Einzelnen Beitrag anzeigen
  #27  
Alt 20.06.10, 15:12
Knut Hacker Knut Hacker ist offline
Profi-Benutzer
 
Registriert seit: 13.06.2010
Beitr?ge: 274
Standard AW: Sein oder Nichtsein, das ist NICHT die Frage

Qos,

1) Es geht nicht um Zeitabschnitte, sondern um die Zeit selbst ! Sie ist allein beobachtbar an Entwicklungen. Die Frage ist daher, warum es solcher Entwicklungen erst bedarf, statt dass der Endzustand von vorneherein ist.Diese Frage stellt sich nicht, wenn man den Zufall berücksichtigt. Denn dann ist die Zukunft nicht endgültig, sondern nur bis zu einem bestimmten Prognosehorizont ( Chaosforschung) festgelegt.

2) Gott hat überhaupt nichts „geschaffen“ („Schöpfung“ ist ein zeitlicher Vorgang und eine falsche Übersetzung aus dem Hebräischen „bara“, das im Alten Testament nur im Zusammenhang mit Gott gebraucht wird und ein zeitunabhängiges „Offenbarwerden“ - ähnlich dem Quantensprung – bedeutet).
Gott ist auch über Sein und Nichtsein erhaben, wie ich ausführlich dargelegt und mit biblischen sowie christlichen Zitaten belegt habe.

3) „Allwissenheit“ ist ebenso wie „Allmacht“ ein selbstwidersprüchlicher Begriff wie alle „All“-Begriffe (Karl Popper).Er ist in der Bibel so nicht belegt. Es handelt sich um einen Anthropomorphismus aus der Frühzeit der Theologie.

RoKo,

Wenn das Nichts ein Objekt wäre, dann wäre es doch etwas und nicht nichts!

Ich selbst habe mir für diese Paradoxie folgende Lösung zurecht gelegt:

Das Sein ist selbst nichts (es müsste sich sonst selbst umfassen), sondern alles und daher auch das Nicht-Seiende.
„Das Nichts“ ist das Gegenteil des Seins, gehört aber nicht zum Alles und daher nicht zum Sein, sondern ist „alles nicht“(Abwesenheit des Alles), auch selbst nicht (nihil negativum).
„Nichts“ dagegen ist lediglich „nicht etwas“(Abwesenheit im Sein), gehört daher als bloßes Negativum zum Alles und damit zum Sein (nihil privativum).

Zwar kann aus „ nichts“ nichts werden (nihil ex nihilo; Erhaltungssätze der Physik).Das ergibt sich schon daraus, dass das „Werden“ eine Zustandsveränderung darstellt und daher die Zeit voraussetzt, wenn aber die Zeit gegeben ist, kein Nichts vorliegt.
„Das Nichts“ dagegen als weder Sein noch Nicht-Sein kann sich – anders als die bloße Abwesenheit des Seins – auch nicht entgegenstehen, doch etwas zu sein. Es „ist“ also zeitlose Potentialität jenseits von Sein und Nicht-Sein und daher aus der Zeit heraus gesehen „Ursache“ von Seiendem, auch der Zeit.

Geht man dagegen davon aus, dass das Sein als Alles auch sein Gegenteil, das kontradiktorische Nichts, und umgekehrt das Nichts das Sein umfasst, sind beide nur Erscheinungsformen von etwas, das weder Sein noch Nichts ist, also Erscheinungsformen eines negativen Nichts, dessen Negation nicht zum Gegenteil, dem Sein, führt, sondern zur absoluten negativen Qualifikation (nihil negativum). Die Raumzeit ( physikalisch gesehen ein Maßsystem) dagegen ist ein positiver Zwitter: in jedem Punkt ist sie nichts, aber als Kontinuum (möglicherweise gequantelt) doch etwas. Aus der Raumzeit betrachtet vermag das Sein, zu vernichten (negative Potenzialität – ein Potenzial ist weder bereits etwas noch immer noch nichts), und das Nichts, zu schöpfen ( positive Potenzialität; creatio ex nihilo; s.Quantenfeld; nur aus einem Nichts als bloßem Gegenteil des Seins kann mangels Raumzeit nichts entstehen).

Eyk van Bommel,

Das Nichts ist wie das Sein ein Widerspruch in sich selbst.Das Sein als Alles muss auch das Nichts umfassen,wenn es wirklich alles umfassen soll, und das Nichts muss auch das Sein umfassen, wenn es nichts „übriglassen“ soll.
Logerweise kann man daher nur vom konkret „Seienden“ und vom Konkret „Nichtseienden“ sprechen.Das Seiende ist genauso real wie das Nichtsein des Nichtseienden (Daher sieht die Philosophie keinen Unterschied,wie ich belegt habe). Sowohl, wenn vor mir ein Stuhl steht, als auch, wenn keiner vor mir steht, kann und muß ich mein Verhalten danach ausrichten. Auf den Stuhl kann ich mich setzen oder an ihm vorbeilaufen. Das nicht Vorhandensein eines Stuhles ermöglicht es mir, ungehindert weiterzulaufen,und versagt es mir, mich auf einen Stuhl in unmittelbarer Nähe hinzusetzen.

Ich glaube aber, wir verlassen hier den Rahmen dieses Forums, der doch wissenschaftlich orientiert sein soll. Sein, Nichts usw. sind keine wissenschaftlichen Begriffe. Auch in der Mathematik stellt die Null (wie „Unendlich“) ja nur eine Bezugsgröße im Hinblick auf positive und negative Zahlen dar (bis ins späte Mittelalter gab es beide Rechnungsgrößen noch gar nicht, sog. horror vacui;es galt als Gotteslästerung, von einem Nichts zu sprechen, da Gott ja omnipräsent sein sollte).Es kommt nicht von ungefähr, dass das Zeichen für Null – aus dem Arabischen kommend – eine Schlange darstellt, die sich in ihren eigenen Schwanz beißt (und „Unendlich“ eine doppelte in sich verschlungenen Null - Möbius´sches Band) darstellt.
Mit Zitat antworten