|
Quantenmechanik, Relativitätstheorie und der ganze Rest. Wenn Sie Themen diskutieren wollen, die mehr als Schulkenntnisse voraussetzen, sind Sie hier richtig. Keine Angst, ein Physikstudium ist nicht Voraussetzung, aber man sollte sich schon eingehender mit Physik beschäftigt haben. |
|
Themen-Optionen | Ansicht |
#1
|
|||
|
|||
Frage zu Artikel von A. Zeilinger
Guten Morgen,
Im 'Spektrum der Wissenschaft' vom November 2008 erschien der Artikel 'Die Wirklichkeit der Quanten' von Anton Zeilinger. In diesem beschreibt er u.a. eine Variante des Doppelspalt-Experiments mit verschränkten Photonen-Paaren (Siehe Versuchsaufbau). Zeilinger schreibt: Wegen dieser Verschränkung kann das erste Photon dazu verwendet werden, festzustellen, durch welchen Spalt das zweite Photon getreten ist [Anm.: Am zweiten Photon wird das normale Doppelspalt-Experiment durchgeführt]. Dies ist erst dann nicht mehr möglich, wenn das erste Photon auf eine Weise gemessen wird, die keinerlei Rückschluss - nicht einmal im Prinzip - darüber erlaubt, welchen Weg das zweite Photon nimmt. Wie erreicht man das? Das erste Photon wird in einem Detektor registriert, der in der Brennebene einer Linse steht; dadurch werden alle Photonen auf den gleichen Impuls projiziert, das heisst, es gibt keine Information über den Ort. Nur in diesem Fall - wenn jede Ortsinformation ausradiert ist - treten die Doppelspaltinterferenzen auf. Mein Frage ist nun: Wenn dieser Detektor nach 'hinten' geschoben wird, sodass immer zuerst das zweite Photon (hinter dem Doppelspalt) registriert wird, und erst danach das erste Photon, tritt auch in diesem Fall ein Interferenzmuster auf? Es lässt sich ein Experiment ausdenken, bei welchem die Art und Weise, wie das erste Photon detektiert wird, gar noch nicht festgelegt ist, wenn das zweite Photon hinter dem Doppelspalt registriert wird. Dies spricht m.E. dafür, dass kein Interferenzmuster auftritt. Liege ich da falsch? Vielen Dank für eine Antwort. Gruss Fortram Ge?ndert von Fortram (19.08.12 um 13:15 Uhr) |
#2
|
|||
|
|||
AW: Frage zu Artikel von A. Zeilinger
Ich habe den Artikel nicht zur Hand. Das beschriebene Experiment könnte aber dem in Zeilingers Buch "Einsteins Schleier", S. 48, zumindest ähnlich sein. Dort generiert eine Quelle verschränkte Photonen, die sich in entgegengesetzte Richtungen entfernen. Die sich entgegengesetzt zum Doppelspalt entfernenden Photonen werden in dedektiert. Aus dem Ort der Registrierung ergibt sich der Spalt, durch den das Zwillingsphoton getreten ist. Also keine Interferenz. Der Witz ist, daß es auch ohne Detektoren kein Interferenzbild gibt. Und das, obwohl die durch den DS gehenden Photonen ungestört sind und deren Zwillinge davon fliegen. Vorraussetzung für das Verschwinden der Interferenz ist also nicht die 'Welcher Spalt Information' zu haben, sondern daß es sie prinzipiell gibt.
Vielleicht läßt sich das auf das in dem Spektrum Artikel erwähnte Experiment anwenden. Gruß, Timm
__________________
Der Verstand schafft die Wahrheit nicht, sondern er findet sie vor - Aurelius Augustinus |
#3
|
|||
|
|||
AW: Frage zu Artikel von A. Zeilinger
Ganz genau. Damit es wieder zu einem Interferenzbild kommen kann, muss dem ersten Photon ein Schicksal widerfahren, in welchem die Information vernichtet wird, durch welchen Spalt das zweite Photon gegangen ist. Die Detektion des ersten Photons im Brennpunkt einer Linse entspricht einem solchen "Schicksal".
