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Wissenschaftstheorie und Interpretationen der Physik Runder Tisch für Physiker, Erkenntnis- und Wissenschaftstheoretiker |
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#1
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Eleganz physikalischer Formeln
Hallo Zusammen,
ich möchte mal ein paar Gedanken formulieren, die in dem von d_mittmann aufgemachten Thema zur "Neuformelierung" der Geschwindigkeit anklingen. Es geht dabei um eine tatsächliche oder vermeintliche Elegenz physikalischer Formeln, und ob eine solche Eleganz als Kriterium für die Richtigkeit einer Formel angesehen werden kann. Ich möchte diese Annahme anhand eines Beispiels bezweifeln. Viele Physiker sind der Meinung, dass die fundamentalsten Formeln, die letztendlich unsere Welt beschreiben, einfach und elegant sein müssen. Der Gedanke ist natürlich attraktiv, unsere gesamte Welt mit ein paar einfachen Annahmen und Prinzipien komplett erklären zu können. Ich möchte, wie gesagt mit einem Beispiel dagegenhalten. Nehmen wir das einfachste bekannte Atom, Wasserstoff. Wie jeder weiss, gibt es für das Elektron stationäre Quantenzustände, die wir der Einfachheit halber mit einer Quantenzahl n durchnummerieren wollen. Die Energiedifferenz zwischen solchen stationären Zuständen (geteilt durch die Planck-Konstante) kann als Resonanzfrequenz in der Absorbtion und Emission von Licht gemessen werden. Was ist jetzt die Energiedifferenz E(n1)-E(n2) zwischen zwei Zuständen n1 und n2? Das Bohr'sche Atommodell und die Schrödinger Gleichung sind sich einig und sagen E(n1)-E(n2) = K*[ (1/n1)^2 - (1/n2)^2], (*) wobei die Konstante K im Detail erstmal unwichtig ist. Wow, das ist einfach und elegant, auch wenn es ohne LaTeX nicht so aussieht. Wenn ich die Energiedifferenz zwischen E(n1) und E(n2) kenne, (oder, was äquivalent ist, die Konstante K) kann ich ohne viel Aufwand die Energiedifferenz zwischen beliebigen Wasserstoffzuständen ausrechnen. Die Sache hat nur einen Haken. Je genauer man misst, desto weniger stimmen die Vorhersagen von Gleichung (*) mit den Messungen überein. Je genauer man misst, desto mehr Korrekturterme muss man berücksichtigen (relativistische Effekte, Spin-Bahn Kopplung, Feinstruktur, Hyperfeinstruktur, Quantenelektrodynamische Korrekturen). Am Ende kann man (ich nicht) die gemessenen Frequenzen tatsächlich theoretisch auch berechnen und Messung und Rechnung stimmen mit der höchsten derzeit möglichen Präzision (15 - 16 Stellen) überein. Die Quantenelektrodynamik kann sich daher zurecht als die am besten bestätigte physikalische Theorie rühmen. Schön, nur, diese Rechnungen sind jetzt weder einfach noch elegant sondern nur noch verdammt kompliziert. Sogar so kompliziert, dass es weltweit nur eine handvoll Leute gibt, die das auch tatsächlich rechnen können (und in den Rechnungen der Kollegen eventuelle Fehler finden können). Was heisst das jetzt? Position 1: Das zeigt, dass die Quantenelektrodynamik keine fundamentale Theorie zur Beschreibung der Natur ist. So ähnlich, wie zu Zeiten des geozentrischen Weltbildes Epizyklen herhalten mussten, um die gemessenen Positionen der Himmelskörper zu berechnen müssen wir uns mit diesen quantenelektrodynamischen Korrekturtermen herumschlagen, wenn wir erstmal die letztendlich gültige Theorie haben, wird auch alles wieder einfach. Position 2: (meine Position) Die Welt ist nicht einfach. Warum sollte sie es auch sein? Selbst wenn wir eine Theorie finden, die manche Phänomäne vereinheitlicht und auf ein gemeinsames einfaches Prinzip zurückführt, so wird man neue Phänomäne entdecken, die nicht in dieses elegante Schema passen. Unser menschlicher Begriff von Eleganz und Einfachheit ist zu beschränkt für diese Welt. Was ist eure Meinung? schöne Grüße Thom_B |
#2
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AW: Eleganz physikalischer Formeln
Zitat:
