestimmter komplexer Systeme ist, völlig plausibel, das man das Bewustsein verändern kann, indem man z.B. in die Gehirnchemie eingreift. Das das so einfach geht, das ein paar chemische Substanzen so leicht das Bewustsein verändern können, ist eher ein Erklärproblem für die 'Esoteriker'.

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Zitat von Hermes Beitrag anzeigen
Noch weit im Reich der Physik wissen wir doch schon längst, daß das 'Feste', die psychologische Grundannahme der Materiewelt so doch gar nicht existiert.
Doch, die ist schon 'fest'. Natürlich wissen wir das nicht 100%ig. Wir könnten auch alle in 'der Matrix' leben, oder vielleicht träume ich ja auch dich und die ganze Welt nur. Aber wären das plausible Grundannahmen, die einen irgendwie weiter bringen?

Wenn ich z.B. sage 'die Welt, die wir sehen ist nur eine Simulation' (analog zur 'Matrix'), was das nützen? Es gibt ja sogar gute philosophische Gründe dafür, siehe Nick Bostroms 'Simulation Hypothesis' http://www.simulation-argument.com/simulation.html .

Aber würde einen das wirklich weiterbringen, solange man nicht auch Beobachtungen vorweisen könnte, die dafür sprechen, das dem wirklich so ist? Nein, würde es nicht, denn ob die Welt nun real oder simuliert ist: Um in ihr voranzukommen, die Natur zu manipulieren, z.B. um schnellere Computer zu bauen, Kernfusion zu erfinden o.ä., nützt einem diese Hypothese überhaupt nichts. Sie wäre im Gegenteil sogar hinderlich, weil sie dazu verleitet, mit dem Forschen aufzuhören, weil ja eh nichts real wäre.

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Zitat von Hermes Beitrag anzeigen
Alles scheint vielmehr aus Form, 'Kräften', usw eben aus nichts 'greifbarem' zu bestehen. Wie Bewußsein eben auch, bloß ist das noch 'unfester'.
Das liegt daran, das die Welt primär strukturell aufgebaut ist. Fundamentale Kräfte formen Elementsarteilchen, diese formen Atome, diese Moleküle, diese Zellen, diese Gehirne, diese Bewußtsein, diese Gesellschaften. Alles pure Struktur. Aber jede dieser strukturellen Ebenen hat ihre festen Gesetzmäßigkeiten und ist von den anderen Ebenen abgegrenzt. So entstehen zwar Ähnlichkeiten, aber es sind eben nur Ähnlichkeiten. Die Gesetzmäßigkeiten nach denen Gesellschaften funktionieren nützen einem nichts, um z.B. die Gesetzmäßigkeiten, nach denen Atome funktionieren, zu verstehen.

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Zitat von Hermes Beitrag anzeigen
Man könnte das Gehirn sicher berechtigt als den Höhepunkt der Komplexität in der Biologie und wohl überhaupt die komplexeste Materie im Universum (von möglichen Außerirdischen mal abgesehen) ansehen. Aus dieser Komplexität heraus folgt wie der Schritt von Chemie zu Biologie die nächste Stufe: Bewußtsein. So stellt Ihr Euch das vor.
Richtig?
Ja.

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Zitat von Hermes Beitrag anzeigen
Das Bewußtsein ist aber etwas von einer ganz anderen, -inneren- Qualität. Und nicht einfach nur komplizierter.
Das liegt an deinem Standpunkt. Du nimmst dein Bewußtsein ja von innen wahr, weil du dein Bewußtsein bist. Daher bekommt dein Bewustsein für dich eine besondere Qualität. Das ist ganz grob analog dazu, das die Erde für uns Menschen eine besondere Qualität vor allen anderen Planeten hat, ebenso wie mein Auto für mich eine besondere Qualität vor allen anderen Autos hat oder wie mein Haustier für mich eine besondere Qualität vor allen anderen Tieren hat. Das liegt aber nur am jeweiligen subjektivem Standpunkt.

