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Theorien jenseits der Standardphysik Sie haben Ihre eigene physikalische Theorie entwickelt? Oder Sie kritisieren bestehende Standardtheorien? Dann sind Sie hier richtig.

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  #151  
Alt 17.01.22, 17:03
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Geku Geku ist offline
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Standard AW: Abweichungen und Möglichkeiten in einem Multiversum?

Auch das Erkennen von Emotionen aus dem Gesichtausdruck ist heute für KI kein Problem mehr. Man kann sich sogar um 300 teuren Entwicklungskit herumspielen:

Wie berechnet man einen glücklichen Gesichtsausdruck?

https://www.mouser.at/applications/e...hysical-world/

So könnte man KI gesteuert nur freundlichen Gästen die Tür öffnen
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  #152  
Alt 17.01.22, 17:12
Ich Ich ist offline
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Standard AW: Abweichungen und Möglichkeiten in einem Multiversum?

Zitat:
Zitat von TomS Beitrag anzeigen
Das ist nun derart ad hominem, dass es ich es eigentlich nicht nötig habe, darauf zu antworten. Da ich aber immer noch davon ausgehe, dass es nicht mein Mangel an Phantasie ist sondern nur meine unzureichende Darstellung meiner Gedankengänge (nicht dein Mangel an Phantasie, sich Rechenschaft über einen blinden Fleck abzulegen) versuche ich es nochmal.
Da muss ich dir schon Recht geben, dich mit denen in einen Topf zu werfen war ungerecht und unnötig.
Der Kern des Vorwurfs: Seit Jahrhunderten hören wir aus der Philosopie von "denknotwendigen" Dingen. Für Kant z.B. der euklidische Raum, und die Rezepztion der SRT in den verschiedenen philosophischen Denkrichtungen spricht Bände - von Aristoteles ganz zu schweigen. Mit dem vorgeworfenen "Mangel an Phantasie" bist du also in bester Gesellschaft. Dass man sich keinen gekrümmten Raum oder relative Gleichzeitigkeit vorstellen konnte - der "Mangel an Phantasie" - ist auch kein Vorwurf. Da halte ich mich natürlich auch nicht für schlauer.
Aber es ist ja gerade das schöne an der Physik, dass uns die Natur wieder und wieder eines Besseren belehrt, wenn wir glauben, das Unvorstellbare sei unmöglich.
Und in dieser Frage hatte ich eben den Eindruck, dass du aus einer philosophischen Tradition heraus argumentierst, nicht einer physikalisch-wissenschaftlichen. Ich denke, da wirst du mir auch zustimmen. Ich wollte darauf hinweisen, dass in dieser Tradition die größten Geister in schöner Regelmäßigkeit ins Klo gegriffen haben, wenn sie etwas kategorisch ausschlossen.
Zitat:
All das erfasst jedoch nicht die Essenz des Phänomens Bewusstsein, wie es sich für mich anfühlt, sich meiner bewusst zu sein. Dieses Phänomen entzieht sich den von dir genannten Methoden, und es ist prinzipiell rein subjektiv und nicht objektivierbar.
Das kann ich nicht nachvollziehen. Wir reden von Eigenschaften eines Algorithmus - und die sollen der wissenschaftlichen Methode nicht zugänglich sein?
Mal folgenden denkbare Szenario:
Man kann identische Subjekte beliebig oft parallel laufen lassen. Man kann Aspekter der postulierten Eigenschaft "Bewusstsein" identifizieren, verstehen, modifizieren und ggf. quantifizieren. Man diese Aspekte auf ähnliche Algorithmen übertragen, so wie mit dem Zauberstab bei Harry Potter. Man kann die Subjekte in ihren Eigenschaften verändern, vielleicht z.B. Interpolationen zwischen verschiedenen Menschen schaffen, was die Überrtragbarkeit von Erfahrungen auch zwischen nicht so ähnlichen Menschen/Algorithmen möglich macht.
Wo in diesem Szenario ist das Subjektive nicht Gegenstand der wissenschaftlichen Methode? Natürlich kann diese Forschung nicht auf Atome und Moleküle runterreduziert werden, das hat hier genau so wenig Sinn wie bei vielen anderen Froschungszweigung. Und das "vollumfängliche" Verstehen eines Bewusstseinsaspekts mag für ein menschliches Gehirn zu komplex sein, das könnten vielleicht nur AIs. Aber Gefühle und Erlebnisse wären definitiv Gegenstand der Forschung - bis auf eine Untermenge der Größe Null, die sich durch das nicht präzisierbare Attribut, dass es das "wirkliche" Erleben sei, auszeichnet.


