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Wissenschaftstheorie und Interpretationen der Physik Runder Tisch für Physiker, Erkenntnis- und Wissenschaftstheoretiker

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  #121  
Alt 01.10.11, 16:13
Benutzerbild von richy
richy richy ist offline
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Teil 2
Eine Modellbildung ist wie gezeigt eine voellig natuerliche Vorgehensweise.
Jetzt hatte ich Goedels Existenz von Zahlen in Zusammenhang mit der Kopenhagener Interpretation gebracht.

Goedel ging davon aus, dass Zahlen an fuer sich existieren. Wie kann man sich das vorstellen ? Im Grunde fast gar nicht. Man entfernt alles Physikalische, also das komplette Universum, die Raumzeit und dann meinte Goedel bleiben dennoch die Zahlen existent. Anders ausgedrueckt : Zahlen existierten bereits vor dem Urknall. Verrueckt aber intuitiv durchaus noch vorstellbar. Bohr war ein Zeitgenosse von Goedel und vielleicht von diesem inspiriert, wobei ich diese Motivation als Supergau der Physik betrachten wuerde.

Kopenhagen nimmt nun an, dass die Wellenfunktion tatsaechlich ein Eigenleben fuehrt, wie es Goedel fuer die Zahlen allerdings nur vermutete.
Die Wellenfunktion eine Beschreibung ohne physikalisches beschriebenes Objekt darstellt. Die SGL etwas beschreibt ohne dass es etwas gaebe, dass beschrieben wird. Dabei ist die Interpretationsform von Wigner, die inzwischen als laecherlich abgetan wird, noch eine der Vernuenftigsten. Denn immerhin steht das Bewusstsein eines Organismus wie dem Menschen noch in einem Zusammenhang zu etwas Physikalischem. Dem Gehirn. Wie dieses Gehirn aber konkret auf einen Versuchsaufbau einwirken soll bleibt natuerlich ein kleineres problematisches Detail :-)

"Aber mit der Dekohaerenz wird alles gut". Ueberhaupt nicht. Um es mal ganz einfach auszudruecken. Dies fuehrt zu dem Modell, dass das komplette Universum mit einem abstrakten Anteil unmittelbar verknuepft ist. Noch expliziter. Das Universum wird nun selbst zu einem lebendigen Organismus der ueber ein Bewusstsein verfuegt. Und dieses Bewusstsein nennt Zeilinger Information.
Naja, das klingt zwar abgefahren, aber wenn man dies lediglch bildlich betrachtet, so entspricht dies doch vielen Beobachtungen und unseren eigenen Erfahrungen wird man denken.

Es kommt aber noch schlimmer. Denn letztendlich darf Kopenhagen diese Informationsbausteine, Bits keinem physikalischen Traeger zuordnen. Bei einem Heisenbergschnitt war dies noch unproblematisch, denn die physikalische Welt war durch diesen von der abstrakten Quantenwelt getrennt. Mit der Dekohaerenz geht diese Trennung aber verloren und die Konsequenz ist, dass das Universum selbst ein rein geistiges Konstrukt ist. Seine Bausteine sind rein geistig abstrakt und daran aendert sich auch nichts wenn man diese mit einem eingaengigen Namen wie "Information" versieht.

So eine Weltvorstellung waere nahe dem Wahnsinn und so ist es sicherlich auch Zeilinger klar, dass er hier Eingestaendnisse machen muss. Dass er der Information einen physikalischen Informationstaeger zuordnen muss.
Auf der anderen Seite, dem Realismus, sind solche Eingestaendnisse weniger zwingend, aber dennoch werden sie vollzogen. Siehe Penrose, Wheeler.
Diese Eingestaendnisse seitens der Realisten sind jedoch weitaus einfacher, denn das Hinzufuegen abstrakter, geistiger Elemente entspricht unseren Erfahrungen.

Zeilinger muesste dagegen etwas hinzufuegen, dass nunmal nicht unseren Erfahrungen entspricht. Sobald er neben der Dekohaerenz weitere Zugestaendnis an den Realismus macht bekommt er das Viele Welten Komplettprogramm ab. Ein bischen Physkalitaet gibt es nunmal nicht.
Zeilinger wird es gelassen sehen, denn ihn interessiert es sicherlich nur, dass er seine Experimente durchfuehren kann. Das ist auch gut so. Die Experimente sind wichtig und wer dies durchfuehrt ist im Grunde genommen egal.

