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Wissenschaftstheorie und Interpretationen der Physik Runder Tisch für Physiker, Erkenntnis- und Wissenschaftstheoretiker

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  #51  
Alt 01.08.18, 19:55
Timm Timm ist offline
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Standard AW: Kann man Everetts "reine Quantenmechanik" noch weiter ignorieren?

Zitat:
Zitat von Hawkwind Beitrag anzeigen
Soweit ich weiss, diskutiert Zeh nicht die "KI ohne Kollaps", sondern verfolgt einen anderen Ansatz: "Herauskristallisierung" der klassischen Eigenschaften eines Systems aufgrund permanenter Wechselwirkungen mit der Umgebung ("Dekohärenz"), oder meinst du etwas anderes?

----

Mir kommt vor, dass der Verzicht auf den Kollaps bei der KI Konsequenzen für Beobachtungen hätte ... von der Art, wie Tom sie oben beschrieb: die gemessene Observable hätte nach einer Messung keinen "scharfen Zustand", was im Prinzip leicht überprüfbar wäre durch nachfolgende Messungen derselben Observablen und sicher im Widerspruch zu Beobachtungen stünde? Ich weiss nicht, ob und wie Zeh so einen Widerspruch vermeidet?
Aus Zeilinger's Einsteins Schleier:

S. 166 "Die Kopenhagener Interpretation sagt nun, dass es sinnlos sei, von Eigenschaften zu reden, die wir gar nicht kennen können."

S. 194 "Es gibt keinerlei Notwendigkeit für die Annahme, daß sich die Wellenfunktion tatsächlich im Raum ausbreitet. Es reicht, sie sich als mentale Konstruktion vorzustellen. Klarerweise hat in dem Moment, in dem wir das Teilchen an einem Ort nachgewiesen haben, die Kugelwelle überhaupt keinen Sinn mehr, denn die Wahrscheinlichkeit, es woanders zu finden, ist dann ja null. ... Dieser Kollaps der Wellenfunktion ist dann aber nicht etwas, was im wirklichen Raum stattfindet. Sondern er ist eine ganz simple Denknotwendigkeit, da ja die Wellenfunktion nichts anderes ist als unser Hilfsmittel zur Berechnung von Wahrscheinlichkeiten."

Ich denke nicht, daß man Zeilinger vorwerfen kann, die konsistente Anwendung der QM nicht verstanden zu haben. Ob sein Verständnis des Kollapses als simple Denknotwendigkeit "eine Projektion des Zustandsvektors" ist, wie Tom das sieht, weiß ich nicht.

Seine Experimente zur Dekohärenz zeigen mit der Temperatur der Quantenobjekte (C70 Fullere) zunehmende Verschränkung mit der Umwelt. Ich bin mir jedoch nicht sicher, ob er das Messresultat klassisch oder quasiklassisch (Verschränkung mit Detektor ist nicht wahrnehmbar) sieht.

Jedenfalls scheint Zeilinger's Position von der üblichen KI abzuweichen.
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Der Verstand schafft die Wahrheit nicht, sondern er findet sie vor - Aurelius Augustinus

Ge?ndert von Timm (01.08.18 um 20:08 Uhr)
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  #52  
Alt 01.08.18, 20:18
Timm Timm ist offline
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Standard AW: Kann man Everetts "reine Quantenmechanik" noch weiter ignorieren?

Zitat:
Zitat von TomS Beitrag anzeigen
D.h. man akzeptiert die durch Schrödingergleichung und Dekohärenz resultierende Auffächerung in makroskopisch getrennte Zweige.

Wenn Zeh etwas anderes sagt, dann ist das m.E. nicht Konsens innerhalb der Community sondern sozusagen eine Zwischenlösung. Zeh hat aber m.W.n. nie explizit pro Everett argumentiert, sondern eher pragmatisch auf Basis Dekohärenz.
Das müßte ich nochmal nachlesen.
Zitat:
Zitat von TomS Beitrag anzeigen
Die vielen Welten zu akzeptieren fällt sicher nicht leicht. Wenn ich jedoch einen Formalismus habe, der neben vielen anderen korrekten Vorhersagen zusätzlich noch diese eine macht, und wenn ich die Existenz der vielen Welten sogar explizit akzeptiere solange sie sich auf die mikroskopische Größenordnung beziehen, dann sollte ich jeder Argumentation skeptisch gegenüberstehen, die die Existenz der vielen Welten verbietet, ohne dies konsistent begründen zu können.
Das hatte ich so verstanden, daß gemäß VWI die vielen Welten real existieren, wie es auch Wikipedia schreibt. Falls nicht, was genau sagt die VWI hierzu?
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  #53  
Alt 01.08.18, 22:12
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TomS TomS ist offline
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Standard AW: Kann man Everetts "reine Quantenmechanik" noch weiter ignorieren

