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Schulphysik und verwandte Themen Das ideale Forum für Einsteiger. Alles, was man in der Schule mal gelernt, aber nie verstanden hat oder was man nachfragen möchte, ist hier erwünscht. Antworten von "Physik-Cracks" sind natürlich hochwillkommen!

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  #11  
Alt 21.05.07, 23:11
zeitgenosse zeitgenosse ist offline
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Zitat:
Zitat von Marco Polo Beitrag anzeigen
Jetzt haben wir ja bei der GEO eine Inklination von 0 Grad. Welche Manöver wären denn jetzt nötig um eine Inklination von 90 Grad zu erreichen, der Satellit also die Pole überfliegen soll?
GEO (rund 36'000 km Höhe über Aequator) ist für Telekommunikationssatelliten von grossem Vorteil. Erderkundungssatelliten hingegen bewegen sich oft im SSO (700 - 1000 km Höhe), also auf polnahen Umlaufbahnen mit einer Inklination von etwas mehr als 90°. Sie laufen deshalb leicht rückwärts.

Anm.: Unregelmässigkeiten des Erdkörpers verursachen immer Bahnstörungen, die korrigiert werden müssen.

Eine Pol-zu-Pol-Umlaufbahn in 250 x 900 km Höhe bspw. kostet bis zur Erreichung des Orbits einiges an Treibstoff (denke ich zumindest). Mit Vorteil startet man ja auf der geographischen Breite in Richtung Ost, wobei in nördlicher oder südlicher Richtung die Inklination korrigiert werden kann.

Zunächst muss der Satellit auf seiner Aufstiegsbahn eine Mindesthöhe erreichen, um nicht durch die oberen Atmosphärenschichten abgebremst zu werden und schliesslich entlang einer Abwärtsspirale zu verglühen. Der Verlauf des Aufstieges ist deshalb zuerst ziemlich vertikal, um dann in die Horizontale und schliesslich in eine Umlaufbahn überzugehen.

Nun aber soll die Inklination eines im "Clarke Belt" umlaufenden Satelliten derart angehoben werden, dass ein Polüberflieger resultiert. Der Winkel, um den sich die Inklination dabei verändert, beträgt also 90° bzw. pi/2.

Die dazu nötige Geschwindigkeitsdifferenz berechnet sich zu:

∆ v = 2 * v_geo * sin(phi/2) = sqrt(2) * 3,1 km/s = 4,4 km/s

Dies entspricht einer Inklinationsänderung mit starkem Impulsmanöver:

- Bahnenergie bliebt konstant.
- Bahnform (Kreisbahn) bleibt erhalten.
- Schubimpulse normal zum Geschwindigkeitsvektor und zur Bahnebene (v x r || F).

Für den vorliegenden Sonderfall einer zu erzielenden Polarbahn gleicher Höhe resultiert im "Geschwindigkeitsdreieck" ein |∆ v| von sqrt(v1^2 + v2^2).

Infolge der konstant bleibenden Orbitalgeschwindigkeit |v1| = |v2| somit:

|∆ v| = sqrt(2) * v_geo = 1,41 * v_geo

{Vergessen wir somit eine DGL , es geht auch einfacher vektoriell.}

Bei einem schubschwachen und kontinuierlichen Bahnmanöver hingegen verschlechtert sich die Geschwindigkeitsbilanz jedoch etwas wegen:

|∆ v| = v_geo * delta phi ; phi in [rad] = pi/2 --> |∆ v| = 1,57 * v_geo

Auf die diesbezüglichen Zwischenrechnungen wird hier gerne verzichtet.

Gr. zg
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  #12  
Alt 21.05.07, 23:28
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Marco Polo Marco Polo ist offline
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Zitat:
Zitat von zeitgenosse Beitrag anzeigen
GEO (rund 36'000 km Höhe über Aequator) ist für Telekommunikationssatelliten von grossem Vorteil. Erderkundungssatelliten hingegen bewegen sich oft im SSO (700 - 1000 km Höhe), also auf polnahen Umlaufbahnen mit einer Inklination von etwas mehr als 90°. Sie laufen deshalb leicht rückwärts.
Hallo Zeitgenosse,

danke für die Aufklärung und auch für die Berechnung.
Das Telekommunikationssatelliten am besten auf eine geostationären Umlaufbahn geschosen werden ist nachvollziehbar.

