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Wissenschaftstheorie und Interpretationen der Physik Runder Tisch für Physiker, Erkenntnis- und Wissenschaftstheoretiker

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  #1  
Alt 29.04.12, 16:30
RoKo RoKo ist offline
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Registriert seit: 12.11.2009
Beitr?ge: 996
Standard AW: Konsequenze der Quantenmechanik

Hallo amc,

Zitat:
Zitat von amc Beitrag anzeigen
.. [bezüglich des Bohr-Zitates]
Wie soll sowas denn klar sein können?
Wenn die o.a. Link und den Inhalt aufmerksam gelesen hättest, dann wüsstes du es. dort steht:
Zitat:
von http://www.todayinsci.com/B/Bohr_Niels/BohrNiels-Quotations.htm: Note: Bohr's remark, although in quotation marks, should not be regarded as a direct quote in these exact words. It is a generalised statement in the article author's words to represent Bohr's viewpoint. This is explained in a footnote in Michael Frayn, The Human Touch (2007), 431 based on an article by N. David Mermin in Physics Today (Feb 2004).
Es passt auch nicht ins Bild. Niels Bohr wahr ein philosophisch gebildeter Mensch - wie alle damaligen Physiker. Er hätte m.E. eine solche absolute ontologische Aussage nicht gemacht, weil Widerspruch steht zu Aussagen, die er tatsächlich gemacht hat.

So, wie (o.a.A) Laloe es auslegt: "There is no quantum concept" erscheint es mir schon deshalb sinniger, weil "There is no quantum world" die logische Konsequenz "There is no world" zur Folge hat. Die objektive Existenz einer Welt, wie sie die klassische Physik beschreibt, hat Bohr nie geleugnet. Er hat vielmehr (ebenso Heisenberg) darauf bestanden, unsere Erkenntnisse über Quanten in den Begriffen der klassischen Physik auszudrücken, damit wir überhaupt wissen, wovon wir reden.

Zitat:
Wir können nur von dem ausgehen, von dem wir wissen, dass es existiert. Wenn wir es nicht wissen, dann können wir höchstens spekulative Annahmen machen.
Das ist richtig. Nur ist unser Wissen gegenüber 1927 erheblich gewachsen. Wir können deshalb nicht geistig in diesem Jahr hängen bleiben. (Und so kommt mir einiges doch vor.) Das ist ein Aspekt.

Hinzu kommt: Ob etwas existiert, wissen wir prinzipell nur über Veränderungen von Existentem. Alles andere sind Schlußfolgerungen. Weil wir "sehen" können [beachte den physikalischen und biologischen Prozess des Sehens] sind wir uns dessen nicht unmittelbar bewusst. Dazu bedarf es intellektueller Anstrengung.

Bezogen auf den Diskussionsgegenstand Quantenphysik bedeutet das, dass wir in der Tat prinzipiell nicht wissen können, wie die Natur auf dieser Skala "ist". Wir können stets nur wissen, wie sich die Natur verhält, wenn wir gezielt auf sie einwirken. Es ist m.E. extrem wichtig, diesen Unterschied zu sehen.

Nach allem, was wir derzeit wissen, müssen wir davon ausgehen, dass die Wellenfunktion reales Naturverhalten beschreibt und nicht nur ein mathematisches Tool zur Berechnung von Wahrscheinlichkeiten ist.

Zitat:
Mal nebenbei, um nochmal darauf rumzureiten, so ganz waschechte Realisten seit ihr nun ja nicht mit eurem objektiven Zufall, oder?
Der objektive Zufall ist ja nun keine Willkür. Wir wissen stehts genau, was möglich und wie wahrscheinlich es ist.
__________________
mit freundlichem Gruß aus Hannover

Unendliche Genauigkeit ist eine Illusion
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  #2  
Alt 29.04.12, 19:46
amc amc ist offline
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Beitr?ge: 896
Standard AW: Konsequenze der Quantenmechanik

Zitat:
Zitat von RoKo Beitrag anzeigen
Wenn die o.a. Link und den Inhalt aufmerksam gelesen hättest, dann wüsstes du es. dort steht:
Das habe ich gewiss gemacht. Genauso wie ich mir nicht sicher sein kann, ob jemand etwas gesagt hat, wenn irgendwo steht, dass es so sei, kann ich mir nicht sicher sein, dass es nicht so ist, wenn irgendwo steht, dass es nicht so sei. Da gehört schon mehr dazu. Und selbst wenn mehr dazu kommt, bewegt man sich dann doch oft nur auf einer Ebene von als eher wahrscheinlich oder eher unwahrscheinlich anzunehmenden Gegebenheiten auszugehen.

Zitat:
Zitat von RoKo Beitrag anzeigen
Nach allem, was wir derzeit wissen, müssen wir davon ausgehen, dass die Wellenfunktion reales Naturverhalten beschreibt und nicht nur ein mathematisches Tool zur Berechnung von Wahrscheinlichkeiten ist.
Ich kann mir das ja sogar sehr gut vorstellen. Aber dennoch scheint es mir eindeutig momentan nicht so zu sein, als dass man unbedingt zwingend davon ausgehen müsste. Das ist eben wohl nur deine Ansicht. Und wenn man tatsächlich davon ausgehen muss, dann wird sich das auch durchsetzen - du kannst dann doch also ganz beruhigt sein, dich zurücklehnen, und es freudig abwarten. Kein Grund zur Aufregung

Viele Grüße nach HongKong
AMC
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  #3  
Alt 29.04.12, 21:53
Hawkwind Hawkwind ist offline
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Standard AW: Konsequenze der Quantenmechanik

Zitat:
Zitat von RoKo Beitrag anzeigen
Nach allem, was wir derzeit wissen, müssen wir davon ausgehen, dass die Wellenfunktion reales Naturverhalten beschreibt und nicht nur ein mathematisches Tool zur Berechnung von Wahrscheinlichkeiten ist.
Im Kontext der Bohmschen oder Everettschen Deutung hast du ja vermutlich sogar recht damit - für minmale statistische oder Kopenhagener Deutungen wohl sicher nicht.

