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  #81  
Alt 25.04.15, 21:59
RoKo RoKo ist offline
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Standard AW: Frontalangriff auf die wissenschaftliche Methode

Zitat:
Zitat von TomS Beitrag anzeigen
..

Schau dir mal einen Zustand eines einziges isolierten Elektrons an, der an zwei Stellen im Ortsraum gepeaked ist:

|Elektron hier> + |Elektron dort>

Wir haben ein Elektron!
Genau genommen haben wir ein Elektron, dessen Zustand eine Superposition der Teilzustände |hier> + |dort> ist. Korrekter wäre es deshalb zu schreiben: |Psi (Elektron)> =|hier> + |dort>
Zitat:
Jetzt schauen wir uns einen Zustand an, der gemäß unitärer Zeitentwicklung und Dekohärenz gemäß der Standard-QM aus Messung und Verschränkung mit der Umgebung folgt:

|Elektron hier, detektiert hier, ...> + |Elektron dort, registriert dort, ...>
Spätestens hier hätten wir bereits zwei Elektronen, wenn sie den gleichzeitig hier und dort registriert würden. Eine solche Elektronen-Verdoppelung hat jedoch noch nie jemand beobachtet.
Zitat:
Dann zeige dich bitte mal, an welcher Stelle aus dem Formalismus folgt, dass sich die Energie verdoppelt.
Wenn man den Formalismus ohne Berücksichtigung der Bornregel so anwendet wie Du, dann verdoppelt man das Elektron - und damit auch dessen Ladung, Masse und Energie. Denn du behauptest ja, dass beide "Zweige" gleichermaßen real sind; auch wenn diese Zweige sich nicht mehr gegenseitig beeinflussen können.
Wendet an hingegen zusätzlich die Born-Regel an (was normale Physiker tun), dann ergibt sich automatisch, dass der Term "|Elektron hier, detektiert hier, ...> + |Elektron dort, registriert dort, ...>" schlicht falsch ist. Richtig ist vielmehr
|Psi(Elektron)*Psi(Messgerät)> = |hier, gemessen hier> + |dort, nicht gemessen dort>
Zitat:
Nein, sie verwechseln das durchaus nicht. Sie behaupten lediglich, dass der Zustand die Realität beschreibt. Das ist eine zulässige philosophische Position, genannt Realismus (ich denke, ursprünglich Platonismus).
Wenn man Philosophie betreiben will, dann muß man sich zunächst um Begriffe kümmern und diese konsequent und konsistent anwenden. Im obigen Beispiel ist das Elektron das Element der Realität und Psi ist der variable Zustand dieses Elektrons, also eine Eigenschaft des Elektrons. Über diesen variablen Zustand hinaus hat das Elektron noch weitere, konstante Eigenschaften wie Ladung und Masse. Die Energie des Elektrons (ebenfalls eine Eigenschaft) steckt in dessen variablen Zustand. Die von mir bevorzugte Schreibweise " |Psi (Elektron)> =|hier> + |dort>" meint deshalb in Worten:
Der variable Zustand (=Psi) des Elektrons befindet sich bezüglich möglicher Wechselwirkungsorte in einer Überlagerung von "hier" und "dort". Man beachte bitte, das "Ort" (im Sinne eines definierten Punktes) keine Eigenschaft des Elektrons ist.
Am Rande: Die Eigenschaft "Ort" ist eine emergente Eigenschaft, die näherungsweise erst Atomen zukommt. Das liegt daran, dass sich ein atomgebunenes Elektron und ein atomgebundenes Proton gegenseitig variable Zustände aufzwingen, die man grob als kugelsymmetrisch mit einenem gemeinsamen Mittelpunkt bezeichen könnte. Richtig manifest wird die Eigenschaft Ort jedoch erst mit Festkörpern, wo sich die Atome untereinander auch noch näherungsweise fixe Abstände aufzingen.
Zitat:

