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Quantenmechanik, Relativitätstheorie und der ganze Rest. Wenn Sie Themen diskutieren wollen, die mehr als Schulkenntnisse voraussetzen, sind Sie hier richtig. Keine Angst, ein Physikstudium ist nicht Voraussetzung, aber man sollte sich schon eingehender mit Physik beschäftigt haben.

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  #1  
Alt 30.04.11, 19:07
Slash Slash ist offline
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Standard AW: Entropie beim Urknall

Hallo Richy,

jetzt schreib ich auch mal etwas (ist allerdings nur so dahingeworfen - einfach nur so Gedanken, die mir beim Lesen deines Beitrags kamen):

Wenn Entropie etwas mit der Zeit zu tun hat, hat es dann (nicht) auch etwas mit dem Raum (Bewegung im Raum zu tun) ?

Welche Rolle spielt Entropie im Zusammenhang mit Zufallen / Wahrscheinlichkeit in der Viele-Welten-Theorie? Bzw. wie berücksichtigt die Viele-Welten-Theorie die Entropie?

(Wie gesagt, nur so Gedanken)

Viele Grüße!

Slash
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  #2  
Alt 01.05.11, 03:36
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richy richy ist offline
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Standard AW: Entropie beim Urknall

Hi Slash

Mein letzter Beitrag waren auch nur Gedankenfragmente die fuer mich im Grunde recht gut zusammenpassen, aber die Elektromagnetische Welle krieg ich hier nicht richtig eingeordnet.

Nochmal das Einfache zusammengefasst :
Ein Vorgang der die (globale) Entropie aendert, z.B. durch Reibung oder in Form einer Waermekraftmaschine, ist zeitlich nicht umkehrbar. Ich benutze hier den Begriff der globalen Entropie, denn diese ist aus meiner Sicht wesentlich. Und damit ist schon ein Zusammenhang zwischen der Richtung des Zeitpfeils und der Entropie angedeutet. Wobei diese Verbindung sicherlich noch weiter geht. Aber ich stimme hier erstmal Bauhof zu :
Zitat:
Zitat von Bauhof
... ziehe ich das Fazit, dass zwar die Entropie irgendwie mit dem Zeitablauf verknüpft ist, dass sie aber primär die Richtung der Zeit nicht erklärt. Nach der primären Ursache des Zeitpfeils ist noch zu suchen.
Zitat:
Wenn Entropie etwas mit der Zeit zu tun hat, hat es dann (nicht) auch etwas mit dem Raum (Bewegung im Raum zu tun) ?
Wenn man Temperatur als Bewegung von Teilchen im Raum betrachtet schon. Die genaue Definition zur Entropie kann man auch bei Wiki nachschlagen und sie entspricht formal recht genau dem shannonschen Informationsbegriff. Deshalb liegen VWI und KI auch nicht so sehr auseinander. Abgesehen davon, dass Information kein physikalischer, sondern mathematisch abstrakter Begriff ist. Bei der VWI werden Teilchen ueber Dekohaerenz realisiert und bei der KI erzeugt. Aber das ist im Moment gar nicht mein Problem, sondern die EM Welle.

Zitat:
Wie berücksichtigt die Viele-Welten-Theorie die Entropie?
Das kannst du sicherlich unter Prof Zehs Papers genau nachlesen ;
http://www.rzuser.uni-heidelberg.de/~as3/index.html
Prof. Zeh gehoert zu den Gruendungsvaetern des Dekohaerenzprogrammes und ist Vertreter von Everetts VWI. So ganz passt die KI naemlich nicht zur Dekohaerenz.
Wenn du alle Viele Welten/Realitaeten als existent annimmst, dann existiert in jedem eine ander Anordnung von Teilchenund damit Entropie. Global wird jedes Universum durch einen Entropie Zahlenwert gekennzeichnet. Diese Zahlenwerte kannst du auf eine Dimension abbilden. Und unser Universum, Realitaet ist einfach ein bestimmter Punkt darauf. Im Grunde nichts besonders, denn bei der Dimension der Zeit verhaelt es sich fast genauso. Da ist die Gegenwart ein verschmierter Punkt, unsere Realitaet auf dieser Achse. Wobei die Gegenwart natuerlich voranschreitet, aber wie koennen sie dennoch als eine Gegenwart z.B. mit der Angabe t=0 kennzeichnen. Und so empfinden wir dies im Grunde auch.

