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Wissenschaftstheorie und Interpretationen der Physik Runder Tisch für Physiker, Erkenntnis- und Wissenschaftstheoretiker

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  #51  
Alt 02.12.10, 15:54
Benutzerbild von Bauhof
Bauhof Bauhof ist offline
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Standard AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft

Hallo EMI,

deinen Erläuterungen stimme ich zu, mit Ausnahme von zwei Punkten:
Zitat:
Zitat von EMI Beitrag anzeigen
Ok, nach deinem Verständnis Hawkwind, aber nicht nach meinem.
1. Auch nach meinem Verständnis wurden die mathematischen Axiome erfunden und nicht gefunden. Wenn sie gefunden wurden, müssen sie vorher irgendwo gewesen sein. Wo waren sie?

Zitat:
Zitat von EMI Beitrag anzeigen
Diese scharfe Formulierung des Prinzips der materiellen Einheit der Welt und der Universalität der Bewegungsgesetze der Materie wurde von EINSTEIN dadurch erreicht, dass er die Geometrie von einer rein mathematischen Disziplin mit Aussagen über denkmögliche Raumstrukturen wieder (wie zur Zeit EUKLIDS) zu einer naturwissenschaftlichen Disziplin mit Aussagen über die im Universum tatsächlich realisierten Raum-Zeit-Strukturen machte.
2. Nach meinen Kenntnissen hat dies nicht Einstein, sondern Hermann Minkowski vollbracht. Einstein hatte sogar zunächst Minkowskis diesbezügliche geometrischen Betrachtungen zur SRT abgeleht (Zitat: "Das bringt doch nichts Neues"). Später musste Einstein (zähneknirschend) zugeben, dass erst Minkowskis geometrische Formulierungen einen eleganten Zugang zur ART ermöglichten.

M.f.G. Eugen Bauhof
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Ach der Einstein, der schwänzte immer die Vorlesungen –
ihm hatte ich das gar nicht zugetraut!

Hermann Minkowski
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  #52  
Alt 02.12.10, 16:09
Hawkwind Hawkwind ist offline
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Standard AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft

Zitat:
Zitat von EMI Beitrag anzeigen
EINSTEINS Relativitätstheorien sind physikalische Theorien über das mathematische Kontinuum (den physikalischen Feldern) im Sinne der Differentialgeometrie von GAUSS und RIEMANN.
IMHO!

Gruß EMI
Hmm ja zugegeben ... eine interessante Formulierung:
"physikalische Theorie über das mathematische Kontinuum". Bestimmt kann man so eine Sicht auch rechtfertigen.

Ich würde es aber anders ausdrücken: "eine physikalische Theorie der Gravitation unter Nutzung der Differentialgeometrie von GAUSS und RIEMANN".

Es ist doch im Grunde so, dass die Theoretische Physik ein Moloch ist: je weiter die Entwicklung voranschreitet, desto immenser ist der Bedarf an Mathematik: Infinitesimalrechnung, Differentialgleichungen, Funktionentheorie, lineare Algebra, Gruppentheorie, Differentialgeomerie, ... . Mir erzählte auch ein Kollege aus der Mathematik, dass die Superstring-Theoretiker die Entwicklung mathematischer Methoden enorm ge-pusht haben sollen.

Hier eine "nette" Darstellung des Zusammenspiels zwischen Mathematik und Physik:
http://www.uni-goettingen.de/de/90653.html

Zitat:
...
Als ein weiteres konkretes Beispiel können wir die Verbindung zwischen Mathematik und Physik benennen; in der Geschichte war dies immer eine echte Symbiose: Die Physik ist auch für innermathematische Entwicklungen der wichtigste Anstoß gewesen, im Gegenzug hat die Mathematik immer als „Sprache der Physik“ gedient. Eine der wichtigsten akuten Fragen der heutigen Physik ist die Verbindung der allgemeinen Theorie der Gravitation (Einsteins Relativitätstheorie) und der Quantenphysik. Es ist sehr wahrscheinlich, dass komplett neue mathematische Strukturen nötig sind, dies zu ermöglichen.
...
Diese Gruppe erforscht, wie man die „flexible“ Geometrie in „starren“ Gebieten wie der Zahlentheorie anwenden kann. Eines der weitreichenden Ziele ist, mehr über die Spiegelsymmetrie (angeregt durch die String-Theorie der Physik) zu verstehen
...
Die Gruppe „Mathematische Physik“ von Prof. Dr. Dorothea Bahns wendet neue Methoden an, wie zum Beispiel die sogenannte nicht-kommutative Geometrie, um mathematische Modelle zu entwickeln, welche auf lange Sicht helfen sollen, Quantenphysik und Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie zu vereinigen.
...

