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Quantenmechanik, Relativitätstheorie und der ganze Rest. Wenn Sie Themen diskutieren wollen, die mehr als Schulkenntnisse voraussetzen, sind Sie hier richtig. Keine Angst, ein Physikstudium ist nicht Voraussetzung, aber man sollte sich schon eingehender mit Physik beschäftigt haben.

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  #1  
Alt 29.08.12, 18:10
Thom_B Thom_B ist offline
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Registriert seit: 22.08.2012
Beitr?ge: 21
Standard Das Photon und der Strahlteiler

Hallo Zusammen,

um die Diskussion zu dem Zeilinger Artikel nicht zu weit ausufern zu lassen, hier mal meine Version zu dem Photonen Anti-Bunching, dass oft als das zentrale Experiment zur Teilchennatur des Lichtes in der Quantenoptik gesehen wird und in der Diskussion mit RoKo auch angesprochen wurde. Eine Warnung vorweg: Die Fragestellung hier mag auf den ersten Blick recht abwegig und konstruiert erscheinen. Das ist sie wohl auch, aber die Quantenoptik hat gelernt, dass man solche Fragen stellen muss, um zur Teilchennatur des Lichtes vorzudringen.

Der Aufbau ist simpel:

Wie betrachten eine Lichtquelle, zunächst stellen wir uns einen Laser vor. Der soll eine kohärente, monochromatische Welle mit konstanter Intensität erzeugen, Polarisation ist unwichtig. Das ist zwar eine Idealisierung, aber für unsere Zwecke ok. Das Licht trifft auf einen Strahlteiler, der die Intensität des einfallenden Lichtes zu gleichen Teilen reflektieren und transmittieren soll. An beiden Ausgängen des Strahlteilers trifft das Licht auf je einen Detektor. Über die Wirkungsweise des Detektors brauchen wir uns nicht allzu viele Gedanken zu machen, es genügt die Annahme, dass die Wahrscheinlichkeit, dass der Detektor anspricht proportional zur Intensität des einfallenden Lichtes ist. Natürlich sind die beiden Detektoren identisch. Jetzt stellen wir folgende Frage: Was ist die Wahrscheinlichkeit, dass beide Detektoren ansprechen? Dabei interessiert uns, ob diese Wahrscheinlichkeit davon abhängt, ob beide Detektoren gleichzeitig oder mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung ansprechen. Uns interessiert also die Wahrscheinlichkeit, dass Detektor 1 zur Zeit t anspricht und Detektor 2 zur Zeit t+delta t. Diese Wahrscheinlichkeit (eine Korrelationsfunktion, manchmal auch g2 Funktion
genannt) tragen wir als Funktion von delta t auf.

Erster Fall: wir betrachten das Lichtfeld als eine klassische (monochromatische) Welle. Für einen Laser genügend hoher Intensität ist das ok. Was erwarten wir? Die auf den Strahlteiler einfallende Intensität wird gleichmäßig auf beide Detektoren verteilt, daher haben beide die gleiche Wahrscheinlichkeit anzusprechen. Da die Intensität zeitlich konstant sein soll, ändert sich diese Wahrscheinlichkeit auch nicht mit der Zeit. Also ist auch unsere Korrelationsfunktion zeitlich konstant und nicht von delta t abhängig.

Zweiter Fall: Jetzt wiederholen wir das Experiment bei immer geringerer Intensiät. Die Argumentation aus dem ersten Fall bleibt davon unberührt, Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Detektor anspricht nimmt zwar ab, die gesuchte Korrelation hängt aber immer noch nicht von delta t ab. Aber halt: ist denn die klassische Betrachtung des Feldes bei immer geringeren Intensitäten zulässig? Müssen sich nicht irgendwann die Lichtquanten zeigen? Berechtigter Einwand, also beschreiben wir das ganze mit einem quantisierten Lichtfeld. Das von dem Laser emittierte Licht wird dann als kohärenter Zustand beschrieben. Ein kohärenter Zustand ist die bestmögliche quantenoptische Darstellung einer klassischen Welle, der quantenmechanische Erwartungswert des elektrischen Feldes oszilliert hier wie die das klassische E-Feld, es gibt aber zusätzliche Unschärfen, die das klassische Feld nicht hat. Was ändert sich für unsere gesuchte Korrelationsfunktion? Antwort: gar nichts, das quantenoptische Ergebnis entspricht genau dem klassischen. Wozu also das alles?

