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Quantenmechanik, Relativitätstheorie und der ganze Rest. Wenn Sie Themen diskutieren wollen, die mehr als Schulkenntnisse voraussetzen, sind Sie hier richtig. Keine Angst, ein Physikstudium ist nicht Voraussetzung, aber man sollte sich schon eingehender mit Physik beschäftigt haben.

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  #11  
Alt 19.03.12, 10:45
Timm Timm ist offline
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Registriert seit: 26.03.2009
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Standard AW: Raumdehnung vs. Bewegung durch den Raum

Zitat:
Zitat von Philipp Wehrli Beitrag anzeigen
Wenn die Rotverschiebung durch die Geschwindigkeit verursacht ist, hängt sie nur von der Quelle zum Zeitpunkt der Emission und vom Empfänger zum Zeitpunkt der Absorbtion ab. Wird sie durch die Expansion des Raumes verursacht, spielt die ganze Reisezeit eine Rolle. Das Ballonmodell führt daher zu grundsätzlich anderen Aussagen als das Geschwindigkeitsmodell.
Ja, so wird argumentiert. Etwa von Harrison in seinem Buch "Kosmologie", 1984. Dort schreibt er sinngemäß, daß, wenn Emission und Absorption ohne Relativbewegung (keine Dopplerverschiebung) stattfinden, die Wellenlänge gedehnt wird, falls der Raum expandiert, während das Photon "unterwegs" ist.

Dagegen argumentieren Bunn & Hogg jedoch in "The kinematic origin of the cosmological redshift", 2009, http://arxiv.org/PS_cache/arxiv/pdf/...808.1081v2.pdf mit dem Paralleltransport der 4-Geschwindigkeit auf der Bahn dieses Photons. Schau Dir hierzu auch die bildliche Darstellung von Davis in dem erwähnten Spektrum Artikel an.

Zitat:
Zitat von Philipp Wehrli Beitrag anzeigen
Das Geschwindigkeitsmodell ist nur haltbar, wenn wir im Zentrum des Geschehens stehen. Für Beobachter, die nicht im Zentrum sind, wären die Galaxien auf der einen Seite näher beieinander als auf der anderen.
Auf diese Idee kommt man zuerst mal. Beim leeren Universum ist es nicht so. Davis, Seite 59 (The empty universe):

Zitat:
Importantly, the Milne universe obeys the cosmological principle: it looks the same to every observer.
Zu Milne wird man durch googeln reichlich fündig. Das Geschwindigkeitsmodell gehorcht auch nach Hinzufügen von Masse dem kosmologischen Prinzip. Der Unterschied ist: Die Rotverschiebung ist nicht mehr ausschließlich Doppler Effekt (wie im Milne Modell), sondern enthält eine gravitative Komponente. So besagte Autoren, die ich gerne noch auflisten kann.

Gruß, Timm
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Der Verstand schafft die Wahrheit nicht, sondern er findet sie vor - Aurelius Augustinus
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  #12  
Alt 19.03.12, 11:08
Ich Ich ist offline
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Standard AW: Raumdehnung vs. Bewegung durch den Raum

Hi Timm,

Zitat:
Paralleltransport der 4-Geschwindigkeit auf der Bahn dieses Photons
Richtig, damit geht's auch. Dann ist alles mit der so definierten Relativgeschwindigkeit erschlagen.
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  #13  
Alt 20.03.12, 01:59
Benutzerbild von EMI
EMI EMI ist offline
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Standard AW: Raumdehnung vs. Bewegung durch den Raum

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
Richtig, damit geht's auch. Dann ist alles mit der so definierten Relativgeschwindigkeit erschlagen.
Schon sehr seltsam...,

genau so isses!

EMI
__________________
Sollen sich auch alle schämen, die gedankenlos sich der Wunder der Wissenschaft und Technik bedienen, und nicht mehr davon geistig erfasst haben als die Kuh von der Botanik der Pflanzen, die sie mit Wohlbehagen frisst.
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  #14  
Alt 20.03.12, 09:08
Benutzerbild von JoAx
JoAx JoAx ist offline
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Standard AW: Raumdehnung vs. Bewegung durch den Raum

Zitat:
Zitat von EMI Beitrag anzeigen
Schon sehr seltsam...,

genau so isses!
Warum ist es setsam, EMI?
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  #15  
Alt 20.03.12, 10:42
Timm Timm ist offline
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Standard AW: Raumdehnung vs. Bewegung durch den Raum

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
In der Kosmologie definiert man mitbewegte Objekte gerne als "ruhend" und damit den Raum als expandierend. Während man normalerweise zueinander ruhende Objekte als ruhend definiert, und damit den Raum als statisch (soweit möglich). Dass der große Unterschied zwischen beiden Konzepten einfach in dieser der Definition, also dem verwendeten Koordinatensystem liegt, ist vielfach unbekannt.
Stephen Lee (mir nicht bekannt) schreibt hierzu:

http://www.chronon.org/articles/milne_cosmology.html
Zitat:
A critical density model

