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Quantenmechanik, Relativitätstheorie und der ganze Rest. Wenn Sie Themen diskutieren wollen, die mehr als Schulkenntnisse voraussetzen, sind Sie hier richtig. Keine Angst, ein Physikstudium ist nicht Voraussetzung, aber man sollte sich schon eingehender mit Physik beschäftigt haben.

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  #61  
Alt 11.09.15, 06:16
Benutzerbild von TomS
TomS TomS ist offline
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Registriert seit: 04.10.2014
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Standard AW: Das relativistische Zwillingsparadoxon

Zitat:
Zitat von Marco Polo Beitrag anzeigen
Wahrscheinlich verstehe ich dich falsch. Aber meines Wissens kann ich auch dann mit der SRT rechnen, wenn der Reisezwiling beschleunigt.
Das habe ich auch nie bestritten; ich denke, ich habe hier und in dem von mir verlinkten Beitrag sogar explizit darauf hingewiesen, dass die SRT durchaus mit Beschleunigungen umgehen kann.

Es ging um den Satz "Wenn ein Beobachter seine Uhr als Bezugssystem verwendet ...". Dies ist im Kontext des Zwillingsparadoxons i.A. nicht möglich, da die Eigenzeit des beschleunigten Zwillings (und mindestens einer ist immer beschleunigt) keine Koordinatenzeit in einem Inertialsystem definiert. Die Formulierung der SRT basiert jedoch auf Inertialsytemen, d.h. unbeschleunigten Bezugssystemen.

Man muss also
1) entweder einen Zwilling als ruhend voraussetzen, was eine unnötige Einschränkung bedeutet,
2) oder ein Inertialsystem einführen, innerhalb dessen beide Zwillinge gleichberechtigt beschrieben werden können

(1) ist der Standardweg, hat jedoch den großen Nachteil, dass es so aussieht, als ob es gerade die Tatsache wäre, dass ein Zwilling in einem Inertialsystem ruht während der andere das Inertialsystem wechselt, die zur Zeitdilatation führt. Das ist irreführend. Diese Inertialsysteme sind für die Zeitdilatation irrelevant! Ausschließlich relevant ist eine bezugssystemunabhängige, invariante Größe, die Differenz der Eigenzeiten.

Deswegen wähle ich (2) und führe ein gedachtes Inertialsystem ein, in dem beide Zwillinge beliebig bewegt und auch beschleunigt sein können. D.h. ich benutze keine der beiden Eigenzeiten als Koordinatenzeiten. Darüberhinaus sieht man sofort, dass auch für völlig beliebige Bewegungen die Beschleunigung (bzgl. eines Inertialsystems) nie relevant für die Berechnung der Zeitdilatation ist.

Zusammenfassend: die SRT kann mit Beschleunigungen umgehen; Eigenzeiten von beschleunigten Beobachtern entsprechen keinen Koordinatenzeiten von Inertialsystemen
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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
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  #62  
Alt 11.09.15, 09:55
Hawkwind Hawkwind ist offline
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Standard AW: Das relativistische Zwillingsparadoxon

Zitat:
Zitat von TomS Beitrag anzeigen
Deswegen wähle ich (2) und führe ein gedachtes Inertialsystem ein, in dem beide Zwillinge beliebig bewegt und auch beschleunigt sein können.
Wenn ich noch ergänzen darf: man kann auch nicht-inertiale Koordinatensysteme in der SRT einführen; ein bekanntes Bsp sind die Rindler-Koordinaten (gleichmäßig beschleunigtes Bezugssystem).

Das ist aber i.d.R. alles andere als "easy".
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  #63  
Alt 11.09.15, 10:18
Benutzerbild von TomS
TomS TomS ist offline
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Standard AW: Das relativistische Zwillingsparadoxon

Ich habe mir bisher verkniffen, das selbst anzusprechen ...

... ja, kann man tun, aber man hat damit sofort ein anderes Problem, nämlich dass dieses Koordinatensystem nicht mehr global gültig ist; anders gesagt, es deckt nur einen Teilbereich des gesamten Minkowskiraumes ab.

https://en.wikipedia.org/wiki/Rindler_coordinates

In unserem Beispiel des Zwillingsparadoxons "verschwindet" der auf der Erde zurückbleibende Zwilling B' hinter dem Rindler-Horizont des beschleunigten Zwillings B; letzterer hat also keine Möglichkeit, seine Eigenzeit T = seine Koordinatenzeit t zu benutzen, um sie mit der Eigenzeit T' des auf der Erde ruhenden Zwillings B' zu vergleichen; insbs. existieren für die Weltlinie von B' keine Koordinaten (t,x).

