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Wissenschaftstheorie und Interpretationen der Physik Runder Tisch für Physiker, Erkenntnis- und Wissenschaftstheoretiker

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  #41  
Alt 21.11.15, 19:08
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Zitat:
Zitat von soon Beitrag anzeigen
... evtl. nur bei Zeh ...
Der Kontext würde mich wirklich interessieren. Ich halte diese Sichtweise von Zeh für seine Privatmeinung; ich habe darüber noch bei keinem anderen Autor gelesen.

Zitat:
Zitat von soon Beitrag anzeigen
Ich habe noch keinen Text oder Beitrag gelesen, der nicht vornehmlich von der Ablehnung der Koppenhagener Deutung handelt.
Ja, natürlich.

Alle alternativen Deutungen lehnen Kopenhagen in der einen oder anderen Form ab, weil dadurch ein Zaubertrick, genannt "Kollaps", eingeführt wird, der nicht weiter erklärt werden kann. "Kopenhagen" postuliert einen Kollaps im Zuge der Messung, ohne klären zu können, was eine Messung genau ist, und was diese von einer gewöhnlichen quantenmechanischen Wechselwirkung unterscheidet. Das ist logisch nicht schlüssig und absolut unbefriedigend.

Es bleiben die o.g. zwei Auswege: eine realistische Position abzulehnen und den Zustandsvektor rein epistemisch zu interpretieren, also als Repräsentant unseres Wissens, oder eine realistische Position einzunehmen und die mathematisch resultierenden Strukturen als real existent anzuerkennen.

Zitat:
Zitat von soon Beitrag anzeigen
Sobald nachgefragt wird, was mit Everett-VWI denn nun konkret gemeint ist, wird von der Negation des Kollaps der Wellenfunktion geschrieben. Nimmt man dies raus, dann bleibt nichts übrig außer Andeutungen über irgendwie aufpoppende Universen.
Das stimmt schlichtweg nicht!

Es sind keine Andeutungen, sondern sehr präzise mathematische Gleichungen und eine sehr einfache Ontologie. Es bleiben auch keine "irgendwie aufpoppendenden Universen"; das mag in schlechten Darstellungen so sein, und es mag von Gegnern so dargestellt werden, ist aber im Kern sicher nicht so.

Zitat:
Zitat von soon Beitrag anzeigen
Everett-VWI ist für mich also keine Interpretation mit eigener Substanz, sondern im Wesentlichen eine Ablehnung von etwas anderem.
Was bedeutet "für dich"? Was sind denn deine Quellen?

Zitat:
Zitat von soon Beitrag anzeigen
edit: wenn in dem Wikipediaartikel die Rede ist von 'popolärer Interpretation', dann verstehe ich das als 'wird viel drüber geredet' und nicht als 'findet breite Anerkennung'.
Wie so oft ist Wikipedia nicht die beste Quelle ...
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  #42  
Alt 21.11.15, 19:18
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Ich empfehle Carroll sowie die Stanford-Seite als Lektüre

http://www.preposterousuniverse.com/...bably-correct/
http://www.preposterousuniverse.com/...tum-mechanics/

http://plato.stanford.edu/entries/qm-manyworlds/

Viele andere Darstellungen sind eher verwirrend bis schlimmstenfalls falsch.

Nicht dass wir uns falsch verstehen:

Ja, ich bin ein Verfechter der Everettschen Interpretation, allerdings ist bei mir auch erst nach intensiver Beschäftigung der Groschen gefallen. Ich habe diese Interpretation lange Zeit aus den falschen Gründen abgelehnt; letztlich habe ich eigtl. sogar etwas anderes abgelehnt, ein Zerrbild sozusagen. Ich denke, es geht vielen so wie mir.

Ja, man kann die Everettsche Interpretation ablehnen, aber bitte aus den richtigen Gründen. Es gibt im wesentlichen zwei relevante Gegenpositionen: zum Einen kann man eine anti-realistische, rein epistemische, positivistische oder rein instrumentalistische Haltung zu physikalischen Theorien vertreten (gegen die es auch wieder gute Einwände gibt); dann erscheint auch ein Kollaps akzeptabel und das Problem, das die Everettsche Interpretation lösen will, wird zum Scheinproblem. Das ist eine philosophische, keine spezifisch physikalische Gegenposition. Zum anderen kann man die Everettsche Interpretation aus eher subtilen, mathematisch Gründen ablehnen, bzw. aus Gründen des unvollständigen Verständnisses der Quantenmechanik; hier geht es insbs. um das Auftreten von Wahrscheinlichkeiten und den Bedeutungen von mathematischen Strukturen in der QM.
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  #43  
Alt 22.11.15, 18:42
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Hallo TomS,

Zitat:
Zitat von TomS Beitrag anzeigen
.. Ja, man kann die Everettsche Interpretation ablehnen, aber bitte aus den richtigen Gründen. Es gibt im wesentlichen zwei relevante Gegenpositionen ..
Bitte nicht untertreiben.