Mein Frage ist nun, was passiert, wenn man die Linse mit dem Detektor z.B. hundert Meter vom restlichen Experiment entfernt platziert, sodass die Information, welche das Interfernzbild verhindert, erst im Nachhinein zerstört wird. Gruss Jan |
#4
|
|||
|
|||
AW: Frage zu Artikel von A. Zeilinger
Zitat:
Gruß, Timm
__________________
Der Verstand schafft die Wahrheit nicht, sondern er findet sie vor - Aurelius Augustinus |
#5
|
|||
|
|||
AW: Frage zu Artikel von A. Zeilinger
Hallo Timm,
Vielen Dank für die Antwort. Zitat:
Schritt 1: Ich führe das DS-Experiment durch, die Zwillings-Photone werden noch nicht detektiert. Schritt 2: Ich mache eine statistische Auswertung, diese zeigt keine Interferenz. Schritt 3: Ich detektiere FAST ALLE Zwillings-Photone auf eine Weise, dass die DS-Weg-Information verloren geht. Schritt 4: Ich wiederhole die statistische Auswertung, dabei muss ich nur einen kleinen Teil der gespeicherten Photonen-Daten verwerfen, da ich ja fast alle Zwillings-Photone detektieren konnte. Die Auswertung darf sich deshalb nur minimal verändern, müsste aber trotzdem eine ausgeprägte Interferenz zeigen. Wie geht das? Die einzige Lösung, die ich mir vorstellen kann, ist, dass wegen der Unschärferelation nicht nur ein einzelnes Interferenz-Muster, sondern viele, leicht verschobene Interferenz-Muster entstehen müssen. Addiert man diese, verschwindet die Interferenz. Erst durch die Detektion der Zwillings-Photonen werden die Daten so gruppiert, dass Interferenzen sichtbar werden. Geht meine Überlegung in die richtige Richtung? Gruss, Fortram |
#6
|
|||
|
|||
AW: Frage zu Artikel von A. Zeilinger
Hi alle,
ich hab ja nur ein sehr oberflächliches Wissen, aber das kann doch so nicht sein? Vielleicht redet ihr aneinander vorbei, oder ich verstehs nicht? Angenommen man "schießt" immer einzelne Photonenpaare und behandelt diese immer gleich - und wenn dann nun auf der einen Seite die Photonen den Doppelspalt passiert haben und auf dem Schirm/Detektor aufgekommen sind, dann zeigt sicht entweder eine gewisse Ausprägung an Interferenz oder auch nicht. Aber das lässt sich dann doch nicht mehr nachträglich ausradieren, das wäre ja abenteuerlich ... ?! Zitat:
Zu dem Zeitpunkt, als beide Photonen "auf dem Weg" sind, ist ja die Information über den Ort vorhanden -> also zeigt sich keine Interferenz. Und nun müsste es IMHO unerheblich werden, ob man die Information von dem noch "fliegenden" Photon löscht oder nicht, weil sie schon längst von dem Photon, das den Doppelspalt passiert hat und detektiert wurde bzw. auf dem Schirm aufgekommen ist, in die Umgebung abgegeben wurde, und daher nicht mehr auszuradieren ist. Grüße, AMC Ge?ndert von amc (18.08.12 um 19:43 Uhr) |
#7
|
|||
|
|||
AW: Frage zu Artikel von A. Zeilinger
Zitat:
Gruss, Fortram |
#8
|
|||
|
|||
AW: Frage zu Artikel von A. Zeilinger
Zitat:
Vielleicht meinte Timm sowas ähnliches auch, oder ich verstehs nicht. Mit "detektiert" verstehe ich jetzt hier auch z.B. so etwas wie: Es ist (vielleicht sogar mit den Augen) erkennbar, ob eine Interferenz vorliegt und wie ausgeprägt sie ist. Und wenn man sich das Ergebnis anschauht, man sieht da ist keine Interferenz, dann kann doch nicht auf einmal, nur weil ich jetzt erst das andere Photon so "abfange", dass die Ortsinformation verschwindet, "vor meinen Augen" sich eine Interferenz einstellen, obwohl die Photonen schon an bestimmten Stellen aufgekommen sind, und sich daher bereits ein entsprechendes Muster eingestellt hat. Nach meinem bescheidenen Verständnis ist es sinnvoller zu sagen, der Quantenradierer wirkt "nichtlokal", statt "nachträglich". Das "nachträglich" kommt zu sehr aus unseren klassischen Vorstellungen. Tatsächlich abgeschlossene Prozesse können natürlich so nicht rückgängig gemacht werden. Und daher halte ich "nachträglich" auch für irreführend. http://de.wikipedia.org/wiki/Quantenradierer Zitat:
Zitat:
Also ist's auch manchmal einfacher zu sagen, der Radierer wirkt nachträglich. Mich interessiert aber natürlich Timms Erklärung dafür, inwiefern er auch dann noch radiert, wenn das Photon schon detektiert wurde. Ich hab das nicht verstanden. Grüße, AMC Ge?ndert von amc (19.08.12 um 00:27 Uhr) |
#9
|
|||
|
|||
AW: Frage zu Artikel von A. Zeilinger
Hallo zusammen,
hier zunächst ein Link zu den möglichen Versuchsaufbauten zum Quanten"radierer". Dann kann jeder besser nachvollziehen, worüber geredet wird. Man beachte, dass hier zunächst zwei klassische Analogieversuche dargestellt werden. (Folge jeweils dem Link am Ende der Seite) Dann wird völlig klar, dass bei Wikipedia mal wieder die dort typische Ideologie verbreitet wird: Zitat:
Ein Photon ist das kleinste Wirkungsquantum einer elektromagnetischen Welle. Analog dazu ist ein Elektron oder ein anderes "Teilchen" das kleinste Wirkungsquantum einer Geschwindigkeits-Impuls-Welle.
__________________
mit freundlichem Gruß aus Hannover Unendliche Genauigkeit ist eine Illusion |
#10
|
|||
|
|||
AW: Frage zu Artikel von A. Zeilinger
Hallo zusammen,
Ja, die Quantenphysik widerspricht vielfach dem sog. gesunden Menschenverstand. Erinnert Euch nur an den bekannten Ausspruch eines Richard Feynman. Meine Deutung - ohne daß ich das mit wirklichem Verständnis gleichsetzen möchte - ist diese: Fehlt in der Anordnung der Quantenradierer (wie immer der beschaffen sein mag) im Strahlengang des Nicht-Spalt Photons, so bleibt die 'Welcher Spalt' Info auf unbestimmte Zeit erhalten und wäre prinzipiell einer Messung zugänglich. Resultat: Kein Interferenzbild. Mit dem Quantenradierer haben wir ein radikal anderes Experiment. Die 'Welcher Spalt' Info wird zerstört und eine vorherige Messung dieser Info findet aufgrund der experimentellen Anordnung nicht statt. Insofern ist es belanglos, wann der Quantenradierer diese Information zerstört. Resultat: Ist das Ensemble der Photonen hinreichend groß, entsteht ein Interferenzbild, wenn die nicht koinzidenten Photonen sorgfältig aussortiert wurden. Vielleicht kann einer der Experten das noch besser erklären. Gruß, Timm
__________________
Der Verstand schafft die Wahrheit nicht, sondern er findet sie vor - Aurelius Augustinus |
Lesezeichen |
|
|