Ge?ndert von richy (01.10.11 um 17:57 Uhr)
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  #122  
Alt 02.10.11, 11:24
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Bauhof Bauhof ist offline
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Zitat:
Zitat von amc Beitrag anzeigen
Weil man diese abstrakten Größen zur korrekten mathematischen Beschreibung benötigt, kann man dann hinterher aber nicht einfach so tun als hätte dies gar keine Bedeutung?
Hallo amc,

von Richy wurdest du aufgefordert, ein Zitat von Weizsäcker zu analysieren. Hier ist das nochmals das Zitat, allerdings etwas erweitert. Weizsäcker schreibt auf Seite 226 seines Buiches [1] folgendes:

Zitat:
Die Kopenhagener Auffassung wird oft, sowohl von einigen ihrer Anhänger wie von einigen ihrer Gegner, dahin missdeutet, als behaupte sie, was nicht beobachtet werden kann, das existiere nicht. Diese Darstellung ist logisch ungenau. Die Kopenhagener Auffassung verwendet nur die schwächere Aussage: "Was beobachtet worden ist, existiert gewiss; bezüglich dessen, was nicht beobachtet worden ist, haben wir noch die Freiheit, Annahmen über seine Existenz oder Nichtexistenz einzuführen."

Von dieser Freiheit macht sie dann denjenigen Gebrauch, der nötig ist, um Paradoxien zu vermeiden. So bedeuten Heisenbergs Gedankenexperimente über das Unbestimmtheitsprinzip nur die Widerlegung eines Vorwurfs der Inkonsistenz. Akzeptieren wir den Formalismus der Quantentheorie in seiner üblichen Deutung, so müssen wir zugeben, dass er keine Zustände umfasst, in denen ein Teilchen zugleich einen bestimmten Ort und einen bestimmten Impuls hat; es erscheint notwendig, diese Zustände auszuschließen, um Widersprüche gegen die Wahrscheinlichkeitsvorhersagen der Theorie zu vermeiden.

Nun wird der Einwand erhoben, dass sowohl Ort wie Impuls messbar sind und somit existieren. Diesem Einwand begegnet die Feststellung, dass, falls die Quantentheorie richtig ist, Ort und Impuls nicht zugleich gemessen werden können, und dass darum der Verteidiger der Quantentheorie nicht gezwungen werden kann, zuzugeben, dass sie zugleich, d.h. im selben Zustand des Teilchens, existieren.
Weizsäcker zu verstehen, ist leider nicht einfach. Kannst du vielleicht trotzdem eine Quintessenz mit einfacheren Worten aus diesem Zitat ziehen?

Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof

[1] Weizsäcker, Carl Friedrich von
Die Einheit der Natur. Studien.
München 1984. dtv. Vierte Auflage.
ISBN=3-423-10012-5
__________________
Ach der Einstein, der schwänzte immer die Vorlesungen –
ihm hatte ich das gar nicht zugetraut!

Hermann Minkowski
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  #123  
Alt 02.10.11, 14:33
amc amc ist offline
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Zitat:
Zitat von Bauhof Beitrag anzeigen
Weizsäcker zu verstehen, ist leider nicht einfach. Kannst du vielleicht trotzdem eine Quintessenz mit einfacheren Worten aus diesem Zitat ziehen?
Hallo Eugen,

insgesamt verstehe ich von diesen Dingen ja nicht allzu viel - ich versuche es aber gerne:

Die bisher unwiderlegte Erkenntnis, dass der Ort und der Impuls eines Teilchens zur selben Zeit nicht exakt bestimmbar ist, lässt die Annahme zwingend erscheinen, diese Eigenschaften niemals als dem Teilchen an sich innewohnend, von dem eigentlichen Ereignis (Messung, Wechselwirkung) losgelöst definierte Zustände, begreifen zu dürfen.

Würden alle Zustände zu jeder Zeit definiert sein, so würde der Begriff der Wahrscheinlichkeit in der Quantenphysik keine Rolle mehr spielen können - alles wäre determiniert. Wenn nun also die Zustände vor dem eigentlichen Ereignis als nicht definiert anzusehen sind, dann kann man sich auch die Frage stellen, wie sinnvoll es überhaupt noch ist hier von Zuständen (vor der Messung) zu sprechen ...