Ich halte mindestens sechs Gründe für relevant:

Wissenschaftstheoretische Kritik I:
Durch den Verzicht auf das Kollaps-Postulat befindet sich die VWT zwar axiomatisch in der besseren Position; sie kann die verbleibenden Postulate jedoch solange nicht durch empirische Erfolge rechtfertigen, weil sie die Bornsche Regel (nicht das Projektionspostulat!!) nicht aus den ersten drei Axiomen (zumindest als Näherung für makroskopische Systeme) ableiten kann.
Der momentane Status der VWT ist daher folgender: Es gibt drei Postulate, aus denen keine prüfbaren Vorhersagen über das Verhalten von Natur abgeleitet werden können.

Erkenntnistheoretische Kritik I:
Wenn die VWT richtig ist, dann sind notwendigerweise alle anderen wissenschaftlichen Theorien falsch, da diese nicht davon ausgehen, dass sich Systeme in einem widersprüchlichen Überlagerungszustand wie z.B. |tot> und |lebendig> befinden können. Das ist eine weitreichende Konsequenz, die da zu akzeptieren wäre.

Wissenschaftstheoretische Kritik II:
Eine Konsequenz der VWT ist die Aufspaltung des Universums in eine "Vogel"-Perspektive und viele "Frosch"-Perspektiven. (Begriffe stammen von Max Tegmark). "Beobachter" (Everett versteht hierunter erinnerungsfähige Systeme) können prinzipell nur die "Frosch"-Perspektive einnehmen. Diese Konsequenz der VWT ist daher prinzipiell nicht falsifizierbar. Ferner werden dadurch alle bisherigen Plausibilitätskontrollen wie z.B. simple Abzähl-Bilanzen entwertet, womit sich die VWT gegen Kritik immunisiert und zu einem Dogmatismus mutiert.
Man betrachte beispielsweise einen simplen Stern-Gerlach-Versuch (z.B. mit Elektronen in Z-Richtung). Wir beobachten stets kurz nach Eintritt eines Elektrons in die Messapparatur einen Austritt; entweder "Up" oder "Down". Durch simples Abzählen und Bilanzieren ergibt sich, dass das Elektron nicht noch zusätzlich in einer anderen "Frosch"-Perspektive sein kann.

Ontologische Kritik I:
Jede unitäre Zeitentwicklung setzt implizit eine unendliche Genauigkeit der Natur voraus. Dafür gibt es jedoch nicht den Hauch eines Beleges.

Wissenschaftshistorische Kritik I:
Die QM basiert historisch auf der Quantenhypothese (E=h*v)von Max Planck. Diese Hypothese muss zwangsläufig zu Wahrscheinlichkeitsverhalten von Systemen führen. (Man versuche, 1 Cent auf zwei Sparbüchsen zu verteilen!). Die VWT negiert somit die Quantenhypothese und damit ihre eigene Voraussetzung.

Ontologische Kritik II:
Die VWT setzt (mit dem Dekohärenz-Mechanismus) implizit voraus, dass im Universum separierbare und individuierbare Systeme existieren; sie kann aber nicht erklären, wie sie entstanden sein könnten.
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mit freundlichem Gruß aus Hannover

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  #44  
Alt 22.11.15, 22:17
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Gute Punkte!

Zitat:
Zitat von RoKo Beitrag anzeigen
Wissenschaftstheoretische Kritik I:
Durch den Verzicht auf das Kollaps-Postulat befindet sich die VWT zwar axiomatisch in der besseren Position; sie kann die verbleibenden Postulate jedoch solange nicht durch empirische Erfolge rechtfertigen, weil sie die Bornsche Regel (nicht das Projektionspostulat!!) nicht aus den ersten drei Axiomen (zumindest als Näherung für makroskopische Systeme) ableiten kann.
Der momentane Status der VWT ist daher folgender: Es gibt drei Postulate, aus denen keine prüfbaren Vorhersagen über das Verhalten von Natur abgeleitet werden können.
Sie muss die verbleibenden Postulate nicht mehr rechtfertigen als jede andere Interpretation.