Zitat:
Für mich ist daher die Aussage, dass es keine Qualia gäbe, im Popperschen Sinne unwissenschaftlich und dogmatisch. Deswegen mache ich sie mir nicht zu eigen und akzeptiere lieber die logisch mögliche Konsequenz, dass der Platzhalter “Qualia” für das stehen könnte, was sich unserem wissenschaftlichen Verständnis insofern entzieht, als es uns als rein subjektiv als irreduzibel erscheint.
Langsam: Allein die Forderung, die Nichtexistenz einer (ausgedachten oder auch echten) Entität zu beweisen, ist unwissenschaftlich, nach Russell und auch nach Popper. Und ich habe auch nicht vor, die Nichtextstenz schwammig definierter, der wissenschaftlichen Methode angeblich nicht zugänglicher Entitäten zu widerlegen. Ich bis es ja nicht, der diese Dinge kategorisch ausschließst*, aber du bist es der ihre Existenz behauptet, du bist in der Beweispflicht. Meine Gegenbeispiele sollen nur dazu dienen, anschaulich zu machen, dass auch das Subjektive grundsätzlich wissenschaftlich erforscht (also objektivierbar gemacht) werden kann.

*Natürlich schließe ich sie aus, keine Frage. Aber nicht kategorisch: Wenn man mir irgendwie beweisen könnte, dass da 1) tatsächlich etwas ist, das 2) nicht der wissenschaftlichen Methode zugänglich ist, dann bin ich bereit zu folgen. Aber dazu müsstest du (nicht ich) dieses Etwas präzise genug formulieren, dass man ausschließen kann, dass es nicht nichts ist. Und trotzdem nicht wissenschaftlich untersucht werden kann.
Dieser Existenzbeweis kann m.E. zum jetzigen Zeitpunkt nicht geführt werden, wo man noch fast gar keine Ahnung von diesen Dingen hat.
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  #153  
Alt 17.01.22, 17:15
Einfels Einfels ist offline
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Standard AW: Abweichungen und Möglichkeiten in einem Multiversum?

Zitat:
Zitat von Timm Beitrag anzeigen
Weshalb genau sollte man sich davor hüten? Das klingt so, als würdest du Intelligenz mit Bewusstsein gleichsetzten. Dem schließe ich mich nicht an.
Ich ebenso nicht! Ich habe das auch schon mehrmals angeführt, dass ich der Meinung bin, Intelligenz hat nichts mit dem Bewusstsein zu tun, genauso wenig wie es Bewusstsein beeinflussen oder verändern würde (ebenso umgekehrt), aber dann muss man sich vorwerfen lassen, nicht genau zu lesen, während besagter User meint, man müsse seine geistigen Ergüsse eben nochmals lesen.

Dabei wiederholt er sein daher gestammeltes Geschwafel und insbesondere diverse liebgewonnene Vokabeln ohnehin täglich aufs Neue, insofern keine Ahnung also, warum er sich nicht auch für mich nochmals wiederholt, eine Wiederholung seiner Intelligenz-speienden Tiraden mehr oder weniger, machen das Kraut auch nicht mehr fett.

...oh...habe ich etwa wieder eine Wortwahl verwendet, die "daneben" ist?
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  #154  
Alt 17.01.22, 17:47
Timm Timm ist offline
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Standard AW: Abweichungen und Möglichkeiten in einem Multiversum?