Es ist auch logisch, dass sich der Abschussort möglichst in der Nähe des Äquators (Inklination 0 Grad) befinden sollte. Es gibt da ja glaube ich eine Abschussrampe auf dem Meer.

Weisst du, wie in der Praxis bei Wettersatelliten (SSO) vorgegangen wird?

Werden die auch zuerst auf GEO geschossen und nachträglich die Inklination entsprechend geändert, was wahrscheinlich recht viel Treibstoff verbraucht, oder schiesst man diese direkt mit der entsprechenden Inklination ab, was allerdings den Vorteil der Erdumdrehung, wie beim GEO-Abschuss nehmen würde.

Was ist da bezüglich des Treibstoffverbrauches günstiger?

Grüssle,

Marco Polo
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  #13  
Alt 22.05.07, 01:52
zeitgenosse zeitgenosse ist offline
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@ Marco Polo

Neben den erwähnten Hohmann-Uebergängen (Zwei-Impuls-Manöver) werden zur Erreichung eines höheren Orbitals auch Drei-Impuls-Uebergänge (bi-elliptischer Transfer) durchgeführt, weil für grosse r2/r1 Verhältnisse (mit r2 --> oo) günstiger als der Hohmann-Transfer:

1) Erster Schub auf der niedrigeren Kreisbahn --> 1. Uebergangsellipse (ε ≈ 0, parabolische Bahn)

2) Zweiter Schub im Apogäum --> 2. Uebergangsellipse (v ≈ 0, parabolische Bahn)

3) Dritter Schub mit Verzögerung auf Kreisbahngeschwindigkeit --> Einschwenken auf neue Kreisbahn mit v = sqrt(μ/r2)

Im Manöver 2) kann dadurch mit sehr kleinem ∆v-Aufwand auch die Inklination verändert oder sogar eine retrograde Bahn erzielt werden.

Ferner werden als Orbitalübergang gelegentlich auch Aufwärtsspiralen (Manöver mit kleinem konstanten Schub) angewandt. Der Raketenmotor wird in Flugrichtung gezündet. Daraus resultiert eine sich aufweitende Spiralbahn. Der Antriebsbedarf ∆v ist in diesem Fall gleich der Differenz der beiden Kreisbahngeschwindigkeiten. Der Schub erhöht nur die potentielle Energie (E_kin = const).

Im Unterschied zum Hohmann-Transfer ist die Aufwärtsspirale energetisch ungünstiger (zudem ist die Transferzeit länger), hat aber infolge des geringen Schubes den Vorteil, dass elektrische Triebwerke eingesetzt werden können (dadurch Treibstoffersparnis). Ein Beispiel dazu ist die ESA-Sonde SMART 1, die mit einem Hall-Ionentriebwerk arbeitet. Ausgangsbahn ist ein Kreisorbit mit 400 km und einer Kreisbahngeschwindigkeit von 7'673 m/s.

I) Nützliche Links zum Thema "Orbitalmechanik":

- http://www.sat-steve.de/physik.htm

- http://www.braeunig.us/space/orbmech.htm

II) Nützliche Books zum Thema Raumfahrt:

Messerschmid/Fasoulas:
Raumfahrtsysteme. Eine Einführung mit Übungen und Lösungen
Springer

Steiner/Schagerl:
Raumflugmechanik. Dynamik und Steuerung von Raumfahrzeugen
Springer

Gr. zg
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  #14  
Alt 22.05.07, 02:02
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Marco Polo Marco Polo ist offline
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Zitat:
Zitat von zeitgenosse Beitrag anzeigen
Neben den erwähnten Hohmann-Uebergängen (Zwei-Impuls-Manöver) werden zur Erreichung eines höheren Orbitals auch Drei-Impuls-Uebergänge (bi-elliptischer Transfer) durchgeführt, weil für grosse r2/r1 Verhältnisse (mit r2 --> oo) günstiger als der Hohmann-Transfer:

1) Erster Schub auf der niedrigeren Kreisbahn --> 1. Uebergangsellipse (ε ≈ 0, parabolische Bahn)

2) Zweiter Schub im Apogäum --> 2. Uebergangsellipse (v ≈ 0, parabolische Bahn)

3) Dritter Schub mit Verzögerung auf Kreisbahngeschwindigkeit --> Einschwenken auf neue Kreisbahn mit v = sqrt(μ/r2)

Im Manöver 2) kann dadurch mit sehr kleinem ∆v-Aufwand auch die Inklination verändert oder sogar eine retrograde Bahn erzielt werden.

