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Quantenmechanik, Relativitätstheorie und der ganze Rest. Wenn Sie Themen diskutieren wollen, die mehr als Schulkenntnisse voraussetzen, sind Sie hier richtig. Keine Angst, ein Physikstudium ist nicht Voraussetzung, aber man sollte sich schon eingehender mit Physik beschäftigt haben. |
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#1
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Zeitdilatation am Ereignishorizont
Hallo,
da gibt es etwas, das mich seit Jahren beschäftigt und was mir noch niemand vollständig erklären konnte. Also dachte ich: ich versuche hier mal mein Glück Allenthalben liest man, daß die Zeit am Ereignishorizont eines Schwarzen Lochs stillsteht (natürlich aus weiter Entfernung betrachtet): Da dort die Rotverschiebung z gegen ∞ geht, geht auch die Zeitdilatation gegen ∞ Doch dann las ich des öfteren, daß das so gar nicht stimmt. Die Aussage lautet: Man darf nicht von Rotverschiebung z = ∞ auf Zeitdilatation = ∞ schließen. Bei diesem vermeintlichen Zeitstillstand handelt es sich vielmehr um eine Art „optische Täuschung“. In Wirklichkeit läuft die Zeit am Ereignishorizont weiter, zwar langsam, aber nicht 0. Wir „sehen“ nur, daß da scheinbar alles zum Stillstand kommt. Erst aber in der Singularität geht dann die Zeitdilatation wirklich gegen ∞ Ist das so? Weil: Wenn am Ereignishorizont die Zeit wirklich stillstünde (natürlich immer von uns aus betrachtet, weit weg vom Schwarzen Loch, nicht von einem Raumschiff aus da oben), dann wäre das mit dem Schwarzen Loch ein ziemlich unkomplizierter Vorgang: Kollabiert ein supermassereicher Stern, drückt die Gravitation seine Masse immer mehr zusammen bis sein Durchmesser 2*Schwarzschildradius erreicht. Nun käme alles zum Stillstand, da ja die Zeit stillsteht. Kein weiteres Kollabieren, keine Singularität, nichts von all dem ganzen ART-Voodoo Ein Schwarzes Loch wäre dann ein supermassives festes Gebilde, eingefroren in der Zeit, mit dem Durchmesser 2*Schwarzschildradius. Objekte würden dann nicht „hineinfallen“, sondern vielmehr auf seiner Oberfläche „aufschlagen“ (sehr sehr langsam natürlich), mit ihm verschmelzen, wodurch sich der Schwarzschildradius ausdehnt. All die Fragen wie: kann etwas den Gravitationskollaps vielleicht doch aufhalten, gibt es Singularitäten überhaupt, wie spielt die Quantenmechanik da mit, was geschieht im Innern, etc. wären hinfällig. Oder sehe ich das falsch? Gruß Eva |
#2
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AW: Zeitdilatation am Ereignishorizont
Hallo Eva,
Zitat:
Für den frei fallenden kann man Einiges rechnen. Bei dem Ortsfesten muss man fragen, ob es den überhaupt prinzipiell geben kann.
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Freundliche Grüße, B. |
#3
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AW: Zeitdilatation am Ereignishorizont
Zuerst mal, willkommen im Forum. Das sind gute Fragen, die fast zwangsläufig auftauchen, wenn man sich mit dieser Materie zu beschäftigen beginnt.
Die Verwirrung entsteht, wenn man die Eigenzeit eines ins Schwarze Loch fallenden Objekts nicht sorgfältig von der Sicht eines entfernten Beobachters unterscheidet. Die Uhr eines einfallenden Beobachters (sie zeigt die für ihn vergehende Eigenzeit an) tickt vollkommen normal, wenn er den Ereignishorizont überquert. Und der Gravitationskollaps wird durch nichts aufgehalten. Für den entfernten Beobachter tickt die Uhr des einfallenden Beobachters immer langsamer, was zunehmender Rotverschiebung entspricht. Aus der Metrik sieht man, dass diese bei Annäherung an den Ereignishorizont gegen unendlich geht oder anders, dass der Verlauf der Zeit dann gegen Null geht. Entscheidend ist, was vor Ort tatsächlich passiert (in Eigenzeit!). Der entfernte Beobachter weiß, warum er etwas ganz anderes sieht und er weiß warum.
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Der Verstand schafft die Wahrheit nicht, sondern er findet sie vor - Aurelius Augustinus |
#4
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AW: Zeitdilatation am Ereignishorizont
Hallo, und erstmal Danke für eure Beiträge!