Um das Zwillingsparadoxon vernünftig zu diskutieren, benötigt man ein Koordinatensystem, das die Weltlinien beider Beobachter vollständig enthält. Das Rindler-Koordinatensystem leistet dies i.A. nicht.
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  #64  
Alt 11.09.15, 13:29
Harti Harti ist offline
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Standard AW: Das relativistische Zwillingsparadoxon

Hallo zusammen,
mir ist noch ein ganz anderer Gedanke gekommen.

Möglicherweise stehen das durch den Alterungsprozess bestimmte Alter der Zwillinge und die Bewegung der Zwillinge in Raum und Zeit garnicht in einem raumzeitlichen Zusammenhang.
Damit meine ich Folgendes: Der Alterungsprozess hat eine gewisse Dauer (Zeit), die dazu gehörige räumliche (geringfügige) Veränderung ist die körperliche Veränderung der Zwillinge (z.B. Körperwachstum, wenn sie bei der Abreise noch jung sind).
Dies liefe darauf hinaus, dass für das Alter der Zwillinge allein ihre jeweilige Eigenzeit maßgebend wäre und relativistische Effekte aus der Reise des Reiszwillings keine Rolle spielen würde.
Was meint ihr dazu ?
MfG
Harti
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  #65  
Alt 11.09.15, 13:48
Benutzerbild von JoAx
JoAx JoAx ist offline
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Beitr?ge: 4.324
Standard AW: Das relativistische Zwillingsparadoxon

Zitat:
Zitat von Harti Beitrag anzeigen
...
Was meint ihr dazu ?
Mit anderen Worten - der menschliche Alterungsprozess unterliegt keinen physikalischen Gesetzen.

Korrekt?
__________________
Gruß, Johann
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Eine korrekt gestellte Frage beinhaltet zu 2/3 die Antwort.
------------------------------------------------------------

E0 = mc²
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  #66  
Alt 11.09.15, 14:03
Benutzerbild von TomS
TomS TomS ist offline
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Registriert seit: 04.10.2014
Beitr?ge: 3.124
Standard AW: Das relativistische Zwillingsparadoxon

Zitat:
Zitat von Harti Beitrag anzeigen
Möglicherweise stehen das durch den Alterungsprozess bestimmte Alter der Zwillinge und die Bewegung der Zwillinge in Raum und Zeit gar nicht in einem raumzeitlichen Zusammenhang.
Zunächst ist das so: jeder altert für sich alleine vor sich hin, unabhängig vom anderen; maßgeblich für das Altern ist die die jeweilige Eigenzeit eines Zwillings, abgelesen auf seiner eigenen, mitgeführten Uhr; die Uhr bzw. Eigenzeit des anderen ist irrelevant.

Zitat:
Zitat von Harti Beitrag anzeigen
Der Alterungsprozess hat eine gewisse Dauer (Zeit), die dazu gehörige räumliche (geringfügige) Veränderung ist die körperliche Veränderung der Zwillinge (z.B. Körperwachstum, wenn sie bei der Abreise noch jung sind).
Ja.

Besser: Der Alterungsprozess dauert eine gewisse Eigenzeit, abgelesen auf einer mitgeführten Uhr; die dazu gehörige Veränderung ist die körperliche Veränderung der Zwillinge (z.B. Körperwachstum, wenn sie bei der Abreise noch jung sind).

Zitat:
Zitat von Harti Beitrag anzeigen
Dies liefe darauf hinaus, dass für das Alter der Zwillinge allein ihre jeweilige Eigenzeit maßgebend wäre ...
Ja, wenn dieses Alter in ihrer jeweiligen Eigenzeit gemessen wird.

Ein Zwilling, der 10 Jahre unterwegs ist - gemessen auf seiner mitbewegten Uhr - altert körperlich um zehn Jahre (der andere, der 20 Jahre unterwegs ist, altert um 20 Jahre)

Zitat:
Zitat von Harti Beitrag anzeigen
Was meint ihr dazu ?
Soweit richtig.

