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Wissenschaftstheorie und Interpretationen der Physik Runder Tisch für Physiker, Erkenntnis- und Wissenschaftstheoretiker

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  #31  
Alt 29.03.12, 15:40
Benutzerbild von richy
richy richy ist offline
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Standard AW: Zum Emergenz- und Messproblem

Hi Hawkwind

Danke fuer die ausfuehrliche Beschreibung. Gibt es dazu euch einen Link, der das ganze graphisch mathmatisch veranschaulicht ? Und Roko scheint im Gegensatz zu mir nur an einer Beschreibung interessiert zu sein, nicht an einer Erklaerung.
Zitat:
Zitat von Roko
Zur Klarstellung: Mir geht es hier nicht primär um Interpretationen, sondern die Entwicklung der These, dass man sich zunächst um das Emergenz-Problem ("Wie emergiert die klassische/makrokopische Welt aus der Quantenwelt?") zu kümmern hat, bevor man überhaupt Messgeräte in die Theorie einführen kann.
Dann waere der Formalismus ausreichend und wenigstens zwischen KI und VWI gibt es formal mathematisch keinen Unterschied. Abgesehen vom Wellenkollaps.
Zitat:
Zitat von Hawkwind
|Psi|**2 ist eine Wahrscheinlichkeitsdichte, die Messungen zugänglich ist. Was ist denn daran nicht physikalisch?
Mal andersherum gefragt. Wenn du annimmst dass auch vor der Messung|Psi|**2 ebenfalls einen physikalischen und keinen geistigen Bohrschen "Witzvorgang" (deine Worte) beschreibt wozu benoetigst du dann einen Wellenkollaps ? Zur Trennung der physikalischen von der phyikalischen Welt ? Das waere Unsinn und daher benoetigen weder VWI noch Bohmsche Mechanik einen Wellekollaps. Nochmal :
Dieser ist rein philosophischer Natur ! Und daher kommt er in der Schroedingergleichung auch gar nicht vor. Er wird aber von der KI benoetigt um Paradoxa zu vermeiden. Um die Bohrsche "Witzwelt" von der physikaischen Welt zu trennen. (Sollen wir uns auf "Bohrsche Witzwelt" statt "abstrakter Raum", "geistige Welt" einigen ? Ich denke doch wohl nicht).

In folgenden Folien wird dies vorbildlich dargestellt.
http://www.google.de/url?q=http://ho...gLslRYQxrfXKpQ

Zitat:
Zitat von Koehler,Traxler
Kopenhagener Deutung
Wellenfunktion ψ keine (reale) physikalische Messgröße,
sondern mathematisches Werkzeug und Maß für
Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Messwertes
Bezeichnenderweise ist die objektive Beschreibung aus Oesterreich. (Zeilingers Heimat) Welche Privatinterpretationen dagegen auf deutschen Webseiten angeboten werden oder selbst von Joachim Schulz in seiner missionarischen Taetigkeit (facebook) ist dagegen beschaemend ! Shut up an calculate fuehrt anscheinend gerne zu solchen Trolloversen.

Die Auffassung, dass es die Aufgabe des Wellenkollapses sei irgendwelche ueberlagerten Zustaende mittels kollabieren verschwinden zu lassen, ist spaetestens mit dem Dekohaerenzprogramm hoffentlich auch vom Tisch. So verschwindet eine Wahrscheinlichkeitfunktion keinesfalls bei der Realisation eines Ereignisses. Die entartet dann lediglich zu einer Deltafunktion, deren Angabe dann im Sinne einer Wahrscheinlichkeit natuerlich unnoetig ist. Ein weiteres beliebtes unsinniges Argument ist jenes, dass Psi zwar keine physikalische Bedeutung zukommen wuerde, alleine wegen der Komlexwertigkeit, jedoch |Psi|**2. Dies entspricht in etwa der Aussage, dass der komplexen Impedanz eines Kondensators 1/jw*C keine physikalische Bedeutung zukommen wuerde, sondern nur dessen Betragsquadrat. Ein voelliger Humbug, denn natuerlich ist auch der Phasengang eines Kondensators von Relevanz und 1/jw insgesamt ist die Darstellung einer Integration im Frequenzbereich. Also sehr wohl auch physikalisch deutbar. Und letztendlich zeigen folgende Aussagen aus dem Paper, dass diese beliebte Begruendung ein Fehlschluss ist :