Ich kann dir mein sehr einfaches Modell (ohne VWI Aspekt) zur Dekohaerenz schildern, das aber sicherlich nur ungenuegend ist. Demnach wird ein Teilchen aus einer Wahrscheinlichkeitswelle realisiert indem diese mit unserer Realitaet, also unserem Universum in Wechselwirkung tritt. Was koennte aber Wechselwirkung genauer bedeuten ? Das Teilchen muss sich als solches an die physikalischen Gesetze richten und sich insbesonders kausal verhalten. Letzteres ist nur moeglich, wenn es wenigstens Kenntnis ueber die Richtung unseres Zeitpfeils hat, also "Kenntnis" ueber die Entropie und damit muss es mit dieser in Wechselwirkung stehen. Nimmt das Teilchen an Entropieaenderungen Teil, so ist es realisiert. Sehr vereinfacht :
Es existiert eine Art "Entropiesee" und wenn die Welle mit diesem wechselwirkt wird ein Teilchen realisiert.

Bei der KI ist es komplizierter. Das zeigt sich auch in Zeiligers Deutung seiner C60 Versuche. Bei ihm ist keine Wechselwirkung z.B. mit einem Entropiesee entscheidend, sonder alleine Information, die es ueber die Welle, das Teilchen gibt. Das ist ein Unterschied denn solch eine Information ist nicht nur abstrakt, sondern auch lokaler Natur. Sie bezieht sich ja genau auf die Lokalitaet des Teichens. Zeilinger gibt an, dass bereits die Abgabe von Information in Form einer EM Welle ausreichend sei, damit das Teichen dekohaeriert. (Ich suche nochmals nach dem C60 Beitrag) Von physikalischer Wechselwikung ist hier keine Rede, wobei man natuerlich argumentieren kann : Um diese Information zu bestimmen muss ich z.B die EM Welle messen und damit wird sie die Entropie aendern.
Aber nehmen wir mal an Zeilinger haette Recht und alleine das Aussenden der Information in Form einer EM Welle ist ausreichend fuer eine Dekohaerenz.
Dann muesste man bereits eine EM Welle als Entropieaenderung betrachten, besser als eine Option fuer eine solche. Da muesste ich mich jetzt aber auch erstmal wieder in die Thermodynamik einlesen, wie dies dort gehand habt wird.

Nachtrag :
http://www.rzuser.uni-heidelberg.de/...ieleWelten.pdf
Seite 2. Der Grossteil der Entropie im Universum wir ueber die Photonen der Hintergrundstrahlung gebildet. Der "Entropiesee" ist somit ueberall und damit passt Zeilingers interpretation auch zu meiner Vorstellung, wenn man EM Wellen als Photonen betrachtet. Alleine deren Erzeugung reicht aus um die Entropie zu aendern. Ach, ich verstehs dennoch einfach nicht so recht :-) Daran hatte ich gar nicht gedacht. Photonen sind Teilchen und damit wird mir dies mit der EM Welle wenigstens etwas verstaendlicher.


Viele Gruesse

Ge?ndert von richy (01.05.11 um 04:39 Uhr)
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  #3  
Alt 01.05.11, 12:23
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Bauhof Bauhof ist offline
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Standard AW: Entropie beim Urknall

Zitat:
Zitat von richy Beitrag anzeigen
Das Teilchen muss sich als solches an die physikalischen Gesetze richten und sich [b]insbesondere kausal verhalten.
Hallo Richy,

dass sich ein Teilchen kausal verhalten muss, genau das wird von den heutigen Quanten-Physikern bestritten. Auch von Anton Zeilinger, z.B. in [1]:
Zitat:
Diesen Überlegungen zufolge tritt der Zufall in der Quantenphysik nicht etwa deshalb auf, weil wir zu dumm sind, um die Ursache für das Einzelereignis zu kennen, sondern weil es einfach keine Ursache für das Einzelereignis gibt, weil das Teilchen einfach keine Information tragen kann, wo es auf dem Interferenzschirm auftreffen soll.