Diese Diskussion hat eine hohe Dichte von Annahmen, garniert mit vielen Konjunktiven. Allzu viel verspreche ich mir nicht davon.
Zitat:
Zitat von TomS Beitrag anzeigen
Wie stehst du zu meinen mathematischen Argument, dass Bewusstsein - insofern es einem Algorithmus/ einer universellen Turingmaschine äquivalent ist - gerade deswegen prinzipiell nicht verstanden werden kann, also nicht nur bis auf weiteres?
Ich teile schon die Annahme "insofern es ..." nicht, weil sie sich auf ein unverstandenes Phänomen bezieht.
Zitat:
Zitat von TomS Beitrag anzeigen
Meine Aussagen gelten unter der Bedingung, die Annahme [… Bewusstsein als emergentes Phänomen … als "ein Programm auf einer universellen Turingmaschine"] sei zutreffend. Wir halten dies ja für plausibel wenn auch unbeweisbar, und zumindest aktuell auch für alternativlos.
"Bewusstsein als emergentes Phänomen" halten wir für plausibel, "als "ein Programm auf einer universellen Turingmaschine"] sei zutreffend." nur du.
Zitat:
Zitat von TomS Beitrag anzeigen
Bewusstsein ist nach meiner Hypothese lediglich ein weiteres emergentes Phänomen ohne prinzipiell neue Zutat;
Sicher, genauso wenig wie Temperatur eine neue Zutat zu mikroskopischen Zuständen ist. Neu ist die Qualität, die eine hinreichende Anzahl solcher Zustände impliziert. Vergleichbar hierzu wären etwa die Aktionspotentiale auf neuronaler Ebene.
Zitat:
Zitat von TomS Beitrag anzeigen
Deswegen muss man nicht krampfhaft nach einer fremdartigen Zutat suchen. Die vertrauten Algorithmen sind ausreichend, um diese erstaunliche Wahrnehmung unseres Selbst hervorzubringen.
Hast du bei Ersterem jemand bestimmten im Sinn?
Wie begründest du Letzteres? Hast du etwa im Sinn, dass Algorithmen, die besagte Mikrozustände beschreiben, die neue Qualität Temperatur hervorbringen? Und schließt du daraus auf etwas Analoges bei Aktionspotentialen oder allgemeiner bei elementaren Gehirnfunktionen und Bewusstsein?
Zitat:
Zitat von TomS Beitrag anzeigen
Genausowenig gibt es nach der o.g. Hypothese eine neuartige Instanz „Bewusstsein“ im Gehirn. Es gibt nur die biochemischen Prozesse, trotzdem resultiert Bewusstsein.

Ich denke, da besteht Einigkeit.
Bei Letzterem ja. Es gibt etwas qualitativ Neues, das wir nicht verstehen. Wenn dir der Begriff "Instanz" missfällt, bleiben wir einfach bei Bewusstsein.
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  #155  
Alt 17.01.22, 17:57
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Geku Geku ist offline
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Standard AW: Abweichungen und Möglichkeiten in einem Multiversum?

Zitat:
Zitat von Timm Beitrag anzeigen
Weshalb genau sollte man sich davor hüten? Das klingt so, als würdest du Intelligenz mit Bewusstsein gleichsetzten. Dem schließe ich mich nicht an. Ein selbst lernendes Schachprogramm erledigt eine Aufgabe in höchst intelligenter Weise ohne jedoch zu wissen warum es welchen Zug macht.
Man kann intelligentes Verhalten zeigen, aber kann man bewustes Verhalten zeigen?

Interessant wird es beim Schach mit den verbotenen Zügen. Sind diese ebenfalls angelernt oder wurden diese in Form von Regeln fix programmiert?

Wenn die Regeln fix programmiert sind, dann muss der Computer, wie ein Anfänger im Schachspiel, eine Regel nach der anderen durchgehen um gültige Züge zu finden. Das ist zumindest für den Anfänger eine bewuste Handlung.