The above considerations show how cosmological coordinates can be transformed to SR coordinates when we know that special relativity holds true. However we can follow the same procedure for other models of the universe. Recent observations suggest that our universe actually has the critical density, although the majority of this is made up of dark energy - i.e. a non-zero cosmological constant. For simplicity we'll look at the case of a critical density, matter dominated, model with zero cosmological constant. In this case we have

a (τ)=(9C/4) 1/3τ 2/3

A similar argument to that above then gives:

t = τ+3τ 1/3ψ 2 and x = 3τ 2/3ψ+ψ 3

So you see that the possibility of choosing 'Special Relativity' type coordinates isn't only possible in a universe with no spacetime curvature.
Könntest Du das kommentieren? Bin gerade zufällig darauf gestoßen.

Interessant scheint mir die Frage nach dem Anteil der kinematischen Komponente an der kosmologischen Rotverschiebung. Zumindest wenn man erst mal die kosmologische Konstante ignoriert, sollte es einen direkten Zusammenhang zwischen diesem Anteil und der (zeitabhängigen) Materiedichte geben, oder? Und er sollte wohl mit abnehmender Materiedichte asymptotisch gegen 100% gehen. Müßte der Anteil der kinematischen Komponente bei sehr weit entfernten Galaxien wegen der damals größeren Materiedichte entsprechend kleiner sein? Zu diesen Fragen habe ich nichts konkretes gefunden.

Über diese kinematische Komponente wird viel geschrieben, aber doch relativ vage. Sollte es im Prinzip nicht sogar möglich sein, sie für Omega(m) = 0.27, Omega (lambda) = 0.73 zu berechen, oder zumindest abzuschätzen? Eine "einfache" Koordinatentransformation wird wohl nicht möglich sein, sobald Materie im Spiel ist!?

Gruß, Timm
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  #16  
Alt 20.03.12, 12:53
Benutzerbild von Bauhof
Bauhof Bauhof ist offline
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Standard AW: Raumdehnung vs. Bewegung durch den Raum

Zitat:
Zitat von Timm Beitrag anzeigen
Über diese kinematische Komponente wird viel geschrieben, aber doch relativ vage.
Hallo Timm,

meinst du mit "kinematischer Komponente" die gravitativen Eigenbewegungen der Galaxien?

M.f.G. Eugen Bauhof
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Ach der Einstein, der schwänzte immer die Vorlesungen –
ihm hatte ich das gar nicht zugetraut!

Hermann Minkowski
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  #17  
Alt 20.03.12, 15:25
Timm Timm ist offline
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Standard AW: Raumdehnung vs. Bewegung durch den Raum

Hallo Eugen,

Zitat:
Zitat von Bauhof Beitrag anzeigen
meinst du mit "kinematischer Komponente" die gravitativen Eigenbewegungen der Galaxien?
Nein, in diesem "Bewegungsmodell" setzt sich die kosmologische Rotverschiebung aus einem der Gravitation geschuldeten Anteil und einem Doppleranteil zusammen. In diesem Modell bewegen sich die Galaxien durch den Raum, deshalb Doppleranteil (Raum dehnt sich nicht). Im masselosen "Bewegungsmodell Modell" (= Milne Modell) gibt es nur den Dopplereffekt.
Im Raumexpansionsmodell, das durch mitbewegte Koordinaten beschrieben wird, beruht die kosmologische Rotverschiebung auf der Raumdehnung Galaxien ruhen im Raum).

Mehr dazu steht in The kinematic component of the cosmological redshift. Da wird auch einiges gerechnet, wie ich gerade sehe. Vielleicht erledigt sich meine Frage an 'Ich'. Aber dessen input ist auf jeden Fall willkommen.

Gruß, Timm

P.S. Der Kanitscheider ist schon da, Eugen. Guter Zustand für 4.50 €, kann man nichts sagen.
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  #18  
Alt 20.03.12, 15:36
Ich Ich ist offline
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Standard AW: Raumdehnung vs. Bewegung durch den Raum

