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Wissenschaftstheorie und Interpretationen der Physik Runder Tisch für Physiker, Erkenntnis- und Wissenschaftstheoretiker

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  #61  
Alt 22.09.11, 13:43
Knut Hacker Knut Hacker ist offline
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Standard AW: Quantenlogik

Hallo ihr,

Entschuldigt bitte meinen langen Exkurs in eines meiner Lieblingsthemen.

Zur Strafe will ich wieder auf das Ausgangsthema zurückkommen:

Es ist hier offenbar der falsche Eindruck entstanden, als könne der Ersatz der zweiwertigen durch die mehrwertige Logik das Grundproblem der Selbstbezüglichkeit unseres Denkens lösen.

Hierzu möchte ich Michael Guillen zitieren:

"....dass kein logisches System seine eigene logische Stimmigkeit nachweisen kann. Der Glaube an die Logik ist in anderen Worten nicht weniger subjektiv (als) der Glaube an ein säkuläres oder mystisches Erklärungsprinzip, weil die Logik selbst weder logisch noch objektiv verifiziert werden kann."

Oder etwas seriöser: Martin Heidegger schreibt in "Was ist Metaphysik?" :
"Die Idee der ´Logik` selbst löst sich auf im Wirbel eines ursprünglicheren Fragens."

Ähnliches besagen die Gödel´schen Unvollständigkeitssätze für den Bereich der Mathematik (verallgemeinerungsfähig: Kein System kann sich aus sich heraus erklären wegen fehlender Metaebene der Betrachtung und Beurteilung; die Verallgemeinerungsfähigkeit hat Gödel selbst in seinem - unter seinem Niveau liegenden - Gottesbeweis postuliert).

Jeder Frage liegen Prämissen zugrunde, die den Bereich der Antworten eingrenzen, die mit diesen Prämissen vereinbar sind.
Je abstrakter die Prämissen, desto weniger Raum für adäquate Antworten. Bei den abstraktesten Prämissen wie Sein, Wahrheit usw. kommt es daher zu Rückkopplungen und damit zur Selbstbezüglichkeit in Form eines Denkzirkels oder einer Iteration.

Was die mehrwertige Quantenlogik betrifft, so gibt es eine erstaunliche Parallele zur Theologie. Der Atheist sagt: Gott gibt es nicht. Der Theologe antwortet:eben, sonst wäre er nicht Gott, sondern durch das Sein überbestimmt, Gott ist über Sein und Nichtsein erhaben, er hat diesen Gegensatz erst erschaffen. Bonhoeffer: "Einen Gott, den es gibt, gibt es nicht!"

In der Quantenphysik geht es natürlich nicht um Sein und Nichtsein, sondern um die physikalischen Begriffe "raumzeitlich wohldefiniert" oder "unbestimmt" oder "unabhängig". Aber wenn man die Raumzeit als "Sein" bezeichnet dann führt die Quantenlogik in dieselbe Richtung wie die theologische: Paradoxien sind keine Aporien sondern ein Ausweg aus ihnen zu einer Denkgrenze, die hinzunehmen befriedigender erscheint als gegen eine Wand zu rennen.

Aristoteles hatte die Grenzen seiner zweiwertigen Logik übrigens selbst aufgezeigt am Beispiel der Inkommensurabilität der Quadratdiagonale zur Seite ( ἡ τῆς διαμέτρου ἀσυμμετρία ):
Es gibt kein gemeinsames Maß, kein durch ganze Zahlen ausdrückbares Verhältnis. Die Länge der Diagonale "Wurzel aus zwei" ist eine irrationale Zahl, ein unendlicher, nicht periodischer Dezimalbruch (Metaphysik 983 a, 15 sq 20).
Schon in der klassischen Physik war die zweiwertige Logik am Dreikörperproblem gescheitert.

Ge?ndert von Knut Hacker (22.09.11 um 15:11 Uhr)
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  #62  
Alt 22.09.11, 16:35
Knut Hacker Knut Hacker ist offline
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Standard AW: Quantenlogik

Zitat:
Zitat von fossilium Beitrag anzeigen


Worin sieht Du den Unterschied zwischen der Wirklichkeit der Gedanken (Vorstellung) und der Wirklichkeit der uns umgebenden Natur ?
Nachtrag zu meiner bereits abgegebenen Antwort:

Von Robert Gernhardt stammt folgendes Gedicht:

Philosophische Geschichte

Die Innen-und die Außenwelt,
die warn mal eine Einheit.
Das sah ein Philosoph, der drang
erregt auf Klar-und Reinheit.

Die Innenwelt,
dadurch erschreckt,
versteckte sich in dem Subjekt.

Als dies die Außenwelt entdeckte,
verkroch sie sich in dem Objekte.