Sind "Verbotene Züge" im NN angelernt, dann kann man den gewünschten Zug an der Eingangschichte anlegen und das NN liefert auf Grund der Gewichtung der neuronalen Verbindungen an der Ausgangschicht das gewünschte Ergebnis. Bei einem Profischachspieler läuft diese Handlung unbewust ab. Zeigt aber ein intelligentes Verhalten!
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  #156  
Alt 17.01.22, 18:39
Timm Timm ist offline
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Standard AW: Abweichungen und Möglichkeiten in einem Multiversum?

@Einfels, deine Wortwahl einen anderen Forenteilnehmer betreffend ist inakzeptabel.
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  #157  
Alt 18.01.22, 01:27
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TomS TomS ist offline
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Standard AW: Abweichungen und Möglichkeiten in einem Multiversum?

Zitat:
Zitat von Timm Beitrag anzeigen
Ich teile schon die Annahme "insofern es ..." nicht, weil sie sich auf ein unverstandenes Phänomen bezieht.
Irgend etwas muss man ja voraussetzen.

Bzgl. eines menschlichen Bewusstsein ist die Annahme zunächst nicht unbedingt plausibel. Bzgl. bestimmter KIs auf Basis gewisser NNs ist sie sicher zutreffend, demzufolge wäre sie es auch für das vermutete Bewusstsein dieser KIs.

Zitat:
Zitat von Timm Beitrag anzeigen
"Bewusstsein als emergentes Phänomen" halten wir für plausibel, "als "ein Programm auf einer universellen Turingmaschine"] sei zutreffend." nur du.
Na ja, ganz alleine bin ich damit nicht ;-)

Zitat:
Zitat von Timm Beitrag anzeigen
Hast du bei Ersterem jemand bestimmten im Sinn?
Jeden, der eine unabhängige Entität wie „Geist“ einführt.

Zitat:
Zitat von Timm Beitrag anzeigen
Wie begründest du Letzteres? Hast du etwa im Sinn, dass Algorithmen, die besagte Mikrozustände beschreiben, die neue Qualität Temperatur hervorbringen? Und schließt du daraus auf etwas Analoges bei Aktionspotentialen oder allgemeiner bei elementaren Gehirnfunktionen und Bewusstsein?
Im Wesentlichen ja.

Zitat:
Zitat von Timm Beitrag anzeigen
Bei Letzterem ja. Es gibt etwas qualitativ Neues, das wir nicht verstehen. Wenn dir der Begriff "Instanz" missfällt, bleiben wir einfach bei Bewusstsein.
Qualitativ neu ist, wie uns das Bewusstsein erscheint, nicht jedoch die Physik bzw. Biochemie, von der es hervorgebracht wird.

Im Falle des Ameisenstaates haben wir keine zusätzliche Instanz, im Falle einer Dressurnummer mit Tieren schon - den Tiertrainer oder Domteur.

Im Sinne der Sparsamkeit führe ich keine neue, unerklärbare Substanz, Entität o.ä. ein, um ein neuartiges Phänomen zu „erklären“, solange ich nicht deutliche Hinweise sehe, dass ich mit bekannten Mechanismen nicht weiterkomme.
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Ge?ndert von TomS (18.01.22 um 08:21 Uhr)
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  #158  
Alt 18.01.22, 02:01
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TomS TomS ist offline
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Standard AW: Abweichungen und Möglichkeiten in einem Multiversum?

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
Da muss ich dir schon Recht geben, dich mit denen in einen Topf zu werfen war ungerecht und unnötig.
Danke

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
Der Kern des Vorwurfs: Seit Jahrhunderten hören wir aus der Philosophie von "denknotwendigen" Dingen. Für Kant z.B. der euklidische Raum, und die Rezeption der SRT in den verschiedenen philosophischen Denkrichtungen spricht Bände - von Aristoteles ganz zu schweigen … in dieser Frage hatte ich eben den Eindruck, dass du aus einer philosophischen Tradition heraus argumentierst, nicht einer physikalisch-wissenschaftlichen. Ich denke, da wirst du mir auch zustimmen.
Nein

Ich habe zwei Gründe genannt, die nicht auf Traditionen zurückgehen.