Der Zufall in der Quantenphysik ist also nicht ein subjektiver, er besteht nicht deshalb, weil wir zuwenig wissen, sondern er ist objektiv. Ganz im Sinne Heisenbergs ist es nicht unser Unwissen, von dem wir hier also sprechen, sondern die Natur selbst ist in solchen Situationen in keiner Weise festgelegt, ehe das einzelne Ereignis auftritt. Wir sehen daran, dass Information eine zentrale Rolle in der Quantenphysik spielt, und wir werden im Lauf dieses Buches dieses Bild, dass Quantenphysik eine Wissenschaft der Information ist, weiter vertiefen.
Zitat:
Zitat von richy Beitrag anzeigen
Demnach wird ein Teilchen aus einer Wahrscheinlichkeitswelle realisiert indem diese mit unserer Realitaet, also unserem Universum in Wechselwirkung tritt.
Die Bornsche Wahrscheinlichkeitswelle realisiert keine Teilchen, sondern ist lediglich ein mathematisches Hilfsmittel, mit dessen Hilfe man Wahrscheinlichkeiten berechnen kann.
Zitat:
Zitat von richy Beitrag anzeigen
Aber nehmen wir mal an Zeilinger haette Recht und alleine das Aussenden der Information in Form einer EM Welle ist ausreichend fuer eine Dekohaerenz.
Zeilinger hat vermutlich recht, aber wo schreibt er, dass die Ausbreitung der Quanten-Information in Form einer EM-Welle stattfindet? Kannst du da etwas von Zeilinger zitieren? Das Aspec-Experiment zeigt doch, dass z.B. bei der Quanten-Verschränkung eine mögliche Informationsübertragung nicht durch die Lichtgeschwindigkeit begrenzt wird. Es sei denn, dass man schon eine "Dekohärenzgeschwindigkeit" keinergleich c gemessen hat.

Zeilinger schreibt dazu in [1] auf Seite 101 nur von einer "Kopplung":
Zitat:
In allen diesen Fällen können wir dann von einer Kopplung unseres interferierenden Teilchens mit der Umgebung sprechen. Diese Kopplung transportiert Information in die Umgebung, und zwar Information darüber, welchen Weg das Teilchen genommen hat. Und wenn diese Information vorhanden ist, kommt es eben nicht zu dem Interferenzphänomen. Man bezeichnet diesen Verlust von Interferenzfähigkeit auch als Dekohärenz.
Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof

[1] Zeilinger, Anton
Einsteins Schleier.
Die neue Welt der Quantenphysik.
München 2003. ISBN=3-406-50281-4
__________________
Ach der Einstein, der schwänzte immer die Vorlesungen –
ihm hatte ich das gar nicht zugetraut!

Hermann Minkowski
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  #4  
Alt 01.05.11, 23:01
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Hi Eugen
Zitat:
Der Zufall in der Quantenphysik ist also nicht ein subjektiver, er besteht nicht deshalb, weil wir zuwenig wissen, sondern er ist objektiv.
Anhand meiner Beitraege hier solltest du meine Meinung dazu kennen. Dass ich ebenfalls von einem objektiven Zufall ausgehe. Das ist kein Widerspruch zu einer VWI. Aber beweisen laesst sich ein objektiver Zufall genauso wie ein freier Wille nicht. Existiert kein objektiver Zufall existiert auch kein freier Wille. Du wirst kein Buch oder eine wissenschaftliche Arbeit angeben koennen, die so etwas beweist.

Das Ergeignis z.B. eines zufaelliges Auftretens eines Teilchens rechne ich dem Vorgang vor der Messung zu. Also nicht dem Teilchen.
Beispiel :
Reflektierst du am Interferenzschirm eines Spaltversuches ein "Teilchen", besser die Welle ohne messen, so wird sie direkt in die Quelle zurueckreflektiert. Der Vorgang ist zeitlich umkehrbar.
Fuehrst du eine Messung bei der Reflexion durch, realisiertst also ein Teilchen, wird dies nicht mehr der Fall sein.