Es ist halt ein Punkt, der debattiert wird.
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  #4  
Alt 30.04.12, 00:48
RoKo RoKo ist offline
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Standard AW: Konsequenze der Quantenmechanik

Zitat:
Zitat von Hawkwind Beitrag anzeigen
Im Kontext der Bohmschen oder Everettschen Deutung hast du ja vermutlich sogar recht damit - für minmale statistische oder Kopenhagener Deutungen wohl sicher nicht.

Es ist halt ein Punkt, der debattiert wird.
In der Standard-QM ist die Wellenfunktion kein mathematisches Tool.
__________________
mit freundlichem Gruß aus Hannover

Unendliche Genauigkeit ist eine Illusion
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  #5  
Alt 30.04.12, 20:01
Hawkwind Hawkwind ist offline
Singularität
 
Registriert seit: 22.07.2010
Ort: Rabenstein, Niederösterreich
Beitr?ge: 3.073
Standard AW: Konsequenze der Quantenmechanik

Zitat:
Zitat von RoKo Beitrag anzeigen
In der Standard-QM ist die Wellenfunktion kein mathematisches Tool.
Diese Diskussion wird so langsam langweilig.
Ich könnte dich jetzt mit entsprechenden Zitaten zumüllen; eines soll reichen:

Zitat:
The subjective view, that the wave function is merely a mathematical tool for calculating the probabilities in a specific experiment, is a similar approach to the Ensemble interpretation.
aus
http://en.wikipedia.org/wiki/Copenhagen_interpretation

Diese Frage kann nur im Kontext der Deutungen der QM diskutiert werden, und dort dann recht kontrovers. Da die Kopenhagener Deutung immer noch die weitestverbreitete Interpretation ist, kann man sie als "Standard" ansehen. In der Standard-QM ist die Wellenfunktion somit ein Tool, das Berechnungen von Vorhersagen ermöglicht.

Ich verstehe nicht, warum du die diversen Sichten bzw. Deutungen unbedingt verdrängen möchtest.
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  #6  
Alt 01.05.12, 03:36
RoKo RoKo ist offline
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Standard AW: Konsequenze der Quantenmechanik

Hallo Hawkwind,

kurz zur Klarstellung:
Zitat:
Zitat von Hawkwind Beitrag anzeigen
.. Ich verstehe nicht, warum du die diversen Sichten bzw. Deutungen unbedingt verdrängen möchtest.
Mir geht es nicht um die Verdrängung von Sichten und Deutungen, sondern um Klarstellung.

Zu dieser Klarstellung gehört, dass die Standard-QM sich im Laufe der Zeit gewandelt hat. Diesen Wandel kann man nicht an der Begrifflichkeit "Kopenhagener Deutung" ausmachen, sondern an den Postulaten.

Die Standard-QM beruht heute in der Regel auf den Postulaten, die ich oben bereits angeführt hatte. Die Kopenhagener Deutung (KD1.0) beruht hingegen auf den reinen Messpostulaten (Postulate 2,3,4 der Standard-QM) mit der zusätzlichen Vorschrift, Messgeräte müssen klassisch beschrieben werden. (Ein gute Quelle ist hier: Pietschmann, "Quantenmechanik verstehen")

Der wesentliche Unterschied besteht darin, daß in der KD1.0 in der Tat keinerlei Bezug auf eine zu Grunde gelegten Quantenwelt genommen wird. In der Standard-QM gibt es ein minimalistisches Konzept: Ein Quantensystem befindet sich in einem Zustand, der durch eine Wellenfunktion beschrieben wird.

Zu dieser Klarstellung gehört vor allem, daß nach rund 100 Jahren Quantenmechanik zumindest der Fachwelt klar sein sollte:

Observable sind keine Eigenschaften des zu untersuchenden Quantensystems.

Als mit dem Fach vertrauter Mensch darf man deshalb nicht schreiben:
Zitat:
Zitat von Bauhof Beitrag anzeigen
..
einem Elektron kann man vor der Messung überhaupt keinen Zustand zusprechen.
Erst durch die Konfiguration der Messanordnung wird festgelegt, welcher Aspekt des Elektrons nach der Messung in Erscheinung tritt.
Richtig ist:
Einer Observablen kann man vor der Messung überhaupt keinen Wert zusprechen.
Erst durch die Konfiguration der Messanordnung wird festgelegt, welche Observable gemessen wird.

Für Laien sollte man dann fairerweise hinzufügen, dass Observable keine Eigenschaften des Elektrons sind sondern Resultat der Messwechselwirkung.
__________________
mit freundlichem Gruß aus Hannover

Unendliche Genauigkeit ist eine Illusion
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  #7  
Alt 01.05.12, 07:00
RoKo RoKo ist offline
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Standard AW: Konsequenze der Quantenmechanik

Fortsetzung.

Zur Klarstellung gehört aber auch:

Aus physikalischer Sicht sind derzeit die mindestens die KD1.0, die Standard-QM (KD2.0) und die BM konsistent und gleichwertig. Die Wahl steht dem Physiker also frei. Diese physikalischen Standpunkte sind aber zugleich mit erkenntnistheoretischen und philosophischen Standpunkten verbunden, die man mit der freien Wahl übernimmt und die man dann auch mit allen Konsequenzen zu vertreten hat.
__________________
mit freundlichem Gruß aus Hannover

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