Hi Timm,

ich kenne Stephen Lee flüchtig von physicsforums, wo er sporadisch als "Chronon" schrieb. Ich stimme natürlich weitgehend mit ihm überein, insbesondere der letzte Abschnitt seiner Arbeit hier ist beachtenswert.
Zitat:
Könntest Du das kommentieren? Bin gerade zufällig darauf gestoßen.
Das war mir auch neu, ich habs jetzt mal angeschaut. Lee führt "Radar-Koordinaten" ein, d.h. ausgehend von einem Beobachter am Ursprung schickt er Lichtpulse aus, die reflektiert werden. Die Hälfte der Laufzeit definiert er als x-Abstand, und das Reflexionsereignis setzt er gleichzeitig zu (t1+t0)/2, also Einsteinsche Synchronisation.
Diese Koordinaten sind im leeren Raum identisch mit Minkowskikoordinaten. Mit Materie wird's komplizierter: Weil es da gravitative Zeitdilatation gibt, ist die Lichtlaufzeit nicht mehr identisch mit der "wahren" Entfernung, die man dur Anlegen ruhender Maßsäbe erhielte (oder mit der Kette, von der ich hier schrieb). Man kann beide Definitionen verwenden, ich persönlich tendiere zu letzterer, da ist man näher an Normalkoordinaten.
Zitat:
Interessant scheint mir die Frage nach dem Anteil der kinematischen Komponente an der kosmologischen Rotverschiebung.
Die kinematische ist proportional zum Abstand, die Gravitationsverschiebung ist proportional zum Quadrat des Abstands. Deswegen funktioniert Bunn & Hoggs Ansatz, bei kleinen Entfernungen nur die kinematische komponente zu berücksichtigen. Die beiden werden in einer gewissen Entfernung gleich groß.
Aber vorsichtig verwenden: diese Aufteilung in Doppler und Gravitation ist nur solange eindeutig möglich, solange man die Rotverschiebung als Funktion der Entfernung noch gut mit a*x+b*x² nähern kann bzw. das Potential statisch genug ist. Bei größeren Entfernungen und Lichtlaufzeiten verschwimmt der Unterschied, und man tut sich schwer mit dieser Aufteilung.
In erster Näherung ist:
Doppler: z=H/c * r
Gravitation: z=2/3*pi*G/c²*rho * r²
Zitat:
Eine "einfache" Koordinatentransformation wird wohl nicht möglich sein, sobald Materie im Spiel ist!?
Ja, es sind dann keine geschlossen darstellbaren Transformationen verfügbar. Ferner hast du, wie oben angedeutet, das Problem, dass das Gravitationspotential nicht statisch ist - und damt die Metrik, und damit der Begriff von "in Ruhe", den man sich macht. Da kann man sicher was lustiges definieren, aber mit der Problematik habe ich mich noch nicht tiefer beschäftigt.
Was immer geht ist die (post-)Newtonsche Näherung, wo man sich eine flache Hintergrundmetrik denkt. Auf die beziehen sich die Formeln oben. Was auch immer geht sind statische Potentiale wie im exponentiell expandierenden Universum (de Sitter).

EDIT: Timm, Bauhof: Was steht denn da jetzt im Kanitscheider? Wirklich "Skalenfaktor"?

Ge?ndert von Ich (20.03.12 um 15:44 Uhr)
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  #19  
Alt 20.03.12, 18:48
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Bauhof Bauhof ist offline
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Standard AW: Raumdehnung vs. Bewegung durch den Raum

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
Timm, Bauhof: Was steht denn da jetzt im Kanitscheider? Wirklich "Skalenfaktor"?
Hallo Ich,

so ist es.
Den Skalenfaktor R(t) erklärt Kanitscheider einige Seiten vorher, und zwar auf Seite 198. Siehe hierzu den PDF-Anhang [1]. Dort erklärt er auch r als eine "dimensionslose Radialkonstante", die für jede Galaxis konstant ist.

M.f.G. Eugen Bauhof

[1] Den PDF-Anhang bitte mit der rechten Maustaste herunterladen. Danach mit dem Adobe Reader öffnen.
Angeh?ngte Dateien
Dateityp: pdf Skalenfaktor.pdf (45,0 KB, 4x aufgerufen)
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Ach der Einstein, der schwänzte immer die Vorlesungen –
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Hermann Minkowski

Ge?ndert von Bauhof (20.03.12 um 18:51 Uhr)
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  #20  
Alt 20.03.12, 19:51
Ich Ich ist offline
Moderator
 
Registriert seit: 18.12.2011
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Standard AW: Raumdehnung vs. Bewegung durch den Raum

Hi Bauhof,

danke für die Seite.

Aber irgendwie wird's dadurch nicht wirklich klarer. Oben schreibt er mal von R0 als dem Abstand zweier "Fundamentalpunkte" zur Zeit t0. Wenn jetzt diese Fundamentalpunkte Sender und Empfänger des fraglichen Lichts wären, dann wäre seine erste Formel wenigstens normal falsch. Mit der Deutung als Krümmungsradius, die auch auf dieser Seite vorkommt, ist sie aber ziemlich weit daneben, da wäre der Strahlungsfluss unabhängig vom Abstand, und auch noch für der nächste Nachbar sähe aus wie in Milliarden Lichtjahren Entfernung.
Wenn wir die Buchstaben von dieser Seite in die Formeln übernehmen wollen, gibt's gleich das nächste Problem: r wäre dann dimensionslos, womit auch die Formel für den Geschwindigkeitseffekt unbrauchbar wäre.

Also bin ich leider noch nicht schlauer, was er gemeint haben könnte.
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