Zitat:
Die Bornsche Wahrscheinlichkeitswelle realisiert keine Teilchen, sondern ist lediglich ein mathematisches Hilfsmittel, mit dessen Hilfe man Wahrscheinlichkeiten berechnen kann.
Das meinst du. Bei anderen Interpretationen steht hinter der Wahrscheinlichkeitswelle tatsaechlich ein physikalisches Objekt. Das allerdings noch nicht zu unserer Realitaet gehoert. Den Ausdruck "realisieren" finde ich daher recht passend. Folgendes Beispiel dazu hatte ich schon oefters angefuehrt. Ein Spielwuerfel wird in einem 2-D Flaechenland geworfen. Der Vorgang des Wuerfelns sehen die 2-D Bewohner nicht. Lediglich dessen Erebnis. z.B. in Form einer quadratischen Flaeche auf der nun seltsamerweise zufaellig die Zahl 1-6 angezeigt wird. Und die Bornsche Wahrscheinlichkeit wuerde das Auftreten eines solchen Ereignisses (in Form einer Gleichwahrscheinlichkeit) beschreiben, aber nicht den Wuerfel. Die 2-D Bewohner waeren daher etwas ratlos und wuerden folgern, dass die Flaeche mit der angezeigten Zahl im Moment des Auftritt des Ereignisses erzeugt wird.
Ein 3-D Bewohner wuerde dagegen sehen, dass diese angezeigte Flaeche das Ergebnis eines 3-D Wuerfelexperimentes ist. Und dass die Wahrscheinlichkeitsverteilung von der Physik des Wuerfels bestimmt ist. Dass dieser Wuerfel somit auch vor der Messung existiert.

Zitat:
Zeilinger hat vermutlich recht, aber wo schreibt er, dass die Ausbreitung der Quanten-Information in Form einer EM-Welle stattfindet?
Mit EM Welle meinte ich die vom C60 Molekuel ausgesendete Waeremstrahlung mit der es lokalisiert werden kann.
Hier ist das recht anschaulich beschrieben :
http://www.pro-physik.de/Phy/leadArticle.do?laid=3930
Zitat:
Doch die Interferenzmuster können auch verschwinden, ohne dass störende äußere Einflüsse auf die Fußballmoleküle wirken. Das hat sich jetzt bei Experimenten der Wiener Forscher mit den etwas größeren C70-Molekülen gezeigt. Wenn ein Molekül auf seinem Weg durch das Interferometer Photonen von hinreichend kurzer Wellenlänge abstrahlt, dann ließe sich anhand dieser Photonen im Prinzip der Weg des Moleküls durch das Interferometer verfolgen. Beim berühmten Doppelspaltexperiment entspräche dies dem Fall, dass das Teilchen mit Sicherheit durch den einen Spalt geflogen ist, weil man den anderen zugehalten hat. Hier – wie auch im Falle des strahlenden C70-Moleküls – verschwindet daraufhin das Interferenzmuster.
Wie in meinem letzten Beitag bemerkt. Ich hatte zunaechst nicht daran gedacht dass man diese Stahlung als Photonen betrachten kann.Ich meine damit laesst sich der Vorgang anschaulicher deuten.Dass sich die Photonen mit c0 bewegen ist unerheblich.
Nehnmen wir 10^80 Teilchen im Universum an.
Jetzt fuegen wir eines hinzu. Es sind dann instantan 10^80 plus eins :-)
Das scheint ausschlaggebend. Wie im Bericht oben auch erwaehnt muss nicht irgendeine Wechselwikung wie Stoesse vorliegen.
Blos wer zahelt die ganzen Teilchen ? Um eine Auswirkung, Dekohaerenz zu erzeugen spielt dies ja anscheinend eine Rolle. Wer hat die Uebersicht ueber die komplette Entropie im Universum ?
Das ist schon seltsam :
Stell dir eine Schachtel vor in die man Kugeln legt. Wenn mehr als 50 Kugeln darin liegen, soll eine Lampe angehen. Damit diese Lampe angeht gibt es jedoch keinerlei physikalische Messvorrichtung.