Zitat:
Zitat von Koehler,Traxler
Viele-Welten-Theorie

Postuliert: Kollaps ist nur eine Illusion
Mathematischer Formalismus der Quantenmechanik
bekommt reale Bedeutung

Bohmsche Mechanik

Wellenfunktion ψ ist reale physikalische Größe
Deterministische Theorie, Messprozess spielt keine
ausgezeichnete Rolle
( Das steht ψ nicht |ψ|**2 )

Zur Dekohärenz
Zitat:
Zitat von Koehler,Traxler
Grundgedanke: kein Quantensystem ist vollkommen isoliert,
es gibt immer Wechselwirkung mit der Umgebung.
Wechselwirkung zerstört Quanteneigenschaften, wie
Superposition oder Entanglement

Kollaps der Wellenfunktion muss nicht mehr postuliert
werden, da der Dekohärenzprozess die
Quanteneigenschaften zerstört
Hier bin ich mit zwei Aussagen der Folie nicht einverstanden.
1) Das das Dekohaerenzprogramm eine Interpretation sei
2) Dass allgemein kein Kollaps mehr angenommen werden muss. Im realistischen VWI Programm war dies schon immer so, aber in Zeilingers Dekohaerenzprogramm ist ein Wellenkollaps immer noch notwendig.

Ich hoffe mal dem obigen Link schenkt man glauben, so das man das Thema nach mehreren Jahren nun endlich abschliessen kann, ohne dass in zwei Wochen wieder im Forum jemand Bohrs nichtrealistische Interpretation als Witz abstempelt. Nochmal :
VWI und KI sind identisch bis auf den Wellenkollaps. Und der ist rein philosophischer Natur.

Und auf dieser Basis koennte man dann das Emergenzproblem weiter diskuieren. Im Sockenuniversum stellt sich ein solches wohl erst gar nicht.

Gruesse

Ge?ndert von richy (29.03.12 um 15:53 Uhr)
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  #32  
Alt 29.03.12, 16:15
Hawkwind Hawkwind ist offline
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Standard AW: Zum Emergenz- und Messproblem

Hallo richy,
mal nur hier zu:

Zitat:
Zitat von richy Beitrag anzeigen

Mal andersherum gefragt. Wenn du annimmst dass auch vor der Messung|Psi|**2 ebenfalls einen physikalischen und keinen geistigen Bohrschen "Witzvorgang" (deine Worte)
Meine Worte??? Das sollte mich jetzt wirklich sehr wundern.

Zitat:
Zitat von richy Beitrag anzeigen
beschreibt wozu benoetigst du dann einen Wellenkollaps ?
Psi ist ein Tool, um eine Vorhersage für eine folgende Messung zu machen: misst du z.B. den Ort x, so ergibt dir das Integral über

Psi* x Psi

den wahrscheinlichsten Messwert <x>, "Erwartungswert" genannt. * steht dabei für komplexe Konjugation. Ganz offensichtlich ergibt dann eine leicht modifizierte Wellenfunktion

Psi' = exp(i*alpha) Psi

dieselbe Vorhersagen, d.h. die abolute Phase von Psi ist unphysikalisch (unbeobachtbar). Das genau meine ich, wenn ich sage, dass Psi unphysikalisch ist. Du kannst dich leicht davon überzeugen, dass dieses Argument für |Psi|^2 nicht zieht: das Betragsquadrat ist beobachtbar; es hat ja auch die Bedeutung einer Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion. Mit "Kollaps" und Kopenhagen hat das nichts zu tun; das ist Quantenmechanik pur.

Gruß,
Hawkwind
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  #33  
Alt 29.03.12, 18:01
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richy richy ist offline
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Standard AW: Zum Emergenz- und Messproblem

Hi Hawkwind
Zitat:
Zitat von Hawkwind
Meine Worte??? Das sollte mich jetzt wirklich sehr wundern.
Es ist doch offensichtlich dass du alle geistigen Aspekte von Bohr und der KI als Witz betrachtest. Und hier hast du es sogar explizit angeschrieben :
http://www.quanten.de/forum/showthre...+wellenkollaps
Zitat:
Zitat von richy
Das hoert sich nicht nur so an, sondern genau so muss man eine nichtlokale oder globale Variable verstehen. Es hilft hier wenig an der Namensgebung rumzudeuteln. nichtlokal=global oder geistig.
Gruesse
Zitat:
Zitat von Hawkwind
"nichtlokal=geistig"

Guter Witz !
Du scheinst es sogar als Polemik zu betrachten wenn man die Annahmen von Bohr explizit formuliert :
Zitat:
Zitat von Hawkwind
Wo besagt die Kopenhagener interpretation, dass "nichtlokal" "geistig" bedeutet ?