Zitat:
Zitat von Timm Beitrag anzeigen
S. 166 "Die Kopenhagener Interpretation sagt nun, dass es sinnlos sei, von Eigenschaften zu reden, die wir gar nicht kennen können."
Es gibt sicher nicht „die“ Kopenhagener Interpretation, und demnach auch nicht unbedingt Konsens.

Ich denke, der kleinste und sicher gemeinsame Nenner innerhalb der instrumentalistischen Schule ist, dass es nicht notwendig ist, von Eigenschaften zu reden, die wir gar nicht kennen können.

Zitat:
Zitat von Timm Beitrag anzeigen
S. 194 "Es gibt keinerlei Notwendigkeit für die Annahme, daß sich die Wellenfunktion tatsächlich im Raum ausbreitet. Es reicht, sie sich als mentale Konstruktion vorzustellen. Klarerweise hat in dem Moment, in dem wir das Teilchen an einem Ort nachgewiesen haben, die Kugelwelle überhaupt keinen Sinn mehr, denn die Wahrscheinlichkeit, es woanders zu finden, ist dann ja null. ... Dieser Kollaps der Wellenfunktion ist dann aber nicht etwas, was im wirklichen Raum stattfindet. Sondern er ist eine ganz simple Denknotwendigkeit, da ja die Wellenfunktion nichts anderes ist als unser Hilfsmittel zur Berechnung von Wahrscheinlichkeiten."
Wie schon gesagt, unter der Voraussetzung des Instrumentalismus entfällt die Notwendigkeit des realen Kollapses eines realen Objektes. Es bleibt lediglich die Projektion des Zustandsvektors.

Zitat:
Zitat von Timm Beitrag anzeigen
Ich denke nicht, daß man Zeilinger vorwerfen kann, die konsistente Anwendung der QM nicht verstanden zu haben. Ob sein Verständnis des Kollapses als simple Denknotwendigkeit "eine Projektion des Zustandsvektors" ist, wie Tom das sieht, weiß ich nicht.
Ich denke schon.

Zitat:
Zitat von Timm Beitrag anzeigen
Jedenfalls scheint Zeilinger's Position von der üblichen KI abzuweichen.
Was meinst du mit „der Position von der üblichen KI“?

Ich denke, dass insbs. Bohr hier sehr vorsichtig war, und dass Zeilinger eine nahe verwandte Sichtweise vertritt.

Der „reale Kollaps“ ist inkonsistent und insbs. nicht notwendig. Das hat sich schon herumgesprochen:-)

Wahrscheinlich ist es aber so, dass viele Physiker sehr unsauber argumentieren, wenn es um diese Interpretation geht, weil das nicht ihr Tagesgeschäft ist.

Zitat:
Die Kopenhagener Deutung in ihrer ursprünglichen Version von Niels Bohr verneint nun die Existenz jeglicher Beziehung zwischen den Objekten des quantentheoretischen Formalismus einerseits und der „realen Welt“ andererseits, die über dessen Fähigkeit zur Voraussage von Wahrscheinlichkeiten von Messergebnissen hinausgeht. Einzig den durch die Theorie vorhergesagten Messwerten, und damit klassischen Begriffen, wird eine unmittelbare Realität zugewiesen. In diesem Sinne ist die Quantenmechanik eine nichtreale Theorie.
Zitat:
Die Kopenhagener Deutung wird oft, sowohl von einigen ihrer Anhänger wie von einigen ihrer Gegner, dahingehend missdeutet, als behaupte sie, was nicht beobachtet werden kann, das existiere nicht. Diese Darstellung ist logisch ungenau. Die Kopenhagener Auffassung verwendet nur die schwächere Aussage: ‚Was beobachtet worden ist, existiert gewiss; bezüglich dessen, was nicht beobachtet worden ist, haben wir jedoch die Freiheit, Annahmen über dessen Existenz oder Nichtexistenz einzuführen.‘ Von dieser Freiheit macht sie dann denjenigen Gebrauch, der nötig ist, um Paradoxien zu vermeiden.
(Carl Friedrich von Weizsäcker)
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Ge?ndert von TomS (02.08.18 um 07:08 Uhr)
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  #54  
Alt 01.08.18, 22:22
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TomS TomS ist offline
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Standard AW: Kann man Everetts "reine Quantenmechanik" noch weiter ignorieren?