Der Philosoph sah dies erfreut:
indem er diesen Zwiespalt schuf,
erwarb er sich für alle Zeit
den Daseinszweck und den Beruf.
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  #63  
Alt 22.09.11, 19:21
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richy richy ist offline
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Standard AW: Quantenlogik

Hi Knut

Die Diskussion zu Zeilinger und der KI fand ich weitaus interessanter als das Zenonsche Paradoxon. Daher kurz dessen Loesung :

Zitat:
Zitat von alter Beitrag
1)
Der Hase sei c mal schneller als die Schildkroete :
vH=c*vS => vS/vH=1/c

Der Abstand fuer t=0 sei x0
Wir sollten wissen wie lange der Hase fuer diese Strecke braucht, weil wir daraus "berechnen" koennen wie weit die Schildkroete dann kam.
Hase t=x0/vH
Die Schildkroete kommt in dieser Zeit wie weit ?
Schildkroete x=t*vS=x0/vH*vS=x0*1/c. Das war logisch zu erwarten.

x0=x0*1/c ist somit der Abstand, Ausgangspunkt fuer die zweite Betrachtung. Und da sich lediglich X0 veraendert hat und wir nur diese als Ausgangsgroesse verwendet haben, wird unser naechster Abstand sein x0*1/c^2
Der Hase ist dann insgesamt weitergekommen : x0*(1+1/c)
Im k_ten Schritt: x0*(1+ 1/c + 1/c^2 + 1/c^3 .... +1/c^k)

Er hat die Kroete nach unendlich vielen Schritten k->00 erreicht.
Das ist eine geometrische Reihe und diese konvergiert im vorliegenden Fall fuer c>1
http://de.wikipedia.org/wiki/Geometrische_Reihe
Der Hase hat somit nach x0/(1-1/c) Metern,
xH=x0 *c/(c-1) Meter die Schildkroete erreicht.
************
Nichts paradoxes wenn man die geometrische Reihe kennt.


Vergleich mit ueblicher Rechnung Im s(t) Diagramm :
***************************************
vH*t=x0+vS*t
Sie treffen sich zum Zeitpunkt t=x0/(vH-Vs)
In dieser Zeit hat der Hase welchen Weg zurueckgelegt ?
xH=x0*vH/(vH-Vs)
xH=x0*c/(c-1)
***********

2)
Welche Zeitabschnitte betrachtet der Hase im k ten Schritt ?
***********************************************
t(k)=t0/c^k
Die Zeitabschnitte streben wie die Wegabschnitte gegen Null.
Aus Sicht des Hasen dreht sich nach dem Ueberholvorgang die Zeit um. Wenn er rueckwaerts schaut entfernt er sich nun von der Schildkroete.

Interessante Sache. Waehlt man beschleunigte Hasen lassen sich sicherlich auch andere Reihensummen ueber Polynome berechnen.
http://www.quanten.de/forum/showthre...ighlight=Zenon
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  #64  
Alt 22.09.11, 19:34
Benutzerbild von richy
richy richy ist offline
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Standard AW: Quantenlogik

Aus selbigem damaligen Thread:

Loesung der Lampenscherzaufgabe :
***************************
Wir betrachten das erste "An und Ausschalten." Die Lampe soll c/2 Zeiteinheiten brennen und c/2 Zeiteineiten nicht. Der erste Vorgang ist somit nach c Zeiteinheiten abgeschlossen :

1111111100000000
0.........c/2.........c.........> Zeit

Nun der zweite Vorgang. Er dauert c/2 Zeiteinheiten.
Er startet somit bei c und endet bei c/2

111111110000000011110000
0.........c/2.........c........c+c/2

Nun der dritte Vorgang. Er dauert c/4 Zeiteinheiten.
Er startet somit bei c+c/2 und endet bei c+c/2+c/4

1111111100000000111100001100
0.........c/2.........c........c+c/2...c+c/4

Den ersten An und Ausschaltvorgang t=0-c betrachtet man getrennt :
Gilt t<c ist die Aufgebenstellung soundso trivial

Nun prueft man das naechste Intervall :
Gilt c < t < c+c/2 ?

und das uebernaechste
Gilt c*(1+1/2) < t < c*(1+1/2+1/4) ?

Es ergeben sich somit k Intervalle
summe c*(1+1/2+1/2^2+1/2^3 ..1/2^(k-1)) < t < summe c*(1+1/2+1/2^2+1/2^3 ..1/2^(k))

Wir druecken die geometrische Reihe von 1/2 geschlossen aus :
Loesung :
2*c*(1-0.5^k) < t < 2*c*(1-0.5^(k+1))
*******************************
Die Losung koennte man noch geschickter ausdruecken. Auch logarithmisch darstellen.

Jetzt sehen wir : Hat der gute Tompson im Mathe Unterricht geschlafen ?
Denn die Summe konvergiert fuer k-> unendlich gegen 1/(1-1/2)=2

D.h.
Er kann diesen seltsamen Versuch gar nicht praktisch fuer unbegrenzte Zeiten durchfuehren !
Weil seine Aufgabenstellung von Anfang an zum scheitern verurteil ist !
Das ist widerum kein Paradoxon sondern eine unsinnige Aufgabenstellung.

