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  #211  
Alt 03.08.07, 13:03
absolut absolut ist offline
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Blinzeln Glosse von Miriam R. Kosewitsch

ZEIT? BLOSS SO ZEIT?
Kurze Polemik gegen den Mißbrauch der modernen Physik (Kultur)
Glosse von Miriam R. Kosewitsch
veröffentlicht am 18.05.2007 im http://www.nensch.de/

„Zeit? Bloß so Zeit? Nein, mein Guter, das ist keine Teufelsware. Dafür verdienen wir nicht den Preis, dass das Ende uns gehöre. Was für 'ne Sorte Zeit, darauf kommts an!”
(Thomas Mann, Doktor Faustus)
Bloß so Zeit? Nein, natürlich nicht. Mit „Zeit, bloß so Zeit”, vor allem der Zeit nach Newton'scher Manier, die sich geradlinig durch einen unerbittlich dreidimensionalen Raum bewegte, geben wir uns schon längst nicht mehr zufrieden. Überhaupt Newton! Steht er uns nicht für ein hoffnungslos mechanistisches Weltbild, mit unabänderlich festgelegten Bewegungsabläufen, für eine vertrackte Vorstellbarkeit der Enge des Raumes und der Zeit, für unzeitgemäße Unflexibilität, erscheint unseren flinken Mäuseaugen Newtons Universum nicht wie ein massiver Käse ohne Schlupflöcher?
Das sieht nach Einstein, sagen wir und nicken uns getröstet zu, doch ganz anders aus. Die Schlupflöcher sind zahlreich und haben sogar einen Namen, Wurmlöcher heißen sie und wir, die Schiffsratten der Enterprise, sind bestens darüber informiert, dass es sich dabei um Expressrouten von einem Universum ins andere - und zum Glück auch immer wieder zurück - handelt. Mitleidig erinnern wir uns an die Altvorderen, die sich mit nur einem Universum zufrieden geben mussten, denn wir mögen die Endlichkeit nicht, empfinden sie als Zumutung, es kann die Spur von meinen Erdentagen nicht in Äonen untergehn murmeln wir auf nächtlicher Straße vor uns hin, richten den Blick zum gestirnten Himmel über uns und wissen: ein Blinzeln zu den Sternen ist ein Blinzeln in die Vergangenheit des Universums, die Spur aller Sterne, die wir sehen, ist nicht in Äonen untergegangen, fällt nach Millionen oder Milliarden von Lichtjahren (jedenfalls nach sehr langer Zeit) in unsere Augen, und obwohl viele der Sterne, die es aussandten, vielleicht gar nicht mehr dauern, verdanken sie dem Verständnis der modernen Physik doch eine Art ewiger Existenz. Und muss nicht, was für die Sterne gilt, auch für uns gelten? Sind wir nicht, je nachdem, von welchem fernen Stern in welcher fernen Galaxis aus uns jemand beobachtet, sichtbar von nun an bis in alle Ewigkeit - oder wenigstens bis ans Ende des Universums?
Verzeihung, was heißt hier überhaupt „Ende des Universums”? Erstens gibt es ja, zumindest in der Theorie, nicht nur eines - wer weiß, in wie vielen Paralleluniversen wir ein vervielfältigtes Dortsein führen? - sondern es kann auch von einem altmodischen „Ende” keine Rede sein; das Universum, haben wir irgendwo gelesen, explodiert und implodiert und explodiert, und ein Ende ist nicht nur nicht abzusehen, sondern es gibt gar keines; kein schwarzes Loch, dem der Kosmos nicht schließlich wieder entkommt.