Ge?ndert von Hawkwind (02.12.10 um 16:21 Uhr)
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  #53  
Alt 02.12.10, 16:51
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Standard AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft

Zitat:
Zitat von Hawkwind Beitrag anzeigen
Es ist doch im Grunde so, dass die Theoretische Physik ein Moloch ist...
Ich sehe eher die Mathematik als "Moloch" Hawkwind,

aber das liegt primär daran, dass ich sie eh nicht verstehe/mit ihr zurecht komme.
Ist also eher ein subjektives Urteil meinerseits, sorry.

Gruß EMI
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  #54  
Alt 03.12.10, 03:04
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Standard AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft

Zitat:
Zitat von Bauhof Beitrag anzeigen
Nach meinen Kenntnissen hat dies nicht Einstein, sondern Hermann Minkowski vollbracht.
Ich weis, Du verehrst Minkowski Bauhof (sieht man ja) und das zu recht!

Aber Einstein hat erst mit der ART die Physik geometrisiert und nicht schon mit der SRT (Minkowski).

Gruß EMI
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  #55  
Alt 03.12.10, 16:57
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Bauhof Bauhof ist offline
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Standard AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft

Zitat:
Zitat von EMI Beitrag anzeigen
Aber Einstein hat erst mit der ART die Physik geometrisiert und nicht schon mit der SRT (Minkowski).
Hallo EMI,

das ist richtig, aber ohne Hermann Minkowskis Vorarbeit wäre die ART "in den Windeln stecken geblieben". Etwas Geschichtliches zur Entwicklung der ART schreibt Marcia Bartusiak in seinem Buch [1] auf Seite 66 über Einstein folgendes:

Zitat:
Er gelangte auch zu der Einsicht, dass seine endgültigen Gleichungen wahrscheinlich "nicht-euklidisch" sein würden. Allmählich ging ihm auf, dass Gravitation mit Krümmungen der Raumzeit zusammenhängen könnte. Endlich gelangte er auch zur Anerkennung von Minkowskis mathematischer Formulierung der speziellen Relativitätstheorie mit ihrer Schaffung der Raumzeit, jener "banalen" Riemannschen Mannigfaltigkeit. Ohne Minkowskis Vorarbeit, gab ein zerknirschter Einstein zu, wäre "die allgemeine Relativitätstheorie vielleicht in den Windeln stecken geblieben".
Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof

[1] Marcia Bartusiak
Einsteins Vermächtnis.
Der Wettlauf um das letzte Rätsel der Relativitätstheorie
Hamburg 2005. ISBN=978-3434505297
http://www.amazon.de/Einsteins-Verm%...1394791&sr=1-1
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Hermann Minkowski
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  #56  
Alt 03.12.10, 17:56
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Standard AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft

Zitat:
Zitat von Bauhof Beitrag anzeigen
aber ohne Hermann Minkowskis Vorarbeit wäre die ART "in den Windeln stecken geblieben"
Ich mutmasse mal, das sich Einstein voll bewusst war, auf welchen Schultern er stand und welche grossen Geister seine zeitgenössische Physikerkollegen waren, Bauhof,

auch ein Einstein wird gewusst haben, dass er völlig auf sich allein gestellt uns niemals solch ein "Packet an Erkenntnissen" hinterlassen hätte können.
Ob er dabei auch mal zerknirscht war, dass könnte er wohl nur selbst beantworten.

Bleiben tut auf jeden Fall seine gestige Leistung für die Menscheit, zu welcher man nur Hochachtung empfinden kann. IMHO

Gruß EMI
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  #57  
Alt 05.12.10, 15:15
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Rotes Gesicht AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft

Hallo,

ich sollte bei meinen Bemerkungen hinzufügen, dass das, was ich als Grundlage der Axoimensysteme auffasse, nicht unbedingt von Sir Karl Popper geteilt wurde. Er sieht Axiomensysteme als Feststetzungen oder empirisch-wissenschaftliche Hypothesen (s. Popper: Logik der Forschung, S. 42). Mir ist aber nie ganz einleuchtend gewesen, worin der Unterschied zum Erfahrungswissen und der empirisch-wissenschaftlichen Hypothese liegt.

Dass Physik nicht ein System von Feststetzung sein kann, dürfte einleuchten. Physik sollte zumindest in Grundlagen auf Empirie basieren (wobei ich bezweifle, ob dies in der ST noch so ist). Da Axiome ja die höchste Allgemeinheitsstufe darstellen soll, aus der "nur noch" Sätze ist geringeren Allgemeinheitsgrad folgen können, wäre es sicherlich beinahe vermessen, ein allgemeines Axiomensystem der Physik aufzustellen - denn was ist das "Allgemeinste", das nicht Tautologie ist?