Jetzt kommt der dritte Fall: Wir tauschen die Lichtquelle. Wir betrachten jetzt eine Quelle, die in regelmässigen Zeitabständen einzelne Photonen ausstösst. Das klingt banal, ist es aber nicht, denn keine klassische Lichtquelle und auch kein Laser tut das! (*) Man kann sowas aber bauen, wie man das am besten macht ist ein aktuelles Gebiet der technischen Quantenoptik. Das Lichtfeld besteht daher jetzt zu jedem Zeitpunkt aus einer festen Anzahl an Photonen, manche nennen das Fock-Zustand. Trifft jetzt ein Photon auf den Strahlteiler, so kann es nur entweder reflektiert oder transmittiert werden. Im Mittel werden zwar genausoviele Photonen reflektiert wie transmittiert, für das einzelne Photon gibt es aber nur eine Alternative. Und da das Photon nur einmal gemessen werden kann und auch nie mehr als eines gleichzeitig ankommt, können jetzt beide Detektoren nicht gleichzeitig ansprechen, unsere Korrelationsfunktion zeigt ein Minimum bei delta t = 0. Das nennt man Anti - Bunching und ist ein experimenteller Beweis, dass meine Quelle nichtklassisches Licht aussendet, das nicht mit der klassischen Wellengleichung beschrieben werden kann.

Der dritte Fall zeigt also, dass es Lichtfelder gibt, die über eine klassische Beschreibung hinausgehen und eine quantisierte Beschreibung erfordern. Wer die Welt überzeugen möchte, dass er eine Einzelphotonen Quelle gebaut hat, muss genau dieses Experiment machen. Ein abgeschwächter Laser ist dagegen nie eine Einzelphotonen Quelle!


(*) Ein Problem der Interpretation ist, dass wir, wenn wir von Photonen sprechen meist intuitiv an solche Felder mit fester oder zumindest definierter Photonenzahl denken. Fast alle alltäglichen Lichtfelder haben diese Eigenschaft jedoch nicht, es besteht eine quantenmechanische Unschärferelation zwischen der Photonenzahl und der Phase des Feldes. Wer also fragt, wieviele Photonen sein Computerbildschirm gerade abstrahlt, kannn für diese Zahl nur einen Mittelwert angeben, die genaue Zahl ist strenggenommen nicht definiert, auch wenn bei hohen Photonenzahlen diese Unschärfe zu vernachlässigen ist.



schöne Grüße
Thom_B
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  #2  
Alt 30.08.12, 06:56
RoKo RoKo ist offline
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Standard AW: Das Photon und der Strahlteiler

Hallo zusammen,

Hier ein Link zum
QuantumLab. Dort wird unter anderem die Funktionsweise einer "angekündigten" Einphotonenquelle beschrieben.
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mit freundlichem Gruß aus Hannover

Unendliche Genauigkeit ist eine Illusion
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  #3  
Alt 31.08.12, 03:21
RoKo RoKo ist offline
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Standard AW: Das Photon und der Strahlteiler

Hallo Thom_B,

Zitat:
Zitat von Thom_B Beitrag anzeigen
Der dritte Fall zeigt also, dass es Lichtfelder gibt, die über eine klassische Beschreibung hinausgehen und eine quantisierte Beschreibung erfordern.
Mehr aber auch nicht. Eine "Teilchen"natur wird damit nicht nachgewiesen.
__________________
mit freundlichem Gruß aus Hannover

Unendliche Genauigkeit ist eine Illusion
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  #4  
Alt 31.08.12, 08:55
Thom_B Thom_B ist offline
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Standard AW: Das Photon und der Strahlteiler

