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Schulphysik und verwandte Themen Das ideale Forum für Einsteiger. Alles, was man in der Schule mal gelernt, aber nie verstanden hat oder was man nachfragen möchte, ist hier erwünscht. Antworten von "Physik-Cracks" sind natürlich hochwillkommen!

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  #1  
Alt 25.12.10, 17:34
ohmed ohmed ist offline
Newbie
 
Registriert seit: 20.10.2010
Beitr?ge: 12
Standard Verständnis von Ko- und Kontravarianz

Hallo,

wenn man mit neuen mathematischen/physikalischen Strukturen bzw. Werkzeugen konfrontiert wird, beginnt man üblicherweise damit, die Definitionen und nachfolgenden Schritte formal nachzuvollziehen und sie in seinem eigenen Gehirn zu bahnen und einzuschleifen, in dem man sie benutzt und übt, bis irgendwann die mäandernden Denkschleifen an ihren Berührungspunkten durchbrechen und sich ein gerader starker Strom entwickelt und alles plötzlich einfach, klar und selbstverständlich erscheint. Das Aha-Erlebnis eben, ab dem man dann die Zusammenhänge versteht und „sieht“ und nicht mehr nur die Formeln formal hin und her rechnet. (Vergl. zur Bedeutung des "Verstehens" auch das amüsante (Nicht-Fach-)Buch von Richard P. Feynman: Surely you´re joking, Mr. Feynman!, den man aber fachlich nicht mehr fragen kann, weil er schon tot ist).
Kürzlich hat jemand eine Frage zu Ko- und Kontravarianz gestellt, die ich aber nicht mehr finden und deshalb auch nicht zitieren kann. Ich hätte ihm/ihr gerne Klarheit verschafft, bin aber leider selbst noch nicht so weit.
Natürlich kenne ich die formale Definition von Kovarianz und Kontravarianz über das Transformationsverhalten und kann auch die Rechenregeln finden, aber ich stecke im Moment noch im Formalen fest. Hat von denen, die darin bereits im gelobten Land des Verstehens jenseits des formalen Rechnens angekommen sind, jemand Lust und Zeit, zu versuchen, zu erklären, was es damit auf sich hat, welche Größen wann und warum ko- bzw. kontravariant sind und was an Physkalischem durch die Ko- bzw Kontravarianz repräsentiert wird?
Ich schreib das mal unter Schulphysik, weil ich denke, dass es zwar über die Schulphysik hinausgeht, aber doch interessant ist für die, die davon ausgehend, etwas tiefer in die Physik hineinschauen möchten, z. B. in die Topologie der SR und der AR.
Vielen Dank schon mal an jeden, der sich darüber Gedanken macht, v. a., weil er ja selbst vielleicht keinen eigenen Erkenntnisgewinn hat, selbst wenn es ihm gelingt, andere an seinem Aha-Erlebnis teilhaben zu lassen. Ich habe aber auch schon einige gute und geduldige erklärende Beiträge in diesem Forum gefunden, deren Autoren ich ebenfalls für die investierte Zeit danken möchte.

Grüße
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  #2  
Alt 26.12.10, 11:02
Hawkwind Hawkwind ist offline
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Registriert seit: 22.07.2010
Ort: Rabenstein, Niederösterreich
Beitr?ge: 3.063
Standard AW: Verständnis von Ko- und Kontravarianz

Hier gibt es eine Vorlesung von Susskind dazu:
http://www.cosmolearning.com/video-l...riant-indices/
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  #3  
Alt 27.12.10, 02:21
Benutzerbild von Marco Polo
Marco Polo Marco Polo ist offline
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Registriert seit: 01.05.2007
Beitr?ge: 4.998
Standard AW: Verständnis von Ko- und Kontravarianz

Hi zusammen,

vielen Dank an Hawkwind für den genialen Link.

Selbst kann ich zu der Thematik auch nur recht wenig beisteuern. Zumindest wenn es um die ART geht. Wie bekannt sein dürfte, ist der Vierervektorformalismus dort unverzichtbar.

Was die SRT betrifft, soweit ich das verstanden habe, ist der Vierervektorformalismus ein mächtiges Werkzeug, um gewisse Problemstellungen einfach eleganter zu behandeln.

Unbedingt nötig ist er in der SRT aber nicht. Ich kann mich aber auch täuschen.

Betrachten wir z.B. das bekannte Raumzeitintervall.

l²=c²deltatau²=c²deltat'²-(deltax'²+deltay'²+deltaz'²)

Die Länge l des Raumzeitintervalls ist hiernach in allen Inertialsystemen gleich groß. Sie ist also bezugssysteminvariant oder auch lorentzinvariant.

Beim Vierervektorformalismus geht man folgendermaßen vor:

Es wird zunächst ein Skalarprodukt aus dem kontravarianten Zeit-Ortsvektor

X(hochgestelltes µ)=(ct,x,y,z)

und dem kovarianten Zeit-Ortsvektor

X(tiefgestelltes µ)=(ct,-x,-y,-z) gebildet.