Zitat:
Zitat von Timm Beitrag anzeigen
Das hatte ich so verstanden, daß gemäß VWI die vielen Welten real existieren, wie es auch Wikipedia schreibt. Falls nicht, was genau sagt die VWI hierzu?
Ich denke nicht, dass es „die“ VWI gibt; aber so wie ich maßgebliche Physiker verstanden habe, erscheint ihnen die reale Existenz tatsächlich das logisch geringste Übel zu sein.

Für mich eine der überzeugendsten Darstellungen:

Why the Many-Worlds Formulation of Quantum Mechanics Is Probably Correct
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Ge?ndert von TomS (02.08.18 um 07:07 Uhr)
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  #55  
Alt 02.08.18, 07:39
Bernhard Bernhard ist offline
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Standard AW: Kann man Everetts "reine Quantenmechanik" noch weiter ignorieren?

Zitat:
Zitat von TomS Beitrag anzeigen
Für mich eine der überzeugendsten Darstellungen:
Sorry, aber für mich ist das reine Ansichtssache, genauso wie der nicht nachvollziehbare Verzicht auf exakte Eigenzustände. Zwingend oder überzeugend wirkt das auf mich nicht, eher im Gegenteil. Die Idee einer globalen Wellenfunktion finde ich da schon interessanter. Allerdings glaube ich, dass man diese auch nach den herkömmlichen Gesetzen der QM interpretieren kann.
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Freundliche Grüße, B.
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  #56  
Alt 02.08.18, 10:13
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TomS TomS ist offline
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Standard AW: Kann man Everetts "reine Quantenmechanik" noch weiter ignorieren?

Zitat:
Zitat von Bernhard Beitrag anzeigen
Sorry, aber für mich ist das reine Ansichtssache ...
So einfach ist das nicht.

Wie ich schon mehrfach ausgeführt habe, ist der Startpunkt für eine Interpretation der Quantenmechanik natürlich subjektiv. Wenn ich jedoch diesen Startpunkt festgelegt und mein Axiomensystem definiert habe, dann sind die daraus folgenden Konsequenzen nicht mehr Ansichtssache sondern hoffentlich logische Schlussfolgerungen.

Und diesbzgl. ist Carroll's Artikel lesenswert, da er sich Mühe gibt, die intrinsische Logik der Everett-Interpretation - ergänzt um die Dekohärenz - darzustellen. Das gelingt ihm m.E. deutlich besser als Zeh.

Zitat:
Zitat von Bernhard Beitrag anzeigen
... genauso wie der nicht nachvollziehbare Verzicht auf exakte Eigenzustände.
Warum ist das nicht nachvollziehbar?

Es gibt genau ein Postulat, nämlich den Kollaps bzw. das Projektionspostulat, aus dem überhaupt exakte Eigenzustände folgen. Wenn ich also auf den Kollaps verzichte und ausschließlich eine unitäre Zeitentwicklung betrachte, dann besteht überhaupt kein Grund, warum exakte Eigenzustände auftreten sollten; im Gegenteil, sie werden nicht auftreten.

Nehmen wir der Einfachheit halber an, die Energie eines Gesamtsystems sei erhalten und es liege diesbzgl. ein Eigenzustand vor. Nun messe ich Observablen eines Teilsystems, z.B. dessen Energie oder dessen Spin. Diese Observablen vertauschen i.A. nicht mit dem Hamiltonoperator des Gesamtsystems, und damit resultiert diesbzgl. kein Eigenzsutand. Das ist logisch nachvollziehbar und völlig unstrittig - unabhängig von jeglicher Interpretation.

Wie gesagt, erst eine spezielle Interpretation unter Verwendung des Projektionspostulates erzwingt exakte Eigenzustände.

