|
Quantenmechanik, Relativitätstheorie und der ganze Rest. Wenn Sie Themen diskutieren wollen, die mehr als Schulkenntnisse voraussetzen, sind Sie hier richtig. Keine Angst, ein Physikstudium ist nicht Voraussetzung, aber man sollte sich schon eingehender mit Physik beschäftigt haben. |
|
Themen-Optionen | Ansicht |
|
#1
|
||||
|
||||
Quantensprung ohne Zeitverlust?
Hallo zusammen,
unter einem "Quantensprung" versteht man den Übergang zwischen zwei quantenmechanischen Zuständen. In der Physik wird der Begriff Quantensprung heute nicht mehr verwendet, man redet nur noch vom Übergang. Vor der Entdeckung der Quantenmechanik war man davon ausgegangen, dass alle natürlichen Abläufe kontinuierlich seien, aber dann stellte sich heraus, dass manche physikalischen Systeme keine Zwischenzustände annehmen konnten. Der Wechsel zwischen zwei Zuständen erfolgt also ohne Zeitverlust. Frage: Wenn ein Atom ein Lichtquant aussendet, weil ein Elektron das "Orbital" gewechselt hat, geschieht dieser Wechsel nach bisheriger Auffassung ohne Zeitverlust. Kennt jemand ein belastbare (deutschsprachige) Quelle, dass beim Wechsel dennoch ein Zeitverlust auftritt? M.f.G. Eugen Bauhof
__________________
Ach der Einstein, der schwänzte immer die Vorlesungen – ihm hatte ich das gar nicht zugetraut! Hermann Minkowski |
#2
|
|||
|
|||
AW: Quantensprung ohne Zeitverlust?
Zeh scheint dem zu widersprechen in
H. D. Zeh, Physics Letters A172, 189 http://www.rzuser.uni-heidelberg.de/...ntum-jumps.pdf Zitat:
"Die Quantentheorie erfordert nicht das Vorhandensein von Unstetigkeiten: weder zeitlich (Quantensprünge) noch räumlich (Teilchen) noch raumzeitlich (Quanten-Ereignisse). Diese anscheinenden Unstetigkeiten kann man leicht objektiv durch den kontinuierlichen Prozess der Dekohärenz beschreiben, welcher sich lokal auf einer sehr kurzen Zeitskala ereignet, und dies der Schrödingergleichung für wechselwirkende Systeme entsprechend ... ." Vielleicht will er sagen, dass der Anschein einer Unstetigkeit dann zustande kommt, wenn man die Schrödingergleichung für das Atom ohne externe Wechselwirkungen betrachtet (z.B. das berühmte Wasserstoffatom-Problem der QM). Dann hat man nur ein "vorher" und "nachher". Den Prozess der Abstrahlung eines Photons selbst kann die Schrödingergleichung für das Wasserstoffatom aber nicht wirklich beschreiben, denn sie betrachtet das Wasserstoffatom als abgeschlossenes System. Gruß, Uli ---- Nachtrag: hier ein Link auf einen Auszug eines Buches von ihm (deutsch): https://books.google.de/books?id=ukz...sprung&f=false Ge?ndert von Hawkwind (15.01.15 um 13:46 Uhr) |
#3
|
||||
|
||||
AW: Quantensprung ohne Zeitverlust?
Zitat:
ich danke dir für diese Hinweise. Ich habe mal diesen Buchauszug aus [1] extrahiert: Zitat:
[1] H. Dieter Zeh Physik ohne Realität: Tiefsinn oder Wahnsinn? Berlin 2011
__________________
Ach der Einstein, der schwänzte immer die Vorlesungen – ihm hatte ich das gar nicht zugetraut! Hermann Minkowski |
#4
|
|||
|
|||
AW: Quantensprung ohne Zeitverlust?
Hi Eugen,
Zitat:
Es gibt auch eine Reihe anderer Autoren, die sich in angesehenen Journalen über dieses Thema auslassen. Gruß, Uli |
#5
|
||||
|
||||
AW: Quantensprung ohne Zeitverlust?
Zeh hat völlig recht, aber die Zitate geben nicht die ganze Story wieder.