Ist wohl sehr schwierig, sachlich zu bleiben. Na, dann mach man weiter mit deiner albernen Polemik.
Die KI erklaert die Nichtlokalitaet nichtrealistisch. Das kannst du sogar bei Wiki nachlesen. Und nichtrealistisch muss ! nichtphysikalisch bedeuten. Abstrakt oder etwas mir unbekanntes. Und nur dann bleibt aus physikalischer Sicht die Lokalitaet erhalten. Auf gut deutsch : Nur dann ergibt sich kein Multiversum. Und dies implementiert die KI mittes der Annahme des Wellenkollapses. Das kannst du auch den von mir verlinkten Folien entnehmen.

EDIT Deine Vorstellungen zur Kopenhagener Deutung (statt Weltbild) enthaelt noch 2 weitere Trugschluesse :
(1.)
Du betrachtest Psi als eine physikalische Messgroesse ( entgegen der Aussagen im letzten Link). Weil nach dem Wellenkollaps natuerlich ein physikalisches Ereignis eintritt. Daraus schliesst du, dass dann wohl auch vor dem Wellenkollaps |Psi|**2 eine physikalische Messgroesse darstellt. Einen physikalischen Vorgang beschreibt. Wie sollte dem auch anders sein und in der VWI oder BM ist dem auch so. Aber nicht in der Kopenhagener Interpretation ! Ja, das ist Irre, ein Witz aber konsistent.

Zitat:
Zitat von Koehler,Traxler
Kopenhagener Deutung
- Wellenfunktion ψ keine (reale) physikalische Messgröße,
sondern mathematisches Werkzeug und Maß für
Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Messwertes
Und jetzt muss man sehr genau aufpassen. Denn jedliche Beschreibung ist stets eine mathematische Abstraktion. Massgeblich ist ob irgendeine physikalische Entitaet oder Eigenschaft existiert die beschrieben wird. Ein Spielwuerfel dessen physikalisches Verhalten man z.B. mittels Wahrscheinlichkeiten beschreibt. Ja selbstverstaendlich muss zu einer Beschreibung etwas Beschriebenes gehoeren wirst du denken. So ist es in der KI aber eben nicht. Es existiert kein Wuerfel. Es existiert ueberhaupt nichts physikalisches vor der Messung. Es darf ueberhaupt nichts physikalisches existieren um die physikalische Lokalitaet zu bewahren. Um kein Multiversum annehmen zu muessen. Da hilft auch kein Rumgestackse mit Potentialitaeten oder eben in deinem Fall mit den Verhaeltnissen nach dem Wellenkollaps. Um die geht es nicht.

(2.)
Deinen zweiten Denkfehler habe ich schon anhand des Kondensatorbeispiels erlaeutert. Der basiert darauf, dass du wie viele andere Positivisten dir ueberhaupt nicht vorstellen kannst, das Kopenhagen ueberhaupt solche unphysikalischen, nichtrealistischen Annahen trifft wie unter 1) beschrieben.
Und daher versuchst du die Begrifflichkeiten auf die komplexwertigkeit von Psi zu schieben. Aber wenn du die komplexwertige Fouriertransformierte der Schwingung einer Gitarrenseite als Beschreibung verwendest, so kann ich dir garantieren, dass weder die Gitarre noch die Luftschwingung verschwinden, blos weil die FT komplexwertig ist. Oder weil wir ebenfalls nur das Betragsquadrat dieser Komplexwertigen Funktion mit dem Gehoer auswerten.
In der KI gibt es dagegen keine Gitarre keine Seite keine physikalische Welle.
Genauer im Analogon :
Erst wenn der Gitarrenton zu einer Spektrallinie kollabiert ist. Einem Sinuston einem Ereignis, dann entsteht gemaess KI auch die Gitarre. Ja irre, aber konsistent.

Konkret :
Zitat:
Zitat von Hawkwind
Psi ist ein Tool, um eine Vorhersage für eine folgende Messung zu machen:....
Jede mathematische und damit abstrakte Beschreibung ist so ein Tool.
Zitat:
misst du z.B. den Ort x, so ergibt dir das Integral über

Psi* x Psi

den wahrscheinlichsten Messwert <x>, "Erwartungswert" genannt
Soll das x hier den Ort darstellen oder eine Multiplikation ? Psi* x Psi
Psi mal Psi* ergaebe jedenfalls das Betragsquadrat ok.