Offensichtlich sind exakte Eigenzustände auch unnötig, denn die Dekohärenz führt mathematisch nachvollziehbar auf näherungsweise Eigenzustände, die messtechnisch nicht unterscheidbar sind und aus denen korrekte Vorhersagen abgeleitet werden können

Zitat:
Zitat von Bernhard Beitrag anzeigen
Zwingend oder überzeugend wirkt das auf mich nicht, eher im Gegenteil.
Dann sollten wir Carroll's Darstellung evtl. nochmal diskutieren.

Zitat:
Zitat von Bernhard Beitrag anzeigen
Die Idee einer globalen Wellenfunktion finde ich da schon interessanter. Allerdings glaube ich, dass man diese auch nach den herkömmlichen Gesetzen der QM interpretieren kann.
Natürlich kann man das auch anders interpretieren, das habe ich nie bestritten.


Mein Eindruck ist, dass du Everett ausgehend von der der Haltung "... aber das kann doch nicht sein, weil in der QM ist doch ..." kritisierst. Diese Haltung musst du aufgeben! Du musst Everett ernst nehmen, die logischen Schlussfolgerungen nachvollziehen bzw. auf Lücken überprüfen und zunächst mal für sich alleine bewerten; was Bohr., Heisenberg u.v.a.m. gesagt und interpretiert haben ist zunächst völlig egal. Anschließend kannst du beide Theorien vergleichen (*) Dabei wirst du feststellen, dass Everett falsifizierbare Aussagen macht - vergleichbar zur orthodoxen QM, und dass beide im Rahmen der erzielbaren Messgenauigkeit übereinstimmen. Zuletzt kannst du dir dann überlegen, welche eher philosophische Position du zur Anwendung bringen möchtest - das - aber erst das - ist dann Geschmacksache.

*) letztlich liegt bei Everett tatsächlich eine eigenständige Theorie vor, da sich das Axiomensystem unterscheidet.


Der wichtigste Absatz steht m.E. am Ende:

Zitat:
Zitat von Carroll
Sadly, most people who object to EQM do so for the silly reasons, not for the serious ones. But even given the real challenges of the preferred-basis issue and the probability issue, I think EQM is way ahead of any proposed alternative. It takes at face value the minimal conceptual apparatus necessary to account for the world we see, and by doing so it fits all the data we have ever collected. What more do you want from a theory than that?
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Ge?ndert von TomS (02.08.18 um 10:20 Uhr)
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  #57  
Alt 02.08.18, 12:00
Bernhard Bernhard ist offline
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Standard AW: Kann man Everetts "reine Quantenmechanik" noch weiter ignorieren?

Zitat:
Zitat von TomS Beitrag anzeigen
Zitat:
Zitat von Carrol
Sadly, most people who object to EQM do so for the silly reasons, not for the serious ones.
Falls Carrol motivieren will, so ist das schon ziemlich unglücklich formuliert .
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Freundliche Grüße, B.
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  #58  
Alt 02.08.18, 12:24
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TomS TomS ist offline
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Standard AW: Kann man Everetts "reine Quantenmechanik" noch weiter ignorieren?

Zitat:
Zitat von Bernhard Beitrag anzeigen
Falls Carrol motivieren will, so ist das schon ziemlich unglücklich formuliert .
Es ist aber die Wahrheit.



Ich habe wenige physikalische Ideen gesehen, die so radikal sind wie die Everettsche QM und an der noch so viel auszusetzen wäre. Sie ist zunächst mathematisch an einigen Stellen noch nicht wasserdicht, z.B. existiert sicher kein allgemein akzeptierter Beweis für Beweis für die Ableitung der Bornschen Regel. Und sie ist bzgl. der Interpretation noch umstritten, insbs,. warum Amplituden von Komponenten als Wahrscheinlichkeiten zu interpretieren sind.

Die meisten Argumente, die ich gegen Everett lese, sind jedoch lediglich Vorurteile auf Basis einer mindestens ebenso halbgaren und in sich unschlüssigen KI.

Und Carroll hat eben genau das auf den Punkt gebracht.
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  #59  
Alt 02.08.18, 14:17
Nexus Nexus ist offline
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Standard AW: Kann man Everetts "reine Quantenmechanik" noch weiter ignorieren?

Tom Schrieb: Kannn man die VWI "auf den Nenner" bringen,
dass es zu jedem System (inklusive Messapparatur) eine
Wellenfunktion gibt, die das System realistisch im Sinne des
Punktes 1 von hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Bellsc...Lokalit%C3%A4t beschreibt?