Ferner werden als Orbitalübergang gelegentlich auch Aufwärtsspiralen (Manöver mit kleinem konstanten Schub) angewandt. Der Raketenmotor wird in Flugrichtung gezündet. Daraus resultiert eine sich aufweitende Spiralbahn. Der Antriebsbedarf ∆v ist in diesem Fall gleich der Differenz der beiden Kreisbahngeschwindigkeiten. Der Schub erhöht nur die potentielle Energie (E_kin = const).

Im Unterschied zum Hohmann-Transfer ist die Aufwärtsspirale energetisch ungünstiger (zudem ist die Transferzeit länger), hat aber infolge des geringen Schubes den Vorteil, dass elektrische Triebwerke eingesetzt werden können (dadurch Treibstoffersparnis). Ein Beispiel dazu ist die ESA-Sonde SMART 1, die mit einem Hall-Ionentriebwerk arbeitet. Ausgangsbahn ist ein Kreisorbit mit 400 km und einer Kreisbahngeschwindigkeit von 7'673 m/s.

I) Nützliche Links zum Thema "Orbitalmechanik":

- http://www.sat-steve.de/physik.htm

- http://www.braeunig.us/space/orbmech.htm

II) Nützliche Books zum Thema Raumfahrt:

Messerschmid/Fasoulas:
Raumfahrtsysteme. Eine Einführung mit Übungen und Lösungen
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Steiner/Schagerl:
Raumflugmechanik. Dynamik und Steuerung von Raumfahrzeugen
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Vielen Dank, da habe ich ja erst mal genug Lesestuff.

Grüssle,

Marco Polo
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  #15  
Alt 22.05.07, 23:54
zeitgenosse zeitgenosse ist offline
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Nun muss es nicht immer eine Grössengleichung (wie die Ziolkowski-Gleichung) sein. Auch das Erkennen einer Funktion - und der damit verbundenen Problemstellung - ist für uns von Nutzen, z.B.:

y(x) = a * ln(a + sqrt(a^2 - x^2)/x) - sqrt(a^2 - x^2)

Was könnte das sein?

Die Problematik soll übrigens auf Claude Perrault zurückgehen.

Gr. zg
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  #16  
Alt 24.05.07, 00:18
zeitgenosse zeitgenosse ist offline
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Es gab da diese Geschichte um eine silberne Taschenuhr und eine Schleppkurve...

Leibniz nun - genial wie er war - (im Einfachen liegt die Genialität keimartig verborgen) zog die an einer Kette befestigte Taschenuhr an einer Tischkante entlang derart, dass die Kettenlinie zunächst senkrecht zur Kante auf dem Tisch lag. Die dadurch sich ergebende Kurve heisst "Schleppkurve":

http://www.fh-lueneburg.de/u1/gym03/...n/traktrix.htm

Die Zugkette nun ist zur Schleppkurve immer tangential. Damit erhalten wir die Gleichung:

y' = - sqrt(a^2 - x^2)/x

Offensichtlich ist dies eine extrem einfache Differentialgleichung der gesuchten Funktion. Die elementare Integralrechnung lehrt uns ferner, dass alle Funktionen

y(x) := [- Int (sqrt(a^2 - x^2/x) dx + C] dieser DGL genügen.

Integration ergibt:

y(x) := a * ln(a + sqrt(a^2 - x^2)/x) - sqrt(a^2 - x^2) + C

Wegen der Anfangsbedingung y(a) = 0 muss auch die Konstante C = 0 sein.

Somit erhalten wir die Gleichung der Leibniz'schen Traktrix:

y(x) = a * ln(a + sqrt(a^2 - x^2)/x) - sqrt(a^2 - x^2)

Damit betritt man das Gebiet der nicht-algebraischen Kurven. Algebraische Kurven sind simpel gesagt Kurven, die sich durch ein Polynom ausdrücken lassen. Sie lassen sich ggf. auch mit Zirkel und Lineal konstruieren. Nicht-algebraische Kurven hingegen sind transzendenter Natur.