Zitat:
Ganz offensichtlich ergibt dann eine leicht modifizierte Wellenfunktion

Psi' = exp(i*alpha) Psi

dieselbe Vorhersagen, ...
Moment mal, den Schritt verstehe ich jetzt nicht. EDIT Verstehe es jetzt, siehe naechster Beitrag.
Zitat:
d.h. die abolute Phase von Psi ist unphysikalisch (unbeobachtbar).
Aber ich verstehe auf was du hinauswillst. Und ja das ist kniffelig hat aber wohl gar nichts mit Kopenhagen zu tun. EDIT siehe naechste Beitrag

Zitat:
Das genau meine ich, wenn ich sage, dass Psi unphysikalisch ist.
Und genau das meinen Bohr, Zeilinger, Kopenhagen nicht mit der Aussage Psi waere unphysikalisch. Sie meinen im ernst da waere eben gar nix ausser der Beschreibung. Egal ob Psi oder arg(Psi) oder |Psi|**2
Vor der Messung !!!

Um das Emergenzproblem zu loesen ist es aber tatsaechlich egal wie man die SGL nun interpretiert.
VWI + Dekohaerenz und KI + Dekohaerenz sind voellig identisch. Die KI enthaelt zusaetzlich den philosophischen Aspekt des Wellenkollaps um "Viele physikalische Welten" zu vermeiden. Die viele Welten sind dann geistig und somit rein gedacht und problemlos.
Thats all

Das mit der Phase wuerde ich gerne ohne Interpretationsaspekte noch gerne weiter verfolgen. Ich kann dieser bis jetzt auch noch keine Bedeutung zuordnen. Das sollte aber moeglich sein.

Gruesse

Ge?ndert von richy (29.03.12 um 20:39 Uhr)
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  #34  
Alt 29.03.12, 20:46
Petruska Petruska ist offline
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Standard AW: Zum Emergenz- und Messproblem

Guten Abend, RoKo und alle Mitglieder der Quantengemeinschaft

Wie vorgestern versprochen, reihe ich mich wieder in die Diskussion ein, die mein Hilferuf ganz unerwartet in Gang gesetzt hat.
Es ging also um 1° "das Ganze ist mehr als die Summe siener Teile"/ Systemtheorie/Systemwissenschaft und 2° "Schrödingers Katze".

Beginnen wir, man erkennt später warum, mit der Katze.
Natürlich kenne ich den gesamten Artikel "Die gegenwärtige Situation der Quantenmechanik", den man ja auf
http://www.psiquadrat.de/downloads/s...35_katze1.pdf; http://www.psiquadrat.de/downloads/s...r35_katze2.pdf
http://www.psiquadrat.de/downloads/s...r35_katze3.pdf
herunterladen kann.
Ich möchte ferner auf die französische Übersetzung von Michel Bitbol hinweisen, die auch für Deutschsprachige wegen der 144 höchst pertinenten Kommentare des Übersetzers (44 enggedruckte Seiten, ein bisschen mehr als der Artikel) interessant sein könnte.
[[ Das ist auch die Gelegenheit, zu präzisieren, dass ich zwar in Deutschland aufgewachsen bin, dass aber Französisch meine tägliche Denk- und Arbeitssprache ist. Im allgem. Sprachverkehr absolut zweisprachig, kann es bei mir auf wissenschaftlicher Ebene im Deutschen zu Holprigkeiten kommen, daher auch der Hilferuf für "émergence supra-quantique". Bei klapprigen Formulierungen bitte ich also um / zähle auf Verständnis".]]

Als langsam älterer Mensch versuche ich seit Jahrzehnten darauf hinzuweisen, dass der Artikel Schrödingers (fast 50 Seiten) sich sicherlich nicht auf die 17,3-zeilige Katze reduziert. In der Zusammenfassung des Artikels den ich gerade als Endfassdung poliere, wird die Katze als "beinah zu berühmt" einstufiert, womit doch eigentlich schon viel gesagt ist.
Allerdings glaube ich auch, dass die Katze TROTZDEM eine Eigenbedeutung hat, an die Schroedinger im Kontext der damaligen Erkenntnis aber nicht denken konnte.