Freundlichst,
AMC

Ge?ndert von amc (02.10.11 um 14:38 Uhr)
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  #124  
Alt 02.10.11, 18:36
Benutzerbild von richy
richy richy ist offline
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Hi AMC

Super zusammengefasst ! Vor allem kurz und praegnant.
Vielleicht kannst du in der Form noch ein wenig weiter vermittelnd wirken, indem du deine Einschatzungen dazu schreibst. Mir stand nur der erste Teil des Zitates zur Verfuegung, ohne das Beispiel der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation. Die einleitenden Worte beziehen sich jedoch auf die ganze Kopenhagener Interpretation nicht nur dieses Beispiel. Weizsaecker spricht hier konkret die Begriffe "Existenz" und "Nichtexistenz" an. Darum hatte ich dieses Zitat auch nochmals erwaehnt.
Zitat:
Zitat von richy
Da kommen wir der Sache vielleicht ein Stueck naeher was die SGL gemaess Kopenhagen beschreibt. Ganz grob und dennoch recht zutreffend ausgedrueckt : Sie beschreibt NICHTS !
(Anmerkung: Nichts physikalisches)
Sie ist selbst. Dem wuerde Prof Weizsaecker erwidern ...
Zitat:
Zitat von Prof v. Weizsaecker
Was beobachtet worden ist, existiert gewiss; bezüglich dessen, was nicht beobachtet worden ist, haben wir noch die Freiheit, Annahmen über seine Existenz oder Nichtexistenz einzuführen."
Von dieser Freiheit macht sie dann denjenigen Gebrauch, der nötig ist, um Paradoxien zu vermeiden.
- Wie verstehst du hier die Begriffe Existenz und Nichtexistenz ?
- Ist speziell eine physikalische Existenz gemeint ?
- Wie koennte man eine physikalische Nichtexistenz deuten ?
- Waere der Waegbarkeitsbegriff (incl. Eigenschaften bezogen auf Waegbares und Unwaegbares) fuer eine Differenzierung geeignet ?
- Welche Masse hat ein C70 Molekuel im ueberlagerten Zustand ?
- Ist Masse eine abstrakte Eigenschaft ?

Mein Kritikpunkt hier war uebrigends lediglich, dass mit der Kopenhagener Deutung keine voellige Freiheit bezueglich des physikalischen Existenzbegriffes besteht.

Zitat:
So bedeuten Heisenbergs Gedankenexperimente über das Unbestimmtheitsprinzip nur die Widerlegung eines Vorwurfs der Inkonsistenz.
Meine Vorstellung zur Unscharferelation besser Foriertransformation hatte ich hier versucht darzustellen :
http://www.quanten.de/forum/showpost...7&postcount=36
Soll man den Orgelbauern eine Inkonsitenz bei Residualpfeifen vorwerfen ?
Was ich an Weizsaeckers Satz ueberhaupt nicht verstehe ist das Woertchen "nur". Kannst du mir erklaeren was "Heisenbergs Gedankenexperimente über das Unbestimmtheitsprinzip" denn nun nicht zeigen sollen/koennen ? Das wird durch den Zusatz "nur" impliziert.

Zitat:
in denen ein Teilchen zugleich einen bestimmten Ort und einen bestimmten Impuls hat; es erscheint notwendig, diese Zustände auszuschließen, um Widersprüche gegen die Wahrscheinlichkeitsvorhersagen der Theorie zu vermeiden.
In deiner Zusammenfassung kam sogar fast noch besser um Ausdruck, dass es hier um drei (vier) Groessen geht. Der Ort, der Impuls, das "Teilchen" vor und nach der Messung, (der Zufall).
Weizsaecker hatte ein Beispiel fuer die Existenz und Nichtexistenz gewisser Groessen vor der Dekohaerenz (er nennt das noch Messung) angekuendigt. Orten wird man wohl eine Existenz zubilligen und ein Impuls ist eine Eigenschaft eines in der Regel physikalischen Objektes. Dazu verknuepft mit dessen Dynamik und damit auch dessen Ort. Somit geht es doch um den Existenzbegriff dieses Objektes, das er Teilchen nennt. Warum ueberhaupt Teilchen ? Dass ein Teilchen nach der Messung existiert war wenigstens vor dem Dekohaerenzprogramm keine strittige Frage. Von Interesse ist der Zustand vor der Dekohaerenz. Dazu wollte Prof Weizsaecker ein Beispiel geben und spricht nun von einem Teilchen. Seine Argumentation wuerde daher sehr gut fuer die Bohmsche Mechanik zutreffen.
Ich kann nicht erkennen inwiefern er fuer dieses "Teilchen" den Existenzbegriff vor der Messung im Rahmen der KI erklaert hat.
Was hat Herr Weizsaecker denn nun erklaert / interpretiert ?

