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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Math-Gedankenexperiment Unendlichkeit


Physikus
07.06.12, 01:39
Hey,

in einer Diskussionsrunde entstand folgene Frage:

was ist wenn man sich in irgend einer Form Undenlichkeit vorstellt..würde diese Fähigkeit denn nicht ein unendlich großes Gehirn voraussetzen?

Warum können wir uns totzdem einen unendlichen Raum vorstellen? :confused:

Marco Polo
07.06.12, 02:50
in einer Diskussionsrunde entstand folgene Frage:

was ist wenn man sich in irgend einer Form Undenlichkeit vorstellt..würde diese Fähigkeit denn nicht ein unendlich großes Gehirn voraussetzen?

Warum können wir uns totzdem einen unendlichen Raum vorstellen?

Wir können uns eigentlich auch keinen unendlich grossen Raum vorstellen. Zumindest nicht bildlich. Also ich kanns zumindest nicht.

Z.B. bei einer offenen Zahlenreihe weiss ich, dass diese unendlich sein muss. Es gibt ja keine grösste Zahl. Es gibt immer noch eine, die grösser ist usw..

Dieses Wissen befähigt mich aber nicht, mir diese unendliche Zahlenreihe in seiner Gesamtheit vorzustellen. Das hat einen Grund:

Es gibt nämlich keine klare Vorstellung von dieser Gesamtheit, also keinen exakten Wert, da dieser ja stets übertroffen werden kann.

Nimm unendlich und multipliziere mit dem Faktor 2. Das ist unendlich. Multipliziere unendlich mit unendlich und es ergibt sich unendlich. Oder teile unendlich durch 2. Ergibt unendlich.

Unendlichkeit ist nun mal prinzipiell ein unzugänglicher Begriff, auch wenn man weiss, dass es diese gibt.

Gute Nacht, Marco Polo

Bauhof
07.06.12, 09:00
Hey, in einer Diskussionsrunde entstand folgene Frage: was ist wenn man sich in irgend einer Form Undenlichkeit vorstellt..würde diese Fähigkeit denn nicht ein unendlich großes Gehirn voraussetzen? Warum können wir uns totzdem einen unendlichen Raum vorstellen? :confused:
Hallo Physikus,

es gibt in der Mathematik zwei Formen von Unendlichkeiten: das "aktual Unendliche" und das "potentiell Unendliche". Georg Cantor hat den Begriff des "aktual Unendlichen" eingeführt. Das aktual Unendliche ist zwar mathematisch fassbar, aber nicht gedanklich vorstellbar. Deshalb können wir uns auch nicht einen unendlichen Raum als Ganzes vorstellen, denn dieser würde unter den Begriff "aktual Unendlich" fallen.

Hingegen das potentiell Unendliche ist auch gedankliche vorstellbar. Zum Beispiel kann man sich die unendliche Folge der natürlichen Zahlen 1, 2, 3, ..., n gedanklich in der Form erzeugen, indem man zur vermeintlich größten Zahl n die Zahl 1 addiert: n := n + 1.

M.f.G. Eugen Bauhof

Marco Polo
07.06.12, 09:51
es gibt in der Mathematik zwei Formen von Unendlichkeiten: das "aktual Unendliche" und das "potentiell Unendliche". Georg Cantor hat den Begriff des "aktual Unendlichen" eingeführt. Das aktual Unendliche ist zwar mathematisch fassbar, aber nicht gedanklich vorstellbar. Deshalb können wir uns auch nicht einen unendlichen Raum als Ganzes vorstellen, denn dieser würde unter den Begriff "aktual Unendlich" fallen.

Hingegen das potentiell Unendliche ist auch gedankliche vorstellbar. Zum Beispiel kann man sich die unendliche Folge der natürlichen Zahlen 1, 2, 3, ..., n gedanklich in der Form erzeugen, indem man zur vermeintlich größten Zahl n die Zahl 1 addiert: n := n + 1.

Hi Eugen,

ich sehe da keinen Unterschied. Ob jetzt ansteigende Zahlenreihe oder immer grösserer Raum bis hin zur Unendlichkeit.

Die Zahlenreihe ist doch nur ein eindimensionales Analogon zu der Vorstellung, dass auch dem Raum (wie bei der Zahlenreihe) immer noch einer draufgesetzt werden kann.

Genauso wie es keine grösste Zahl gibt, gibt es auch keinen grössten Raum. Es ist halt immer noch eine grössere Zahl/ein grösserer Raum denkbar.

Oder unterliege ich da jetzt einem Denkfehler?