Es ist korrekt, dass man andere Positionen einnehmen kann, und dass das Messproblem dann letztlich dadurch verschwindet, dass man es ignoriert (der Formalismus funktioniert praktisch; warum das so ist und welchen Bezug er zur Realität hat, ist irrelevant). Diese Haltung ist natürlich philosophisch ebenfalls möglich, jedoch (für mich) unbefriedigend.
Dem stimme ich voll zu..
Zitat:
Wenn man also eine realistische Haltung einnehmen möchte und dem Quantenzustand zuspricht, dass er "die Realität repräsentiert", dann gibt es nur die Möglichkeit, die Everettsche Interpretation zu akzeptieren.
..aber wie bereits von de Broglie und Bohm gezeigt, gibt es auch andere realistische Möglichkeiten, welche die Zumutungen der VWI vermeiden.
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mit freundlichem Gruß aus Hannover

Unendliche Genauigkeit ist eine Illusion
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  #82  
Alt 25.04.15, 22:31
RoKo RoKo ist offline
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Standard AW: Frontalangriff auf die wissenschaftliche Methode

Was sagt uns E=E1=E2? (Siehe Seite 3, drei Zeilen unterhalb Gleichung (9))
Mir sagt es, dass die Erwartungswerte für die Energie des Gesamtsystems gleich den Erwartungswerten in "Zweig 1" und in "Zweig 2" sind. Also können wir nur Erwarten, sie in Zweig 1 oder in Zweig 2 zu finden.
__________________
mit freundlichem Gruß aus Hannover

Unendliche Genauigkeit ist eine Illusion
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  #83  
Alt 26.04.15, 09:15
Timm Timm ist offline
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Standard AW: Frontalangriff auf die wissenschaftliche Methode

Zitat:
Zitat von RoKo Beitrag anzeigen
Was sagt uns E=E1=E2? (Siehe Seite 3, drei Zeilen unterhalb Gleichung (9))
Mir sagt es, dass die Erwartungswerte für die Energie des Gesamtsystems gleich den Erwartungswerten in "Zweig 1" und in "Zweig 2" sind. Also können wir nur Erwarten, sie in Zweig 1 oder in Zweig 2 zu finden.
Direkt darunter steht:

"Informally, we may say that if the other universes are inaccessible, they cannot be sources or sinks of energy".

Das scheint mir das entscheidende Argument zu sein, das der Energievermehrung entgegen gehalten wird. Wobei mir nicht klar ist, weshalb man die Summe der Erwartungswerte bemüht. Geht es denn nicht eigentlich um die Energieeigenwerte?
__________________
Der Verstand schafft die Wahrheit nicht, sondern er findet sie vor - Aurelius Augustinus
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  #84  
Alt 26.04.15, 09:59
Benutzerbild von TomS
TomS TomS ist offline
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Standard AW: Frontalangriff auf die wissenschaftliche Methode

Zitat:
Zitat von RoKo Beitrag anzeigen
Genau genommen haben wir ein Elektron, dessen Zustand eine Superposition der Teilzustände |hier> + |dort> ist. Korrekter wäre es deshalb zu schreiben: |Psi (Elektron)> =|hier> + |dort>
Ja, deine Notation ist exakter.

Zitat:
Zitat von RoKo Beitrag anzeigen
Spätestens hier hätten wir bereits zwei Elektronen, wenn sie den gleichzeitig hier und dort registriert würden. Eine solche Elektronen-Verdoppelung hat jedoch noch nie jemand beobachtet.
Messung und Beobachtung finden in zwei durch Dekohärenz "wechselweise unsichtbaren Zweigen" statt.

Zitat:
Zitat von RoKo Beitrag anzeigen
Wenn man den Formalismus ohne Berücksichtigung der Bornregel so anwendet wie Du, dann verdoppelt man das Elektron - und damit auch dessen Ladung, Masse und Energie. Denn du behauptest ja, dass beide "Zweige" gleichermaßen real sind; auch wenn diese Zweige sich nicht mehr gegenseitig beeinflussen können.
Ich hatte dich schon mal gebeten, aus dem Formalismus abzuleiten, wir du zu dieser Behauptung kommst.

Der Gesamtzustand entwickelt sich formal gemäß der unitären Zeitentwicklung

|psi,t> = exp(-iHt) |psi,0>

Wenn [H,Q] = 0, dann ist jede Ladung Q erhalten. Trivialerweise ist wegen [H,H] = 0 auch die Energie erhalten. Wenn |psi> ein Eigenzustand zu H und/oder Q ist, bleibt auch diese Eigenschaft erhalten. Demnach ist die Erhaltung der Gesamtenergie und -Ladung formal über alle Zweige hinweg trivial. Da die VWI nichts anderes behauptet, als dass die unitäre Zeitentwicklung universell gilt, kann aus dem Formalismus selbst keine Verletzung der Energieerhaltung folgen. Stimmst du mir bis hierher zu?