Bell vertritt offensichtlich einen ontologischen Realismus ohne den
vernünftigerweise keine wissenschaftliche oder philosophische Untersuchung
der Natur der Dinge möglich wäre.
Während aber in der Welt der „klassischen Wirklichkeit“ ein Isomorphismus
zwischen Messerwartung und - Ergebnis besteht gibt es in der Quantenmechanik (QM)
keine vor der Messung präexistierende singuläre (reale) Messgröße, da (isolierte)
Quantengrößen (wie z. B. Spin) als eine potentiell nahezu unendliche Zahl von
Quantenbits einer Superposition vorliegen. Bei Messungen von Quantenzuständen
sind daher nur probabilistische Voraussagen („realer“ Werte) , d. h. Messwahrscheinl-
ichkeiten - P(λ) = <v|Pλ|v> - möglich.
Da aber alle unitäre Vektoren im Hilbertraum äquivalent sind, müssten auch alle
möglichen Quantenzustände bei einerMessung real werden und simultan existieren
können. (VWI).
Ob es „zu jedem System …eine Wellenfunktion gibt, die das System realistisch
beschreibt“ hängt letztlich davon ab, wie die Frage der „Wahrscheinlichkeit“ eines
Quanten Zweiges beantwortet wird.
Eine VWI müsste also einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab über alle (dekohärenten)
Ergebnisse, die realisiert sind, zur Verfügung stellen.
Gilt z. B. beim „Abzählen“ für N Spins: Ψ: ⊗Ni=1 Ψi, wenn diese in einem identischen
Zustand präpariert sind (Ψi = c+|+>i + c_ |->i) dann werden alle Möglichkeiten (
Messergebnisse) realisiert, auch, wenn alle Spins im Zustand + gemessen werden:
Ψ: ~ | + + + … +> Ist |c+| klein, so ist dieses Ergebnis nach der Born Regel sehr
niedrig. Aber unabhängig vom Wert von c+ beinhaltet er einen der 2N möglichen
Ergebnisse. Jedes der Ergebnisse impliziert die Existenz eines Beobachter
mit jeweils eigenen Bewusstsein.
Ist N hinreichend groß und |c+| ≠ |c_|, kann gezeigt werden, [Buniy und Hsu] ,
dass die große Mehrheit der 2N realisierten Beobachter,
wenn man alle Beobachter gleich zählt, nach der Born Regel ein sehr
unwahrscheinliches Ergebnis sehen (Maeverick Welten). Das Abzählen
möglicher Ergebnisse hängt nicht von c+ bzw. c_ ab, bei Anwendung der
Born Regel hingegen hängen die Ergebnisse von |
c+ + c-| |2 ab, bei N  ∞ .
W. Zureks neuer Ansatz einer Envarinanz - determinierten Ableitung
der Born Regel scheint dieses Dilemma zwischen „abgezählten“ Everett-
Verzweigungen (Maeverick Welten) und der der Anwendung der
Born Regel zu Gunsten der Born Regel überwunden zu haben. Aber die
Diskussion des Quantendarwinismus ist noch im Gange. Daher
scheint eine eindeutige Beantwortung Deiner Frage meiner Meinung
noch nicht möglich.

Ge?ndert von Nexus (02.08.18 um 14:27 Uhr)
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  #60  
Alt 02.08.18, 15:19
Hawkwind Hawkwind ist offline
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Standard AW: Kann man Everetts "reine Quantenmechanik" noch weiter ignorieren?

Zitat:
Zitat von Bernhard Beitrag anzeigen
Sorry, aber für mich ist das reine Ansichtssache, genauso wie der nicht nachvollziehbare Verzicht auf exakte Eigenzustände.
Diesen Gedanken finde ich noch naheliegend. Ein gemessener Wert hat in der Praxis ja unvermeidbar eine Fehlertoleranz, wogegen eine Eigenfunktion 100%ig einen scharfen Wert für eine Messung vorhersagt. Wenn 2 aufeinanderfolgende Messungen derselben Observablen an einem System in unerschiedlichen, aber innerhalb der Fehlertoleranz liegenden, Werten resultieren, dann ist das kein Widerspruch.
Es ist deshalb m.E. naheliegend, davon auszugehen, dass die 1. Messung eine Superposition von Eigenfunktionen um den Messwert herum - mit einer der Fehlertoleranz entsprechenden Breite - präpariert hatte, oder?
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everett - welten, viele-welten theorie


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