Grüsse, MP

Bauhof
07.06.12, 12:04
Hi Eugen, ich sehe da keinen Unterschied. Ob jetzt ansteigende Zahlenreihe oder immer grösserer Raum bis hin zur Unendlichkeit. Die Zahlenreihe ist doch nur ein eindimensionales Analogon zu der Vorstellung, dass auch dem Raum (wie bei der Zahlenreihe) immer noch einer draufgesetzt werden kann. Genauso wie es keine grösste Zahl gibt, gibt es auch keinen grössten Raum. Es ist halt immer noch eine grössere Zahl/ein grösserer Raum denkbar.

Oder unterliege ich da jetzt einem Denkfehler? Grüsse, MP
Hallo Marc,

kein Denkfehler, sondern vermutlich nur Wissensdefizit. Es gibt gravierende Unterschiede zwischen "aktual Unendlich" und "potentiell Unendlich". Ich werde recherchieren und mich wieder melden.

M.f.G. Eugen Bauhof

Marco Polo
07.06.12, 12:50
kein Denkfehler, sondern vermutlich nur Wissensdefizit. Es gibt gravierende Unterschiede zwischen "aktual Unendlich" und "potentiell Unendlich". Ich werde recherchieren und mich wieder melden.

Bin gespannt, wie du den Unterschied herausstreichen wirst. Da bleibe ich wie eine Klette dran. :)

Bauhof
07.06.12, 16:14
Bin gespannt, wie du den Unterschied herausstreichen wirst.

Hallo Marc,

die "potentielle Unendlichkeit" ist eine werdende, sich entfaltende, aber nicht abgeschlossene Unendlichkeit, da sie kein letztes, abschließendes Element hat. Unter einer "potentiell unendlichen Menge" stellt man sich einen unbegrenzt fortschreitenden Prozess der Erzeugung bestimmter Objekte vor, mittels dessen man zu jeder noch so großen endlichen Anzahl von Elementen der betrachteten Menge ein bestimmtes weiteres Element der Menge erhalten kann.

"Aktual unendlich" bezeichnet die Auffassung einer unendlichen Menge als ein fertiges, vollendetes Ganzes. Die klassische Mathematik und gleichzeitig die überwiegende Mehrheit der heutigen Mathematiker akzeptiert das aktual Unendliche für alle Mengen, die sich auf der Grundlage der Axiome der Zermelo-Fraenkel-Mengenlehre definieren lassen: Das Unendlichkeitsaxiom liefert die Existenz der Menge der natürlichen Zahlen, das Potenzmengenaxiom die der reellen Zahlen.

Ich kann mir das Universum zwar als potentiell unendlich vorstellen, aber nicht als aktual unendlich. Denn da müsste ich mir das Universum als "unendlich fertiges, vollendetes Ganzes" vorstellen. Das führt zu einen unendlichen Gedanken-Regress.

Javier de Lorenzo Martinez schreibt auf Seite 6 in [1] dazu folgendes:
Zwischen "beliebig viele" und "unendlich viele" besteht ein philosophisch entscheidender Unterschied. Diese Begriffe - das potenziell Unendliche und das aktual Unendliche - zu klären hat die Mathematiker über die Jahrhunderte viel Mühe gekostet. Aber sie wollen das Unendliche nicht missen, denn ohne diese Begriffe wäre die Mathematik viel schwieriger.
[...]
Gibt es nur ein aktual Unendliches, nämlich das der natürlichen Zahlen? Anders ausgedrückt: Gibt es nur eine transfinite Kardinalzahl? Wer soeben erst die Zaghaftigkeit des potenziell Unendlichen überwunden und sich mit dem aktual Unendlichen angefreundet hat, wäre froh, wenn dieser unheimliche Bereich wenigstens in dem Sinne übersichtlich wäre, dass es nur ein Unendliches gäbe. Cantor zerstörte diese Illusion, indem er nachwies, dass es eine ganze Hierarchie von unendlichen Mengen gibt. Er zeigte sogar auf, wie man von einer gegebenen Menge zu einer mit größerer Kardinalität kommt: Man nehme die Menge ihrer Teilmengen. Zum Beweis dient das berühmte Diagonalverfahren.
[...]
Das Unendliche in seinen beiden Aspekten beherrscht und strukturiert die mathematische Tätigkeit. Mathematik betreiben bedeutet, so meinte Poincare, Geschichten erzählen über das Unendliche, obwohl kein Mathematiker je einen unendlichen Beweis oder eine unendliche Berechnung durchgeführt hat noch jemals durchführen wird.

Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof

[1] Martinez, Javier de Lorenzo
Die Wissenschaft vom Unendlichen.
Aufsatz in: Spektrum der Wissenschaft spezial: Das Unendliche. (http://www.spektrum.de/artikel/849278&_z=798888)
Heidelberg, Mai 2001.

Marco Polo
07.06.12, 18:29
Ah ja. Danke Eugen. Ich denke ich habs verstanden.

Nehmen wir einfach unsere Zeit. Diese wäre demnach potentiell unendlich. Sie entwickelt sich ja noch in Richtung Unendlichkeit.

Ein unendlich vorgegebener Raum (er entwickelt sich ja nicht zur Unendlichkeit, da er dies bereits ist) wäre dann eben aktual unendlich.

Da gibt es tatsächlich einen Unterschied. Im ersteren Fall (potentielle Unendlichkeit) nehmen wir an dem Prozess hin zur Unendlichkeit teil, während wir im zweiteren Fall (aktuale Unendlichkeit), diese Unendlichkeit quasi vorgesetzt bekommen.

Jetzt stellt sich die Frage (und um die geht es), welche dieser beiden Unendlichkeiten vorstellbar ist.

Eindeutige Antwort: Es ist die potentielle Unendlichkeit.

Warum? Eben weil die potentielle Unendlichkeit immer von einem konkreten Wert +1 usw. ausgeht, während dies bei der aktualen Undendlichkeit nicht gegeben ist.

Um sich etwas vorzustellen, benötigen wir also immer etwas Konkretes auf dem wir aufbauen können.

Genau das geht der aktualen Unendlichkeit ab.

Danke für die Aufklärung.

Grüsse, Marco Polo

Bauhof
07.06.12, 19:06
Jetzt stellt sich die Frage (und um die geht es), welche dieser beiden Unendlichkeiten vorstellbar ist. Eindeutige Antwort: Es ist die potentielle Unendlichkeit.

Warum? Eben weil die potentielle Unendlichkeit immer von einem konkreten Wert +1 usw. ausgeht, während dies bei der aktualen Undendlichkeit nicht gegeben ist.

Um sich etwas vorzustellen, benötigen wir also immer etwas Konkretes auf dem wir aufbauen können.

Genau das geht der aktualen Unendlichkeit ab.
Hallo Marc,

deiner Betrachtung stimme ich voll zu.
Als Georg Cantor das aktual Unendliche einführte, entbrannte leider ein böser Streit zwischen ihm und seinem Kollegen Kronecker. Das aktual Unendliche wollte Kronecker absolut nicht akzeptieren

M.f.G. Eugen Bauhof

Marco Polo
07.06.12, 19:38
Als Georg Cantor das aktual Unendliche einführte, entbrannte leider ein böser Streit zwischen ihm und seinem Kollegen Kronecker. Das aktual Unendliche wollte Kronecker absolut nicht akzeptieren

Das geht mir genauso wie Kronecker, Eugen. Ein Prozess hin zur Unendlichkeit (potentiell) scheint plausibel. Deswegen, weil diese potentielle Unendlichkeit zu jedem Zeitpunkt gar keine Unendlichkeit ist. Sie entwickelt sich ja erst in diese Richtung.

Aber eine aktuale Unendlichkeit übersteigt mein Vorstellungsvermögen. Die ist vielmehr völlig schwachsinnig, wenn du mich fragst. Man kann sich das einfach nicht vorstellen.

Diese aktuale Unendlichkeit muss ja irgendwo ihren Ursprung haben, würde ich fordern. Hat sie einen, wird sie aber automatisch zur potentiellen Unendlichkeit. Von einem Ursprung ausgehend, entwickelt sich eben alles immer nur hin zur potentiellen Unendlichkeit.

Nimm die Zeit. Bei der aktualen Unendlichkeit hätte diese weder Anfang noch Ende. Für mich unvorstellbar.

Da wird man bekloppt, wenn man sich die aktuale Unendlichkeit vorzustellen versucht. *verklärt guck*

Grüsse, Marco Polo

Bauhof
08.06.12, 10:51
Aber eine aktuale Unendlichkeit übersteigt mein Vorstellungsvermögen.

Hallo Marc,

meins auch.
Aber der menschliche Verstand könnte in der Lage sein, unendliche Zahlen zu bestimmen und voneinander zu unterscheiden. Das meinte jedenfalls Georg Cantor. Er wird zitiert von W.N. Komarow auf Seite 64 in [1] wie folgt:

Wenn man von der 'Endlichkeit des Verstandes' spricht, setzt man stillschweigend voraus, dass seine Fähigkeit zur Bildung von Zahlen auf die endlichen Zahlen beschränkt ist. Wenn es sich jedoch erweist, dass der Verstand in der Lage ist, in gewissem Sinne unendliche Zahlen zu bestimmen und voneinander zu unterscheiden, so muss man dem menschlichen Verstand das Prädikat 'unendlich' zuschreiben, was meiner Meinung nach allein richtig ist.