"Morgends wird es hell und abends dunkel."
Das ist eine Beobachtung. Eine Erklaerung, Interpretation ist etwas anderes. In einer solchen wuerde in dem Beispiel die Sonne eine Rolle spielen.

Ich zweifle uebrigends nicht daran, dass die Kopenhagener Interpretation die Nichtlokalitaet interpretieren kann. (Den Zufall zu interpretieren ist unmoeglich und die Heisenbergsche Unbestimmheit eine Folge der Fouriertransformation)
Vielleicht kann Eugen in "Die Einheit der Natur. Studien." eine entsprechende Stelle zitieren.

Gruesse

Ge?ndert von richy (02.10.11 um 22:06 Uhr)
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  #125  
Alt 02.10.11, 19:05
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richy richy ist offline
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zu
Zitat:
Super zusammengefasst ! Vor allem kurz und praegnant.
Das bedeutet natuerlich nicht, dass ich die Meinung dieser Zusammenfassung in allen Punkten teile. Es ist klar, dass konjungierte Groessen wie Zeit und Frequenz nicht zu einem gemeinsamen Beschreibungssystem gehoeren. sin(2*Pi*f*t) Das ist ein Spezialfall und wenn ich hier lediglich f angebe, lasse ich alles andere weg.
Ich meine nicht, dass man ueber y=sin(2*Pi*f*t) und den Zufall die Nichtlokalitaet der QM erklaeren kann und damit auch nicht ueber die Unbestimmtheitsrelation. Und man kann auch nicht sagen Zeit und Frequenz sind nicht gemeinsam definiert.
Anscheinend gibt es zur Interpretation der Unbestimmtheitsrelation konkretere Kritikpunkte seitens der realisitischen Varianten. Rein interessehalber suche ich die mal in Zehs Paper und stelle sie hier in den Thread.

Ge?ndert von richy (02.10.11 um 19:21 Uhr)
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  #126  
Alt 02.10.11, 19:12
Knut Hacker Knut Hacker ist offline
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Das Problem ist wohl der Widerstreit zweier physikalischer Grundprinzipien, die insbesondere in der Chaosforschung eine zentrale Rolle übernommen haben

1) Das eine besagt, dass das Ganze nicht lediglich die Summe seiner Teile ist, sondern qualitativ - das heißt wegen seiner dynamischen Strukturen - etwas anderes. Wir sind Teil der Natur, daher passt die Natur nicht in unsere Köpfe. Demnach sind uns unüberwindliche Erkenntnisgrenzen gesetzt. Das ergibt sich, wie schon diskutiert, auch aus den Gödelschen Sätzen, wonach kein System sich aus sich selbst heraus verstehen kann, also auch nicht unser Erkenntnissystem.

2) Das andere Grundprinzip ist das der Selbstähnlichkeit.In jedem Teil bilden sich die dynamische Strukturen des Ganzen ähnlich ab. Demnach könnten wir als Teil der Natur diese durchaus analog erfassen.
Hier taucht jedoch das Problem auf, dass diese Strukturen allesamt zirkulär oder infinit (nichtlinear, fraktal) sind. Siehe das Mandelbrod - Äpfelchen! Angenommen wir fänden eine Weltformel, dann könnte sich diese nicht selbst erklären, sondern es blieben zwei Fragen: warum gibt es überhaupt eine solche und warum gerade sie und keine andere.

