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  #1  
Alt 05.07.07, 01:45
zeitgenosse zeitgenosse ist offline
Guru
 
Registriert seit: 01.05.2007
Beitr?ge: 529
Standard Eine Dgl. Vol. 2

In lockerer Art und Weise wird das Thema "Differentialgleichungen" fortgesetzt. In einem Physikform soll auch über fundierte Dinge gesprochen werden (das als Gegengewicht zu den eher laienartigen Beiträgen, die manchmal auch ganz interessant sind). Selbst bin ich besonders an den Anwendungen interessiert. Reine Mathematik ist meine Sache nicht.

In der Beschleunigerphysik wie auch in der Nachrichtentechnik trifft man irgendwann auch auf Besselfunktionen (auch Zylinderfunktionen genannt). Diese sind Lösungen der Bessel'schen Dgl. (benannt nach dem Autodidakten und Astronomen Friedrich Wilhelm BESSEL, dessen Lebensweg eine Biografie wert ist):

Bessel'sche Dgl. der Ordnung n:

x^2 y´´+ xy´ + (x^2 - n^2)y = 0 ; n ist eine ganze Zahl

Lösungen obiger Dgl. treten in Systemen mit zylindrischer Symmetrie auf wie z.B. schwingende kreisförmige Platten oder Membranen. Diese Dgl. nimmt auch den radialen Anteil der Laplace-Gleichung (eine partielle Dgl.) bei zylindrischer Symmetrie in Anspruch, ist also auch für die Himmelsmechanik von grosser Bedeutung.

Besselfunktionen 1. Art (J_n) werden nachfolgend kurz skizziert. Eine Besselfunktion 2. Art (Y_n) wird als Neumannfunktion bezeichnet. Besselfunktionen 3. Art (H_n) sind die Hankelfunktionen. Die sphärische Besselfunktion lässt sich als Linearkombination der Hankelschen Funktionen schreiben. Das geht bereits tief in die Funktiontheorie hinein und übersteigt vermutlich den momentanen Diskussionslevel einiger Leser.

Technische Anwendungen der Besselfunktionen:

1) Klystron

Das Klystron (von griech. "klyzo" = brechen) wurde erstmals durch die Brüder Varian beschrieben in "A High Frequency Oscillator and Amplifier" (1939). Es handelt sich um einen HF-Generator (Laufzeitröhre) mit Verstärkungswirkung, wie er u.a. in der Beschleunigerphysik eingesetzt wird:

http://www.radiomuseum.org/forumdata...Klystron%2Epdf

Grundsätzlich besteht das Klystron aus min. zwei Cavities (Hohlraumresonatoren). In der Radartechnik findet man in Oszillatorschaltungen noch das Reflexklystron.

Ein grosses Klystron am SLAC hat bei 11,4 GHz eine Pulsleistung von 50 MW. Moderne XFEL-Klystrons erhöhen die Mikrowellen-Leistung um den Faktor 10^5. Am DESY ist eigens die Gruppe MHF für Betrieb und Entwicklung sämtlicher HF-Anlagen (darunter der Klystrons) zuständig.

Prinzip des Mehrkammer-Klystrons:



In der 1. Cavity wird ein aus einer Elektronenkanone kommender Elektronenstrahl dichtemoduliert. Während der Strahl zur 2. Cavity vorwärtsdringt, entstehen in der dazwischen befindlichen Driftstrecke sog. Elektronenbunches. Die im 1. Resonator beschleunigten Elektronen beginnen die vorauseilenden - aber langsameren - zu überholen. Dadurch bilden sich "Bunches" (Paktete), die von verdünnten Zwischenräumen abgelöst werden. Der Elektronenstrahl kann deswegen auch als DC-Strahl mit überlagerter nicht-sinusförmiger AC-Komponente verstanden werden. Der in der letzten Kammer induzierte Strom wird als HF-Leistung ausgekoppelt. Die Ausgangsleistung ist dabei grösser als der Input, so dass das Klystron als Verstärker arbeitet. Um den Strahldurchgang nicht zu behindern, werden beim Zweikammer-Klystron Teile der Oberfläche beider Resonatoren als Gitter ausgeführt.

Die zylindrischen Hohlraumresonatoren des Klystrons werden bezüglich ihres Radius durch Besselfunktionen bestimmt. Wichtig dabei sind die Nullstellen. Liegt z.B. die 1. Nullstelle bei x = 2,405 und ersetzt man x durch omega*R/c, erhält man für den Resonatorradius in Abhängigkeit von der Resonanzfrequenz: R=2,405*c/ω


2) Funktechnik

Bei der Frequenzmodulation (FM) setzt sich das modulierte Signal zusammen aus:

u(t) = u_peak_carrier * sin(omega_carrier + M * sin omega_M)t

M = Modulationsindex := Trägerhub : max. Modulationsfrequenz ; z.B. M = 5 kHz/3 kHz = 1,67

Will man die Bandbreite eines frequenzmodulierten Signals untersuchen, ist ein normiertes Besseldiagramm sehr nützlich. Darin enthalten sind Besselfunktionen 1. Art, n-ter Ordnung. Die einzelnen Funktionen werden mit "J" bezeichnet:




J_n(x) = 1/(2pi * i^n) Int [0..2pi] e^(i(x * cos(y) + ny)) dy

J_o(x) ist somit die Besselfunktion 1. Art, 0-ter Ordnung und entspricht der örtlichen Verteilung des Carriersignal. Die übrigen, je nach Modulationsindex stark abklingenden Funktionen entsprechen den bei der FM auftretenden Seitenfrequenzen (streng genommen unendlich viele). Diese Seitenfrequenzen (bzw. -bänder im Amateurfunk) sind jeweils um die max. Modulationsfrequenz versetzt und erzeugen im Frequenzspektrum eine gegenüber dem HF-Träger (Carrier) symmetrische Verteilung. Als Bandbreite betrachtet man aber nur denjenigen Frequenzbereich, in welchem 99 % der abgestrahlten Leistung liegen. Amplituden < 0,1 müssen somit nicht berücksichtigt werden.

Aus einem Besseldiagramm lässt sich auch ablesen, dass bei einem Modulationsindex von 2,4 und 5,5 und 8,6 usw. J_o - also die Trägerfrequenz - eine Nullstelle besitzt. Mit einem Spektrumanalyzer ausgerüstet kann man mit diesem Wissen eine Hubkontrolle durchführen.

Soviel zu den technischen Anwendungen (es gibt noch viele weitere), die sich bezüglich der Besselfunktionen ergeben.

Gr. zg

Ge?ndert von zeitgenosse (05.07.07 um 17:24 Uhr)
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