Zitat:
Aber gerne versuche ich es erneut: Unser Beobachter soll ein relativ zum Feld unbewegter Beobachter außerhalb des Feldes (= in „unendlicher Entfernung“) sein. Zitat:
Aber wie ist denn das nun mit dieser Zeidilatation ∞ am EH? Ist dann also ein Schwarzes Loch ein festes Gebilde, eingefroren in der Zeit, mit dem Durchmesser 2*Schwarzschildradius, bei dem Objekte nicht „hineinfallen“, sondern „aufschlagen“? (Natürlich immer von uns aus betrachtet, von unserem definierten Beobachter aus) Und: kann jemand vielleicht einmal die mathematische Rechnung aufzeigen, mit der sich berechnet, wie groß die Zeidilatation am EH ist (natürlich wieder von unserem unbewegten Beobachter außerhalb des Feldes aus)? Hier mal meine eigene Rechnung, die ja ganz offensichtlich fehlerhaft zu sein scheint: ----------------------------------------------- Für die Zeitdilatation im Gravitationsfeld gilt Δt’ = Δt·(1-Φ/c²) Mit dem Newtonschen Gravitationspotential Φ = -G·M/r komme ich am Schwarzschildradius RS = 2·G·M/c² auf ΦS = -c²/2 und somit auf eine gravitative Zeitdilatation von Δt’S = 1,5·Δt ----------------------------------------------- AHA! Nach dieser Rechnung wäre die Zeitdilatation am EH nicht ∞, sondern nur 1,5·Δt - wo ist der Fehler? Gruß Eva |
#5
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AW: Zeitdilatation am Ereignishorizont
Hallo Eva,
Zitat:
Der eine ist ein unendlich weit entfernter und relativ zum Schwarzen Loch (SL) ruhender Beobachter. Der ist soweit klar. Bei der anderen Uhr muss noch geklärt werden, ob die am EH ruhen soll oder frei fällt. Die ruhende Uhr ist so nicht wirklich realisierbar, weil es ein stationäres Raumschiff am EH nicht gibt. Es würde unendlich viel Energie benötigen, um dort zu ruhen. Betrachtet man den Limes einer ruhenden Uhr am EH, so divergiert der Dilatationsfaktor nach Unendlich.
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Freundliche Grüße, B. Ge?ndert von Bernhard (30.07.20 um 14:45 Uhr) |
#6
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AW: Zeitdilatation am Ereignishorizont
Zitat:
Berechnet wird die Eigenzeit mit Hilfe des metrischen Tensors der betrachteten Raumzeit und der Weltlinie des Beobachters. Für den unendlich weit entfernten Beobachter gilt in der Schwarzschildraumzeit dr = 0, dTheta = 0, dPhi = 0. Daraus folgt dtau² = (1 - 2M/r) dt² Wobei dtau ein infinitesimal kleiner Zeitschritt der Eigenzeit ist. Da r gegen Unendlich geht, vereinfacht sich das weiter zu: dtau = dt. Die Koordinate t der Schwarzschildraumzeit mit Schwarzschildkoordinaten entspricht also der Eigenzeit des unendlich entfernten und ruhenden Beobachters. Für die "ruhende" Uhr am EH gilt nun dtau² = (1 - 2M/r) dt² Je näher man an den EH geht, desto kleiner wird der Ausdruck in der Klammer, und damit vergeht bei jeweils gleichen Zeitschritten dt immer weniger Eigenzeit dtau der Uhr am EH. Der Dilatationsfaktor divergiert also.
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Freundliche Grüße, B. |
#7
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AW: Zeitdilatation am Ereignishorizont
Ich denke, deine Formel für die gravitative Zeitdilatation ist nur eine Näherung für schwache Gravitationsfelder, d.h. für
ΔΦ/c² << 1 Die entsprechende, genaue Formel für die Schwarzschild-Lösung findest du z.B. hier: https://www.spektrum.de/lexikon/phys...ilatation/6104 Man sieht leicht, dass einem die Zeitdilatation "um die Ohren fliegt", wenn sich einer der beiden Beobachter dem Schwarzschildradius nähert. |
#8
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AW: Zeitdilatation am Ereignishorizont
Zitat:
Was du siehst, ist eben nicht das, was vor Ort passiert. Einfaches Beispiel. Du siehst ein entferntes dir entgegenkommendes Fahrzeug auf einer heißen Straße scheinbar schweben. Was ist für dich entscheidend?
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Der Verstand schafft die Wahrheit nicht, sondern er findet sie vor - Aurelius Augustinus Ge?ndert von Timm (30.07.20 um 19:19 Uhr) |
#9
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AW: Zeitdilatation am Ereignishorizont
Hallo, und nochmal vielen Dank für eure Bemühungen, mir halbwissenden etwas Verständnis einzubläuen
Also okay, die Zeitdilatation geht am EH gegen ∞ (von uns aus betrachtet) - ist akzeptiert - aber ... Zitat:
Zitat:
Aber gerne, schauen wir uns einmal an was vor Ort passiert - was der Raumfahrer da oben erlebt, während er sich mit Karacho dem EH nähert. Die gravitative Zeitdilatation ist ja nicht relativ, sondern übereinstimmend. Während sich unser Raumfahrer also mit irrsinns Geschwindigkeit dem EH nähert, läuft von ihm aus betrachtet die Zeit im restlichen Universum immer schneller und schneller. Erreicht er nach dem Bruchteil einer Sekunde (von ihm aus betrachtet) den EH, ist im restlichen Universum unendlich viel Zeit vergangen. Und da eines Tages alles endet (auch das Universum), ist mit dem Erreichen des EH für ihn (und natürlich auch für uns) nichts mehr existent, weder das Universum noch sein Schwarzes Loch, in das er eigentlich hineinfallen wollte. Ist also die Zeitdilatation am EH ∞ so müßte das bedeuten: ->Nichts und niemand ist jemals in ein Schwarzes Loch "gefallen", und nichts und niemand wird jemals in ein Schwarzes Loch "fallen" - egal von wem aus betrachtet<- Was soll dann die ganze Aufregung um die Dinger? Gruß Eva |
#10
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AW: Zeitdilatation am Ereignishorizont
Die Zeitdilatation am EH ist ∞ für einen Beobachter im ∞.
Wir sind aber alle endliche Beobachter, der beobachtbare Kosmos ist nicht so weit weg. |
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