Zu Friedrich von Weizsäcker, der hier dankenswerterweise viel Anklang gefunden hat, noch folgende Zitate, wobei ich das letzte besonders hervorheben möchte:

1) aus „Der Mensch in seiner Geschichte“:

„Die Quantentheorie ist eine statistische, eine Wahrscheinlichkeitstheorie. Ihr Kern ist eine nicht klassische Wahrscheinlichkeitsrechnung, charakterisiert durch das sogenannte Superpositionsprinzip. Die Wahrscheinlichkeitsrechnung setzt Logik voraus. Die nichtklassische Wahrscheinlichkeitsrechnung der Quantentheorie selbst nach J. v. Neumann eine nichtklassische Logik voraus, die er Quanten-Logik nannte.“

„Das tiefe, noch nie genug verstandene philosophische Problem der Quantentheorie liegt aber darin, dass wegen des Superpositionsprinzips jede klassische, faktische Beschreibung des Geschehens nur eine Näherung ist. Wenn die Quantentheorie richtig ist, so ist die Wirklichkeit in Strenge niemals faktisch.“

2) aus „Ein Blick auf Platon“:

„Die logischen Paradoxien verwenden stets die Negation beziehungsweise die Falschheit, so der Kreter, der versichert, das, was er soeben sage, sei falsch, oder die Menge aller der Mengen, die sich selbst nicht als Element enthalten. Das von Brouer kritisierte Tertium non datur versichert, dass ein Satz und seine Negation die Menge der Möglichkeiten ausschöpfen. J. v. Neumanns Quantenlogik behauptet, dass eine Eigenschaft einem physikalischen Objekt nicht mit Notwendigkeit entweder zukommt oder nicht zukommt.“

3) aus „Große Physiker“:

„... es kann nicht eindeutig unter allen Umständen behauptet werden, dass ein gegebenes Teilchen sich in einer bestimmten Position befindet oder nicht.... es gibt nicht eine unzweideutige Beschreibung der Welt.“

„... das nach der Quantentheorie Ganze nicht aktuell, sondern nur potentiell aus Teilen „bestehen“. Ein Ganzes kann durch Zerstören seiner Struktur in Teile zerlegt werden, aber es kann nicht korrekt als aus den Teilen bestehend beschrieben werden,...“ (zum EPR- Paradoxon)

„Stellen wir uns nun ein Universum vor, welches alle Dinge und alle Beobachter enthalten würde. Würde es sich in einem wohldefinierten Quantenzustand befinden, dann würde keines der Dinge und keiner der Beobachter wirklich existieren. Es könnte dann nicht sinnvoll gesagt werden, dass irgendeines seiner Objekte irgendeinem seiner Beobachter bekannt wäre; in metaphorischer Sprache könnte man nur sagen, dass alle Objekte und alle Subjekte in dem einen Geist verschwunden sind.“

Ge?ndert von Knut Hacker (02.10.11 um 19:16 Uhr)
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  #127  
Alt 02.10.11, 20:02
Knut Hacker Knut Hacker ist offline
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Ich will zum Ausgangsproblem der Quantenlogik zurückkehren, Diese mehrwertige, komplementäre Logik war bereits vor der zweiwertigen, ein Drittes ausschließenden aristotelischen Logik bekannt, nicht nur in Indien und natürlich in China im Buddhismus/Taoismus, sondern auch im Judentum. Der Talmud ist ein einziges Lehrbuch der Quanten – Logik! Es wird immer gefragt, warum das jüdische Volk so unverhältnismäßig viele intelligente Köpfe hervorgebracht hat. Ein Grund dafür könnte die bereits frühkindliche Schulung am Talmud sein.

Einstein war zwar nicht streng jüdisch - religiös – er bezeichnete sich als Spinozist - , aber er schätzte das talmudische Querdenken.So prangerte er mit seinem Ausspruch: “Der gesunde Menschenverstand ist eigentlich nur eine Anhäufung von Vorurteilen, die man bis zum 18. Lebensjahr erworben hat“, an, dass die Leute darüber klagen, sie „verstünden“ die moderne Physik (Relativitätstheorie, Quantenphysik) nicht. Die Unverstehbarkeit sei aber doch gerade das Revolutionäre an den Erkenntnissen der modernen Naturwissenschaft.