Der makroskopische Zustand des Gesamtsystems entwickelt sich unter exp(-iHt) von

|psi,0> = (|a> + |b>) * |0, ...>

nach

|psi,t> = |a,A,...> + |b,B,...>

"a" steht für eine mikroskopische Eigenschaft des Quantensystems, z.B. "Spin up" in einem Stern-Gerlach-Experiment (in dem auch eine Lokalisierung resultiert), oder andere Systeme. "0" steht für den initialen Zustand des Messgerätes, in dem Quantenobjekt und Messgerät noch isoliert sind. "A" steht für die Freiheitsgrade des Messgerätes, die später diese Eigenschaft "a" anzeigen. "..." steht für die Umgebungsfreiheitsgrade. Diese Entwicklung des Gesamtsystems folgt entsprechend des Standard-Formalismus aus der Dekohärenz und ist in bestimmten Fällen auch experimentell abgesichert (Nobelpreis 2012). Stimmst du mir dabei zu?

Nun nennen wir die Komponente |a,A,...>, in der das Elektron mit Eigenschaft "a" detektiert wird, d.h. in der das Messgerät einer "Zeigerzustand" |A> einnimmt, einen "Zweig". Nur durch diese Namensgebung ändern wir jedoch nichts am Formalismus, führen also keine Inkonsistenz ein. Stimmst du mir bisher zu?

Nochmal zurück zum initialen Zustand; in diesem sind beide "Zweige" bereits angelegt:

|psi,0> = |a> * |0,...> + |b> * |0,...>

Es findet also formal keine Verzweigung im eigentlichen Sinne statt. Die mikroskopisch unterschiedlichen Eigenschaften "a" bzw. "b" werden lediglich makroskopischen "Objekten" wie Messgeräten "eingeprägt". Demnach existiert formal keine Verdoppelung von Zweigen, Objekten und deren Eigenschaften wie Energie, Ladung usw. statt. Stimmst du mir zu?

Bis hier her habe ich nichts aufgeführt, worin sich die orthodoxe QM und die Everettsche QM formal voneinander unterscheiden. Die bisherige Argumentation ist in beiden streng gültig.

1) Der wesentliche Unterschied besteht nun darin, dass die orthodoxe QM in formal nicht definierbaren Fällen = willkürlich Wechselwirkungen eines Quantensystemes mit einem makroskopischen System als "Messung" bezeichnet und einen Kollaps von

|psi,t> = |a,A,...> + |b,B,...>

nach

|psi',t> = c * |a,A,...>

postuliert. D.h. bei t wird zufällig ein Zweig ausgewählt und bestimmt fortan das Geschehen, alle anderen verschwinden. Die Wsk. für diesen gewählten Zweig folgt aus <a,A,...|a,A,...>. Der neue Zustand muss noch geeignet normiert werden, daher der Faktor c.

2) Die Everettsche QM tut nichts dergleichen. Sie führt kein neues Element oder Postulat in die Theorie ein sondern geht auch im Zuge dieser "Messung" von einer Wechselwirkung entsprechend exp(-iHt) aus. Demnach führt sie hier formal sicher keine Inkonsistenz ein. Stimmst du mir hier zu?

Wenn also formal dieses von dir genannte Problem der Verletzung der Energieerhaltung bis hierher nicht existiert, dann muss es aus einer inkonsistenten Anwendung oder Interpretation des Formalismus stammen. Wenn wir bis jetzt einig sind, können wir uns dieser weiteren Anwendung zuwenden. Ansonsten müssen wir nochmal über den Formalismus diskutieren.

