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  #501  
Alt 17.07.10, 19:19
Knut Hacker Knut Hacker ist offline
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Registriert seit: 13.06.2010
Beitr?ge: 274
Standard AW: Kritik des ontologischen Weltbildes

Hallo ihr,

ich klicke mich hier einfach einmal ein und nehme direkt Bezug auf den Ausgangsbeitrag.Als Einsteiger erscheint es mir schon aus Zeitgründen als unmöglich, alle eure Beiträge zu studieren.Ich bitte daher um Nachsicht, falls ich Gesichtspunkte vorbringe, die hier schon diskutiert worden sind.
Ich möchte mich zunächst auch nur kurz äußern, um mich dann auf Grund eurer Reaktionen in die Diskussion einzureihen.

Ich äußere mich also zu den folgenden Ausgangsthesen:

„(1) Es gibt kein beständiges Sein in der Raumzeit, sondern nur prozesshafte Energiekonzentrationen des Raumzeitfeldes. Dies setzt ein Verhalten voraus, welches eine beständige, selbstbezügliche Aktualisierung dessen ermöglicht, was in der Welt als stabil erscheint.

(2) Das, was uns als Bewegung erscheint, ist in Wirklichkeit eine wandernde Energiefluktuation des Raumzeitfeldes selbst.

(3) Die Begriffe des Seins, der Identität, die gesamte Ontologie treffen hier auf ihre Grenzen. Sie können nicht nur nicht zweimal in den selben Fluss steigen - wie Heraklit es einmal trefflich bemerkt hat; sie können nicht mal einmal in denselben Fluss steigen.

(4) Die Welle an sich ist eine ontologisierte unzulässige Abstraktion, die nur im Denken des Subjekts gegeben ist. In Übertrag auf die Interferenzerscheinungen am Doppelspalt bedeutet dies, dass die dort auftretenden Wellenerscheinungen entweder außerhalb der Raumzeit und jeglichen Mediums oder im "Medium" Raumzeitfeld selbst stattfinden müssen.

(5) Der Disput um die Viele-Welten-Theorie verlangt somit überhaupt nicht nach einer logischen Auseinandersetzung mit dieser. Sie beruht bereits in ihrer Bezugnahme auf ontologisierten Wahrscheinlichkeitswellen auf einer unzulässigen Abstraktion und ist somit von vornherein als hinfällig auszuweisen.

(6) Es gibt keinen Grund, die sich zerstreuenden Wellenfunktionen der Schrödinger-Gleichung als wirklich aufzufassen. Sie sind nur ein subjektiver Ausdruck der quantenmechanischen Unbestimmtheit und der Akausalität, die bei dem Prozess der Dekohärenz in Erscheinung tritt.

(7) Licht hat keinen raumzeitlichen Bezug zu anderen Prozessen und kann somit nicht beschleunigt werden, da es sich aus seiner Sicht überhaupt nicht in der Raumzeit bewegt.

(8) Ein ontologisches Weltbild beruht auf unzulässigen Abstraktionen und ist somit unfähig, unsere Welt zu beschreiben. Selbst die ARZ 1 des Nichts, zu dessen Gefilden die Quantenmechanik die Mauer durchstoßen hat, ist nicht stabil. Dieses der Unbestimmtheit unterworfene Nichts ist ein bedeutender Teil unserer Welt. Unsere Welt der Raumzeit ist nur eine oberflächliche Erscheinung der gesamten Welt aus unserer subjektiven Perspektive.
1: ARZ = ein Zustand außerhalb der Raumzeit.

(9) Die Irreversibilität ist die Grundlage unserer Welt und die Reversibilität ist nur eine Folge der abstrakten Paradigmen der Physik. Vielmehr ist ihr Postulat nach Reversibilität ein Hinweis darauf, dass ihre derzeitigen Paradigmen die Prozesse der Welt äußerst ungenügend erfassen.

(10) Die Welt ist grundlegend aus Prozessen und ihren gegenseitigen Wechselwirkungen aufgebaut. Ein Zustand des Seins im Sinne einer auf Identität beruhenden Ontologie ist nicht mehr haltbar.“


Zu 1)

„Energiekonzentrationen“: Man sollte es noch abstrakter formulieren, da nach der Relativitätstheorie Energie und Materie nur sich wandelnde Erscheinungsformen von etwas Drittem sind.In der Quantentheorie spricht man heute von Potenzialitäten oder von Information.

Zu 2)

Das „Raumzeitfeld“ ist nach der ART - anders als nach der Newton´schen Physik - nichts Vorgegebenes, sondern Eigenschaft/Funktion der Materie/Energie, die ihrerseits als gekrümmte Raumzeit darstellbar ist.
Ebenso wenig gibt es absolute Bewegung innerhalb der Raumzeit. Bewegung ist Erscheinungsform der Raumzeit. Ein relativ zu einem Beobachter gleichförmig geradlinig bewegter Körper kann im Raumzeit-Kontinuum weder einen Teil des Raumes noch der Zeit einnehmen (sonst ergeben sich die berühmten Bewegungsparadoxien Zenons).In der gequantelten Raumzeit ist auch die Bewegung quantisiert.
In welchem Inertialsystem sollte denn das „Raumzeitfeld“ als Energie „fluktuieren“ und „wandern“?

