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Quantenmechanik, Relativitätstheorie und der ganze Rest. Wenn Sie Themen diskutieren wollen, die mehr als Schulkenntnisse voraussetzen, sind Sie hier richtig. Keine Angst, ein Physikstudium ist nicht Voraussetzung, aber man sollte sich schon eingehender mit Physik beschäftigt haben.

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  #1  
Alt 18.08.12, 10:59
Fortram Fortram ist offline
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Registriert seit: 11.08.2012
Beitr?ge: 16
Standard Frage zu Artikel von A. Zeilinger

Guten Morgen,

Im 'Spektrum der Wissenschaft' vom November 2008 erschien der Artikel 'Die Wirklichkeit der Quanten' von Anton Zeilinger. In diesem beschreibt er u.a. eine Variante des Doppelspalt-Experiments mit verschränkten Photonen-Paaren (Siehe Versuchsaufbau).

Zeilinger schreibt:
Wegen dieser Verschränkung kann das erste Photon dazu verwendet werden, festzustellen, durch welchen Spalt das zweite Photon getreten ist [Anm.: Am zweiten Photon wird das normale Doppelspalt-Experiment durchgeführt]. Dies ist erst dann nicht mehr möglich, wenn das erste Photon auf eine Weise gemessen wird, die keinerlei Rückschluss - nicht einmal im Prinzip - darüber erlaubt, welchen Weg das zweite Photon nimmt. Wie erreicht man das? Das erste Photon wird in einem Detektor registriert, der in der Brennebene einer Linse steht; dadurch werden alle Photonen auf den gleichen Impuls projiziert, das heisst, es gibt keine Information über den Ort. Nur in diesem Fall - wenn jede Ortsinformation ausradiert ist - treten die Doppelspaltinterferenzen auf.

Mein Frage ist nun: Wenn dieser Detektor nach 'hinten' geschoben wird, sodass immer zuerst das zweite Photon (hinter dem Doppelspalt) registriert wird, und erst danach das erste Photon, tritt auch in diesem Fall ein Interferenzmuster auf?

Es lässt sich ein Experiment ausdenken, bei welchem die Art und Weise, wie das erste Photon detektiert wird, gar noch nicht festgelegt ist, wenn das zweite Photon hinter dem Doppelspalt registriert wird. Dies spricht m.E. dafür, dass kein Interferenzmuster auftritt. Liege ich da falsch?

Vielen Dank für eine Antwort.

Gruss
Fortram

Ge?ndert von Fortram (19.08.12 um 13:15 Uhr)
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  #2  
Alt 18.08.12, 14:23
Timm Timm ist offline
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Registriert seit: 26.03.2009
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Standard AW: Frage zu Artikel von A. Zeilinger

Ich habe den Artikel nicht zur Hand. Das beschriebene Experiment könnte aber dem in Zeilingers Buch "Einsteins Schleier", S. 48, zumindest ähnlich sein. Dort generiert eine Quelle verschränkte Photonen, die sich in entgegengesetzte Richtungen entfernen. Die sich entgegengesetzt zum Doppelspalt entfernenden Photonen werden in dedektiert. Aus dem Ort der Registrierung ergibt sich der Spalt, durch den das Zwillingsphoton getreten ist. Also keine Interferenz. Der Witz ist, daß es auch ohne Detektoren kein Interferenzbild gibt. Und das, obwohl die durch den DS gehenden Photonen ungestört sind und deren Zwillinge davon fliegen. Vorraussetzung für das Verschwinden der Interferenz ist also nicht die 'Welcher Spalt Information' zu haben, sondern daß es sie prinzipiell gibt.
Vielleicht läßt sich das auf das in dem Spektrum Artikel erwähnte Experiment anwenden.

Gruß, Timm
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Der Verstand schafft die Wahrheit nicht, sondern er findet sie vor - Aurelius Augustinus
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  #3  
Alt 18.08.12, 14:44
Fortram Fortram ist offline
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Standard AW: Frage zu Artikel von A. Zeilinger

Zitat:
Zitat von Timm Beitrag anzeigen
Der Witz ist, daß es auch ohne Detektoren kein Interferenzbild gibt.
Ganz genau. Damit es wieder zu einem Interferenzbild kommen kann, muss dem ersten Photon ein Schicksal widerfahren, in welchem die Information vernichtet wird, durch welchen Spalt das zweite Photon gegangen ist. Die Detektion des ersten Photons im Brennpunkt einer Linse entspricht einem solchen "Schicksal".