Zitat:
Zitat von RoKo Beitrag anzeigen
Wendet an hingegen zusätzlich die Born-Regel an (was normale Physiker tun), dann ergibt sich automatisch, dass der Term "|Elektron hier, detektiert hier, ...> + |Elektron dort, registriert dort, ...>" schlicht falsch ist. Richtig ist vielmehr
|Psi(Elektron)*Psi(Messgerät)> = |hier, gemessen hier> + |dort, nicht gemessen dort>
Ja, wenn man das Kollaps-Postulat fordert, dann ist das das Ergebnis. Die VWI lehnt das Kollaps-Postulat ab.
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  #85  
Alt 26.04.15, 10:28
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TomS TomS ist offline
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Standard AW: Frontalangriff auf die wissenschaftliche Methode

Zitat:
Zitat von Timm Beitrag anzeigen
Geht es denn nicht eigentlich um die Energieeigenwerte?
Nein, um die geht es in der Everettschen Interpretation zunächst nicht.

Ich denke, ich hatte die Axiome der QM oben schon mal aufgeführt. Die Axiome der QM besagen, dass
1) ein separabler Hilbertraum vorliegt, in dem physikalische Zustände durch eindimensionale Unterräume beschrieben werden
2) physikalische Observablen mittels selbstadjungierter Operatoren beschrieben werden
3) die Zeitentwicklung eines Systems aus U(t) = exp(-iHt) folgt; bzw. äquivalent der Schrödingergleichung folgt
(dazu käme noch das Projektionspostulat, das die orthodoxe QM von der Everettschen unterscheidet)

Das Projektionspostulat der orthodoxen QM gehört also nicht zu den Axiomen der Everettschen QM. D.h. letztere fordert nicht, dass im Zuge einer Messung der Zustand in einen Eigenzustand kollabiert, und sie fordert demzufolge auch nicht, dass in diesem aus der Messung resultierenden Zustand ein Eigenwert vorliegt.

Gemäß der Dekohärenz folgt die Selektion der Eigenzzstände und Eigenwerte durch Wechselwirkung mit der Umgebung ("einselection" = environmental induces selection) *). Die Dynamik des Systems führt dazu, dass sich der Gesamtzustand näherungsweise als Summe von Eigenzständen schreiben lässt. Gemäß der Dekohärenz bleibt diese Summe erhalten. Der Eigenzustand spielt dann eine untergeordnete Rolle; es handelt sich näherungsweise um "deinen lokalen Zweig", "innerhalb dessen" nur diese eine Komponente des Zustandes "sichtbar" ist; deshalb kann ein Beobachter diesen "seinen" Zweig effektiv verwenden und damit so arbeiten wie in der orthodoxen QM. Insofern folgt die Relevanz der Eigenzustände und Eigenwerte aus der Dynamik und dem "Einnehmen der Froschperspektive".

(*) http://arxiv.org/abs/quant-ph/0105127
Zitat:
Zitat von Zurek
Decoherence is caused by the interaction with the environment. Environment monitors certain observables of the system, destroying interference between the pointer states corresponding to their eigenvalues. This leads to environment-induced superselection or einselection, a quantum process associated with selective loss of information. Einselected pointer states are stable. They can retain correlations with the rest of the Universe in spite of the environment. Einselection enforces classicality by imposing an effective ban on the vast majority of the Hilbert space, eliminating especially the flagrantly non-local "Schr\"odinger cat" states. Classical structure of phase space emerges from the quantum Hilbert space in the appropriate macroscopic limit: Combination of einselection with dynamics leads to the idealizations of a point and of a classical trajectory. In measurements, einselection replaces quantum entanglement between the apparatus and the measured system with the classical correlation
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Ge?ndert von TomS (26.04.15 um 10:32 Uhr)
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  #86  
Alt 26.04.15, 10:53
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TomS TomS ist offline
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Standard AW: Frontalangriff auf die wissenschaftliche Methode

Zitat:
Zitat von RoKo Beitrag anzeigen
Was sagt uns E=E1=E2? (Siehe Seite 3, drei Zeilen unterhalb Gleichung (9))
Mir sagt es, dass die Erwartungswerte für die Energie des Gesamtsystems gleich den Erwartungswerten in "Zweig 1" und in "Zweig 2" sind. Also können wir nur Erwarten, sie in Zweig 1 oder in Zweig 2 zu finden.
Das ist eine völlig korrekte Aussage im Kontext der orthodoxen Interpretation.