Der letzte Satz ist mir nicht klar. Warum soll es drei Postulate geben? Es gibt nur zwei - gemäß der VWI. Und natürlich können aus der VWI überprüfbare Vorhersagen abgeleitet werden: mikroskopisch können wir das seit ca. 90 Jahren, makroskopisch passt die Dekohärenz perfekt. Insofern ist die VWI in exakt derselben Situation wie die orthodoxe Interpretation. Das ist jetzt phänomenologisch kein Fortschritt, jedoch axiomatisch.

Ich würde sagen, hier steht es Unentschieden, mit leichten Vorteilen für die VWI.

Zitat:
Zitat von RoKo Beitrag anzeigen
Erkenntnistheoretische Kritik I:
Wenn die VWT richtig ist, dann sind notwendigerweise alle anderen wissenschaftlichen Theorien falsch, da diese nicht davon ausgehen, dass sich Systeme in einem widersprüchlichen Überlagerungszustand wie z.B. |tot> und |lebendig> befinden können. Das ist eine weitreichende Konsequenz, die da zu akzeptieren wäre.
Das ist richtig (wenn die Prämisse der realistischen Interpretation akzeptiert wird).

Aber das ist im eigtl. Sinn keine Kritik, lediglich eine Feststellung. Willst du die VWI ablehnen, weil du die Konsequenzen nicht magst?

Lassen wir diesen Punkt besser weg.

Zitat:
Zitat von RoKo Beitrag anzeigen
Wissenschaftstheoretische Kritik II:
Eine Konsequenz der VWT ist die Aufspaltung des Universums in eine "Vogel"-Perspektive und viele "Frosch"-Perspektiven. (Begriffe stammen von Max Tegmark). "Beobachter" (Everett versteht hierunter erinnerungsfähige Systeme) können prinzipell nur die "Frosch"-Perspektive einnehmen. Diese Konsequenz der VWT ist daher prinzipiell nicht falsifizierbar. Ferner werden dadurch alle bisherigen Plausibilitätskontrollen wie z.B. simple Abzähl-Bilanzen entwertet, womit sich die VWT gegen Kritik immunisiert und zu einem Dogmatismus mutiert.
Die VWI ist insofern nicht falsifizierbar, als sie die Existenz von etwas akzeptiert, das aus der Dekohärenz folgt und dieser zufolge unbeobachtbar ist.

Sämtliche Spielarten der Kollapsinterpretation sind insofern nicht falsifizierbar, als sie den Kollaps immer genau dann postulieren, wenn er beobachtet wird, und ihn dann negieren, wenn er nicht beobachtet wird. Sie können und werden den Heisenbergschen Schnitt nie präzise festlegen, sondern immer nach Vedarf verschieben.

Wenn ich mich zwischen diesen beiden Immunisierungsstrategien entscheiden muss, entscheide ich mich für die VWI und gegen den Kollaps.

Zitat:
Zitat von RoKo Beitrag anzeigen
Durch simples Abzählen und Bilanzieren ergibt sich, dass das Elektron nicht noch zusätzlich in einer anderen "Frosch"-Perspektive sein kann.
Abzählen funktioniert nicht. Das behauptet die VWI auch nicht, obwohl das oft so dargestellt wird.

Zitat:
Zitat von RoKo Beitrag anzeigen
Ontologische Kritik I:
Jede unitäre Zeitentwicklung setzt implizit eine unendliche Genauigkeit der Natur voraus. Dafür gibt es jedoch nicht den Hauch eines Beleges.
Die unitäre Zeitentwicklung ist ein Axiom praktisch aller Interpretationen.

Deine Kritik würde gelten, wenn du eine Gegenposition darstellen könntest. Kannst du das? Ansonsten ist das haltlos.

Du kannst auch nicht die Relativitätstheorie inklusive der Lorentzkovarianz kritisieren, weil du zur Verifizierung letzterer unendliche Präzision benötigst.