Mein Frage ist nun, was passiert, wenn man die Linse mit dem Detektor z.B. hundert Meter vom restlichen Experiment entfernt platziert, sodass die Information, welche das Interfernzbild verhindert, erst im Nachhinein zerstört wird.

Gruss
Jan
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  #4  
Alt 18.08.12, 16:53
Timm Timm ist offline
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Registriert seit: 26.03.2009
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Standard AW: Frage zu Artikel von A. Zeilinger

Zitat:
Zitat von Fortram Beitrag anzeigen
Mein Frage ist nun, was passiert, wenn man die Linse mit dem Detektor z.B. hundert Meter vom restlichen Experiment entfernt platziert, sodass die Information, welche das Interfernzbild verhindert, erst im Nachhinein zerstört wird.
Der Quantenradierer funktioniert nachträglich, also auch dann, wenn das Teilchen durch den DS getreten ist und bereits registriert wurde. Das ist aber kein Umschreiben der Geschichte, sondern das Ergebnis akribischer Koinzidenz Wertung. Nur diejenigen auf dem Schirm registrierten Photonen zählen, bei deren verschränkten "Zwillingen" die 'Welcher Spalt' Information zerstört wurde. Auch wenn das lange nach der Registrierung erfolgte!

Gruß, Timm
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  #5  
Alt 18.08.12, 18:07
Fortram Fortram ist offline
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Standard AW: Frage zu Artikel von A. Zeilinger

Hallo Timm,
Vielen Dank für die Antwort.

Zitat:
Zitat von Timm Beitrag anzeigen
Der Quantenradierer funktioniert nachträglich, also auch dann, wenn das Teilchen durch den DS getreten ist und bereits registriert wurde. Das ist aber kein Umschreiben der Geschichte, sondern das Ergebnis akribischer Koinzidenz Wertung. Nur diejenigen auf dem Schirm registrierten Photonen zählen, bei deren verschränkten "Zwillingen" die 'Welcher Spalt' Information zerstört wurde. Auch wenn das lange nach der Registrierung erfolgte!
Das habe ich befürchtet. Was mir daran Kopfschmerzen verursacht, ist folgendes Gedanken-Experiment:

Schritt 1: Ich führe das DS-Experiment durch, die Zwillings-Photone werden noch nicht detektiert.

Schritt 2: Ich mache eine statistische Auswertung, diese zeigt keine Interferenz.

Schritt 3: Ich detektiere FAST ALLE Zwillings-Photone auf eine Weise, dass die DS-Weg-Information verloren geht.

Schritt 4: Ich wiederhole die statistische Auswertung, dabei muss ich nur einen kleinen Teil der gespeicherten Photonen-Daten verwerfen, da ich ja fast alle Zwillings-Photone detektieren konnte. Die Auswertung darf sich deshalb nur minimal verändern, müsste aber trotzdem eine ausgeprägte Interferenz zeigen. Wie geht das?

Die einzige Lösung, die ich mir vorstellen kann, ist, dass wegen der Unschärferelation nicht nur ein einzelnes Interferenz-Muster, sondern viele, leicht verschobene Interferenz-Muster entstehen müssen. Addiert man diese, verschwindet die Interferenz. Erst durch die Detektion der Zwillings-Photonen werden die Daten so gruppiert, dass Interferenzen sichtbar werden. Geht meine Überlegung in die richtige Richtung?

Gruss,
Fortram
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  #6  
Alt 18.08.12, 19:11
amc amc ist offline
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Standard AW: Frage zu Artikel von A. Zeilinger

Hi alle,

ich hab ja nur ein sehr oberflächliches Wissen, aber das kann doch so nicht sein? Vielleicht redet ihr aneinander vorbei, oder ich verstehs nicht?