Zustimmung, die Welt ist nicht einfach. Meine Meinung: Die Quantenelektrodynamik (allgemeiner: die Quantenmechanik) ist eine fundamentale Theorie zur Beschreibung dessen, was wir von der Natur wissen können. Ich denke, so ähnlich formulierte es Nils Bohr. M.f.G. Eugen Bauhof
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Ach der Einstein, der schwänzte immer die Vorlesungen – ihm hatte ich das gar nicht zugetraut! Hermann Minkowski |
#3
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AW: Eleganz physikalischer Formeln
Zitat:
Dennoch sehe ich hinter all diesen Bestrebungen, vereinheitlichte Theorien zu finden, ganz stark das Vorurteil oder die Erwartung, dass eine fundamentale Theorie "einfach" formuliert werden kann. Das ist natürlich ein unerhörter Optimismus; keiner weiss, ob es wirklich so ist. |
#4
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AW: Eleganz physikalischer Formeln
Sicher sind viele Rechnungen sehr komplex je genauer ihre physikalischen Vorhersagen werden sollen. Was dabei an Schönheit verbleiben kann sind die erhaltenen geometrischen Verhältnisse.
z.b: Die Thermodynamischen Prozesse Beim Gefrieren von Wasser sind unheimlich komplex, können jedoch in zahrleichen sehr schön anmutenden Eiskristallen münden. |
#5
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AW: Eleganz physikalischer Formeln
Hi Tom,
ist es nicht. Die Dynamik der Wechselwirkung zwischen Materie und der Elektronenhülle eines Atoms ist äussert kompliziert und der Vorgang ist letzendlich unverstanden. Das Beispiel eignet sich nicht. Zitat:
Wenn die Regeln, nach denen die Welt funktioniert, kompliziert wären, würden die Entwicklung über längere Zeit in einen chaotischen Zustand münden. Die Tatsache, dass überhaupt erkennbare Strukturen und Ordnungen da sind, beweist,dass sie nach einfachen Prinzipen funktioniert. Grüsse Fossilium |
#6
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AW: Eleganz physikalischer Formeln
Zitat:
Was um Himmels Willen ist denn die "Bohrsche Quantenmechanik"? Meinst du, der hat auch nochmal was Separates formuliert? Die QED wurde unabhängig von Feynman, Schwinger und Tomonoga entwickelt; dafür wurden sie auch mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Du meinst wahrscheinlich die Kopenhagener Deutung der Quantenmechanik; das ist überhaupt keine Theorie sondern pure Interpretation. Hier geht es ein bisschen mit Theorie und Deutungen durcheinander. Diese Verwirrung hat nichts mit der ursprünglichen Frage zu tun. |
#7
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Theorien
Zitat:
Eine Theorie kann nie richtig sein, denn sie ist immer nur ein MODELL der Welt, nicht die Welt selbst. Und ein Modell kann nur solange als gut verstanden werden, wenn es richtige Vorhersagen macht. Gibt es mehrere Modelle welche dasselbe vorhersagen, ist jene vorzuziehen welche die wenigsten Annahmen benötigt, gewissermassen am unkompliziertesten ist. Treten Ereignisse auf, welche mit der Theorie nicht verstanden werden können, wird sie i.Allg. durch eine neue Theorie abgelöst. Diese muss aber im Grenzfall die alte Theorie reproduzieren. Was die mathematische Komplexizität angeht: Es ist meist so, dass ein Modell mathematisch um so komplizierter ist, je einfacher die Grundannahmen sind. Ein gutes Beispiel ist der Übergang von der newtonschen zur relativistischen Mechanik. MFG Ghosti |
#8
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AW: Theorien
Zitat:
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#9
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AW: Theorien
Sorry aba den Eindruck hatte ich nicht..
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#10
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AW: Theorien
Hi Gostwhisperer,
Zitat:
Je komplizierter die Grundannahmen, desto einfacher das Modell (der Natur ?) ? Grüsse Fossilium |
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