Everett et al. interpretieren diese Gleichungen (7 - 9) anders. Aus der globalen Perspektive des Gesamtzustandes liegt die Energie E vor. Aus der lokalen Perspektive eines "Zweiges i=1,2" erscheint es so, als ob diese Energie Ei = E in diesem Zweig vorläge. Der wesentliche Punkt ist der Normierungsfaktor im Nenner in Gleichung (8); deswegen sprach Everett auch von "relative States".

Die Everettsche Interpretation enthält keinen Kollaps, keine Bornsche Regel, keine Wahrscheinlichkeiten und daher auch keine Erwartungswerte auf fundamentaler, formaler Ebene. In ihrem Kontext ist es daher falsch, zu sagen "wir können erwarten ...". Damit will ich nicht sagen, dass deine o.g. Sichtweise falsch ist. Sie ist lediglich im Kontext der Everettschen Interpretation sinnlos.
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  #87  
Alt 26.04.15, 16:20
RoKo RoKo ist offline
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Standard AW: Frontalangriff auf die wissenschaftliche Methode

Hallo TomS,

Zitat:
Zitat von TomS Beitrag anzeigen
..
2) Die Everettsche QM tut nichts dergleichen. Sie führt kein neues Element oder Postulat in die Theorie ein sondern geht auch im Zuge dieser "Messung" von einer Wechselwirkung entsprechend exp(-iHt) aus.
Genau bis hier stimme ich all deinen Ausführungen mit einer Ausnahme zu.
Ich stimme auch deiner Antwort an Timm weitgehend zu. Der Text von Zurek ist mir ebenso bekannt, wie alle Texte von Zeh, die über seine Homepage verfügbar sind. Ferner habe ich auch Texte von Schlosshauer und Joos gelesen usw.

Der Streit geht um diesen Satz:
Zitat:
..Demnach existiert formal keine Verdoppelung von Zweigen, Objekten und deren Eigenschaften wie Energie, Ladung usw. statt. ..
Betrachten wir deshalb nochmals den Vorgang genauer.

(1) Was genau ist Psi?

Psi steht hier für den variablen Zustand eines Quantensystems. In diesem variablen Zustand ist die Energie des Systems enthalten.

(2) Was ist Energie?

Physikalisch ist Energie die Fähigkeit, Arbeit zu verrichten.
Naturphilosophisch ist Energie diejenige Eigenschaft, über die jedes physikalische System verfügt - im Unterschied zu z.B. Zahlen und gedanklichen Konstrukten.

Erste Schlussfolgerung: Psi ist kein gedankliches Konstrukt. Die Kopenhagener Intepretation (Zeilinger: "Psi existiert nur in unserem Kopf") ist daher naturphilosophisch absurd.

(3) Was beschreibt |psi,t> = exp(-iHt) |psi,0>?

Diese Gleichung beschreibt die unitäre zeitliche Entwicklung des variablen Zustandes, in dem die Energie, also die Fähigkeit, Arbeit zu verrichten, enthalten ist.

Diese Gleichung beschreibt daher die zeitliche Entwicklung einer Fähigkeit.

(4) Was ist |psi|²?

|psi|² beschreibt die Intensität des variablen Zustandes.

(5) Was ist ein Quantum im Sinne der Quantenphysik?

Ein Quantum ist die kleinste, unteilbare Menge von etwas; genauso, wie 1 Cent die kleinste unteilbare Menge Geld ist. Ergibt sich in einer Rechnung ein Bruchteil eines Quants, dann muss in einer Bilanz auf- und abgerundet werden.

(6) Was bedeutet "Normierung"?

Mit der Normierung wird die Fähigkeit, Arbeit zu verrichten gleich 1 gesetzt.

(7) Was bedeutet |psi> = (a|a> + b|b>)?

Der variable Zustand psi befindet sich in einer Superposition der Zustände a und b mit den Vorfaktoren a und b. Diese sollte man nicht ausser acht lassen.

(8) Was bedeutet z.B. 1 Quantum =0,65 Quantum + 0,35 Quantum in einer quantenphysikalischen Rechnung?

Diese Gleichung stellt einen Widerspruch zur Quantentheorie dar, weil ein Quant eben unteilbar ist. Dieser Widerspruch kann nur aufgelöst werden, wenn man die Brüche als Wahrscheinlichkeit interpretiert, dass eine Quantum im linken oder rechten Zweig der Gleichung zu finden.