Zitat:
Zitat von RoKo Beitrag anzeigen
Wissenschaftshistorische Kritik I:
Die QM basiert historisch auf der Quantenhypothese (E=h*v)von Max Planck. Diese Hypothese muss zwangsläufig zu Wahrscheinlichkeitsverhalten von Systemen führen. (Man versuche, 1 Cent auf zwei Sparbüchsen zu verteilen!). Die VWT negiert somit die Quantenhypothese und damit ihre eigene Voraussetzung.
Das halte ich für falsch!

Zunächst mal ist es egal, auf was die QM historisch beruht. Wichtig ist, auf was sie heute faktisch beruht. Und da existiert kein zwangsläufiges Erscheinen von Wahrscheinlichkeiten. Wenn es so wäre, würde man diese nicht per Postulat (Bornscher Regel) einführen müssen.

Es gibt außerdem in der QM keine Quantenhypothese. Diese existiert nicht als Axiom, sie folgt lediglich für bestimmte Systeme als Theorem.

Die VWI basiert auf einer Untermenge der Axiomen der von-Neumannschen QM.

Zitat:
Zitat von RoKo Beitrag anzeigen
Ontologische Kritik II:
Die VWT setzt (mit dem Dekohärenz-Mechanismus) implizit voraus, dass im Universum separierbare und individuierbare Systeme existieren; sie kann aber nicht erklären, wie sie entstanden sein könnten.
Das verstehe ich nicht so ganz. Kann es sein, dass du auf logische Zirkularität hinauswillst?

Zusammenfassend halte ich die Argumente für wenig stichhaltig. Es gibt aber tatsächlich einige sehr stichhaltige Argumente! Warum diskutieren wir nicht die?

Den Vorwurf der Zirkularität habe ich nie so ganz verstanden. Die nicht vorhandene bzw. nicht allgemein akzeptierte Ableitung der Bornschen Regel sowie die völlig offene Frage, warum relative Gewichte von Zweigen als Wahrscheinlichkeiten interpretiert werden sollen, halte ich für das zentrale Argument gegen die VWI.

Was ich nicht gelten lasse sind historische Prioritäten. Tatsächlich wurde die VWI als Antwort auf die orthodoxe Darstellung entwickelt. Aber die historische Abfolge sollte bei der Bewertung keine Rolle spielen.
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Ge?ndert von TomS (22.11.15 um 22:46 Uhr)
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  #45  
Alt 22.11.15, 23:51
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Zitat:
Zitat von TomS Beitrag anzeigen
Zitat:
Zitat von RoKo
Ontologische Kritik II:
Die VWT setzt (mit dem Dekohärenz-Mechanismus) implizit voraus, dass im Universum separierbare und individuierbare Systeme existieren; sie kann aber nicht erklären, wie sie entstanden sein könnten.
Das verstehe ich nicht so ganz. Kann es sein, dass du auf logische Zirkularität hinauswillst?
Werden die Voraussetzungen für eine Everett-VWI hinfällig, wenn sich herausstellt, dass ein 'Universum' kein vollständig isoliertes System ist?
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  #46  
Alt 23.11.15, 00:12
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Hallo TomS,

es ist schon spät, daher zunächst nur zu einigen Punkten:
Zitat:
Zitat von TomS Beitrag anzeigen
..
Sie [die VWT] muss die verbleibenden Postulate nicht mehr rechtfertigen als jede andere Interpretation.
Physik ist keine Mathematik; axiomatische Physik (bzw. physikal. Theoriebildung) darf nicht frei etwas postulieren; ihre Postulate müssen durch den empirischen Erfolg der Theorie, die sich aus den Postulaten ergibt, gerechtfertigt werden. Nun ist es so, dass die QM - egal in welcher Variante - ohne die Born-Regel keinerlei empirischen Erfolg vorzuweisen hat. Da die VWT (auch gemäß deinen späteren Angaben) die Bornregel nicht herleiten kann und auch nicht postuliert, gibt es nichts, was die VWT als wissenschaftliche Theorie rechtfertigt.

Zitat:
Die nicht vorhandene bzw. nicht allgemein akzeptierte Ableitung der Bornschen Regel sowie die völlig offene Frage, warum relative Gewichte von Zweigen als Wahrscheinlichkeiten interpretiert werden sollen, halte ich für das zentrale Argument gegen die VWI.
Ich hatte dieses zentrale Argument nur anders (siehe oben) formuliert.