Das erste Argument noch eher; es ist sicher nicht neu, entspringt jedoch nicht nur der Tradition, sondern auch eigenem gründlichen Nachdenken: Essentielle Aspekte und Phänomene meines Bewusstseins sind ausschließlich mir persönlich zugänglich und daher rein subjektiv. Man kann zwar (möglicherweise) eine objektive, mathematisch präzise Theorie formulieren, man kann jedoch gewisse Aussagen im Rahmen der Theorie, die sich auf diese rein subjektiven Phänomene beziehen, nicht objektiv testen; das kann nur jeder einzelne für sich selbst.

Alles weitere siehe die folgende Argumentation.

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
Wir reden von Eigenschaften eines Algorithmus - und die sollen der wissenschaftlichen Methode nicht zugänglich sein?
Ein Algorithmus und einige seiner Eigenschaften sind der wissenschaftlichen Methode natürlich zugänglich.

Aussagen über das Bewusstsein können aus zwei Perspektiven untersucht werden, der objektiven funktionalen Außensicht sowie der subjektiven Innensicht. Zu letzterer gehören Aussagen wie „diese KI hat Bewusstsein“ oder „diese KI empfindet Scham“; zu erster dagegen Aussagen wie „diese KI verhält sich entsprechen unseres algorithmischen Modells, wenn dessen Zustand das Attribut Scham enthält“.

Alleine die KI selbst kann – möglicherweise – ihre eigenen „mentalen Zustände“ in den Blick nehmen und uns über ihre Zustände Informationen zukommen lassen. Wir können aus der Außensicht jedoch nicht überprüfen, ob die KI tatsächlich Scham empfindet, d.h. ob es sich für sie so anfühlt wie für uns, Scham zu empfinden.

Nun gibt es Philosophen, die ein „Sein hinter den Erscheinungen“ schlicht leugnen. Der von dir kritisierte Kant hat dafür aber – m.E. zurecht – den Begriff „Ding an sich“ geprägt, sozusagen als Platzhalter; in ähnlicher Weise verwendet man in der Philosophie des Geistes den Begriff „Quale“ für dieses „ich empfinde Scham“. Dass mir diese mentalen Zustände ausschließlich subjektiv zugänglich sind, ist m.E. naheliegend; objektiv zugänglich sind dagegen nur Phänomene wie „er verhält sich, als ob er Scham empfindet“.

Da man die Existenz dieser mentalen Zustände oder „Qualia“ weder logisch noch empirisch ausschließen kann, halte ich es für sinnvoll, sie zunächst als Platzhalter in einer Theorie zu behalten und sie später möglicherweise als inhaltsleer zu entlarven; ich kann jedoch keine Argumente erkennen, die dies logisch konsistent oder plausibel bewerkstelligen. Im Gegenteil, ich sehe eine dogmatische Position des Positivismus, aus der heraus „nicht objektiv erscheinende Phänomene“ schlicht geleugnet werden. Ich sehe Sprachphilosophen, die die Ablehnung eines – noch – unpräzisen Terminus mit seiner Nichtexistenz verwechseln. Ich sehe die Behauptung, „mentale Zustände seien mit neurobiologischen Zuständen identisch“, daher könne man den Begriff der „mentalen Zustände“ oder „Qualia“ getrost eliminieren. Allein, es bleibt eine Behauptung oder Hypothese.

Hätten wir ein vollumfänglich entwickeltes algorithmisches Modell des Bewusstseins, das alle Aspekte mentaler Zustände abbildet, so würde sich an der prinzipiellen nicht-Testbarkeit nicht das geringste ändern. Das Zuschreiben subjektiver mentaler Zustände aufgrund objektiv sichtbarer Phänomene ist rein logisch nicht zu rechtfertigen. Daher bleibt die These der Identität von mentalen und neurobiologischen Zuständen auch dann unbeweisbar und unwiderlegbar.

Beispiel Äther: dieser Begriff wurde nicht dogmatisch verworfen, sondern auf Basis eines präzisen Formalismus sowie dessen Überprüfung eliminiert. Nun haben wir jedoch für mentale Zustände wie „ich empfinde Scham“ weder einen präzisen Formalismus noch einen objektiven Test. Also hat ein Platzhalter wie „mentale Zustände“ oder „Qualia“ zunächst durchaus seine Berechtigung.