Gruesse

Ge?ndert von richy (02.05.11 um 16:29 Uhr)
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  #5  
Alt 02.05.11, 17:46
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Bauhof Bauhof ist offline
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Standard AW: Entropie beim Urknall

Zitat:
Zitat von richy Beitrag anzeigen
Zitat:
Zitat von Bauhof: Die Bornsche Wahrscheinlichkeitswelle realisiert keine Teilchen, sondern ist lediglich ein mathematisches Hilfsmittel, mit dessen Hilfe man Wahrscheinlichkeiten berechnen kann.
Das meinst du. Bei anderen Interpretationen steht hinter der Wahrscheinlichkeitswelle tatsaechlich ein physikalisches Objekt.
Hallo Richy,

dass ich das meine, ist ziemlich unerheblich. Erheblich ist, dass dies die Auffassung der allermeisten Physiker ist, z.B. von Anton Zeilinger. Er schreibt auf Seite 194 seines Buches [1] folgendes:

Zitat:
Die Annahme, dass sich diese Wahrscheinlichkeitswellen tatsächlich im Raum ausbreiten, ist also nicht notwendig - denn alles, wozu sie dienen, ist das Berechnen von Wahrscheinlichkeiten. Es ist daher viel einfacher und klarer, die Wellenfunktion Psi nicht als etwas Realistisches zu betrachten, das in Raum und Zeit existiert, sondern lediglich als ein mathematisches Hilfsmittel, mit Hilfe dessen man Wahrscheinlichkeiten berechnen kann. Zugespitzt formuliert, wenn wir über ein bestimmtes Experiment nachdenken, befindet sich Psi nicht da draußen in der Welt, sondern nur in unserem Kopf.
Zitat:
Zitat von richy Beitrag anzeigen
Folgendes Beispiel dazu hatte ich schon oefters angefuehrt. Ein Spielwuerfel wird in einem 2-D Flaechenland geworfen. Der Vorgang des Wuerfelns sehen die 2-D Bewohner nicht. Lediglich dessen Ergebnis. z.B. in Form einer quadratischen Flaeche auf der nun seltsamerweise zufaellig die Zahl 1-6 angezeigt wird. Und die Bornsche Wahrscheinlichkeit wuerde das Auftreten eines solchen Ereignisses (in Form einer Gleichwahrscheinlichkeit) beschreiben, aber nicht den Wuerfel. Die 2-D Bewohner waeren daher etwas ratlos und wuerden folgern, dass die Flaeche mit der angezeigten Zahl im Moment des Auftritt des Ereignisses erzeugt wird.

Ein 3-D Bewohner wuerde dagegen sehen, dass diese angezeigte Flaeche das Ergebnis eines 3-D Wuerfelexperimentes ist. Und dass die Wahrscheinlichkeitsverteilung von der Physik des Wuerfels bestimmt ist. Dass dieser Wuerfel somit auch vor der Messung existiert.
Ich denke, da spielst du auf Bohm mit seinen "verborgenen Parametern" an. Die (anerkannte) Quantenmechanik schließt einen "verborgenen Würfel" aus (z.B. durch das Experiment von Aspec). Die 2-D-Bewohner wären gut beraten, wenn sie keinen fiktiven Würfel postulieren würden, denn dieser ist für sie nie erfahrbar (sollte er denn überhaupt "existieren").

Niels Bohr stellte fest:
"Es gibt keine Quantenwelt, es gibt nur eine abstrakte Quantenbeschreibung."

Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof

[1] Zeilinger, Anton
Einsteins Schleier.
Die neue Welt der Quantenphysik.
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Hermann Minkowski
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  #6  
Alt 04.05.11, 10:46
Timm Timm ist offline
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Standard AW: Entropie beim Urknall

Hallo Eugen

Zitat:
Zitat von Bauhof Beitrag anzeigen
Erheblich ist, dass dies die Auffassung der allermeisten Physiker ist, z.B. von Anton Zeilinger.
Es scheint eine klare Tendenz zu geben, wonach Physiker mehrheitlich der Ensemble-Interpretation zustimmen:

http://www.chemie.de/lexikon/Kopenhagener_Deutung.html
Zitat:
Die Ensemble-Interpretation ist eine Variante der Kopenhagener Deutung, bei der die Quantentheorie nicht bezüglich einzelner Systeme, sondern bezüglich Ensembles von identisch präparierten Systemen betrachtet wird. Der Wellenfunktion kann damit ein höheres Maß an Realität zugewiesen werden, da sie auf diese Weise der Messung zugänglich wird. Damit wird auch der Kollaps der Wellenfunktion durch die Messung zu einem realen Vorgang. Diese Interpretation der Quantentheorie ist die am weitesten verbreitete. Unter der Kopenhagener Deutung wird daher auch oft nur der nichtdeterministische Aspekt der Quantenphysik verstanden.
Beispielhaft hier http://www.tu-braunschweig.de/Medien...k/ensemble.pdf ein Artikel dazu, in dem auch die historische Debatte aufgegriffen wird.

Nach dieser Interpretation bezieht sich psi² nicht auf individuelle Quantenobjekte, sondern auf wiederholte Messungen an einem Ensemble gleichartig päparierter Systeme. Sie widerspricht der Kopenhagener Deutung insofern, als nach dieser die QM auch einzelne Objekte vollständig beschreibt. Nach meinem Eindruck ist Zeilinger ein Anhänger der Kopenhagener Deutung. Allerdings frage ich mich, weshalb man bei der Ensemble-Interpretation der Wellenfunktion mehr Realität zubilligen soll, denn man kann sie ja weiterhin als reine Rechenvorschrift betrachten, die zum erwarteten Ergebnis führt. Und wäre dann wieder bei Zeilinger.

Gruß, Timm
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Der Verstand schafft die Wahrheit nicht, sondern er findet sie vor - Aurelius Augustinus
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  #7  
Alt 04.05.11, 14:50
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Bauhof Bauhof ist offline
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Standard AW: Entropie beim Urknall

Zitat:
Zitat von Timm Beitrag anzeigen
Nach dieser Interpretation bezieht sich psi² nicht auf individuelle Quantenobjekte, sondern auf wiederholte Messungen an einem Ensemble gleichartig päparierter Systeme. Sie widerspricht der Kopenhagener Deutung insofern, als nach dieser die QM auch einzelne Objekte vollständig beschreibt. Nach meinem Eindruck ist Zeilinger ein Anhänger der Kopenhagener Deutung. Allerdings frage ich mich, weshalb man bei der Ensemble-Interpretation der Wellenfunktion mehr Realität zubilligen soll, denn man kann sie ja weiterhin als reine Rechenvorschrift betrachten, die zum erwarteten Ergebnis führt. Und wäre dann wieder bei Zeilinger. Gruß, Timm
Hallo Timm,

wenn man beim Doppelspaltexperiment die Lichtintensität so weit verringert, dass in einem gegebenen Zeitaum immer nur ein einziges Photon "losgeschickt" wird, dann stellt sich trotzdem das Interferenzbild ein. Vermutlich ist dir das bekannt, so dass ich nichts zitieren muss.

Spricht diese Tatsache nicht gegen die Ensemble-Interpretation?

M.f.G. Eugen Bauhof
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Hermann Minkowski
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  #8  
Alt 04.05.11, 17:24
Hawkwind Hawkwind ist offline
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Standard AW: Entropie beim Urknall

Zitat:
Zitat von Bauhof Beitrag anzeigen
Hallo Timm,

wenn man beim Doppelspaltexperiment die Lichtintensität so weit verringert, dass in einem gegebenen Zeitaum immer nur ein einziges Photon "losgeschickt" wird, dann stellt sich trotzdem das Interferenzbild ein. Vermutlich ist dir das bekannt, so dass ich nichts zitieren muss.

Spricht diese Tatsache nicht gegen die Ensemble-Interpretation?