Und zwar folgendermaßen:

(ct,x,y,z)(ct,-x,-y,-z)
= (ct)²-x²-y²-z²

Der kontravariante Vektor unterscheidet sich also vom kovarianten Vektor lediglich durch das Vorzeichen bei der ersten bis dritten Komponente.

Extrem wichtig in diesem Zusammenhang ist folgende Erkenntnis:

Das Skalarprodukt des Zeit-Ortsvektors mit sich selbst ist lorentzinvariant.

X(hochgestelltes µ)X(tiefgestelltes µ)=X'(hochgestelltes µ)X'(tiefgestelltes µ)

Es ist bei bestimmten Berechnungen also völlig wurscht, in welchem Inertialsystem ich diese Berechnungen durchführe. Warum ist das jetzt so extrem wichtig? Weil man dann eben bestimmte Berechnungen ganz einfach in dem Inertialsystem durchführt, in dem gewisse Größen gleich Null sind, was eine nicht zu unterschätzende Vereinfachung darstellt.

X(hochgestelltes µ)X(tiefgestelltes µ)=X'(hochgestelltes µ)X'(tiefgestelltes µ)

ist also die mathematische Formulierung des Sachverhaltes, dass das Quadrat des Raumzeitintervalles lorentzinvariant ist.

Jeder, der schon mal mit dem Energie-Impulsvektor, der Vierergeschwindigkeit und der Viererbeschleunigung gerechnet hat, wird die Vorzüge dieses Sachverhaltes zu schätzen wissen.
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  #4  
Alt 27.12.10, 10:46
Benutzerbild von richy
richy richy ist offline
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Registriert seit: 01.05.2007
Ort: karlsruhe
Beitr?ge: 4.170
Standard AW: Verständnis von Ko- und Kontravarianz

Hi
Nach Marcos Beispiel waeren kovariant und kontravariant in der alten komplexwertigen Notation einfach ein Vektor und dessen konjungiert komplexes Gegenstueck. Und x mal x* ergibt das Betragsquadrat. Nicht einfach das Quadrat sondern einen "Abstand".

Vektor A sei : a+j*b
Vektor A* ist dann : a-j*b (konjungiert komplex)

(a+j*b)*(a-j*b)=a^2+b^2, das Betragsquadrat, der Abstand

Ge?ndert von richy (27.12.10 um 10:50 Uhr)
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  #5  
Alt 27.12.10, 13:53
Benutzerbild von Bauhof
Bauhof Bauhof ist offline
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Registriert seit: 07.12.2008
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Standard AW: Verständnis von Ko- und Kontravarianz

Zitat:
Zitat von ohmed Beitrag anzeigen
... zu versuchen, zu erklären, was es damit auf sich hat, welche Größen wann und warum ko- bzw. kontravariant sind und was an Physkalischem durch die Ko- bzw Kontravarianz repräsentiert wird?
Hallo ohmed,

der Hintergrund von kovariant und kontravariant ist die Betrachtung der vierdimensionalen relativistischen Raumzeit. Sie kann durch Weltvektoren (Vierervektoren) beschrieben werden.

Man unterscheidet kontravariante und kovariante Vierervektoren. Die kontravarianten Vierervektoren transformieren sich unter Koordinatenwechsel. Kovariante Vierervektoren hingegen transformieren sich wie der Gradient einer Koordinateninvarianten. Kovariante und kontravariante Vierervektoren können durch Multiplikation mit der Metrik ineinander umgewandelt werden.

Diese Hinweise habe ich in der Quelle [1] unter dem Stichwort "Vierervektor" gefunden. Dort findest du eine ausführlichere Erklärung.

Invariante Quantitäten sind z.B. die Lichtgeschwindigkeit und die Raumzeitintervalle zwischen Ereignissen, die unabhängig von ihren relativen Geschwindigkeiten sind.
Gesetze und Gleichungen, die für alle Beobachter dieselben und unabhängig von ihren Geschwindigkeiten sind, nennt man kovariant.

M.f.G. Eugen Bauhof

[1] Lexikon der Physik. Band 5.
Heidelberg 2000. Spektrum Akademischer Verlag.
ISBN=3-86025-295-X
Für Abonenten von "Spekrum der Wissenschaft" ist das Lexikon online lesbar: http://www.wissenschaft-online.de/lexika

Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof
__________________
Ach der Einstein, der schwänzte immer die Vorlesungen –
ihm hatte ich das gar nicht zugetraut!

Hermann Minkowski
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  #6  
Alt 27.12.10, 21:11
Hawkwind Hawkwind ist offline
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Standard AW: Verständnis von Ko- und Kontravarianz

Zitat:
Zitat von richy Beitrag anzeigen
Hi
Nach Marcos Beispiel waeren kovariant und kontravariant in der alten komplexwertigen Notation einfach ein Vektor und dessen konjungiert komplexes Gegenstueck. Und x mal x* ergibt das Betragsquadrat. Nicht einfach das Quadrat sondern einen "Abstand".