(9) Wann tritt dieser Widerspruch auf?

Solange psi die zeitliche Entwicklung einer Fähigkeit beschreibt, also bei Interaktionen mit anderen Systemen keine Arbeit verrichtet wird, tritt dieser Widerspruch nicht auf.

(10) Was bedeutet das für Dekohärenz bzw. Verschränkung ?

Solange keine Arbeit verrichtet wird, lassen sich Systeme beliebig miteinander verschränken. Trifft ein System mit |Psi> =(|a> + |b>)
auf weitere Systeme |S1>..|Sn>, dann ergibt sich lediglich
|Psi_gesamt> =(|a> + |b>)*|S1>*..*|Sn>
Für entsprechende Experimente hat man sich dann auch schonmal den Nobelpreis verdient.

(11) !!!! Im Falle einer Messung oder einer Interaktion, bei der Arbeit verrichtet wird, hat man jedoch einen anderen Fall:

|psi,0> = (|a> + |b>) * |0, ...> führt nicht zu |psi,t> = |a,A,...> + |b,B,...>

Hier wird an einem zweiten Sytem, dass sich vorher im Grundzustand |0> befand, Arbeit verrichtet. D.h aus |0> wird |A> xor |B> durch einen Energieumwandlungsprozess.

Ganz eindeutig ist dies im Falle von Lichtquanten, die durch einen Photomultiplierer detektiert werden. Wäre die VWI-Annahme richtig, dann würde |0> = |A> + |B> gelten, was aber nur mit zwei oder mehr Lichtquanten möglich ist.

Ziemlich klar ist dies auch im Falle eines Stern-Gerlach-Versuches, wenn man ihn mit einzelnen Silberatomen durchführt. In allen anderen Fällen von Meßgeräten wird man den Beschreibungen des Herstellers entnehmen können, warum es so ist.

(12) Bedeutet das nun einen "Kollaps" der Wellenfunktion?

Nein. Wenn die Interaktion beendet ist, dann haben wir lediglich
|Psi_gesamt> =(|a> + |b>)*(|A> xor |B>). Da ist nichts verschwunden oder kollabiert. Je nach dem, ob |A> oder |B> vorliegt, hat sich jedoch |a> oder |b> als Träger der Energie erwiesen und den Rest brauchen wir nicht weiter zu beachten.
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  #88  
Alt 26.04.15, 18:29
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Standard AW: Frontalangriff auf die wissenschaftliche Methode

Sorry wenn ich das so sage, aber das ist eine Strohmann-Diskussion, die du hier führst.

Ich habe eine recht präzise Darstellung der VWI angeführt, und speziell zu deinen "Verdoppelungsargument" habe ich einen Artikel von Wilczek verlinkt. Du gehst aber weder auf meine Darstellung noch auf Wilczek ein, sondern du kritisierst eine Darstellung, die ich so nie angeführt habe. Was soll ich dir jetzt darauf antworten?
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Ge?ndert von TomS (26.04.15 um 19:02 Uhr)
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  #89  
Alt 26.04.15, 18:53
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Deine folgenden Ausführungen zeigen mir, dass du den Formalismus der QM nicht wirklich verstanden hast (und dass es daher schwierig ist, über dessen Interpretationen zu diskutieren)

Zitat:
Zitat von RoKo Beitrag anzeigen
Physikalisch ist Energie die Fähigkeit, Arbeit zu verrichten.
Ist so im Kontext der QM nicht der Fall. Energie ist eine spezielle Erhaltungsgröße, die durch einen selbstadjungierten Operator H dargestellt wird, der außerdem in U(t) = exp(-iHt) die zeitliche Entwickung des Systems bestimmt. Der Begriff Arbeit wird nicht verwendet.

Zitat:
Zitat von RoKo Beitrag anzeigen
|psi|² beschreibt die Intensität des variablen Zustandes.
Was genau meinst du hier? Das Absolutquadrat des Zustandes? Das ist eine Konstante und bedeutungslos. Oder die Wellenfunktion? Die betrachte ich hier nicht.