Zu 3)

Dass man auch nicht ein einziges Mal in denselben Fluss steigen kann, stammt von Kratylos.
Beide Erkenntnisse haben die Zeit zur Prämisse. Die Zeit ist aber dem Sein nicht vorgelagert, sondern Gegenstand des Seins (besser: des Bewusstseins).

Zu 4)

Alles ist nur im Denken des Subjekt ist gegeben ( = philosophischer Idealismus; am strengsten vertreten durch Berkeley und Fichte; von Kant aufgeweicht durch sein unseliges „Ding an sich“; Schopenhauer: „Etwas erkennen nach dem, was es ganz an und für sich sei, ist für alle Ewigkeit unmöglich: weil es sich widerspricht. Denn sobald ich erkenne, habe ich eine Vorstellung: diese muß aber, eben weil sie meine Vorstellung ist, verschieden sein von dem Erkannten und kann nicht mit demselben identisch sein.“)

Wellen sind als Schwingungen (reale wie Wasserwellen oder mathematische wie die Schrödinger´sche Wellengleichung) ein zeitbestimmtes Phänomen, sie können daher nicht außerhalb der Raumzeit definiert sein.
Auch ein „Medium“ kann es nicht außerhalb der Raumzeit geben, da es ein raumzeitlicher Begriff ist.
Wellen sind als Schwingungen selbst Medien für dynamische Strukturen.

Zu 5)

Die VWT verlagert das Problem der Nichtlokalität nur in eine Dimension der Multilokalität.
Sie ist naiv, weil sie Ort und Zeit als praeexistent und absolut setzt!

Zu 6)

Die Schrödinger´sche Wellenfunktion ist von Schrödinger selbst ( in Übereinstimmung mit der Kopenhagener Deutung ) nur als mathematisches Konstrukt zur Beschreibung der Superposition verstanden worden ( „Wellennatur“ heißt nicht Wellenidentität ) ! Nur die Dekohärenztheorie
macht daraus eine raumzeitliche Erscheinung.

Zu 7)

Damit ist etwas umständlich (und selbstbezüglich) ausgedrückt, was der Physiker Naturkonstante nennt.

Zu 8)

Das ist eine unzulässige Extrapolation raumzeitlicher Vorstellungen in ein nicht vorstellbares „Außerhalb“, wobei auch dieser Begriff ein Paradoxon ist, weil er Grenzen voraussetzt, die ihrerseits eine raumzeitliche Vorstellung sind!
Es gibt kein ontologisches Weltbild, sondern nur ein anthropomorphes

Zu 9) und 10)

Auch hier wird die Zeit als präexistent statt seinsimmanent prämittiert (wie in der Genesis und in der Philosophie vor Kant -mit Ausnahme von Berkeley und Hume- und danach -vor allem bei Hegel- bis zu Popper und Russel, die mit den Erkenntnissen der modernen Naturwissenschaften vertraut waren).
Schade, das ist wirklich sehr,sehr,sehr ärgerlich!
Auch der „Urknall“ wird doch in der Kosmologie nicht als „Anfang“ begriffen, da dies ein Zeitpunkt ist und daher die Zeit bereits voraussetzt!Erst recht hat man sich in der Philosophie von raumzeitlichen Begriffen wie „Ursache“, „Entstehung“ usw. längst verabschiedet.Begriffe wie „Prozess“, „Entwicklung“ gelten nicht mehr als elementar, da die Zeit sonst ein überflüssiger Umweg von einem Anfangszustand zu einem Endzustand wäre, es sei denn, dass letzterer aufgrund des Zufallsprinzipes nicht festgelegt ist.
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  #502  
Alt 18.07.10, 10:34
Benutzerbild von Bauhof
Bauhof Bauhof ist offline
Singularität
 
Registriert seit: 07.12.2008
Ort: Nürnberg
Beitr?ge: 2.105
Standard AW: Kritik des ontologischen Weltbildes

Zitat:
Zitat von zara.t. Beitrag anzeigen
Hallo Zippel!
Hallo zara.t.,

Zippel schreibt gerade seine Doktorarbeit, deshalb hat er vermutlich keine Zeit, hier zu schreiben. Ich sende dir eine PN, sobald Zippel wieder auftaucht.

M.f-G. Eugen Bauhof
__________________
Ach der Einstein, der schwänzte immer die Vorlesungen –
ihm hatte ich das gar nicht zugetraut!

Hermann Minkowski
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