Die VORARBEIT zur Problemstellung meines Katzenartikels ist also folgende:

In seinem Artikel will Schrödinger aufzeigen, inwiefern seiner Ansicht nach die damalige (und auch noch heutige) Mainstreamdeutung der QM – nennen wir es, wenn es sein muss, "Kopenhagener Deutung" – weder konsistänt noch vollständig ist. Dabei handelt es sich UNTER ANDEREM um das Problem der "Superposition", auf Deutsch vermutlich "Überlagerung", kurz gesagt die Wellenpaketsgeschichte.
Vom Standcpunkt der DAMALIGEN Erkenntnis MUSSTE man sich noch fragen, wieso die mögliche Überlagerung, bis zum Messungsprozess, mehrerer Zustände bei den Quantenpartikel die ja letzten Endes unsere Makrowelt aufbauen sollen, sich nicht nicht durch eine analoge Zustandsüberlagerung bei allen Makroercheinungen wiederspiegelt, so zum Beispiel die Überlagerung bei einem Lebewesen von "lebend" und "tot", wo man auch noch der Interferenzfransen zwischen beiden Zuständen Rechnung tragen muss, nicht ohne sich zu fragen, was sich darunter vorstellen kann.
Noch 1965 schrieb B. D'Espagnat, dass zwar die Erfahrung zeigt, dass solche Makroüberlagerungen niemals auftreten, dass aber auch "keine Erklärung dafür vorläge".
Inzwischen hat sich das jedoch geändert. Mehrere Theorien vesuchen, die Nicht-Überlagerung in der Makro-Welt zu erklären; darunter scheint mir persönlich – aber die Sache bleibt noch umstritten – die Dekoheränz bei weitem die plausiblste. Letztere ist experimenteell belegt. Nach 14 Jahren geduldiger Vorarbeit gelang es S. Haroche hier in Paris an der ENS-Ulm, ein Dekoheränzphenomän nachweislich zu verursachen; wir müssen noch darauf zurückkommen. Andere Theorien wie Parallel-Multiwelten und so scheinen mir etwas spekulativ. Es soll zwar jedem unbenommen bleiben, zu spekulieren wie er will, aber die Physik hat nun mal die Wahl getroffen, sich nur mit Hypothesen zu beschäftigen, die – formulieren wir mal den obligatorischen Popperismus ein bisschen anders als mit falsifications – provisorisch/vorläufig bestätigt oder endgültig widerlegt werden können.
Wie es auch sei, musste man sich auch schon in den 30gerjahren fragen, ob man das was bei Mikro-Mikroverschränkungen gilt, auch bei MAKRO-MIKROverschränkungen wiederfindet. Wenn man aus heutiger Sicht die Dekoheränz als gültig annimmt, lautet die Antwort natürlich nein.So ist es dann keineswegs verwunderlich, dass in einem Festkörper Wellenpaketserscheinungen von THERMISCH ERREGTEN ATOMEN ausgesprochen schnell resorbiert sind.

Hier müssen wir auf eine andere Streitfrage zurückgehen: Sind Atome die oberste Etage der Quantenwelt oder die unterste Etage der Makrowelt?
Ich habe immer die zweite Auffassung vertreten und sehe sie durch das Dekoheränz-Experiment von S. Haroche (siehe oben) bestätigt. Haroch schloss im Inneren einer "cavité" (mit innerer absoluten Nullpunktemperatur) ein paar Elektronen ein und reduzierte die überlagerten Zustände dieser Elektonen bis auf einen durch " Einspritzung" in die "cavité" von ATOMEN. Wenn man laut Definition die Dekoheränz durch Mikro-Makro-Wechselwirkungen erklärt, dann sind Atome also Makro. Die empirischen Ergebnisse der von Dir erwähnten Doktorarbeit sind dementsprechend die Bestätigung eines voraussehbaren Ausdrucks der Dekoheränz.

DAMIT IST ABER DAS EMERGENZPROBLEM KEINESWEGS ERLEDIGT. Wenn auch die Dekoheränz mit der Überlagerung von Makrozuständen aufräumt – die Katze ist als Karikatur dieser (heute) überholten Problemstellung zu verstehen – so haben wir nach wie vor keine Ahnung, wo alle diese Makroerscheinungen herkommen, die man nicht auf Quantenerscheinungen zurück führen kann, und damit kommen wir zur Problemstellung meines eigenen Katzenartikels.

