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Alt 08.04.10, 10:36
future06 future06 ist offline
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Standard AW: Neuroquantology

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Zitat von Timm Beitrag anzeigen
Ist diese Sichtweise nicht doch zu einfach? Der bekannte Hirnforscher Wolf Singer hat festgestellt, daß Entscheidungen bereits gefallen waren, bevor sie bewußt wurden. Was den Streit um den "freien Willen" erneut entfacht hat. Natürlich handelte es sich dabei um sehr einfache Entscheidungen und nicht um eine Abwägen komplexer Situationen.
Bewußsein könnte klassisch betrachtet auch die oberste Hierarchie Ebene der Gehirntätigkeit sein.
Ich kenne - zumindest in groben Zügen - die Argumente von Penrose und auch Eccles zur Notwendigkeit von Quantenprozessen zur Erklärung des Bewußtseins.
Diese Argumente sind im Grunde logisch/philosophischer Natur und haben somit natürlich keine sichere wissenschaftliche Beweiskraft. Dazu wären Experimente notwendig.

Die konventionelle wissenschaftliche Position, wie sie z.B. von Singer vertreten wird, führt aber zum Widerspruch, weil sie zum einem auf der klassischen Physik basiert, zum anderen die Evolution als Erklärungsmodell der Entstehung von Bewußtseinszuständen heranzieht.
Singer z.B. hier: http://www.sueddeutsche.de/wissen/668/317542/text/:

"Und unsere Gehirne funktionieren nach deterministischen Naturgesetzen.

Aber auch deterministische Systeme sind offen und kreativ, können Neues in die Welt bringen. Das kann Materie. Man muss der Materie ein bisschen mehr zutrauen."


und etwas später:

"Singer: Überhaupt nicht. Das Bewusstsein ist eine emergente Eigenschaft von Hirnprozessen und keine Nebenerscheinung, sondern etwas ganz Wesentliches.

Es hat sich im Laufe der Evolution herausgebildet und im Dialog der Gehirne beim Menschen eine ganz hohe Wertigkeit erlangt. Es hat eine zentrale Funktion."


Warum Widerspruch? Weil ein neuronales Netz nach klassischer Physik deterministisch ist (1). Somit dasselbe Verhalten zeigen muss, ob Bewußtseinszustände vorhanden sind oder nicht. Weil die mentalen Zustände ("Qualia-Erlebnisse") nicht auf die Materie zurückwirken können.
Auf der anderen Seite haben wir jedoch eine perfekte Feinabstimmung zwischen physikalischen und mentalen Zuständen. Wir nehmen z.B. nur die fürs Überleben wichtigen Dinge bewußt wahr. Die Systemzustände des physikalischen Gehirns stimmen exakt mit den mentalen Zuständen überein (Empfindung von Schmerz oder Lust, Hunger, Befriedigung, Körperzustände usw.) Wegen (1) sind aber mentale Zustände völlig unerheblich für das Überleben (und für Handlungen jeglicher Art) des Organismus. Deswegen kann die Evolution diese Feinabstimmung prinzipiell nicht erklären.

Eigentlich müsste dieser Widerspruch auch Singer und seinen Kollegen klar sein. Es sind m.E. wohl ideologische oder opportunistische Gründe, warum weiterhin - zumindest in der Öffentlichkeit - an den Standardposition festgehalten wird.
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