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Wissenschaftstheorie und Interpretationen der Physik Runder Tisch für Physiker, Erkenntnis- und Wissenschaftstheoretiker

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  #1  
Alt 21.10.19, 21:51
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TomS TomS ist offline
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dass wir da noch keinen Konsens hatten, hatte ich ja schon letztes Jahr dargestellt
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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
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  #2  
Alt 21.10.19, 22:04
Bernhard Bernhard ist offline
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Standard AW: The Trouble with Many Worlds

Zitat:
Zitat von TomS Beitrag anzeigen
dass wir da noch keinen Konsens hatten, hatte ich ja schon letztes Jahr dargestellt
Bitte nicht falsch verstehen, aber da es sich meiner Meinung nach hier um unterschiedliche physikalische Anwendungen handelt, ist ein Konsens für mich vorerst nicht zwingend erforderlich.

Anders ausgedrückt: Bei einer komplexen Thematik ist ein Konsens sicher deutlich schwerer bis unmöglich zu erreichen, als bei der Frage nach dem Ergebnis von 2+2, um es mal möglichst plastisch zu formulieren. OK?
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Freundliche Grüße, B.
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  #3  
Alt 22.10.19, 05:15
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TomS TomS ist offline
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Standard AW: The Trouble with Many Worlds

Zitat:
Zitat von Bernhard Beitrag anzeigen
Bitte nicht falsch verstehen, aber da es sich meiner Meinung nach hier um unterschiedliche physikalische Anwendungen handelt, ist ein Konsens für mich vorerst nicht zwingend erforderlich.
Zum ersten ist mir nicht klar, von welchen unterschiedlichen physikalischen Anwendungen du sprichst; die Grundlagen der Quantenmechanik unterscheiden da jedenfalls nicht - Wasserstoffatom, Urankern und DNA werden im selben Rahmen behandelt.

Zum zweiten geht es beim Konsens nicht um den Konsens, ob eine Theorie oder deren Interpretation zutrifft, sondern lediglich darum, was sie aussagt. Bohr und Everett sollten bzgl. der Kernaussagen der MWI übereinstimmen, auch wenn Bohr diese wohl abgelehnt hat (auch ein Demokrat wird mit einem Diktator einer Meinung sein, was eine Diktatur ausmacht, obwohl er diese ablehnt).
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  #4  
Alt 22.10.19, 06:37
Bernhard Bernhard ist offline
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Standard AW: The Trouble with Many Worlds

Zitat:
Zitat von TomS Beitrag anzeigen
Bohr und Everett sollten bzgl. der Kernaussagen der MWI übereinstimmen, auch wenn Bohr diese wohl abgelehnt hat (auch ein Demokrat wird mit einem Diktator einer Meinung sein, was eine Diktatur ausmacht, obwohl er diese ablehnt).
Ich denke, dass beide Autoren in einer aktuellen Debatte über die MWI keine entscheidende Rolle mehr spielen, insbesondere Bohr. Das waren pragmatisch gesehen Wegbereiter - mehr nicht.
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Freundliche Grüße, B.
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  #5  
Alt 22.10.19, 07:02
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TomS TomS ist offline
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Standard AW: The Trouble with Many Worlds

Darum geht es doch gar nicht.

Und wenn dich das Beispiel stört, dann versetze es in die fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts.

Es geht darum, dass Everett die Aussagen (der unterschiedlichen Varianten) der Kopenhagener Deutung sicher verstanden hat und diesbzgl. Konsens mit Bohr hätte erreichen können - ohne dass er damit die Kopenhagener Deutung für zutreffend hätte halten müssen.

Um diese Art von Konsens geht es mir. Daher zu

Zitat:
Zitat von Bernhard Beitrag anzeigen
Bitte nicht falsch verstehen, aber da es sich meiner Meinung nach hier um unterschiedliche physikalische Anwendungen handelt, ist ein Konsens für mich vorerst nicht zwingend erforderlich.
Zum ersten ist mir nicht klar, von welchen unterschiedlichen physikalischen Anwendungen du sprichst; die Grundlagen der Quantenmechanik unterscheiden da jedenfalls nicht - Wasserstoffatom, Urankern und DNA werden im selben Rahmen behandelt.

Zum zweiten geht es beim Konsens nicht um den Konsens, ob eine Theorie oder deren Interpretation zutrifft, sondern lediglich darum, was sie aussagt.
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Ge?ndert von TomS (22.10.19 um 07:04 Uhr)
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  #6  
Alt 22.10.19, 07:05
Bernhard Bernhard ist offline
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Zitat:
Zitat von TomS Beitrag anzeigen
Daher zu
Sorry. Hab dafür momentan nicht wirklich die Zeit, um mich damit eingehender zu beschäftigen.
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Freundliche Grüße, B.
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  #7  
Alt 22.10.19, 08:01
n4mbuG0t0 n4mbuG0t0 ist offline
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Standard AW: The Trouble with Many Worlds