Makroerscheinungen, die man nicht auf Quantenerscheinungen aufbauen kann, müssen also irgendwie AUS DER MAKROWELT SELBST AUFTAUCHEN, "emergieren".
Solche Makro-Emergenzphänomene gibt es in der Tat. Denken wir an den "effet de foule", aus dem Stegreif "der Menschenmengeneffekt". Eine Menschenmenge verhält sich kollektiv gesehen anders als die Einzelmenschen die die Menge bilden. Ich habe vor vielen Jahren ein Experiment durchgeführt, um an Wissenschaftsthéorie interessierten Studenten/innen mit Physik-Hintergrund DIE GRENZEN DES ANALYTISCHEN DENKENS DARZULEGEN. Die Studenten und ich baten aleatorisch ausgewählte Einzelmenschen, vor einem leeren Bildschirm zu applaudieren. Die einen weigerten sich, "einen solchen Blödsinn zu machen"; andre taten uns den Gefallen, patschten 3-4mal die Hände zusammen, drückten aber durch Achselzucken, Kopfschütteln usw. ihre Verwunderung und mehr aus. Dann verteilten wir uns, die Studenten und ich, mehrmals hintereinander im Zuschauerraum von Kinos und applaudierten mächtig vor dem leeren Schirm den es damals zwischen einer Reklame- und Vorspannserie gab. Diesmal applaudierte das Publikum kräftig mit, im Schnitt immerhin 7 Sekunden, und von ganzem Herzen. Wir wiederholten mal vor Krimis oder Westerns, dann bei sog. anspruchsvollen Filmen; jedesmal gab es den selben Effekt. Das sog. "breitere Publikum" verhielt sich genau so wie das sog. "gehobene Publikum."
Wir haben hier einen typischen Systemeffekt: Da dieser Globaleffekt nicht auf die Eigenschaften der Einzelmenschen zurückzuführen ist, muss er also irgendwie aus der Menge als solcher AUFTAUCHEN, "emergieren".
Es währe jetzt interessant, diesen Gedankengang zu verallgemeinern: ALLE MAKROPHÄNOMENE, DIE MAN NICHT AUF DIE FUNDAMENTALERE QUANTENEBENE ZURÜCKFÜHREN KANN, MÜSSTE MAN ALS AUS DER MAKROWELT AUFTAUCHENDEN SYSTEMEFFEKTE ERKLÄREN KÖNNEN.

Dafür bräuchte man nun eine operationsreife Systemtheorie, oder Systemwissenschaft. In der Tat ist der oben genannte Menschenmengeneffekt ist DER Systemeffekt PAR EXCELLENCE, ganz im Sinne von "das Ganze transzendiert die Summe der Teile". Aber, gibt es diese Systemwissenschaft? Ich habe Deinen Beiutrag darüber aufmerksam gelesen und weiss natürlich, dass es Kybernetik, Regeltechnik, Palo Alto und manches andere gibt.
Sind wir aber in der Lage, das berühmte Postulat "das Ganze transzendiert die Summe der Teile", über die einfache Intuition hinaus, wissenschaftlich/formalisiert zu formulieren? Am Besten mathematisch, und zwar so, dass im Gesamtformalismus die Quantenwelt als GRENZSITUATION, oder als formell eingebundene KOMPLEMENTÄRSITUATION erscheint?
Ich glaube NOCH nicht, obwohl ich selbst hart daran arbeite, und der Katzenartikel gehört dazu.

So, was das Thema Systemtheorie/wissenschaft betrifft, das folgt morgen im Anschluss an das Obenstehende.

Viele Grüsse aus Paris, bis bald
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  #35  
Alt 29.03.12, 22:26
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Hi Hawkwind
Jetzt habe ich deine Argumentation verstanden :
Zitat:
Zitat von Hawkwind
Ganz offensichtlich ergibt dann eine leicht modifizierte Wellenfunktion

Psi' = exp(i*alpha) Psi

dieselbe Vorhersagen, d.h. die abolute Phase von Psi ist unphysikalisch (unbeobachtbar). Das genau meine ich, wenn ich sage, dass Psi unphysikalisch ist. Du kannst dich leicht davon überzeugen, dass dieses Argument für |Psi|^2 nicht zieht: das Betragsquadrat ist beobachtbar; es hat ja auch die Bedeutung einer Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion. Mit "Kollaps" und Kopenhagen hat das nichts zu tun; das ist Quantenmechanik pur.
Ok. Der Term exp(i*alpha) ist natuerlich ein reiner Phasenterm. Der addiert zur Phase von Psi(x) alpha hinzu. Und es ist doch klar, dass der Betrag damit das Betragsquadrat keine Phaseninfoemation enthaelt. Denn |exp(i*alpha)|=1 Man kann somit an der Phase Psi(x,t) herumschrauben wie man will. Am Betragsquadrat aendert sich aus rein mathematischen Gruenden nichts.