Lässt man die Traktrix um die y-Achse rotieren, entsteht eine Pseudosphäre (also ein Körper mit konstanter negativer Krümmung). Ein Gebiet der nichteuklidischen Geometrie übrigens.

Interessant ist zudem, dass die "Evolute" (Krümmungsmittelpunktskurve) der Traktrix auch ihre "Enveloppe" (Hüllkurve) ist. Als Ausgangskurve wiederum ist die Traktrix selbst eine "Evolvente" (Abwicklungkurve) der Evolute.

Kurven übrigens müssen nicht in jedem Punkt differenzierbar sein. Es gibt sogar solche, die zwar überall stetig, aber nirgends differenzierbar sind wie die Koch-Kurve (Koch'sche Schneeflocke). Damit betritt man aber die Gallerie der mathematischen Monster!

Noch weitere Kurven sind im Nexus der Traktrix zu diskutieren. Sie spielen in der Physik (Kinematik, Himmelsmechanik, Prinzip der minimalen Wirkung) eine bestimmte Rolle.

Gr. zg

Ge?ndert von zeitgenosse (24.05.07 um 08:08 Uhr)
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  #17  
Alt 24.05.07, 00:51
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Marco Polo Marco Polo ist offline
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Zitat:
Zitat von zeitgenosse Beitrag anzeigen
Nun muss es nicht immer eine Grössengleichung (wie die Ziolkowski-Gleichung) sein. Auch das Erkennen einer Funktion - und der damit verbundenen Problemstellung - ist für uns von Nutzen, z.B.:

y(x) = a * ln(a + sqrt(a^2 - x^2)/x) - sqrt(a^2 - x^2)

Was könnte das sein?

Die Problematik soll übrigens auf Claude Perrault zurückgehen.

Gr. zg
Ha, mit deinem Schleppkurven-Hinweis habe ich was gefunden.

http://de.wikipedia.org/wiki/traktrix

Kann ich mir darauf jetzt etwa was einbilden? Nö.

Grüssle,

Marco Polo
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  #18  
Alt 24.05.07, 01:23
zeitgenosse zeitgenosse ist offline
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Zitat:
Zitat von Marco Polo Beitrag anzeigen
Kann ich mir darauf jetzt etwa was einbilden?
Nur, wenn du es "schnallst".

Siehe den modifizierten Beitrag:

http://www.quanten.de/forum/showthre...p=882#poststop

Gr. zg
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  #19  
Alt 26.05.07, 03:54
zeitgenosse zeitgenosse ist offline
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Abschliessend zu der behandelten Funktionsgleichung der Traktrix möchte ich noch zwei weitere Kurven erwähnen, die in der Mechanik eine gewisse Bedeutung besitzen: Zykloide und Kettenlinie.

Eine Zykloide (Rollkreis) entsteht beim Abrollen eines Kreises, wenn dabei der Weg eines fixen Punktes auf dem Kreisumfang beobachtet wird (mit der Zykloide assoziiert ist auch die Brachistochrone, dazu später mehr):

http://www.geogebra.org/de/upload/fi...zykloiden.html

Die (gemeine) Zykloide schreibt sich in Parameterdarstellung und Radiantmaß (b = Bogenlänge) als:

x = r(b - sin b) | y = r(1 - cos b)

Diese Kurve spielt in der angewandten Wissenschaft eine historische Rolle (obwohl zunehmends in Vergessenheit geraten). So hat bereits Huygens ein Zykloidenpendel gebaut. Damit lässt sich eine "tautochrone Bewegung" realisieren. Die Tautochrone ist Teil der Zykloide:

http://schulen.eduhi.at/riedgym/phys...utochronie.htm

Ein Massenpunkt, der sich allein unter dem Einfluss der Schwerkraft und reibungslos bewegt, gelangt auf der Tautochrone immer in derselben Zeit zum tiefsten Punkt - unabhängig davon, wo der Startpunkt gewählt wird.

Mit Erstaunen habe ich gelesen, dass Melville in seinem literarischen Vermächtnis "Moby Dick" die Tautochroneneigenschaft der Zykloide erwähnt:

Auch für tiefsinnige mathematische Überlegungen ist dies der rechte Platz. Es war im linken Trankessel der "Pequod", wo mir, während ich emsig mit dem Seifenstein im Kreise herumfuhr, die bemerkenswerte Tatsache zum Bewußtsein kam, daß in der Geometrie alle Körper, die an einer Zykloide entlanggleiten, wie zum Beispiel mein Seifenstein, von jedem Punkt aus in der gleichen Zeit unten ankommen.