Nur flüchtig geht uns der Gedanke durch den Kopf, dass ein mögliches Ende des Universums ob seines Stattfindens in postanthropischer Zukunft uns nicht weiter zu beunruhigen bräuchte; allen potenziellen Vergänglichkeiten zum Trotz jedoch tröstet uns der Gedanke, dass uns die Welt, wie wir sie kennen, die Option zu ewigem Fortleben, wenigstens im Prinzip, zu bieten scheint; wir brauchen keine außerweltlichen, numinosen, okkulten, beängstigenden Perspektiven mehr zu bemühen, alles, von unserem höchstpersönlichen und endgültigen Verschwinden abgesehen, scheint möglich in diesem unserem Kosmos, und alles irgendwie jetzt und irgendwie hier.
Und wie gut, seufzen wir erleichtert auf und schalten den Fernseher ab nach der Alpha-Centauri-Sendung, dass wir in der Post-Newton-Ära jeder unser eigenes Jetzt und unser eigenes Hier zu gefälliger Verfügung bekommen haben! Es soll sich nur niemand unterstehen, zu glauben, er wisse etwas über unseren Raum und unsere Zeit! Non datur. Mit dem Beweis sind wir schnell bei der Hand: Erstens, so belehren wir den antiindividualistischen Fünfjahresplaner im Internetforum, gibt es Zeit und Raum nur im Doppelpack, als Raumzeit nämlich, und zweitens ist diese abhängig sowohl vom Standort als auch von der Geschwindigkeit des Beobachters: Eine gegenüber einem System bewegte Uhr geht gegenüber dessen Uhren, an denen sie vorbeizieht, langsamer, zitieren wir Einstein und klären diesen Netz-Hinterwäldler darüber auf, dass wir als biologische Entität ja nun wirklich und wahrhaftig - nämlich theoretisch genau genommen - nichts anderes sind als bewegte Systeme. Also, tippen wir abschließend und nicht ohne Triumph in den Fingerspitzen, ist die neue Raumzeit etwas dezidiert Individuelles und wir für unseren Teil sind froh, dass wir die kollektiven Räume und Zeiten der Prä-Einsteinzeit ein für allemal verlassen haben.
Will der Kerl uns etwa festnageln? No way, postwenden wir und funken ihm als missing link die Heisenberg'sche Unschärferelation unter die Nase: überhaupt und besonders quantenphysikalisch gesehen, mein Lieber, kannst du nicht nur nichts über meine Zeit und meinen Raum wissen, sondern auch nicht, ob ich es bin zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort, nicht wahr, denn entweder, sagt Heisenberg, man kennt den Ort eines Systems oder seinen Zustand, aber niemals beides zugleich. Was? Ja, eines Elektrons. Na und? Ein Elektron ist doch auch eine Art System, oder?
Nein, für uns physikalisch Aufgeklärte sind Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nichts als hartnäckige Illusion, wir sind weder der Zeit unterworfen, noch dem Raum, noch dieser öden Idee einer bestimmten Existenz an einem bestimmten Ort. Wir nennen unsere Hauskatze selbstverständlich Schrödinger, und wir haben jeden Abend, wenn Schrödinger in seiner Katzenkiste zu Bett geht die Gelegenheit festzustellen, dass Schrödinger, in seiner Kiste verharrend, in einem Zustand zwischen tot und lebendig schwebt. Beweisen allerdings können wir das nur, indem wir nicht nachschauen, denn wenn wir jetzt die Klappe öffnen und in den Kasten sehen, dann beeinflussen wir das System dahingehend, dass es seinen Schwebezustand verlässt und sich entweder als tot oder als lebendig und hungrig herausstellt.
Wir belassen es also bei der Telepathie, zumal ja auch die Magie neuerdings physikalisch bewiesen ist. Wir kramen, die Augen fest auf den paradoxen Zustand Schrödingers-in-der-Kiste gerichtet, in unserem Gedächtnis nach dem Namen jenes anderen Paradoxons, das beweist, dass zwei aus dem selben Molekül entfernte Elektronen auch über größte Entfernung miteinander kommunizieren, indem sie in ungetrennter astraler Verbindung im Gleichschritt weitertanzen und ihren gemeinsamen Spin beibehalten, ihren Drehimpuls also, und mit dem, und jetzt fällt es uns endlich ein, dem Einstein-Podolsky-Rosen-Paradox kann man jedem Zweifler an Magie und Synchronizität den Mund stopfen, denn schließlich handelt es sich bei den Antworten der zeitgenössischen Teilchenphysik nicht um irgendwelche Dogmen und Glaubenssätze, nicht wahr, sondern um experimentell überprüfbare wissenschaftliche Theorien, ach was, um Fakten.