Zur Auflockerung des Threads möchte ich das Thema Quantenlogik zunächst mit drei jüdischen Witzen illustrieren:

Ein Ratsuchender kommt zum Rabbi und fragt diesen, ob es Gott gibt. Der Rabbi antwortet: "Gott ist so über allem erhaben, dass er es nicht nötig hat, zu existieren."

Zwei streitende Brüder kommen zum Rabbi. Der eine trägt vor: „ Meine Frau ist krank. Ich bitte Gott, dass er sie heilt. Tue ich recht“, Der Rabbi antwortet: „Ja, mein Sohn, du tust recht.“ Darauf trägt der andere vor: „Gott tut immer das Beste und lässt sich in seiner Allmächtigkeit nicht umstimmen. Es ist also frevelhaft, ihn um etwas zu bitten.Habe ich recht?“ „ Ja, du hast recht!“ antwortet der Rabbi. Verstört ziehen die Streithälse von dannen. Der Schüler des Rabbi, der diesem zugehört hatte, hält seinem Lehrmeister vor: „ Die beiden hatten gegensätzliche Standpunkte. Sie können doch nicht beide recht haben!“ Der Rabbi antwortete: „Du hast recht!“

Zwei Juden besuchen ein Lokal und bestellen sich jeder einen Fisch. Zwei Fische werden auf einem Tablett serviert, ein großer und ein kleiner. Der eine Jude zum anderen: „Nu, so greif doch zu!“ Der andre: „So nimm doch du zuerst!“ Der erstere:“Aber bitte, ich lasse dir den Vortritt.“ Der andere: "Vielen Dank, aber ich überlasse dir die erste Wahl.“ So geht das eine Weile hin und her, bis sich schließlich der erstere den größeren Fisch nimmt. Nach kurzem Schweigen bemerkt der andere: „ Hätte ich zuerst zugegriffen, hätte ich den kleineren genommen!“ Darauf der erste: “Nu, hast du nicht den kleineren?“

Und nun eine heitere Erläuterung des Talmuds und damit der Quanten – Logik:

Ein Talmudgelehrter wurde einmal gefragt, worin eigentlich die Weisheit des Talmud bestehe.

„Das ist sehr schwierig“, antwortete er. „Ich will es Euch an einem Beispiel erklären und Euch eine talmudische Frage stellen: Zwei Juden wandern über die Dächer einer Stadt. Der eine schaut in einen Schornstein hinein und lehnt sich dabei so weit vor, dass er hineinfällt. Der zweite will ihm helfen, aber er fällt auch hinein. Wie sie nun herauskommen, ist der eine schwarz von Ruß, der andere ist sauber geblieben.Welche wäscht sich?“

„Der Schmutzige natürlich.“

„Falsch. Der Saubere geht sich waschen, denn er sieht, dass der andere schmutzig ist, und glaubt, er selbst sei es auch. Der Schmutzige aber sieht, dass der andere sauber ist, und glaubt, er sei auch sauber. Also wäscht er sich nicht.“

„Aha“, sagte der Frager.

„Das ist aber erst der Anfang“, fuhr der Talmudist fort. „Ich will Euch eine zweite Frage stellen: Die beiden fallen noch einmal in den Schornstein, einer kommt schwarz heraus, der andere sauber. Welcher wäscht sich?“

„Jetzt weiß ich's: der Saubere.“

„Nein, beide. Der Schmutzige sieht, dass er schmutzig ist, also wäscht er sich. Der Saubere aber sieht den Schmutzigen und glaubt, er sei auch schmutzig, also geht er sich waschen. Aber das ist noch nicht alles. Ich will Euch eine dritte Frage stellen: Zwei Juden gehen über die Dächer und fallen in einen Schornstein.Einer kommt schwarz heraus, der andere sauber. Welcher wäscht sich?“

„Beide.“

„Wieder falsch. Keiner von beiden geht sich waschen. Der Sauberes sieht, dass er sauber ist, also braucht er sich nicht zu waschen. Der Schmutzige aber sieht, dass der andere sauber ist, also glaubt er, dass er auch sauber sei, und geht sich nicht waschen. Es geht aber noch weiter. Die beiden fallen wieder in den Schornstein, einer kommt schwarz heraus, der andere sauber. Welcher wäscht sich?“