Ebenso ist unser Gehoer nicht in der Lage eine Phase auszuwerten, ausser ueber Kammfilterspektren. Und nicht nur aus diesem Grund, sondern auch wegen der Komplementaritaet, Unschaerfe von Zeit und Frequenz ist die Akustik ein hervorragendes Analogon fuer die Quantenmechanik. Und jetzt koennte ich damit argumentieren, dass kein Mensch auf die Idee kommen wuerde die Phase eines Zeitsignals als unphysikalisch zu betrachten, blos weil wir dieses akustisch nicht wahrnehmen koennen.

Mein Argument hat aber hier schon einen kleinen Haken !

Achtung jetzt wird es nicht esoterisch sondern physiologisch. Und um das folgende begreifen zu koennen muss man versuchen einen Standpunkt einzunehmen, der sich nicht an unsere physiologischen Erfahrungen und damit Vorurteile orientiert.

Warum sind wir ueberhaupt in der Lage zwei physikalisch komplementaere Groessen wie Frequenz und Periodendauer (Zeit) gleichwertig beurteilen, begreifen zu koennen ? So als ob sie einem gemeinsamen Beschreibungsraum angehoeren wuerden ? Das liegt einzigst daran, dass wir bezueglich unserer Sinnesorgane selbst komplementaere Wesen sind. Und die wenigsten sind sich dessen bewusst. Dabei ist das simultane Wahrnehmen zeitlicher Huellenkurven und Frequenzen genauso widerspruechlich wie ein Welle Teichen Dualismus. Die akustische Schwebung als akustische Taeuschung kann hier zu einem Aha Effekt fuehren. Und unsere Sinnesorgane loesen diesen vermeintlichen Widerspruch durch endliche Integrationszeiten.

Und daher kann ich sagen. Gut ich habe kein Empfinden fuer eine Argumentfunktion, im Gegensatz zum Frequenzgang nichteinmal einen eigenen Namen dafuer. Aber ich kann dir im Zeitbereich die Phase visualisieren.
(Ist die Phase ueberhaupt von Bedeutung ? Der Mensch meint ja, die Natur meint nein und verwendet stattdessen zwei Messungen. Stereo)

Dein Argument :
Wir kennen nur das Betragsquadrat von Psi als Erfahrung. Und nichteinmal dieses Betragsquadrat in allgemeiner Form. Sondern lediglich eine ganz spezielle Form. Den Diracinmpuls der Wahrscheinlichkeit als sicheres und damit eintretendes Ereignis. Und die "Phase" hat auf dieses keinen Einfluss.
Daraus zu folgern dass die Phase und damit Psi insgesamt unphysikalisch sei ist schon gewagt. Die Aussage ist fuer Psi vor der Messung genauso spekulativ wie jene der Interpretationen. Und es geht nur um das Psi vor der Messung.
Aber diese Privatspekulation dazu zu verwenden um zu behaupten, dass die Kopenhagener Interpretation keine abstrakten Elemente verwendet. Das ist schon eine beachtliche Frechheit. Was soll das ? Dazu muss es in der KI ueberhaupt keine Begruendung geben warum Psi unphysikalisch und damit nicht nur unmessbar sondern abstrakt sein muss. Denn diese Annahme ist voellig zweckorientiert. Und dieser Zweck ist die Erklaerung des EPR Versuchs ohne ein Multiversum. Kannst du mit der nichtmessbaren Phase das selbe leisten ? Das koennte durchaus moeglich sein. Aber auch dabei kommst du um die Entscheidung Realismus damit Multiversum oder Irrealismus damit Abstraktes nicht herum.

Ansonsten ist die Phase und das Betragsquadrat schonmal ein Hinweis daraus, dass Psi wohl eine Groesse ist die aus einer Integraltransformation hervorgeht. Was koennte dann der Urbereich dieser Transformation darstellen. Oder stellt die Dekohaerenz selbst solch eine Transformation dar ?
Das sind interessante Aspekte. Und im Modell von B.Heim findet man einen interessanten Loesungsansatz hierzu.