Nun, nach Popper - soweit ich das interpretieren kann - ist Mathematik eben nicht nur eine freie Schöpfung des menschlichen Geistes, sondern basiert auf Axiomen, die physikalischen Systemen zugeordnet werden können - die Gerade einem Lichtstrahl, der Punkteiner Kreuzung von Lichtstrahlen usw. (Ebenda, S. 44). WIEWEIT allerdings die Physik auf Axiome beruhren kann (Hilbert unternahm da Versuche), welche Teilsystem UND wie diese voneinander abzugrenzen sind, das wird wohl zu diskutieren bleiben...

SG TWR
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Sir Karl Popper
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  #58  
Alt 05.12.10, 15:32
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Standard AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft

Ja, basiert auf Axiome. Nun bin ich kein Mathematiker, aber die Euklidische Geometrie bassierte doch auf 5 Axiomen und es wurde immer wieder versucht, das 5. Axiom (Parallelen) aus den 4 anderen herzuleiten. Und es wurde gezeigt, dass dies nicht möglich ist und es Geometrien gibt, die alle 4 Axiome erfüllen, aber das 5. nicht.

Axiomensysteme müssen doch "nur" dies erfüllen:

- widerspruchsfrei
- unabhängig voneinander (s.o.!)

- hinreichend und notwendig für die Deduktion.

Und ganz sicher basiert die Riemannsche Mannigfaltigkeit aus Axiomen. Ich weiß aber nicht, ob es die Axiome der Metrik sind (denke es aber).

-Punkte haben zu sich selbst den Abstand 0,
-Punkte mit Abstand 0 sind identisch, nicht-identische können nicht Abstand 0 haben,
- "Abstände (also d)" sind symetrisch,
- Der "Abstand zwischen zwei Punkten ist kleiner oder gleich der Summe der Abstände, wenn ein "Zwischenpunkt" hinzukommt.
(Verzeihe die unmathematische Ausdrucksweise).

SG TWR

SG TWR
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  #59  
Alt 05.12.10, 15:35
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twr twr ist offline
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Standard AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft

Zitat:
Zitat von EMI Beitrag anzeigen
Ach echt twr,

und was sind dann z.B. die Newtonschen Axiome?

Gruß und willkommen

EMI
Siehe Antwort Hawkwind. Aber es ist EIN Teilsystem. Unter einer axiomatischen Physik verstehe ich ein Gesamtsystem. Im übrigen ist IMHO nicht bewiesen oder falsfiziert, dass dies "Axiome" nicht herleitbar sind. Im übrigen fehlt dem Newtonschen "Axiomen" eben die Eigenschaften eines Axiomensystems (s.o.). Wie soll ich die Vollständigkeit, Widerspruchsfreit herleiten bzw. beweisen?

SG TWR
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Ge?ndert von twr (05.12.10 um 15:51 Uhr) Grund: Ergänzung
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  #60  
Alt 07.12.10, 10:52
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Zitat:
Zitat von twr Beitrag anzeigen
Siehe Antwort Hawkwind. Aber es ist EIN Teilsystem. Unter einer axiomatischen Physik verstehe ich ein Gesamtsystem. Im übrigen ist IMHO nicht bewiesen oder falsfiziert, dass dies "Axiome" nicht herleitbar sind. Im übrigen fehlt dem Newtonschen "Axiomen" eben die Eigenschaften eines Axiomensystems (s.o.). Wie soll ich die Vollständigkeit, Widerspruchsfreit herleiten bzw. beweisen?

SG TWR
Hier https://elearning.mat.univie.ac.at/p...d/Kapitel9.pdf noch zur Vervollständigung ein Hinweis auf die 4 Axiome der Quantentheorie. Sie erscheinen "als nicht direkt nachvollziebar" und "rechtfertigen sich durch den Erfolg".
Dazu paßt die Aussage, die man bei Wiki http://de.wikipedia.org/wiki/Axiom findet: "Stehen Aussagen der Theorie im Widerspruch zur experimentellen Beobachtung, werden die Axiome angepasst." Das dürfte ein doch entscheidender Unterschied sein, wenn man den Vergleich mathematische/physikalische Axiome zieht. Aber rein formal gibt es wohl keinen Unterschied. Hilbert sagte : Ein Axiom ist jede unabgeleitete Aussage.

Gruß, Timm
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Der Verstand schafft die Wahrheit nicht, sondern er findet sie vor - Aurelius Augustinus
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