Meine persönliche Meinung: Solange das Auftreten der Wahrscheinlichkeiten (Born'sche Regel) in der MWI nicht konsistent ableitbar ist, ist die MWI ein weiterer Kandidat der das Problem nur zum Teil löst. Der Vorteil: Hier besteht noch die Möglichkeit die Kurve zu kriegen.
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  #8  
Alt 22.10.19, 14:01
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TomS TomS ist offline
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Zitat:
Zitat von n4mbuG0t0 Beitrag anzeigen
Meine persönliche Meinung: Solange das Auftreten der Wahrscheinlichkeiten (Born'sche Regel) in der MWI nicht konsistent ableitbar ist, ist die MWI ein weiterer Kandidat der das Problem nur zum Teil löst. Der Vorteil: Hier besteht noch die Möglichkeit die Kurve zu kriegen.
Das ist so die gängige Sichtweise - wobei es weitere diffizile Gegenargumente gibt.

Um fair zu sein sollte man die Situation mit der Newtonschen Mechanik vergleichen: dort existiert ebenfalls keine Begründung eines Zusammenhangs zwischen dem mathematischen Formalismus einerseits und den epistemischen Gegebenheiten andererseits. Es existiert keine tiefergehende Begründung warum die Lösung der Bewegungsgleichung – eine parametrisierte Kurve im euklidschen Raum – der von uns beobachteten tatsächlichen Bahnkurve entsprechen sollte. Die Feststellung, dass die Lösung der Bewegungsgleichung im mathematischen Sinne eine Kurve beschreibt, sowie die Feststellung, dass wir in der Realität eine Bahnkurve beobachten, werden durch keinerlei Argumentation miteinander verbunden – denn dies ist in der Newtonschen Mechanik ja „offensichtlich klar“. Der wesentliche Unterschied zwischen Quantenmechanik nach Everett sowie der Newtonschen Mechanik besteht keineswegs darin, dass letztere eine Begründung für diesen Zusammenhang geliefert – sie liefert keinen! – sondern er besteht darin, dass wir aufgrund der „offensichtlichen Gegebenheiten“ eine solche Begründung nicht weiter vermissen – obwohl sie de facto nicht existiert. Die Quantenmechanik nach Everett ist hier nicht schlechter aufgestellt als die Newtonschen Mechanik; allerdings ist - im Gegensatz zur Newtonschenchen Mechanik - der Zusammenhang eben nicht „offensichtlich klar“ - und nur deswegen vermissen wir eine solche Begründung.

Die Quantenmechanik nach Everett hat außerdem eine zusätzliche Bringschuld, nämlich den Brückenschlag zwischen der ontischen und der epistemischen Ebene. Diese Bringschuld fehlt in vielen anderen Interpretationen der Quantenmechanik, weil diese ausschließlich auf Ebene der Empirie und der Beobachtung verharren. Everett et al. machen einen wesentlichen Fortschritt dahingehend, dass sie eine Interpretation liefern, die überhaupt eine widerspruchsfreie und zugleich ontische Interpretation zulassen. Es ist also schon etwas gewagt, Everett et al. für einen noch nicht vollendeten jedoch maßgeblichen Weg zu kritisieren, den andere noch nicht mal ansatzweise beschritten haben.

Während Everett et al. um die Lösung eines Problems ringen, negieren andere die Existenz oder die Relevanz dieses Problems.
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Ge?ndert von TomS (22.10.19 um 15:12 Uhr)
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  #9  
Alt 22.10.19, 15:40
n4mbuG0t0 n4mbuG0t0 ist offline
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Zitat:
Zitat von TomS Beitrag anzeigen
Das ist so die gängige Sichtweise - wobei es weitere diffizile Gegenargumente gibt.

Um fair zu sein sollte man die Situation mit der Newtonschen Mechanik vergleichen: dort existiert ebenfalls keine Begründung eines Zusammenhangs zwischen dem mathematischen Formalismus einerseits und den epistemischen Gegebenheiten andererseits. Es existiert keine tiefergehende Begründung warum die Lösung der Bewegungsgleichung – eine parametrisierte Kurve im euklidschen Raum – der von uns beobachteten tatsächlichen Bahnkurve entsprechen sollte. Die Feststellung, dass die Lösung der Bewegungsgleichung im mathematischen Sinne eine Kurve beschreibt, sowie die Feststellung, dass wir in der Realität eine Bahnkurve beobachten, werden durch keinerlei Argumentation miteinander verbunden – denn dies ist in der Newton chen Mechanik ja „offensichtlich klar“. Der wesentliche Unterschied zwischen Quantenmechanik nach Everett sowie der Newtonschen Mechanik besteht keineswegs darin, dass letztere eine Begründung für diesen Zusammenhang geliefert – sie liefert keinen! – sondern er besteht darin, dass wir aufgrund der „offensichtlichen Gegebenheiten“ eine solche Begründung nicht weiter vermissen – obwohl sie de facto nicht existiert.
Ich finde dieses Beispiel hinkt. Der Zusammenhang zwischen der Verbindung zwischen mathematischer Kurve und beobachteter Bahn im Falle Newton'scher Mechanik ist nicht die Fragestellung auf die Everett bzw. Kopenhagener Deutung antworten.