Zitat:
Zitat von RoKo Beitrag anzeigen
Ein Quantum ist die kleinste, unteilbare Menge von etwas; genauso, wie 1 Cent die kleinste unteilbare Menge Geld ist. Ergibt sich in einer Rechnung ein Bruchteil eines Quants, dann muss in einer Bilanz auf- und abgerundet werden.
Ich verwende den Begriff Quantum nicht (und auch niemand anders, der die VWI diskutiert); ist also bedeutungslos.

Zitat:
Zitat von RoKo Beitrag anzeigen
Mit der Normierung wird die Fähigkeit, Arbeit zu verrichten gleich 1 gesetzt.
Sorry, das ist Quatsch.

Zitat:
Zitat von RoKo Beitrag anzeigen
Der variable Zustand psi befindet sich in einer Superposition der Zustände a und b mit den Vorfaktoren a und b. Diese sollte man nicht ausser acht lassen.
Das tut auch niemand.

Zitat:
Zitat von RoKo Beitrag anzeigen
Was bedeutet z.B. 1 Quantum =0,65 Quantum + 0,35 Quantum in einer quantenphysikalischen Rechnung?

Diese Gleichung stellt einen Widerspruch zur Quantentheorie dar, weil ein Quant eben unteilbar ist.
Diese Gleichung hast du dir ausgedacht. Daher ist sie ebenfalls irrelevant.

Die nächsten Sätze muss man eigtl. nicht kommentieren.

Zitat:
Zitat von RoKo Beitrag anzeigen
Im Falle einer Messung oder einer Interaktion, bei der Arbeit verrichtet wird, hat man jedoch einen anderen Fall:

|psi,0> = (|a> + |b>) * |0, ...> führt nicht zu |psi,t> = |a,A,...> + |b,B,...>

Hier wird an einem zweiten Sytem, dass sich vorher im Grundzustand |0> befand, Arbeit verrichtet. D.h aus |0> wird |A> xor |B> durch einen Energieumwandlungsprozess.

Ganz eindeutig ist dies im Falle von Lichtquanten, die durch einen Photomultiplierer detektiert werden. Wäre die VWI-Annahme richtig, dann würde |0> = |A> + |B> gelten, was aber nur mit zwei oder mehr Lichtquanten möglich ist ...
Das alles zeigt, dass du die Quantenmechanik nicht verstanden hast. Diese Argumentation hat wenig mit QM und nichts mit der VWI zu tun.

Darf ich fragen, welche physikalische Ausbildung du hast?

Die VWI kann man nur verstehen (und kritisieren, ablehnen oder akzeptieren) wenn man diesen Formalismus versteht. Die VWI nimmt diesen Formalismus extrem wörtlich und weist ihm sozusagen einen ontologischen Status zu, als direkte Repräsentation der Realität. Wenn du den Formalismus nicht korrekt verstehst und anwenden kannst, dann kannst du bzgl. der Everettschen QM nie ernsthaft kritisieren, was sie sagt, sondern nur, was du denkst, dass sie sagt. Das ist aber nicht notwendigerweise das selbe.
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Ge?ndert von TomS (26.04.15 um 19:12 Uhr)
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  #90  
Alt 27.04.15, 02:10
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JoAx JoAx ist offline
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Standard AW: Frontalangriff auf die wissenschaftliche Methode

@Rolf

Die Energieerhaltung, so, wie du sie hier anwenden möchtest, stammt aus klassischen (nicht quantenmechanischen) Theorie(en). Und hier muss man sich halt fragen, ob sie so ohne weiteres auf viele "Welten" übertragbar ist. Denn, wenn man schon die "Sprache" der VWI nutzen möchte, muss man schauen, wo und wie die klassische Energieerhaltung dort Platz findet. Man kann nicht einfach hin gehen und fordern, dass die Energie summiert über alle "Welten" erhalten bleibt. Genau so gut kann man fordern, dass die Anzahl der "Welt(en)" (also - immer nur eine) erhalten bleibt.

Wenn man also die (klassische) Energieerhaltung in der VWI fordern möchte, dann muss es innerhalb eines "Welt-Stranges" erfolgen. Alles andere ist doch trivial und brauch im Grunde gar nicht diskutiert werden.
__________________
Gruß, Johann
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Eine korrekt gestellte Frage beinhaltet zu 2/3 die Antwort.
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