Hallo RoKo,

ob eine naive Teilchenvorstellung für das Licht hilfreich ist, oder eher verwirrt ist umstritten. Eine bedeutende Schule um W. E. Lamb (Nobelpreis für die Lamb-Verschiebung) und M. O. Scully (Texas A&M University) vertritt durchaus die Auffassung, dass ein naives Teilchenbild eher verwirrt als nützt. Man könnt hier den polemischen Artikel von W. Lamb:

The Anti-Photon (Applied Physics B, Vol 60, pp 77-84)

oder Scully, Sargent: The Concept of the Photon (Physics Today, Vol 25, pp 38 - 47) (*)

oder deren Lerhrbücher zitieren. Übrigens hat W. Lamb einmal auf einer Konferenz Lizenzen an Leute verteilt, die seiner Meinung nach authorisiert sind, das Wort "Photon" zu benützen, da sie sich der begrifflichen Beschränkungen bewusst sind. Es gab nicht viele solcher Lizenzen.


Meiner Meinung nach, ist das oben beschriebene Strahlteiler Experiment eines, das einer naiven Teilchenvorstellung am nächsten kommt: Ein Teilchen kann sich am Strahlteiler nicht aufteilen und daher nur an einem Detektor gemessen werden. Ebenfalls stützt das Teilchenbild alles, was mit einem diskreten Impulsübertrag bei der Absorbtion oder Emission zu tun hat.


(*) Frage: wie wird das hier mit dem Zitieren von Artikeln gehandhabt, die dem copy-right eines Verlages unterliegen. Ich möchte sie nicht hochladen, weiss aber, dass einige Leser sie vielleicht nicht oder nur gegen (unverschämt) viel Geld lesen können. Sollte man das Zitat dann lassen?

schöne Grüße
Thom_B
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  #5  
Alt 31.08.12, 12:48
RoKo RoKo ist offline
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Standard AW: Das Photon und der Strahlteiler

Hallo Thom_B,

ich habe einen frei zugänglichen Artikel "Arguments Concerning Photon Concepts" gefunden, der sich sowohl auf die o.a. Texte wie auch auf das Anti-Bunching-Experiment bezieht.

Nachtrag: hier gibt es auch Anti-Photon frei zugänglich.
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mit freundlichem Gruß aus Hannover

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Ge?ndert von RoKo (02.09.12 um 06:36 Uhr)
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  #6  
Alt 31.08.12, 15:43
Thom_B Thom_B ist offline
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Standard AW: Das Photon und der Strahlteiler

Halo RoKo,

danke für die Links und die Artikel, interessante Sachen, die Du da findest. Zu dem Artikel von John Manchak: "Arguments concerning photon concepts" möchte ich zwei Punkte anmerken.

- Der dort beschriebene Unterschied zwischen Photonenkonzept I, II, III und dem "Photon IV" aus einer Quantenelektrodynamik oder Quantentheorie der Strahlung (QTR-Photon) entspricht nach meiner Sicht dem Unterschied zwischen dem Bohr'schen Atommodell und dem Atommodell nach Schrödinger/Dirac, ... Photon I, II, III sind Konzepte, die aufgestellt wurden, bevor eine ausformulierte Version der Quantentheorie der Strahlung vorlag. Daher würde ich behaupten, dass Photon I, II, III historische Vorläufer oder phänomänologische Spezialfälle von Photon IV sind, aber keine aktuellen Alternativen. Widersprechen möchte ich der Aussage, dass Photon IV fundamental unterschiedlich zu den anderen Konzepten ist. Im Gegenteil, ich möchte behaupten dass es diese umfasst.