Versuch mal, die vorzustellen, das die überhaupt nichts mit andere Menschen gemeinsam hast und du Menschen völlig neutral beobachten kannst (kannst du natürlich nicht, weil du ja auch ein Mensch bist, aber versuch es, soweit es geht). Was siehst du dann? Lebewesen, die auf der Erde herumwuseln, ihre Sachen erledigen, Dinge tun. Siehst du dann wirklich noch die 'innere Qualität' des Bewußtseins eines jeden dieser Menschen? Man sieht Kommunikation, man sieht hochkomplexes Verhalten, aber die von dir genannte 'innere Qualität'? Nein, die sieht man nicht, weil man die nur in sich selbst sehen kann.

Aber so ist es doch mit allem. Woher weißt du nicht, das ein Stein nicht auch sein 'Steinsein' als innere Qualität empfindet. Oder jedes Elektron sein 'Elektronsein'. Oder ein mathematisches Theorem sein 'Theoremsein'? Natürlich können die das nicht kommunizieren und sind es sich auch nicht bewußt. Aber jedes Ding ist selbst immer Mittelpunkt seines Universum und damit ist dieser Punkt für dieses Ding auch ausgezeichnet. Und da du Bewußtsein bist, daher ist für dich eben dein Bewutsein dieser Mittelpunkt des Universums.

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Zitat von Hermes Beitrag anzeigen
Mathematik ist nach dieser Stufenvorstellung sicher grundlegender als Physik. Ist es nicht interessant, daß sie ähnliche Eigenschaften wie das Bewußtsein hat? Dimensionslos, eine pure Vorstellung, aber offensichlich 'irgendwie' existent und relevant.
Ich hab anderweitig schon geschrieben, das das ja praktisch alle Dinge betrifft und das ich Bewustsein analog z.B. zu einem Gedicht, einem Lied oder zu Computersoftware sehe: Pure Struktur. Und das gilt natürlich auch für materielle Dinge: Das, was einen Tisch ausmacht, ist ja seine Struktur, nicht die Materie aus der er besteht. Analog für alles was wir sehen und mit dem wir umgehen.

Der große Unterschied zwischen unserer Vorstellung ist nun aber der: Für mich ist Bewußtsein einfach nur eins unter vielen. Eben weil es als emergentes Phänomen erst in Systemen auftritt, welche selbst außerodentlich komplex sind. Wäre Bewußtsein fundamental, warum kann ich mich nicht dann nicht mit meinem Tisch unterhalten?

Es ist doch so: Je genauer man untersucht, wie Bewußtsein zustandekommt, desto mehr sieht man, das es eben kein fundamentales Konzept ist, sondern eine Menge 'Rechenleistung' braucht, die bisher nur im menschlichen Gehirn realisiert ist (zumindest auf diesem Planeten). Wäre Bewußtsein fundamental, würde nichts dagegen sprechen, das z.B. eine Maus oder in Tisch sich ebenso bewußt sind wie du und ich. Nun kann man natürlich postulieren, das sie das sind, es nur halt nicht kommunizieren können. Aber dem sieht halt nicht so aus. Z.B. wird der "Spiegeltest" (sich also als "sich selbst" im Spiegel zu erkennen) nur von wenigen Tierarten außer dem Menschen bestanden. Natürlich kann man auch dafür wieder andere Gründe anführen, aber der einfachste und daher auch vorzuziehende ist einfach: Bewußtsein entsteht aus dem Gehirn und benötigt auch da ein Mindestmaß an Komplexität.

Die Frage ist natürlich noch, was für Kosequenzen du aus deiner Sicht des Bewußtseins ziehst. Wenn ich z.B. sagen "rot ist blau und blau ist rot", dann hat das ja faktisch keine Konsequenz, außer das es ab und zu bei der Kommunikation mit anderen Menschen zu Mißverständnissen kommt. Wenn ich aber sage "mein Geist herrscht über die Materie, daher kann ich z.B. durch diese Wand dort gehen", dann wäre die Konsequenz aber eine blutige Nase, wenn ich es wirklich versuchen würde. Aber wenn es um Erkenntnis geht, dann hat das ja immer auch Folgen. Die Welt in der wir leben ist ja durchzogen von Technik und Erfindungen, die alle auf dem Fundament der Physik basieren.

Gruß, Karsten.
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