Zitat:
Ich würde sagen, hier steht es Unentschieden, mit leichten Vorteilen für die VWI.
Ich argumentiere hier nicht für Kopenhagen, sondern gegen die VWT. Du kannst dich nicht mit dem Hinwis, dass andere noch schlechter sind, herausreden.

Zitat:
Das [Erkenntnistheoretische Kritik I] ist richtig (wenn die Prämisse der realistischen Interpretation akzeptiert wird).

Aber das ist im eigtl. Sinn keine Kritik, lediglich eine Feststellung. Willst du die VWI ablehnen, weil du die Konsequenzen nicht magst?

Lassen wir diesen Punkt besser weg.
Da es Alternativen zur VWT gibt, gehört die Betrachtung der Konsequenzen mit zur Beurteilung der Theorie.

Zitat:
Die VWI ist insofern nicht falsifizierbar, als sie die Existenz von etwas akzeptiert, das aus der Dekohärenz folgt und dieser zufolge unbeobachtbar ist.
Auch hier gilt: Du kannst dich nicht mit dem Hinwis, dass andere noch schlechter sind, herausreden.

Zitat:
Abzählen funktioniert nicht. Das behauptet die VWI auch nicht, obwohl das oft so dargestellt wird.
Was behauptet die VWT dann, wenn nicht, dass jedes mögliche Messergebnis, jedoch in unterschiedlichen "Zweigen" realisiert wird?

Zitat:
Die unitäre Zeitentwicklung ist ein Axiom praktisch aller Interpretationen.

Deine Kritik würde gelten, wenn du eine Gegenposition darstellen könntest. Kannst du das? Ansonsten ist das haltlos.
Dieser Kritikpunkt richtet sich gegen die Vorstellung eines vollkommenen Determinismus und daher nur indirekt (und nicht ausschliesslich) gegen die VWT.
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  #47  
Alt 23.11.15, 06:55
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Zitat:
Zitat von soon Beitrag anzeigen
Werden die Voraussetzungen für eine Everett-VWI hinfällig, wenn sich herausstellt, dass ein 'Universum' kein vollständig isoliertes System ist?
Die mathematischen / axiomatischen Voraussetzungen der VWI sind im wesentlichen dieselben wie für die Standard-QM bzw. die orthodoxe Interpretation.

Inwiefern sollte das Universum ein offenes System sein? Wenn nur eingebettet in ein größeres, abgeschlossenes System, dann ändert sich nichts prinzipielles.

Deine Frage ergibt nur dann Sinn, wenn die Offenheit eine Einbettung in etwas Größeres meint, das nicht den Regeln der QM folgt. Also was genau meinst du mit "offen"?
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  #48  
Alt 23.11.15, 07:15
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Zitat:
Zitat von RoKo Beitrag anzeigen
Physik ist keine Mathematik; axiomatische Physik (bzw. physikal. Theoriebildung) darf nicht frei etwas postulieren; ihre Postulate müssen durch den empirischen Erfolg der Theorie, die sich aus den Postulaten ergibt, gerechtfertigt werden. Nun ist es so, dass die QM - egal in welcher Variante - ohne die Born-Regel keinerlei empirischen Erfolg vorzuweisen hat.
Was die Axiome bzw. Postulate betrifft zunächst mal korrekt, und zwar bzgl. der meisten Interporetationen der QM.

Nun ist es jedoch nicht so, dass neben der Wahrscheinlichkeitsaussagen auf Basis der Bornschen Regel keine empirischen Erfolge existieren würden - ganzn im Gegenteil. Die QM macht auch andere Vorhersagen außer Wahrscheinlichkeiten, z.B. Spektren in der Atom-, Kern- und Nukleonenphysik; z.B. die Festkörperstruktur, Metalle, Halbleiter (Bandstruktur, ...) usw.; z.B. Suprafluidität und Supraleitung; ... Dazu brauche ich keine Bornsche Regel.

Zitat:
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Da die VWT (auch gemäß deinen späteren Angaben) die Bornregel nicht herleiten kann und auch nicht postuliert, gibt es nichts, was die VWT als wissenschaftliche Theorie rechtfertigt.
Da habe ich dich wohl auf die falsche Fährte angesetzt.