„Ich weiß ich nicht.“

„Nun, der Schmutzige natürlich. Weshalb sollte sich denn der Saubere waschen? Der Schmutzige aber sieht, dass er schwarz ist, also geht er sich waschen. Ich sagte ja, dass es sehr schwierig ist.Aber auch damit sind wir noch nicht am Ende. Erstens: Habt Ihr schon einmal zwei Juden über die Dächer spazieren sehen? Und gesetzt den Fall, sie taten es: Selbst wenn einer in den Schornstein gefallen wäre, wozu sollte der andere ihm unbedingt folgen? Also nehmen wir einmal an, es war so. Ist es jemals vorgekommen, dass von zwei Männern, die durch den gleichen Schornstein gefallen sind, der eine schwarz herauskommt und der andere sauber? Seht Ihr, so ist es mit dem Talmud.“ (Nach einer alten Überlieferung wiedergegeben von Filipp Goldscheider)
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  #128  
Alt 02.10.11, 20:15
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richy richy ist offline
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Hi Knut
Ich will auf jeden Fall auf die von dir angesprochenen Problematiken im Zusammenhang mit Goedel und der nichtlinearen Systemdynamik (Chaostheorie) eingehen. Zuvor moechte ich aber genauer verstehen inwiefern die Unbestimmtheitsrelation insbesonders in der Kopenhagener Interpretation als Interpretationshilfe, Argument ueberhaupt verwendet wird. Fuer mich ist das zunaechst reine Mathematik mit einem interessanten Aspekt, Analogon zu unseren Sinnenwahrnehmungen.
Ich wuerde dazu hier gerne noch naeher ergruenden, wann denn der Begriff Unschaerferelation und wann der Begriff Unbestimmtheitsrelation angebrachter ist. Das sind zwei paar Stiefel, wobei die Unschaerferelation wohl die allgemeinere Form ist um den Zusammenhang zwischen Ur und Zeitbereich einer F-Transformierten darzustellen und die Unbestimmtheitsrelation den Spezialfall darstellt, falls der Prozess stochastischer Natur ist. Wobei mir hier als Ing im Grunde sofort zusaetzlich einfaellt, dass man die F Transformation in diesem Fall keinesfalls verwenden sollte, sondern moderne Spektral Schaetzungsmethoden. Die F-Transformation wird dabei wohl jedoch die physikalische Vorgabe der Natur sein, also sachgemaess. Wenn ich nun |PSI|^2 als Spektrum betrachte duerfte dies in Details im Grunde gar nicht richtig zusammenpasen. *an Kopp kratz

Ich denke mal dass du einen guten und vor allem freien Ueberblick bezueglich der Kopenhagener Interpretation hast. Kannst du kurz skizzieren welche Rolle hier die Unschaerferelation im Rahmen der Interpretation einnimmt ? (Ohne jedliche Aspekte einer Selbstbezueglichkeit)
Gerne rein persoenlch fuer deine Sichtweise. Wie du das Ganze verstehst, also Aspekte der KI fuer dein persoenliches Weltbild verarbeitest.
Zwischenzeitlich sichte ich mal Zehs Paper weiter nach einer Antwort.
Gruesse

Ge?ndert von richy (03.10.11 um 00:12 Uhr)
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  #129  
Alt 02.10.11, 21:52
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Zeh zu Kompelmentaerem :
Zitat:
Diese pragmatische Haltung beruft sich überwiegend auf die Kopenhagener Deutung von Niels Bohr, doch meistens ohne deren volle Konsequenzen zu erfassen. Bohr hatte auf Grund seiner langen und tiefen Erfahrung schon vor 1925 erkannt, daß es „keine einfache Lösung“ der Probleme der Quantenphysik geben könne. Damit erteilte er allen „naiven“ (traditionellen) Versuchen einer Interpretation eine auch nachträglich berechtigte Absage. Er ging aber weiter, indem er auf einem rein operationalistischen Umgang mit der Theorie bestand, der ausdrücklich begriffliche Inkonsistenzen („komplementäre“ klassische Beschreibungsweisen) zuläßt. Daß dies die Aufgabe eines Realitätsbegriffes in der Mikrophysik verlangt, kam Bohr sogar entgegen, da er philosophisch nachweisbar vom Irrationalismus beeinflußt
war, der damals auch für einige führende Naturwissenschaftler im Zeitgeist lag. Tatsächlich ergab sich diese explizite Absage an eine „reale Quantenwelt“ aber als ein Ausweichen auf ganz konkreten Konsistenzfragen, etwa ob das Elektron nun „wirklich“ ein Teilchen oder eine Welle sei.
http://www.rzuser.uni-heidelberg.de/...lsruheText.pdf