Gilt C=1 Minute, so ist das Spiel nach 2 Minuten aus !
Denn er muesste mit unendlich hoher Frequenz an und ausschalten.
Es werden ihm aber schon vorher die Finger abfallen.
Kein Paradoxon sondern eine Scherzaufgabe
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  #65  
Alt 22.09.11, 19:54
Knut Hacker Knut Hacker ist offline
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Hi richy,

die "Lösung" kenne ich. Wie oben in meinem ellenlangen Beitrag ausgeführt, sind mathematische Lösungen aber lediglich abstrakte Beschreibungen, bleiben also bei reduktionistischem Denken weiterhin rätselhaft.

Ganz abgesehen davon, dass Albert Einstein die bloße Idealität der Mathematik wie folgt aphorisiert hat: „Insofern sich die Sätze der Mathematik auf die Wirklichkeit beziehen, sind sie nicht sicher, und insofern sie sicher sind, beziehen sie sich nicht auf die Wirklichkeit.“ „... evident, dass die Mathematik als solche weder über Gegenstände der anschaulichen Vorstellung noch über Gegenstände der Wirklichkeit etwas auszusagen vermag.“ („Mein Weltbild“),

hat sich der Mathematiker und Logiker

Bertrand Russel nicht nur erfolglos den Kopf zerbrochen über das Paradoxon der Menge aller Mengen, die sich nicht selbst enthalten, sondern zu mathematischen "Lösungen" grundsätzlich angemerkt:

„Mathematische Erkenntnis wird ... nicht durch Induktion aus Erfahrung gewonnen: Dass 2 + 2 = 4 ist gleich vier ist, glauben wir nicht, weil wir so oft die Beobachtung gemacht haben, dass ein Paar und noch ein Paar zusammen ein Quartett ergeben. In diesem Sinne ist die mathematische Erkenntnis nicht empirisch. Sie ist aber auch keine apriorische Erkenntnis der Welt. In Wirklichkeit handelt es sich bei ihr nur um eine verbale Erkenntnis. „3“ bedeutet „2 + 1“, und 4 bedeutet „3 +1“. Es ergibt sich also (wenn der Beweis auch lang ist), dass „4“ das gleiche bedeutet wie „2 + 2“.
“ (Philosophie des Abendlandes, 31. Kapitel).

Ich will gar nicht mehr auf andere Mathematiker eingehen:

„.... dass sowohl die Mathematik als auch die Religion als Grundlage eines Glaubens bedürfen, den das Individuum selbst mitbringen muss.“
So die Mathematiker Davis und Hersh, 1990, In: „Descartes Traum. Über die Mathematik von Zeit und Raum“, Seite 304).

„..dass kein logisches System seine eigene logische Stimmigkeit nachweisen kann. Der Glaube an die Logik ist in anderen Worten nicht weniger subjektiv (als) der Glaube an ein säkulares oder mystisches Erklärungsprinzip, weil die Logik selber weder logisch noch subjektiv objektiv verifiziert werden kann.“
So der Mathematiker und Logiker Gödel, Unvollständigkeitssätze

Die einleuchtendste Llösung scheint mir der Quantenphysiker Carl Friedrich von Weizsäcker zu liefern:

Bewegung ist definiert als Weg durch Zeit. Daher gibt es keine Bewegung in einem bloßen Punkt des Weges oder der Zeit! Achilles muss also nicht unendlich viele Punkte seines Weges in unendlich vielen Zeitpunkten zurücklegen.

Ge?ndert von Knut Hacker (22.09.11 um 20:04 Uhr)
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  #66  
Alt 26.09.11, 08:03
Slash Slash ist offline
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Zitat:
Zitat von amc Beitrag anzeigen
Oder sollte man sagen: Alles ist Materie, und alles besitzt Masse/Energie ... ?
Und das Universum als Ganzes die Energie Null hat?
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  #67  
Alt 26.09.11, 10:44
Hawkwind Hawkwind ist offline
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Zitat:
Zitat von Slash Beitrag anzeigen
Und das Universum als Ganzes die Energie Null hat?
Ja, unser Universum ist nichts als eine Quantenfluktuation, die sich dank Hr. Heisenberg ganz kurz nur Energie ausgeborgen hat. Bald sind wir alle wieder weg.
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  #68  
Alt 26.09.11, 11:32
Slash Slash ist offline
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Lässt sich Fluktuation eigentlich durch irgendetwas beeinflussen?

Bzw. hat diese Fluktation so etwas wie eine mittlere Energie (Leistung) .- vielleicht ist das aber gerade eben der Casimireffekt kenn mich nicht so aus in Physik.
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  #69  
Alt 26.09.11, 12:31
Hawkwind Hawkwind ist offline
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Ach, ich hab doch nur rumgesponnen.
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  #70  
Alt 26.09.11, 13:25
Benutzerbild von Nick Rymer
Nick Rymer Nick Rymer ist offline
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Hi,
Zitat:
Zitat von Slash Beitrag anzeigen
Und das Universum als Ganzes die Energie Null hat?
Davon gehe ich aus.

Gruß, Nick
__________________
Phantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt. Albert Einstein
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