- Manchak behauptet, dass das Photon IV aus der Quantentheorie der Strahlung immer delokalisiert wäre. Das stimmt so nicht. Es stimmt für das genannte Beispiel, wenn man eine stehende Welle zwischen zwei Spiegeln quantisiert. Das ist aber nur ein Beispiel für die Quantisierung, die in Lehrbüchern meist zuerst gemacht wird, da sie besonders einfach ist. Man kann über die Quantisierung von Wellenpaketen sehr wohl lokalisierte Photonen IV im Sinne der Quantenelektrodynamik erhalten und damit die Verbindung zu den Modellen I, II, III herstellen.

schöne Grüße
Thom_B
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  #7  
Alt 31.08.12, 18:14
RoKo RoKo ist offline
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Standard AW: Das Photon und der Strahlteiler

Hallo Thom_B,

hier habe ich noch einen indischen Text "Quantum Mechanics of Photons", der m.E. noch zwei andere Sichtweisen darlegt.
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mit freundlichem Gruß aus Hannover

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Ge?ndert von RoKo (31.08.12 um 19:09 Uhr)
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  #8  
Alt 31.08.12, 19:42
RoKo RoKo ist offline
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Standard AW: Das Photon und der Strahlteiler

Hallo Thom_B,

Zitat:
Zitat von Thom_B Beitrag anzeigen
Meiner Meinung nach, ist das oben beschriebene Strahlteiler Experiment eines, das einer naiven Teilchenvorstellung am nächsten kommt: Ein Teilchen kann sich am Strahlteiler nicht aufteilen und daher nur an einem Detektor gemessen werden. Ebenfalls stützt das Teilchenbild alles, was mit einem diskreten Impulsübertrag bei der Absorbtion oder Emission zu tun hat.
Ist ein Wassertropfen ein Teilchen Wasser oder eine Portion (ein Quantum) Wasser?

Die Funktionsweise des Detektors beweisst lediglich, dass ein Quantum Energie kurzzeitig die Differenz zwischen Valenz- und Leitungsband überbrückt hat. Mehr nicht.

Die Ignoranz gegenüber der Messtechnik ist nur dann konsistent, wenn man die Physik auf beobachtbare Phänomene reduziert. Dann muss man aber von "Teilchen" erst recht schweigen. Dann kann man nur davon reden, dass das Einschalten einer detailliert zu beschreibenden Versuchsapparatur sichtbare Ergebnisse produziert.
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  #9  
Alt 01.09.12, 07:24
RoKo RoKo ist offline
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Standard AW: Das Photon und der Strahlteiler

Hallo zusammen,

noch mehr papers:

Arnold Neumaier Classical and quantum aspects of light
Arnold Neumaier Optical models for quntum mechanics
Arnold Neumaier ??? Grossartig angekündigt, aber nicht verfügbar.
und
Sandor Varro Correlations in Single Photon Experiments
und
Peeter Saari Photon Localization Revisited
und
Iwo Bialynicki-Birula Photon Wave Function

da scheinen neuere Erkenntnisse vorzuliegen. Das muss ich selbst erst mal studieren.
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mit freundlichem Gruß aus Hannover

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Ge?ndert von RoKo (02.09.12 um 06:52 Uhr)
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  #10  
Alt 02.09.12, 03:40
RoKo RoKo ist offline
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Standard AW: Das Photon und der Strahlteiler

Hallo zusammen,

die von Lamb in "Anti-Photon" vertretene Ansicht ist klar und eindeutig:
Zitat:
Lamb: Photons cannot be localized in any meaningful manner, and they do not behave at all like particles, wether discribed by a wave function or not.
Ergänzung: Die anderen Texte scheinem dem zu widersprechen. Dem ist aber nicht so. Arnold Neumaier fasst das (in Kenntnis der Arbeiten von Bialynicki-Birula, auf die sich auch die anderen Texte partiell berufen) im ersten Abschnitt des ersten Textes nur anders zusammen. Weil es keinen Ortsoperator für die Wellenfunktion eines Photons gibt, gibt es auch keine "Aufenthalts"wahrscheinlichkeit wie in der Quantenmechanik.
Zitat:
Neumaier This rules out the interpretation of photons as point particels.
__________________
mit freundlichem Gruß aus Hannover

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Ge?ndert von RoKo (02.09.12 um 09:46 Uhr)
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