Tatsächlich ist es so, dass es viele Ansätze gibt, die Bornsche Regel abzuleiten, einige davon VWI-spezifisch, einige allgemein relevant. Für die spezifischen Ansätze (insbs. Everett, Saunders, Wallace) sind die Prämissen und Argumente auf Ebene der Interpretation nicht allgemein akzeptiert; es gibt jedoch starke Hinweise darauf, dass das funktionieren kann. Dann gibt es auf der unterlagerten Ebene der Mathematik zwei generische Erkenntnisse (Hartle-Frequency-Operator, Gleason's Theorem) wobei insbs. letzteres relevant zu sein scheint; es besagt, dass wenn ein Wahrscheinlichkeitsmaß auf einem Hilbertraum eingeführt werden soll, dieses zwingend der Bornschen Regel entsprechen muss; man hat also keine Wahlfreiheit. Die VWI muss demnach nicht die Bornsche Regel im Speziellen ableiten, es ist ausreichend, das Auftreten von Wahrscheinlichkeiten im Allgeneinen zu rechtfertigen. .

Die VWI hat hier den Status eines Forschungsprogramms; das ist auch offen so kommuniziert, darüber betseht in der Fachwelt kein Zweifel.

Zitat:
Zitat von RoKo Beitrag anzeigen
Ich argumentiere hier nicht für Kopenhagen, sondern gegen die VWT. Du kannst dich nicht mit dem Hinwis, dass andere noch schlechter sind, herausreden.
Doch, kann ich. Jede Interpretation der QM muss im Kontext aller Interpretationen bewertet werden ...

Zitat:
Zitat von RoKo Beitrag anzeigen
Da es Alternativen zur VWT gibt, gehört die Betrachtung der Konsequenzen mit zur Beurteilung der Theorie.
... wie du ja selbst sagst.

Zitat:
Zitat von RoKo Beitrag anzeigen
Was behauptet die VWT dann, wenn nicht, dass jedes mögliche Messergebnis, jedoch in unterschiedlichen "Zweigen" realisiert wird?
Die VWI behauptet, dass jedes jedes mögliche Messergebnis realisiert wird; sie behauptet jedoch nicht, dass diese Zweige exakt definiert und abzählbar wären.

Erklär' mir doch bitte in zwei getrennten Statements, i) welche Kritik du an der VWI an und für sich hast, und ii) an welchen konkreten Punkten die VWI schlechter abschneidet als eine andere Interpretation.

Eine Bitte: kritisiere nicht die grundlegende Annahme der realistischen Interpretation; diese ist Grundvoraussetzung. Wenn du eine anti-realistische Position einnimmst, dann benötigst du die VWI nicht und bist mit anderen Interpretationen besser bedient (Ensemble-Interpretation, Quanten-Bayesianismus, ...). D.h. diese Entscheidung bzgl. deiner philosophsichen Haltung zur Physik als Ganzes - nicht nur zur QM als isoliertes Feld - musst du bereits vorher getroffen haben.
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Ge?ndert von TomS (23.11.15 um 10:33 Uhr)
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  #49  
Alt 23.11.15, 12:10
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Zitat von TomS Beitrag anzeigen
...Zirkularität...
Im dem Lottobeispiel, weiter oben, mußtest Du bei der Verzweigung gleich von 49 Klonen ausgehen und nicht von einem Original und 48 Klonen.
Der Grund dafür ist, nehme ich an, dass jedes Objekt zugleich Original und Kopie jedes anderen Objekts sein muß.

Programmiertechnisch und ich glaube auch logisch ist das nicht lösbar.

Selbst eine fiktive Programmiersprache, die in einem Schritt 48 Kopien herstellen könnte, wäre unzureichend, weil schon dieser eine Schritt zuviel/unzulässig ist.

Die Sache müsste also ohne den Schritt der 'Verzweigung' auskommen. Die Objekte müssten von vorn herein so angelegt sein, dass sie ihre Kopien enthalten, also Objekt : array of [1..49] of array[1..49] of array[1..49] of array ... bis in alle Ewigkeit.

Das nennt man 'circular references' und führt spätestens bei der ersten Initialisierung zu 'endless loop' und 'stackoverflow'.
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  #50  
Alt 23.11.15, 13:41
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Erstens meinen wir mit Zirkularität offensichtlich etwas völlig anderes (ich spreche von logischer Zirkularität) und zweitens war das nur ein extrem vereinfachtes Beispiel, um zu zeigen, dass in einem objektiv deterministischen Kontext dennoch subjektiv Wahrscheinlichkeiten auftreten können.
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