M.f.G. Eugen Bauhof
Das würde meinem Verständnis der Quantentheorie widersprechen und es scheint auch falsch zu sein.

Siehe z.B.
http://grad.physics.sunysb.edu/~amarch/

Zitat:
A single photon cannot of course make a whole interference pattern on a screen by itself. If single photons are allowed to go through the slits one at a time, however, and produce a splotch on a special phosphorescent screen, after enough time the interference pattern will emerge.
Das Muster entsteht also erst nach einiger Zeit ("after enough time"). Damit realisert man dann doch ein Ensemble gleichartiger Experimente - nur dass diese nacheinander stattfinden.

Gruß,
Hawkwind
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  #9  
Alt 04.05.11, 18:01
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Standard AW: Entropie beim Urknall

Hi
Zitat:
Der Papst stellt fest:
"Es gibt Himmel und Hoelle."
Zitat:
Niels Bohr stellte fest:
"Es gibt keine Quantenwelt, es gibt nur eine abstrakte Quantenbeschreibung."
Das sind beides lediglich persoenliche, subjektive Meinungen.

Zitat:
Ich denke, da spielst du auf Bohm mit seinen "verborgenen Parametern" an.
Der Ausdruck "verborgen" hat wie gesagt keinerlei Bedeutung. Die Quanten Phaenomene wie Verschraenkung lassen sich nicht durch lokale Parameter erklaeren. Wenn man physiklisch realistisch bleiben moechte muss man somit nichtlokale Parameter, zusaetzliche Dimensionen annehmen. Die 2-D Flaechenbewohner waeren somit gut beraten dies zu tun, anstatt zu meinen es handle sich um Zauberei.
Die Bohmsche Mechanik postuliert ueberigends einen hochdimensionalen Konfigurationsraum. Sie hat lediglich Probleme mit dem Free Will Theorem, da sie deterministisch ist.

Zitat:
wenn man beim Doppelspaltexperiment die Lichtintensität so weit verringert, dass in einem gegebenen Zeitaum immer nur ein einziges Photon "losgeschickt" wird, dann stellt sich trotzdem das Interferenzbild ein.
Und was sagt uns das ? Die Welleneigenschaft vor der Dekohaerenz ist messbar ! Und was messbar ist, ist nach der Lehmeinung physikalisch existent. Ene Welle lediglich im Kopf wuerde nicht zu einer Interferenz fuehren.
Zitat:
Damit realisert man dann doch ein Ensemble gleichartiger Experimente - nur dass diese nacheinander stattfinden.
Statistik funktioniert mit einem einzelnen Teichen nun mal nicht. Der tiefere Grund liegt wohl darin, dass das Interferenzbild Teilchen aus verschiedenen Zeitpunkten gemeinsam abbildet. Der Interferenzschirm sammelt verschiedene Realitaeten (Gegenwartspunkte) und bildet sie in einer Gegenwart ab. Das Bild ist somit nicht real, aber sehr wohl physikalisch.

Gruesse

Ge?ndert von richy (04.05.11 um 18:04 Uhr)
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  #10  
Alt 04.05.11, 19:27
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JoAx JoAx ist offline
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Standard AW: Entropie beim Urknall

Hallo zusammen!

Zitat:
Zitat von richy Beitrag anzeigen
Die 2-D Flaechenbewohner waeren somit gut beraten dies zu tun, anstatt zu meinen es handle sich um Zauberei.
Das ist aber auch nur eine persönliche Meinung.

IMHO

Der Schirm hinter dem Doppelspalt dient lediglich der Abbildung -> ist somit klassisch zu sehen ~ "gehört nicht zur QM", so zu sagen. (Zumindestens, wenn wir den Prozess der Spurbildung an sich ausser Acht lassen.) Die Wellenfunktion ist ein "Artefakt" der Präparation, des Doppelspaltes und nicht des "Teilchens". Da "passiert" es. Da wird die Geometrie des Doppelspaltes dem Impuls des "Teilchens" (unscharf) "aufgedrückt".

Was spräche dagegen? Nur im Rahmen dieses Experimentes?


Gruss, Johann
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