Bei Huygens ging es um die Frage, bei welcher Kurvenform die Schwingungsdauer unabhängig vom Auslenkwinkel wird. Huygens Zykloidenpendel war technisch aber nicht ausgereift. Erst 1839 baute der österreichische Ingenieur Stampfer in Lemberg eine Uhr mit funktionstüchtigem Zykloidenpendel (siehe Greiner, Theoretische Physik, Mechanik).

Zykloidenbögen werden auch für die Zahnflanken von Zahnrädern von Uhren verwendet (anstelle der sonst im Maschinenbau verwendeten Evolventen-Verzahnung):

http://www.schmuckunduhren.de/technik/zykloide.shtml

Fortsetzung folgt.

Gr. zg
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  #20  
Alt 27.05.07, 23:52
zeitgenosse zeitgenosse ist offline
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Nach der Tautochrone, soll auch die Brachistochrone (Kurve kürzester Fallzeit) nicht unerwähnt bleiben. Dazu gab es im im Jahre 1696 eine berühmte Aufgabenstellung von Joh. Bernoulli:

Welche Bahnkurve beschreibt ein Massenpunkt allein unter dem Einfluss der Schwerkraft, um in der kürzest möglichen Zeit von einem höher gelegenen Punkt zu einem tieferen zu gelangen, wenn der tiefere Punkt sich nicht direkt unter dem Ausgangspunkt befindet. Reibungskräfte werden vernachlässigt.

An der Lösung probierten sich erfolgreich Newton (anonym), Leibniz, l'Hospital, Tschirnhausen und natürlich die Gebr. Bernoulli selbst. Es geht die Rede, dass Newton das Brachistochrone-Problem innerhalb einer Nachtwache gelöst habe.

Joh. Bernoulli nahm zur Lösung Bezug auf das Fermat'sche Prinzip, wonach ein Lichtstrahl im Medium stets den kürzest möglichen Weg sucht. Ein Prinzip übrigens, das erneut in der ART auftaucht, wonach die Geodäte (bei Kräftefreiheit) der kürzeste Weg zwischen zwei Punkten in der Raumzeit ist. Dazu legte Bernoulli einen Polygonzug an, welcher sich an die gesuchte Brachistochrone anschmiegte. Bernoullis Lösungsweg entsprach damit einem physikalisch-geometrischen Ansatz. In dazu verwandter Weise hatte sich bereits Galilei mit dieser Frage prinzipiell auseinandergesetzt (ohne allerdings exakt zur richtigen Kurve zu finden). Es war aber bekannt, dass die ideale Bahnkurve zu Beginn möglichst steil abfallen würde, um dann irgendwie auszulaufen.

Das detaillierte Vorgehen findet man hier beschrieben:

http://matheplanet.com/matheplanet/n...nt.php?sid=353

http://www.matheraetsel.de/texte/FacharbeitChrBLP.pdf

Für uns ist im Kontext vor allem interessant, dass der direkte Weg (schiefe Ebene) zwischen zwei Punkten im Schwerefeld nicht der schnellste ist. Die zeitlich kürzeste Verbindung ist nur auf der Brachistochrone - die wiederum Teil der Zykloide ist - gegeben (das sollten sich die Konstrukteure der altmodischen "Kügelibahn" ins Stammbuch schreiben):

http://schulen.eduhi.at/riedgym/phys...istochrone.htm

Den obigen Vorteil macht man sich auch bei der Halfpipe zunutze.

p.s.
Und nun sage einer nochmals, dass es in der Physik nicht auch auf die Kenntnis und Anwendung elementarer Formeln ankomme. Selbstverständlich ist aber auch Intuition und Logik gefordert.

Deshalb folgt zur Anregung und Festigung der eigenen Fähigkeiten (Wusel, Uranor z.B.) die ultimative Schüleraufgabe:

Welche Endgeschwindigkeit besitzt ein reibungslos an einer Schraubenlinie herabgleitender Massenpunkt? Es genügt eine allg. Lösung ohne konkretes Zahlenbeispiel.

Gr. zg

Ge?ndert von zeitgenosse (28.05.07 um 00:34 Uhr)
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