Newton:
- Der Formalismus liefert die Bahn x(t),x'(t) etc.
- Beobachtung: Ein Objekt folgt der Bahn/Kurve x(t) durch den Raum.

QM:
- Der Formalismus liefert die Wellenfunktion.
- Beobachtung: Die Wellenfunktion liefert Wahrscheinlichkeiten welche wir auch beobachten können.

Bis hierhin sind sich Everett und Bohr einig (mit der Anmerkung bezüglich Born'scher Regel im Falle der MWI wie so oft). Die Interpretation ist das Problem. Eine Analogie zu Newton wäre m.M.n. eher sowas:

Interpretation 1: Das Objekt ist real, es bewegt sich entlang der Bahn.
Interpretation 2: Das Objekt ist nicht real, x(t) ist real, aber sobald jemand x(t) beobachtet
ist dort auch das Objekt.

Beide Interpretationen sind durch Beobachtung nicht voneinander zu unterscheiden. Interpretation 2 verletzt die Grundregeln des Formalismus (Energieerhaltung etc.), dies ist allerdings nicht messbar.

Lustiger Weise ist in diesem Vergleich die Kopenhagener Interpretation m.M.n eher die zweite. Man hat sich an den Kollaps gewöhnt, obwohl er eigentlich nicht intuitiv sein sollte.

"Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job of interpreting quantum theory was done 50 years ago. " - Murray Gell-Mann

wie du immer zu zitieren pflegst.

Nachtrag: Habe erst jetzt gesehen dass du einen Post noch erweitert hast. Ich habe leider im Moment keine Zeit mehr und werde mir das später nochmal anschaun.
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  #10  
Alt 22.10.19, 16:58
Benutzerbild von TomS
TomS TomS ist offline
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Zitat:
Zitat von n4mbuG0t0 Beitrag anzeigen
Ich finde dieses Beispiel hinkt. Der Zusammenhang zwischen der Verbindung zwischen mathematischer Kurve und beobachteter Bahn im Falle Newton'scher Mechanik ist nicht die Fragestellung auf die Everett bzw. Kopenhagener Deutung antworten.
Mach mal hier halt! Interpretationen usw. interessieren noch gar nicht, das philosophische Problem hast du bereits hier, es wird dir jedoch nicht bewusst.

Ich formuliere deine Aussage etwas um:

Newtonsche Mechanik
  • Formalismus: dieser enthält die Bewegungsgleichungen und liefert eine vektorwertige Funktion x(t)
  • Beobachtung: wir beobachten ein Objekt auf einer Bahn durch den Raum
  • Zusammenhang: wir assoziieren Orte im Raum mit Punkten des Funktionsgraphen

Quantenmechanik
  • Formalismus: dieser beinhaltet die Schrödingergleichung sowie (selbstadjungierte) Operatoren und liefert den Zustandsvektor
  • Beobachtung: wir beobachten relative Häufigkeiten / Erwartungswerte für bestimmte Messwerte
  • Zusammenhang: wir assoziieren relative Häufigkeiten / Erwartungswerte mit Matrixelementen von (selbstadjungierte) Operatoren für den jeweiligen Zustandsvektor

Der kritische Punkt ist diese Assoziation.

Das mathematische Objekt x(t) ist nicht identisch mit der tatsächlichen Bahnkurve; der Mathematiker würde von einer Isomorphie sprechen. Wir denken zwar, es sei irgendwie „offensichtlich klar“, dass eine Entsprechung vorliege; aber das ist keineswegs offensichtlich - zumindest hat die Philosophie dieses Problem - den Zusammengang zwischen dem was ist, wie wir es beschreiben und was wir wahrnehmen - in den letzten 2500 Jahren nicht gelöst! Das Problem ist bereits bei Newton vorhanden, erscheint jedoch irgendwie nicht gravierend - für Physiker.

Fakt ist, dass es keinen logischen Zusammenhang zwischen Formalismus und Beobachtung gibt, sondern lediglich einen postulierten. Das Postulat erscheint bei Newton nicht problematisch, aber es ist und bleibt ein unbeweisbares Postulat, jedoch eines das uns „natürlich“ erscheint.

Rein logisch ist der Zusammenhang in der Quantenmechanik ebenfalls ein Postulat, es ist lediglich mathematisch komplizierter zu formulieren und eben nicht „offensichtlich klar“.

Frage dich doch mal, wie du rein logisch und ohne Rückgriff auf andere - hier nicht aufgeführte - Postulate diese Assoziation begründen kannst. Du wirst feststellen, dass sie immer in der Luft hängt.

Nun passiert folgendes: bei Newton erscheint - für den Pragmatiker - das Nachdenken irrelevant, Bohr et al. verweigern das Nachdenken, Everett et al. gegen das Problem an. Das heißt aber nicht, dass dieses Problem erst mit der Quantenmechanik entsteht, die Quantenmechanik legt nur offen, dass die Physiker dieses Problem seit Jahrhunderten ignoriert haben.
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