Aber dennoch können beide Zwillinge nach der Reise unterschiedlich alt sein, d.h. wenn sie ihr Alter, d.h. ihre Eigenzeiten vergleichen, dann stellen sie Abweichungen fest.

******

Ganz einfaches Beispiel:

Ein Zwilling reist direkt von München nach Hamburg. Der andere reist von München zunächst nach Berlin und dann nach Hamburg. In Hamburg vergleichen beide den Kilometerstand ihrer Autos und stellen fest, dass sie unterschiedlich weit gefahren sind.

Soweit einverstanden?
__________________
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  #67  
Alt 11.09.15, 15:43
Plankton Plankton ist offline
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Standard @TomS

Zitat:
Zitat von TomS Beitrag anzeigen
...
Soweit einverstanden?
Ich bin zwar nicht gemeint, aber das möchte ich kurz sagen: wunderschöne Ausführungen!
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  #68  
Alt 11.09.15, 17:34
Harti Harti ist offline
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Standard AW: Das relativistische Zwillingsparadoxon

Hallo JoAx,
Zitat:
Zitat von JoAx Beitrag anzeigen
Mit anderen Worten - der menschliche Alterungsprozess unterliegt keinen physikalischen Gesetzen.

Korrekt?
Nein so war meine Äußerung nicht gemeint.
Man könnte eher sagen, die Reise bzw. das Daheimbleiben der Zwillinge und der Alterungsprozess sind verschiedene raumzeitliche Vorgänge, die in keinem kausalen Zusammenhang stehen.
Dies würde allerdings bedeuten, dass beide biologisch gleichmäßig altern, egal ob sie zuhause bleiben oder verreisen.

MfG
Harti
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  #69  
Alt 12.09.15, 08:52
Harti Harti ist offline
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Standard AW: Das relativistische Zwillingsparadoxon

Hallo TomS
Zitat:
Zitat von TomS Beitrag anzeigen
Aber dennoch können beide Zwillinge nach der Reise unterschiedlich alt sein, d.h. wenn sie ihr Alter, d.h. ihre Eigenzeiten vergleichen, dann stellen sie Abweichungen fest.
Soweit einverstanden?
Grundsätzlich einverstanden; aber ist das Paradoxon, der Widerspruch damit wirklich aufgeklärt ?

Ich gehe davon aus, dass man ein paradoxes Ergebnis immer dann erhält, wenn in den den Annahmen ein Widerspruch versteckt ist.
Könnte es sein, dass man beim Zwillingsparadoxon zwei raumzeitliche Vorgänge, die in keinem Zusammenhng stehen, miteinander vermengt.
1) Biologischer Alterungsprozeß für beide Zwillinge gleich:
zeitlich: Dauer der Reise (Eigenzeit)
räumlich: 20 cm Wachstum ( Zwillinge befanden sich gerade in einem
pubertären Wachtumsschub)

2) Reise:
zeitlich: Reisedauer für beide Zwillinge aus ihrer Sicht jeweils verschieden;
aus Sicht des Erdzwillings und objektiv für Reisezwilling kürzer,
weil er sich auch räumlich verändert.

Die (unzulässige) Gleichsetzung von Alter nach Ziff. 1) und Reisedauer nach Ziff. 2) erzeugt dann den Widerspruch ???

MfG
Harti
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  #70  
Alt 12.09.15, 09:32
Benutzerbild von TomS
TomS TomS ist offline
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Standard AW: Das relativistische Zwillingsparadoxon

Zitat:
Zitat von Harti Beitrag anzeigen
Grundsätzlich einverstanden; aber ist das Paradoxon, der Widerspruch damit wirklich aufgeklärt ?
Es gibt und gab nie ein Paradoxon. Es gibt zwei Zwillinge mit unterschiedlichen Weltlinien durch die Raumzeit, entlang derer jeweils unterschiedliche Eigenzeit vergeht.

Es gibt auch kein Paradoxon, dass unterschiedliche Reiserouten von München nach Hamburg unterschiedlich lang sind. Und die geometrischen Argumente sind tatsächlich fast identisch!

Das dumme ist, dass einem zunächst ein sogenanntes Paradoxon und anschließend eine teilweise unzureichende Auflösung präsentiert wird.
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