Vektor A sei : a+j*b
Vektor A* ist dann : a-j*b (konjungiert komplex)

(a+j*b)*(a-j*b)=a^2+b^2, das Betragsquadrat, der Abstand
So ähnlich sehe ich das auch. In der SRT kommt man notfalls auch ohne metrischen Tensor und Unterscheidung zwischen kovarianten und kontravarianten Indizes aus. Allerdings reicht das nicht mehr aus für die ART.
Nach meinem Verständnis beziehen sich die Terme kovariant und kontravariant auch eher auf die Indizes als auf die Vektoren oder Tensoren selbst. Das ist - so denke ich - mehr Mathematik als Physik: ein und denselben 4-Vektor kann ich mittels kontra- oder auch kovarianten Indizes beschreiben - Tensoren auch mit gemischten Indizes. Letztlich erlaubt diese Unterscheidung dann auch die sehr kompakte Notation Einsteins einzuführen (Summenkonvention über gleich benannte ko- und kontravarinate Indizes, Verjüngung von Tensoren etc.). Vektoren selbst sind nicht kontra- oder kovariant, sondern die Art der indizierung, die ich verwende.
Lasse mich aber auch gerne eines Besseren belehren.
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  #7  
Alt 28.12.10, 15:28
Benutzerbild von Bauhof
Bauhof Bauhof ist offline
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Standard AW: Verständnis von Ko- und Kontravarianz

Zitat:
Zitat von Hawkwind Beitrag anzeigen
Das ist - so denke ich - mehr Mathematik als Physik: ein und denselben 4-Vektor kann ich mittels kontra- oder auch kovarianten Indizes beschreiben - Tensoren auch mit gemischten Indizes. Letztlich erlaubt diese Unterscheidung dann auch die sehr kompakte Notation Einsteins einzuführen.
Hallo Hawkwind,

ja, das ist (leider) mehr Mathematik als Physik. In einem älteren Physik-Lexikon habe ich nun etwas gefunden, was diese Auffassung nahelegt, siehe PDF-Anhang.

Vielleicht kannst du (oder jemand anders) daraus etwas Physikalisches destillieren, das auch für einen mathematischen Laien (wie mich) verständlich ist.

M.f.G. Eugen Bauhof
Angeh?ngte Dateien
Dateityp: pdf Vektortransformation.pdf (45,2 KB, 20x aufgerufen)
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Hermann Minkowski
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  #8  
Alt 03.01.11, 14:13
Benutzerbild von JoAx
JoAx JoAx ist offline
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Beitr?ge: 4.324
Standard AW: Verständnis von Ko- und Kontravarianz

Hallo und Gruss im neuen Jahr 2011!

Ich habe auch schon darüber gegrübbelt, was ko- und kontravariant bedeutet. Hier ein paar Gedanken, die u.a. auch aus dem Video mit Susskind resultieren. (Ob die passen, laienhaft formuliert?)

Das alles hat ja etwas mit Koordinatentransformationen zu tun. Diese müssen prinzipiell nicht gleichgerichtet sein, und im Extremfall zeigen die entsprechenden Achsen eines K' Systems genau entgegengesetzt zu denen im K System. Z.B.:

K:
x - zeigt nach Rechts
y - ... Oben

K':
x' - ... Links
y' - ... Unten

Nennen wir das K System "kovariant", dann wäre das K' System "kontravariant". (?)

Andererseits, wenn die Koordinatensysteme gleichgerichtet sind, und z.B. K' sich relativ zu K bewegt, dann bewegt sich K relativ zu K' kontravariant.

?


Gruss, Johann
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  #9  
Alt 04.01.11, 23:04
ohmed ohmed ist offline
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Registriert seit: 20.10.2010
Beitr?ge: 12
Standard AW: Verständnis von Ko- und Kontravarianz

Hallo alle zusammen,

ich komme mit diesem Programm hier technisch noch nicht ganz zurecht. Da meine ganzen schönen griechischen Zeichen und Indizes sich beim Kopieren in dieses Feld drastisch verändert haben, hänge ich den Text eben als PDF an. Ich hoffe, das ist auch ok.
http://www.quanten.de/forum/images/smilies/wink.gif
Grüße
Angeh?ngte Dateien
Dateityp: pdf QuantenForum.pdf (23,5 KB, 11x aufgerufen)
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  #10  
Alt 05.01.11, 00:53
Benutzerbild von Marco Polo
Marco Polo Marco Polo ist offline
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Registriert seit: 01.05.2007
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Standard AW: Verständnis von Ko- und Kontravarianz

Hallo ohmed,

mich würde mal interessieren, warum dir die Fragestellung nach der ko- und kontravarianz so sehr am Herzen liegt.

Bist du denn in der SRT bereits so weit fortgeschritten, dass du dich mit den Vierervektoren beschäftigen möchtest?

Auszug aus deiner pdf-Datei:
Zitat:
Entschuldigt auch, dass ich hier einfach so vor mich hin geschrieben habe. (Ich sehe dich, Marko Polo vor meinem inneren Auge schon schimpfen: Dreht diesem elenden Schwätzer doch endlich den Hahn ab!).
Wie komme ich denn jetzt zu dieser zweifelhaften Ehre?
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