Was ist Operationalismus ?
********************
http://de.wikipedia.org/wiki/Operationalismus
Zitat:
Nach Bridgmans Auffassung ist wissenschaftliche Objektivität gegründet auf die Verwendung von operationalen Definitionen. Damit ein wissenschaftlicher Begriff empirisch gültig sei, müsse er in Form von spezifischen Messverfahren definiert werden; so wie etwa „Länge“ dadurch definiert werde, dass man ein Metermaß an das jeweilige zu messende Objekt anlege. Die Bedeutung eines Begriffes erschöpfe sich also in einer Reihe angebbarer Messoperationen; der Begriff sei bedeutungsgleich mit den betreffenden Operationen. Damit hat Bridgman nicht nur die Kriterien der Gültigkeit (Validität) eines Begriffs außerhalb des menschlichen Bewusstseins angesiedelt, sondern den Begriff selber mit einer Menge bewusstseinsunabhängiger Operationen gleichgesetzt.
Das klngt vernuenftig. Nur was ist Messen ? Das Interferenzmuster kann ich vermessen. Aus operationalistischer Sicht ist es existent. Klar es ergibt sich erst aus vielen Ereignissen. Aber jedes dieser Einzelereignisse ist z.B. als schwarzer Punkt existent, da vermessbar. Und damit gibt es keine Komponente die nicht vermessbar waere und damit muss dem Wellencharakter auch aus operationeller Sicht eine Existenz zugesprochen werden. Und da jeder Punkt des Bildes zur Existenz des Interferenzbildes beitraegt ist in jedem Punkt die Existenz einer Welle manifestiert. Sogar in unserer Relitaet.

Objektiver Zufall
************
Nehmen wir mal an es gaebe weder einen objektiven noch determinierten Zufall=Chaos.
Wie wuerde dann der Spaltversuch ablaufen ?
Das ist mir eben gerade so eingefallen. Ich kann das auch nicht spontan beantworten. Wuerde man dann bei dem Versuch lediglich einen scharfen Punkt beobachten ? Das waere das logisch sinnvollste.
Und wir haetten keinerlei Probleme und wuerden daraus schliessen :
So ein Elektron ist ganz klar ein Teilchen.

Nehmen wir mal an es gibt irgendeinen Grund, dass es fuer ein vernunftbegabtes Wesen von einer gewissen Bedeutung sein koennte, dass
ein Elektron kein Teilchen ist, sondern eine (hochdimensionale) Welle. Wie koennte man dies diesem vernunftbegabten Wesen dies vermitteln ?
Ohne Zufall wuerde dann beim Spaltversuch das Interferenzmuster aehnlich wie bei einem TV Geraet erzeugt werden. Naja. Das waere eine recht triviale Methode. An diese Stelle moechte ich nochmals, insbesonders Knut, auf meine Phas-o-mat Bilder hinweisen.

Unbestimmtheitsrelation
******************
Wenn Ort und Impuls eines Teilchens/einer Welle ueber eine FT miteinander verbunden sind und dies dazu fuehrt, dass nur das eine oder andere scharf, mit Bestimmtheit gemessen werden kann, dann sehe ich hierin keine Eigentuemlichkeit ausser jener, warum beide Messgroessen in dieser Form miteinander verknuepft sind.
Der Thread ist schon wieder viel zu lang und aussschweifend
Ich schicke ihn also mal in der Form zunaechst ab.

Ge?ndert von richy (04.10.11 um 15:24 Uhr)
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  #130  
Alt 02.10.11, 22:02
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Hi Eugen
Ich moechte dir eine einfache Frage stellen :
Laesst sich mit der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation die Nichtlokalitaet der Quantenmachanik erklaeren ?

Vielen Dank fuer eine Antwort

Ge?ndert von richy (02.10.11 um 22:37 Uhr)
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