Beispiel Proton: dieser Begriff wird auch nach Entwicklung der QCD und dem Nachweis von Quarks und Gluonen gerne verwendet.

Wie weiter oben beschrieben bedeutet dies alles keineswegs, dass die simple Hypothese „geeignete künstliche neuronale Netze entwickeln Bewusstsein und haben mentaler Zustände wie Scham“ falsch sein muss. Sie ist für mich sogar plausibel, jedoch in wesentlichen Aspekten eben nicht testbar. Dies gilt analog für die Hypothese „das menschliche Bewusstsein entsteht alleine auf Basis biochemischer Prozesse“.

Umgekehrt ist für mich als Naturwissenschaftler die Hypothese „künstliche neuronale Netze können prinzipiell kein Bewusstsein entwickeln und haben keine mentalen Zustände wie Scham“ unplausibel, jedoch nicht widerlegbar. Dies gilt analog für die Hypothese „das menschliche Bewusstsein entsteht nicht alleine auf Basis biochemischer Prozesse“.

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
Gefühle und Erlebnisse wären definitiv Gegenstand der Forschung – bis auf eine Untermenge der Größe Null, die sich durch das nicht präzisierbare Attribut, dass es das "wirkliche" Erleben sei, auszeichnet.
Aber für Gefühle und Erlebnisse hast du ein auf einer sigma-Algebra definiertes Maß

Es kommt doch auf die Perspektive an. Wenn ich Bewusstsein aus der Innenperspektive verstehen möchte, dann streite ich deine Aussage der "Untermenge der Größe Null" rundweg ab. Wenn ich die Außenperspektive einnehme, dann stimme ich dir eher zu.

Nur – ganz persönlich interessiert mich im Falle des Bewusstseins ganz besonders die Innenperspektive.

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
Und ich habe auch nicht vor, die Nichtexistenz schwammig definierter, der wissenschaftlichen Methode angeblich nicht zugänglicher Entitäten zu widerlegen. Ich bin es ja nicht, der diese Dinge kategorisch ausschließt*, aber du bist es der ihre Existenz behauptet, du bist in der Beweispflicht.
Ich behaupte nicht ihre Existenz, ich lasse sie als Denkmöglichkeit zu und verwende sie als Platzhalter. Ich hoffe, das ist nun klar geworden.

Hätten wir ein vollumfängliches mathematisches Modell unseres Bewusstseins, ausgehend von physikalischen Prozessen bis hin zu mentalen Zuständen, so wären „Qualia“ der Platzhalter für uns subjektiv irreduzibel erscheinende Zustände wie „ich empfinde Scham“, die jedoch gemäß Modell reduzibel sind.

Selbst dann würden wir wahrscheinlich gut daran tun, diese Begriffe nicht zu eliminieren (siehe oben das arme Proton).

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
*Natürlich schließe ich sie aus, keine Frage. Aber nicht kategorisch: Wenn man mir irgendwie beweisen könnte, dass da 1) tatsächlich etwas ist, das 2) nicht der wissenschaftlichen Methode zugänglich ist, dann bin ich bereit zu folgen. Aber dazu müsstest du (nicht ich) dieses Etwas präzise genug formulieren, dass man ausschließen kann, dass es nicht nichts ist.
Ich hoffe, meine Position ist klar geworden. Es geht nicht um den Beweis der Existenz einer neuartigen Entität, sondern um einen Begriff, der bestimmte mentale Zustände bezeichnet, die uns gegeben sind, für die wir jedoch keine Erklärung haben.