Angenommen man "schießt" immer einzelne Photonenpaare und behandelt diese immer gleich - und wenn dann nun auf der einen Seite die Photonen den Doppelspalt passiert haben und auf dem Schirm/Detektor aufgekommen sind, dann zeigt sicht entweder eine gewisse Ausprägung an Interferenz oder auch nicht. Aber das lässt sich dann doch nicht mehr nachträglich ausradieren, das wäre ja abenteuerlich ... ?!

Zitat:
Zitat von Fortram Beitrag anzeigen
Mein Frage ist nun, was passiert, wenn man die Linse mit dem Detektor z.B. hundert Meter vom restlichen Experiment entfernt platziert, sodass die Information, welche das Interfernzbild verhindert, erst im Nachhinein zerstört wird.
Ich würde mir das, soweit ich das verstehe (hab das Zeilinger Buch eigentlich auch gelesen ), erst mal so denken:

Zu dem Zeitpunkt, als beide Photonen "auf dem Weg" sind, ist ja die Information über den Ort vorhanden -> also zeigt sich keine Interferenz. Und nun müsste es IMHO unerheblich werden, ob man die Information von dem noch "fliegenden" Photon löscht oder nicht, weil sie schon längst von dem Photon, das den Doppelspalt passiert hat und detektiert wurde bzw. auf dem Schirm aufgekommen ist, in die Umgebung abgegeben wurde, und daher nicht mehr auszuradieren ist.

Grüße, AMC

Ge?ndert von amc (18.08.12 um 19:43 Uhr)
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  #7  
Alt 18.08.12, 19:53
Fortram Fortram ist offline
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Standard AW: Frage zu Artikel von A. Zeilinger

Zitat:
Zitat von amc Beitrag anzeigen
Zu dem Zeitpunkt, als beide Photonen "auf dem Weg" sind, ist ja die Information über den Ort vorhanden -> also zeigt sich keine Interferenz. Und nun müsste es IMHO unerheblich werden, ob man die Information von dem noch "fliegenden" Photon löscht oder nicht, weil sie schon längst von dem Photon, das den Doppelspalt passiert hat und detektiert wurde bzw. auf dem Schirm aufgekommen ist, in die Umgebung abgegeben wurde, und daher nicht mehr auszuradieren ist.
Ganz genau das war auch meine ursprüngliche Vermutung. Gemäss Timm sind wir da aber auf dem Holzweg.

Gruss,
Fortram
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  #8  
Alt 18.08.12, 21:14
amc amc ist offline
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Beitr?ge: 896
Standard AW: Frage zu Artikel von A. Zeilinger

Zitat:
Zitat von Fortram Beitrag anzeigen
Ganz genau das war auch meine ursprüngliche Vermutung. Gemäss Timm sind wir da aber auf dem Holzweg.
Hmm ... Ich denke, der Radierer funktioniert in sofern nachträglich, dass er auch dann noch "radiert", wenn die Photonen den Doppelspalt eigentlich schon durchquert haben müssten (bzw. bei anderen Versuchsaufbauten bereits durch gewisse Polarisationsfilter hindurch sind und man normal annehmen wuerde, dass der weg durch solche "Eingriffe" fest stuende), aber wenn sie detektiert werden, und zwar so, dass sie dabei entsprechende Information an die Umwelt abgeben, dann ist's vorbei, das ist dann in keinster weise mehr nachtraeglich zu radieren.

Vielleicht meinte Timm sowas ähnliches auch, oder ich verstehs nicht.

Mit "detektiert" verstehe ich jetzt hier auch z.B. so etwas wie: Es ist (vielleicht sogar mit den Augen) erkennbar, ob eine Interferenz vorliegt und wie ausgeprägt sie ist.

Und wenn man sich das Ergebnis anschauht, man sieht da ist keine Interferenz, dann kann doch nicht auf einmal, nur weil ich jetzt erst das andere Photon so "abfange", dass die Ortsinformation verschwindet, "vor meinen Augen" sich eine Interferenz einstellen, obwohl die Photonen schon an bestimmten Stellen aufgekommen sind, und sich daher bereits ein entsprechendes Muster eingestellt hat.

