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Wissenschaftstheorie und Interpretationen der Physik Runder Tisch für Physiker, Erkenntnis- und Wissenschaftstheoretiker

 
 
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  #17  
Alt 09.04.10, 10:39
Timm Timm ist offline
Singularität
 
Registriert seit: 26.03.2009
Ort: Weinstraße, Rheinld.Pfalz
Beitr?ge: 3.179
Standard AW: Zeitsymmetrie in der Physik

Zitat:
Zitat von Timm Beitrag anzeigen
Ja, hier lag ich total falsch, Du hast mich ueberzeugt , Uli. Danke fuer die klare Darstellung.


Und die Annaeherung der Komponenten eines binaeren Pulsars duerfte nicht zeitumkehrbar sein, weil auch hier die Thermodynamik (Abstrahlung von Gravitationswellen) ins Spiel kommt.

Gruss, Timm
Nein, auch hier lag ich falsch, für mich sehr überraschend.

Meine Anfragen:

1. Zur Kompensation der gemäß der ART abgestrahlten Gravitationswellen nähern zwei sich umkreisende Neutronensterne einander an. Die Bahn schrumpft. Dies ist doch wohl nicht zeitumkehrinvariant, denn die Abstrahlung derGravitationswellen kann nur irreversibel mit einem Energieverlust verbunden sein. Entweder gibt es andere Gründe, wonach die Einsteinschen Feldgleichungen ein sich-Entfernen der Bahnen der Neutronensterne nicht zulassen, oder die Entropie-Zunahme (Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik) verordnet der ART als "übergeordnetes Prinzip eine Richtung der Zeit --- mit der Folge, dass diese Theorie möglicherweise nichtvollständig wäre.

2. Der Einfang von Himmelskörpern durch einen schnell rotierenden Neutronenstern: Ein vagabundierender kleiner Brocken nähere sich einem schnellrotierenden Neutronenstern senkrecht zur Rotationsachse so, dass ihn der mitrotierende Raum abbremst (sog. frame-dragging) und er letztlich eingefangen wird. Auch in diesem Beispiel kann es kein Zurück in der Zeit geben. Welches physikalische Gesetz sollte dem eingefangenen Körper zur Fluchtgeschwindigkeit verhelfen? Ein dritter Körper scheidet aus, denn ein solcher war am Einfang nicht beteiligt. Macht die Theorie hier eine Aussage, der die Natur widerspricht?

wurden von Prof. Matthias Bartelmann so beantwortet:
Zitat:
An beiden Beispielen ist grundsaetzlich nichts Irreversibles. Sie sind tatsächlich zeitumkehrinvariant. Bei dem ersten Beispiel müsste man "nur'' die von dem allmählich nach innen spiralenden Doppelstern ausgesandten Gravitationswellen umkehren und statt dessen von außen auf das Paar einstrahlen. Das würde zwar eine sehr spezielle Anordnung von geschickt bewegten Massen um den Doppelstern herum erfordern, die aber prinzipiell möglich wäre. In der Fachsprache würde der Physiker sagen, man müsse "nur'' die Anfangs- und Randbedingungen so wählen, dass die vorher vom System emittierten Gravitationswellen nun statt dessen in das System einliefen. Einfacher --- und sogar praktisch realisierbar --- sind elektrodynamische Beispiele: Sei etwa ein Elektron gegeben, das durch klassische Oszillation um eine positive Ladung Licht abstrahlt und dabei Bahnenergie verliert. Auch dieser Vorgang ist zeitumkehrinvariant, weil durch eine geeignete elektrische Anordnung die vorher abgestrahlten elektromagnetischen Wellen auf das Elektron eingestrahlt werden könnten, wodurch es beschleunigt würde. Nichts Geheimnisvolles also. Die entsprechenden Randbedingungen werden zum Beipiel in Teilchenbeschleunigern sogar tatsächlich technisch realisiert. Vereinfacht gesprochen wird dort zur Erzeugung der benötigten Wellen eine positive Ladung mittels äußerer "Gewaltanwendung'' stets vor dem Elektron hergeführt, und dadurch dieses ständig in Flugrichtung beschleunigt. Analog müsste man es mit schweren Massen im Falle des Doppelsterns tun.

Auch in Herrn xxx zweitem Beispiel werden Gravitationswellen durch den Vorüberflug und Einfang ausgelöst, die man "nur'' statt dessen von außen auf das System einstrahlen müsste, um den eingefangenen Körper aus dem Schwerefeld des rotierenden Neutronensterns herauszukatapultieren.
Prof. Matthias Bartelmann ist Direktor am Institut für Theoretische Astrophysik im Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg. Sein Hauptarbeitsgebiet ist die Kosmologie, deren wichtigste theoretische Grundlage die ART ist.

Weitergeleitet hatte meine Fragen freundlicherweise Herr Ulrich Bastian, ebenfalls Uni Heidelberg und Redakteur der Zeitschrift "Sterne und Weltraum".

Ich hatte selbstverständlich nicht die Zeitumkehr-Invarianz der ART bezweifelt. Daß man allerdings die "Anfangs- und Randbedingungen" im Einklang damit zumindest im Prinzip auch so wählen kann, aber schon.

Gruß, Timm
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Der Verstand schafft die Wahrheit nicht, sondern er findet sie vor - Aurelius Augustinus
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