Gruesse

Ge?ndert von richy (30.03.12 um 00:15 Uhr)
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  #36  
Alt 30.03.12, 04:06
RoKo RoKo ist offline
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Hallo Petruska,

vorab kurz zu mir: 60Jahre, Elektro-ing (Automatisierungstechnik), lebe und arbeitet derzeit in Hong Kong.

Zu Schrödingers Artikel: Schön das du einen Link hast. Ich hatte vor 2 Jahren hier mal einen eingestellt, der nun allerdings nicht mehr funktioniert. Dieser Artikel ist m.E. Pflichtlektüre. Wenn man ihn heute, im Lichte neuerer Erkenntnisse, liesst, dann löst sich die Problematik der Quantenmechanik nämlich auf. Das wollte ich hier diskutieren - und offensichtlich hast du die gleiche Idee.

(Fortsetzung folgt)
__________________
mit freundlichem Gruß aus Hannover

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  #37  
Alt 30.03.12, 07:57
Petruska Petruska ist offline
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Ich bin 100%ig einverstanden, dass Schreibereien wie /A> sinnlos sind. Die Ket-Notierung ist nun mal von Dirac für Quantenzustände eingeführt worden.
Makro-Zustände - darunter Zustände von Apparaten - als Kets zu notieren, setzt voraus, dass besagte Makro-Zustände Mikro-Zustände verlängern. Das EMERGENZ-Problem besteht ja gerade dahin, dass das nicht der Fall ist.

Viele Grüsse

PS Ich werde aus Zusammenhangsgründen meinen gestrigen Beitrag hierher verschieben
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  #38  
Alt 30.03.12, 12:19
Hawkwind Hawkwind ist offline
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Zitat:
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Hi Hawkwind
Es ist doch offensichtlich dass du alle geistigen Aspekte von Bohr und der KI als Witz betrachtest. Und hier hast du es sogar explizit angeschrieben :
http://www.quanten.de/forum/showthre...+wellenkollaps
Dass du hier Mühe gibst, mir mittels irgendwelcher Tricks Zitate unterzuschieben, die ich nicht gemacht habe, finde ich nicht okay!

"geistiger Bohrschen Witzvorgang" ist nicht von mir.

Offenbar schaffen wir es doch nicht, sachlich miteinander umzugehen, obwohl ich es nochmal versuchen wollte. Wahrscheinlich ist unsere Karre schon zu verfahren. Wie auch immer ... .

MfG,
Hawkwind
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  #39  
Alt 01.04.12, 03:13
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Hallo Hawkwind,

Zitat:
Zitat von Hawkwind Beitrag anzeigen
.. Eine Superposition ist doch nichts ungewöhnliches: jede Zustandsfunktion ist in irgendeiner Basis auch eine Superposition - selbst die "kollabierten". Warum zweifelt man dann an der "Realität" von Superpositionen? ..
Es ging nicht um Zweifel an Superpositionen. Es ging um Atome.
__________________
mit freundlichem Gruß aus Hannover

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  #40  
Alt 01.04.12, 03:33
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Hallo Petruska,

Zitat:
Zitat von Petruska Beitrag anzeigen
Hier müssen wir auf eine andere Streitfrage zurückgehen: Sind Atome die oberste Etage der Quantenwelt oder die unterste Etage der Makrowelt? ..
Nach meinen Verständnis nehmen Atome (und Moleküle) eine Zwischenstellung ein. Wie die Versuche von Zeilinger mit Fulleren am Doppelspalt zeigen, können selbst größere Moleküle noch mit sich selbst interferieren und müssen daher als Wellenpakete betrachtet werden. Andererseits sind diese Wellenpakete durch die innerhalb des Atoms bzw. Moleküls wirkenden Kräfte so zu stehenden Wellen geformt, dass man näherungsweise von einem Mittelpunkt und einem Radius sprechen kann. Ferner verhindert die nach aussen wirkende elektrische Negativität eine gegenseitige Überlagerung. Dadurch und durch die Bindungskräfte sind Atome und Moleküle zugleich die Bausteine der Makrowelt.

An Atomen und Molekülen lässt sich gut studieren, wie neue Eigenschaften und Verhaltensweisen emergieren.
__________________
mit freundlichem Gruß aus Hannover

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