Nach meinem bescheidenen Verständnis ist es sinnvoller zu sagen, der Quantenradierer wirkt "nichtlokal", statt "nachträglich". Das "nachträglich" kommt zu sehr aus unseren klassischen Vorstellungen. Tatsächlich abgeschlossene Prozesse können natürlich so nicht rückgängig gemacht werden. Und daher halte ich "nachträglich" auch für irreführend.

http://de.wikipedia.org/wiki/Quantenradierer
Zitat:
Der Begriff Radierer soll den Umstand beschreiben, dass durch nachträgliche Vernichtung einer Information eine scheinbar erfolgte Veränderung am Quantenobjekt vollständig rückgängig gemacht wird.
Das Wort scheinbar ist hier wohl ganz entscheidend. Denn:

Zitat:
Letztlich zeigt er, dass es sinnlos ist, ohne Messung über eine physikalische Realität zu sprechen.
Allerdings muss man dann auch ne ungefähre Vorstellung haben, was nichtlokal bedeutet und leider können wir diese scheinbare und nichtlokale Welt noch nicht verstehen, aber anders ist ist sie allemal, wenn sie (real) ist.

Also ist's auch manchmal einfacher zu sagen, der Radierer wirkt nachträglich.

Mich interessiert aber natürlich Timms Erklärung dafür, inwiefern er auch dann noch radiert, wenn das Photon schon detektiert wurde. Ich hab das nicht verstanden.

Grüße, AMC

Ge?ndert von amc (19.08.12 um 00:27 Uhr)
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  #9  
Alt 18.08.12, 23:01
RoKo RoKo ist offline
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Standard AW: Frage zu Artikel von A. Zeilinger

Hallo zusammen,

hier zunächst ein Link zu den möglichen Versuchsaufbauten zum Quanten"radierer". Dann kann jeder besser nachvollziehen, worüber geredet wird.

Man beachte, dass hier zunächst zwei klassische Analogieversuche dargestellt werden. (Folge jeweils dem Link am Ende der Seite) Dann wird völlig klar, dass bei Wikipedia mal wieder die dort typische Ideologie verbreitet wird:
Zitat:
.. dass es sinnlos ist, ohne Messung über eine physikalische Realität zu sprechen.
Selbstverständlich gibt es stets eine physikalische Realität. Auch ein einzelnes Photon ist eine elektromagnetische Welle. Nur reicht deren Intensität nicht aus, um überall dort, wo sie ist, Wirkung zu erzielen. Das ganze "Geheimnis" der Quantenoptik besteht darin, dass bei sehr geringer Intensität diese zur Wahrscheinlichkeit einer Detektion mutiert.

Ein Photon ist das kleinste Wirkungsquantum einer elektromagnetischen Welle. Analog dazu ist ein Elektron oder ein anderes "Teilchen" das kleinste Wirkungsquantum einer Geschwindigkeits-Impuls-Welle.
__________________
mit freundlichem Gruß aus Hannover

Unendliche Genauigkeit ist eine Illusion
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  #10  
Alt 19.08.12, 08:26
Timm Timm ist offline
Singularität
 
Registriert seit: 26.03.2009
Ort: Weinstraße, Rheinld.Pfalz
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Standard AW: Frage zu Artikel von A. Zeilinger

Hallo zusammen,

Ja, die Quantenphysik widerspricht vielfach dem sog. gesunden Menschenverstand. Erinnert Euch nur an den bekannten Ausspruch eines Richard Feynman.

Meine Deutung - ohne daß ich das mit wirklichem Verständnis gleichsetzen möchte - ist diese:

Fehlt in der Anordnung der Quantenradierer (wie immer der beschaffen sein mag) im Strahlengang des Nicht-Spalt Photons, so bleibt die 'Welcher Spalt' Info auf unbestimmte Zeit erhalten und wäre prinzipiell einer Messung zugänglich. Resultat: Kein Interferenzbild.
Mit dem Quantenradierer haben wir ein radikal anderes Experiment. Die 'Welcher Spalt' Info wird zerstört und eine vorherige Messung dieser Info findet aufgrund der experimentellen Anordnung nicht statt. Insofern ist es belanglos, wann der Quantenradierer diese Information zerstört. Resultat: Ist das Ensemble der Photonen hinreichend groß, entsteht ein Interferenzbild, wenn die nicht koinzidenten Photonen sorgfältig aussortiert wurden.

Vielleicht kann einer der Experten das noch besser erklären.

Gruß, Timm
__________________
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