Zunächst mal ist die Zeitentwicklung gemäß des Formalismus der QM stetig; sie wird durch die Schrödingergleichung bzw. einen unitären Operator U(t) = exp(-iHt) beschrieben. Dabei klammert Zeh bewusst den Kollaps des Zustandes aus: in der QED "mischt" die Zeitentwicklung mittels U(t) den angeregten Zustand |Atom*> mit |Atom, Photon>. Wenn wir ein Photon beobachten, dann ist die Komponente |Atom*> verschwunden und der Zustand in |Atom> kollabiert. Dieser Kollaps ist jedoch nicht Gegenstand des o.g. Formalismus, sondern einer Interpretation der QM. Gemäß der orthodoxen Interpretation findet ein Kollaps statt; man kann jedoch darüber streuten, was da kollabiert. Z.B. würde eine informationsbasierte Interpretation von einem Kollaps unserer im Zustand kodierten Information sprechen. Zeh ist jetzt ein Verfechter der Viele-Welten-Interpretation, und er geht von einer kontinuierlichen Verzweigung aus, d.h. alle Komponenten bleiben real, werden jedoch wechselweise unbeobachtbar. Also nach Zeh et al. pberhaupt kein Kollaps.
__________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago. |
#6
|
|||
|
|||
AW: Quantensprung ohne Zeitverlust?
Zitat:
Führt Zeh (und v.a. Zurek, z.B. http://arxiv.org/abs/quantph/0306072 ) nicht aus, dass bei lokalen Messungen die sehr kurzen Dekohärenz-Zeiten die Einführung eines nichtlokalen Kollaps a la Kopenhagen erübrigen? Ich meinte, verstanden zu haben, dass dieser interpretative Klimmzug eines Kollaps nur noch bei Messungen an räumlich separierten, verschränkten Systemen gebraucht wird? ... so im Sinne eines Newsletters auf unserer Homepage hier: http://www.quanten.de/schroedingers_katze.html Gruß, Uli Ge?ndert von Hawkwind (16.01.15 um 12:26 Uhr) |
#7
|
||||
|
||||
AW: Quantensprung ohne Zeitverlust?
Zitat:
zum Problem mit dem Kollaps der Wellenfunktion erscheinen mir die Ausführungen von Anton Zeilinger plausibel. Er schreibt auf Seite 194 seines Buches [1] folgendes: Zitat:
M.f.G. Eugen Bauhof [1] Zeilinger, Anton Einsteins Schleier. Die neue Welt der Quantenphysik. München 2003 ISBN=3-406-50281-4
__________________
Ach der Einstein, der schwänzte immer die Vorlesungen – ihm hatte ich das gar nicht zugetraut! Hermann Minkowski Ge?ndert von Bauhof (16.01.15 um 13:48 Uhr) |
#8
|
||||
|
||||
AW: Quantensprung ohne Zeitverlust?
Zitat:
MfG Lothar W. |
#9
|
||||
|
||||
AW: Quantensprung ohne Zeitverlust?
Tja, Zeilinger und Zeh sagen da offensichtlich ganz verschiedene Dinge
Zeilinger geht wohl eher davon aus, dass die Wellenfunktion ein Mittel zur Beschreibung unserer Information eines System ist, während Zeh eher die Realität der Wellenfunktion akzeptiert - und daher auch die "Vielen Welten" akzeptieren muss.
__________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago. |
#10
|
||||
|
||||
AW: Quantensprung ohne Zeitverlust?
Zitat:
dass die Wellenfunktion ein Mittel zur Beschreibung unserer Information eines Systems ist, haben schon vor langer Zeit Max Born und Niels Bohr erkannt. Und diese Interpretation ist meines Wissens auch die bis heute von der Physiker-Gemeinde allgemein akzeptierte Interpretation. Ja, und wer die Realität der Wellenfunktion akzeptiert, der schlittert wohl unweigerlich in die Viele-Welten-Interpretation mit ihrem ontologischen Ballast hinein. M.f.G Eugen Bauhof
__________________
Ach der Einstein, der schwänzte immer die Vorlesungen – ihm hatte ich das gar nicht zugetraut! Hermann Minkowski Ge?ndert von Bauhof (16.01.15 um 18:17 Uhr) |
Lesezeichen |
|
|