Und erklärt uns die Physik die Welt in Zeit und Raum nicht viel überzeugender als die alten Religionen? Hebt sie nicht die Beschränkungen des Raumes, der Zeit und der Moral auf, in denen wir zu leben glaubten? Und dabei beweist sie uns die Nichtexistenz dieser Beschränkungen! Nichts müssen wir unbewiesen hinnehmen. Wir brauchen nur noch zu glauben, was wir nicht sehen, weil es einfach zu klein ist. Das physikalische Universum ist begrenzt, denken wir, und fühlen uns geborgen als wir endlich ins Bett gehen. Aber es ist auch unendlich, das Universum. Dies bedenkend, knipsen wir die Nachttischlampe aus und fühlen uns so ganz de profundis als freie Quantensingularität, die wir in diesem Moment des Dämmerschlafs nur noch verschwommen als etwas sehr Einzigartiges begreifen, als Mittel- und Ursprungspunkt einer Galaxie in einer flexiblen Raumzeit, in der für jeden die Uhren anders ticken, in denen uns im Makrokosmischen alle Wurmlöcher offen stehen und in der wir im Mikrokosmischen unscharfe Relationen eingehen. Reinkarnation? Kein Problem, denken wir und werfen ein müdes Auge auf den Kater Schrödinger, der gerade seine Kiste verlässt. In einem geschlossenen System geht nichts verloren, gar nichts, den Gesetzen der Thermodynamik sei Dank. Falls wir einmal sterben sollten, werden wir auf die eine oder andere Art und Weise wiederkehren, so viel ist sicher, in einer von ungefähr siebenundzwanzig Dimensionen - oder waren es neunundzwanzig?
Und, beim Chaos! vielleicht sterben wir zufällig gar nicht erst, denken wir noch im Einschlafen, aber daran, dass wir als Geschöpfe des Mesokosmos von den Bedingungen der astronomisch-makrokosmischen Dimensionen ebenso weit entfernt sind wie von denen der mikrokosmisch-subatomaren, denken wir nicht einmal im Traum - oder höchstens in jenem immer wiederkehrenden Alptraum, in dem wir uns in einem Zimmer mit schier unendlich vielen Sanduhren befinden, nur ums Verrecken aufzuhaltenden biologischen Uhren, die auf Tag, Monat und Jahr verweisende Namen tragen: Ultradianer Rhythmus und Zirkadianer Rhythmus lesen wir und neben dem zirkalunaren werkelt der zirkannuale prähistorische Zeitgeber, und sie alle betreffen uns, auf Sein oder Nichtsein, da sind wir ganz sicher im Traum, als der begrenzte Zeit-Raum mit den tickenden Lebensuhren sich als eine unserer Körperzellen entpuppt, in der uns ein Phantom entgegentritt, uns knochig-bekannt aus barocken Memento-Mori-Darstellungen, und sich vorstellt als Hayflick-Phänomen, angenehm, meine Aufgabe ist es, Ihre Lebenszeit zu beenden, denn eine andere als die lebendige Zeit gibt es für Sie als Leib-Seele-Entität einer Biosphäre nicht, oder ist es Ihnen lieber, wenn ich von einer Geist-Leib-Entität…? Nun, ändern wird es ohnehin nichts, tut mir Leid. Aber Sie haben lange genug gelebt, das müssen Sie zugeben, und schließlich ist Lebenszeit nicht einfach bloß so Zeit. Sie verstehen?
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