Eine Diskussion um ein ungelöstes Problem kann nur dann zu vernünftigen Ergebnissen führen, wenn man Probleme benennt, jedoch nicht, wenn man bereits Pickel bekommt, wenn man Problemen Namen gibt – „Qualia“, „Messproblem“ …

Nun zum zweiten Argument: unter der Annahme, dass der Verstand einer universellen Turingmaschine äquivalent ist – das wäre für den Verstand einer auf RNNs basierenden KI sogar beweisbar – ist nach Gödel nicht jede Frage, die dieses Bewusstsein formulieren kann, auch im Kontext dieses Verstandes beantwortbar. Wenn also die Hypothese bzgl. des Verstandes der KI zutrifft, und wenn wir diese Diskussion so präzise formalisieren können, dass unser Verstand bzw. eine KI sie parsen kann, dann haben wir diese Diskussion zugleich einer objektiven Methode zugänglich gemacht und sie in ein formales System übersetzt, von dem wir sicher wissen, dass darin bestimmte Fragen bzgl. dieses formalen Systems unbeantwortbar sind, sich also aller durch das formale System zugänglichen Methoden entziehen. Kurz: wenn unser Verstand algorithmisch arbeitet, kann er seinen Algorithmus nicht vollumfänglich verstehen. Bingo.

Natürlich kann ich ohne Kenntnis des formalen Systems nicht mal ansatzweise Aussagen konstruieren, die anfällig für dieses Problem sind; auch in der Mathematik sind wenige derartige Aussagen bekannt, und sie sind beileibe nicht einfach zu verstehen. Die Argumentation soll lediglich dazu dienen, zu zeigen, dass für einen algorithmischen Verstand Grenzen der Erkenntnis existieren, und dass es plausibel ist, dass diese gerade das Wesen des Verstandes betreffen. Bewusstseins als selbstbezügliche funktionale Einheit eines solchen Verstandes ist dafür wohl besonders anfällig.

Es bleibt – zumindest für mich – die Einsicht, dass Bewusstsein zugleich vollständig algorithmisch formalisierbar sein kann, der Algorithmus selbst dennoch nicht ermittelbar und für uns verstehbar ist. Das ist für mich die momentan plausibelste Einkreisung des Themenkomplexes. Eine dualistische Sichtweise mit einer unabhängigen Instanz „Geist“ lehne ich ab, obwohl ich sie nicht logisch ausschließen kann. Diverse verkürzende Sichtweisen lehne ich ebenfalls ab, insofern sie Problemen eher verbieten denn diskutieren wollen.
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Ge?ndert von TomS (18.01.22 um 08:29 Uhr)
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  #159  
Alt 18.01.22, 08:30
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TomS TomS ist offline
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Wie schon gesagt, eine gute Darstellung dazu ist
What is it like to be a bat?
Thomas Nagel
The Philosophical Review LXXXIII, 4 (October 1974)
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  #160  
Alt 18.01.22, 10:11
Timm Timm ist offline
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Zitat:
Zitat von TomS Beitrag anzeigen
Jeden, der eine unabhängige Entität wie „Geist“ einführt.
Ah, dann hatte ich dich missverstanden. Der wäre in der Tat eine sehr "fremdartige Zutat"!
Zitat:
Zitat von TomS Beitrag anzeigen
Qualitativ neu ist, wie uns das Bewusstsein erscheint, nicht jedoch die Physik bzw. Biochemie, von der es hervorgebracht wird.
Ja, natürlich.
Zitat:
Zitat von TomS Beitrag anzeigen
Im Sinne der Sparsamkeit führe ich keine neue, unerklärbare Substanz, Entität o.ä. ein, um ein neuartiges Phänomen zu „erklären“, solange ich nicht deutliche Hinweise sehe, dass ich mit bekannten Mechanismen nicht weiterkomme.
Nun kommen wir mit den "bekannten Mechanismen" aber gerade nicht weiter.

Die "Intelligenz" des Ameisenstaates sehe ich als Gegenbeispiel, denn sie läßt sich im Prinzip modellieren, s. Modell Ameisenstaat. Für das Bewusstsein trifft dies aber - bis auf weiteres - nicht zu. Etwas modellieren zu wollen, das man nicht versteht, scheint eine unlösbare Aufgabe zu sein. "Wann wird man je verstehen" kommt mir da in den Sinn.
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