Quanten.de Diskussionsforum  

Zur?ck   Quanten.de Diskussionsforum > Quantenmechanik, Relativitätstheorie und der ganze Rest.

Hinweise

Quantenmechanik, Relativitätstheorie und der ganze Rest. Wenn Sie Themen diskutieren wollen, die mehr als Schulkenntnisse voraussetzen, sind Sie hier richtig. Keine Angst, ein Physikstudium ist nicht Voraussetzung, aber man sollte sich schon eingehender mit Physik beschäftigt haben.

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
  #1  
Alt 15.09.07, 20:52
lupus lupus ist offline
Newbie
 
Registriert seit: 15.09.2007
Beitr?ge: 1
Standard Komplementarität

Guten Abend,

ich stelle das Komplementaritätsprinzip zur Diskussion.
Meiner Meinung nach ist es ein durchaus gerechtfertigtes Deutungsschema, welches über das Substanz-Attribut-Schema hinausgeht und eine Interpretationsform höherer Ebene darstellt.

H.D. Zeh sieht im Hinblick auf die Dekohärenztheorie die Deutung im Sinne der Komplementarität als klassische Verlegenheitsvokabel, auf die man bald verzichten könne.

Ich denke, dass diese Klassifikation nicht gerechtfertigt ist. Einerseits ist jegliche Äußerung über die Quantenmechanik außerhalb der Mathematik eine klassische Verlegenheitsvokabel und andererseits sehe ich das Komplementaritätsprinzip durch die Dekohärenztheorie nicht wirklich außer Kraft gesetzt, bzw. überholt.

Die Dekohärenztheorie mag den Übergang von Mikro- zu Mesowelt nachvollziehbar darstellen, jedoch gelten die Heisenbergsche Unschärferelation, der Welle-Teilchen-Dualismus, sowie die Diskrepanz zw. isoliertem und Quantensystem und dem in einer Messapparatur als Bsp. der Komplementarität.

Wie stehen Sie zu der Äußerung von Herrn Prof. Zeh?

Ge?ndert von lupus (15.09.07 um 21:03 Uhr)
Mit Zitat antworten
  #2  
Alt 15.09.07, 21:28
Benutzerbild von Marco Polo
Marco Polo Marco Polo ist offline
Moderator
 
Registriert seit: 01.05.2007
Beitr?ge: 4.998
Standard AW: Komplementarität

Hallo,

aus einer schon etwas länger zurückliegenden Ausgabe der Spektrum der Wissenschaft möchte ich folgendes zu diesem Thema zitieren:

Zur Frage "Ist das Problem des quantenmechanischen Messprozesses nun endlich gelöst?" hat Dieter Zeh folgende Stellungnahme abgegeben:

Ich zitiere: " Die Frage kann man ganz sicher nicht einfach mit "ja" beantworten. Die Ansicht von Nils Bohr, der Quantenmessprozess sei grundsätzlich nicht physikalisch analysierbar, darf aber heute wohl als widerlegt gelten.

Dekohärenz ist eine zwingende Konsequenz der Schrödinger-Gleichung unter realistischer Berücksichtigung der natürlichen Umgebung eines Systems - unabhängig von allen Interpretationsfragen.

Sie beruht auf einer sehr effizienten "Verschränkung" praktisch aller physikalischen Systeme, die lange Zeit einfach übersehen worden ist.

Der Dekohärenzprozess ist inzwischen auch experimentell - zuerst durch Serge Haroche (Paris) - direkt nachgewiesen worden. Zur theoretischen Untersuchung dieses Quantenphänomens haben nach Wojciech, Zurek (Los Alamos) vor allem Erich Joos (früher Heidelberg) und Claus Kiefer (Freiburg) beigetragen.

Max Tegmark, Koautor des vorliegenden Artikels, ist vornehmlich durch seine Anwendung der Dekohörenz auf Gehirnprozesse bekannt geworden; damit hat er den spekulativen Vorschlägen von Roger Penrose und Stuart Hameroff, wonach menschliches Denken auf kohärenten Quantenprozessen beruhe oder gar einen durch Gravitation induzierten "Kollaps der Wellenfunktion" einschliesse, den Boden entzogen.

Tegmarks Arbeit beschreibt somit das "letzte Stück" des von Einstein im Gespräch mit Heisenberg geforderten "ganzen langen Wegs vom Vorgang bis zur Fixierung in unserem Bewusstsein" in rein quantenmechanischen Begriffen.

Diese Erfolge erlauben es nach meiner Überzeugung, nunmehr auf unabhängig vorzugebene klassische Begriffe und auf Verlegenheitsvokabeln wie Komplementarität, Dualismus oder Quantenlogik ganz zu verzichten.

All diese "erstaunlichen" Experimente der letzten Jahrzehnte haben nur Konsequenzen der nichtlokalen Wellenfunktion bestätigt, wobei alle Messergebnisse durch Dekohärenz klasisch fixiert werden..

Scheinbare "Quantensprünge" sind demnach ebenso das Ergebnis von sehr schnellen, aber stetigen Dekohärenzvorgängen wie die Lokalisierung von Quantenobjekten als scheinbare Teilchen, sei es als Spuren in der Nebelkammer oder als Klicks in Zählern.

Andererseits dürfte die von Everett gezogene Konsequenz von "Mehrfachwelten" von den meisten Physikern weiterhin abgelehnt werden - vorwiegend aus emotionalen Gründen.

Diese pragmatische Haltung ist aber auch im Rahmen einer universell gültigen Schrödinger-Gleichung durchaus möglich, wenn man den Begriff der Realität "operationell" versteht:

Als real gilt jeweils nur das, was für die in jedem "Everett-Zweig" separat existierenden Beobachter noch beobachtbar ist. Die Everett´sche Quantenwelt definiert hingegen eine "hypothetische Realität", die der quantenphysikalischen Konsistenz zuliebe verlangt werden muss.

Demzufolge kann man nicht erwarten, jemals einen Kollaps der Wellenfunktion zu beobachten, der nicht als rein quantenmechanischer Dekohärenzprozess erklärbar wäre.

Der Kollaps auf ein bestimmtes Ergebnis beschreibt dagegen die sich stetig verändernde Situation der Beobachter in der Quantenwelt.

Der "große Nebel aus dem Norden", wie man die Kopenhagener Deutung gelegentlich genannt hat , beginnt sich zu lichten.

Die sichtbar werdende Landschaft zeigt eine unsere gewohnte Vorstellungskraft weit übersteigende Vielfalt, ergibt dafür aber erstmals ein konsistentes Bild."

Ich hoffe, das ging jetzt nicht am Thema vorbei.

Grüssle,

Marco Polo
Mit Zitat antworten
  #3  
Alt 18.09.07, 22:21
Hermes Hermes ist offline
Singularität
 
Registriert seit: 16.07.2007
Beitr?ge: 1.138
Standard AW: Komplementarität

Zitat:
Andererseits dürfte die von Everett gezogene Konsequenz von "Mehrfachwelten" von den meisten Physikern weiterhin abgelehnt werden - vorwiegend aus emotionalen Gründen.
Sag ich schon immer.

Zitat:
Diese pragmatische Haltung ist aber auch im Rahmen einer universell gültigen Schrödinger-Gleichung durchaus möglich, wenn man den Begriff der Realität "operationell" versteht:

Als real gilt jeweils nur das, was für die in jedem "Everett-Zweig" separat existierenden Beobachter noch beobachtbar ist. Die Everett´sche Quantenwelt definiert hingegen eine "hypothetische Realität", die der quantenphysikalischen Konsistenz zuliebe verlangt werden muss.
Das ist ein merkwürdiger Realitätsbegriff.
"Es gibt nur, was ich sehe."
Oder messen kann.
Selbst wenn diese akzeptierte Realität nur ein durch nichts hervorgehobener kleiner Teil des Gesamtergebnisses der akzeptierten quantenmechanischen Gleichungen ist?

"Operationell", "hypothetische Realität" - intellektuell verbrämte emotionale Gründe, um den heißen Brei -Viele-Welten- herumzureden!

Hier werden aus 'PHYSIKERN', die sonst bis aufs Messer auf die Gültigkeit von Gleichungen pochen plötzlich Philosophen, wenn auch unter umgekehrtem Vorzeichen.
Es soll nicht über Gleichungsebene hinausgedacht werden, sondern diese auch noch aus emotionalen Gründen eingeschränkt werden!

Hermes meint das Problem ist nicht die Geschwindigkeit der Prozesse, sondern die Tatsache, das sich unsere Messungen prinzipiell auf nur einen 'Zweig' beziehen können, dem, in dem 'man' sich befindet.

Ge?ndert von Hermes (18.09.07 um 22:35 Uhr)
Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen

Themen-Optionen
Ansicht

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beitr?ge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anh?nge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beitr?ge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +1. Es ist jetzt 14:03 Uhr.


Powered by vBulletin® Version 3.8.8 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, vBulletin Solutions, Inc.
ScienceUp - Dr. Günter Sturm