Wie beschränkt auch die menschliche Natur sein mag, so ist doch viel vom Unendlichen an ihr hängen geblieben. Wenn man es ganz streng sagen will, so ist die potentielle Unendlichkeit für die Lösung praktischer Aufgaben absolut ungeeignet. Ist doch die potentielle Unendlichkeit ein 'ewig nichtabgeschlossener Prozess'.

Georg Cantor war ein genialer Mathematiker. Aber manchmal ist er über das Ziel hinausgeschossen, indem er als strenggläubiger Katholik den Begriff Unendlichkeit in unwissenschaftlicher Weise mit der (für ihn unbestreitbaren) Existenz Gottes verknüpfte.

Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof

[1] Komarow, W. N.
Auf den Spuren des Unendlichen. (http://www.amazon.de/Auf-den-Spuren-Unendlichen-Komarow/dp/387144443X/ref=sr_1_1?s=books&ie=UTF8&qid=1339148842&sr=1-1)
Thun und Frankfurt am Main 1978.
ISBN=3-87144-443-X

Hawkwind
08.06.12, 14:36
...
Nimm die Zeit. Bei der aktualen Unendlichkeit hätte diese weder Anfang noch Ende. Für mich unvorstellbar.

Da wird man bekloppt, wenn man sich die aktuale Unendlichkeit vorzustellen versucht. *verklärt guck*

Grüsse, Marco Polo

Schon klar, dass ein Schalker da nicht mitkommt! :)

Aber, ehrlich gesagt, mit kommt diese Unterscheidung von Unendlichkeiten auch reichlich akademisch vor.
Aber nichts gegen Akademiker (noch gegenSchalker). :)

Physikus
08.06.12, 23:08
da hat sich ja eine interessante Diskussion ergeben :)

mal ein anderer Ansatz ob man überhaupt zw. potentieller und aktualer Unendlichkeit entscheiden kann:

Grundfrage: Kann eine Tatsache bestehen ohne zu "sein"?

Beispiel: Jemand denk: "Alles ist schlecht"

Nun "ist" es so, dass diese Person "alles" schlecht findet.

dies bedeutet diese Person würde "unendlich vieles" schlecht finden.

-> Diese Person findet das Wetter schlecht
-> Diese Person findet sein Auto schlecht
-> Diese Person finder die Zahl 1373 schlecht
-> usw.

das sind demnach bestehende "Tatsachen"...

Um sagen zu können dass etwas "besteht" müsste es auch "da" sein, also (physikalisch) vorhanden.

Würden nun also undendlich viel "verursachte" Tatsachen unendliche Gegebenheit von Materie erfordern?

Oder können Tatsachen auf einer nicht materiellen Ebene bestehen?

(Logischer Atomismus nach Russell)

Bauhof
09.06.12, 09:36
Grundfrage: Kann eine Tatsache bestehen ohne zu "sein"?
Hallo Physikus,

die Mathematik ist eine menschliche Geisteswissenschaft und keine Naturwissenschaft. Das ist vielen nicht klar.

Deshalb berührt deine Frage das Problem nicht. Ob es also einen Unterschied zwischen potentieller und aktualer Unendlichkeit gibt, kann nicht mit einer naturwissenschaftlichen Erörterung angegangen werden.

M.f.G. Eugen Bauhof

P.S.
Ich werde deshalb diesen Thread in die Plauderecke verschieben und mit dem Präfix "Math" versehen.
Weil es hier bis jetzt kein Unterforum für Mathematik gibt.

Marco Polo
09.06.12, 10:01
Schon klar, dass ein Schalker da nicht mitkommt! :)

Ganz schön viel Wind für einen Nord-Lüdenscheider. :)

Aber nichts gegen Akademiker (noch gegen Schalker). :)Gilt das auch für Schalker Akademiker? Die sind selten. Aber es soll sie geben. :)

amc
09.06.12, 12:35
Grundfrage: Kann eine Tatsache bestehen ohne zu "sein"?

"Wahrheit" ist vielleicht treffender. Das Wort "Tatsache" kann ein Handeln in Raum und Zeit suggerieren. In gewisserweise also schon, würde ich sagen. Also, wenn eine Wahrheit besteht, dann "ist" sie auch, aber eine Wahrheit benötigt nicht zwingend eine physikalische Basis, um zu "sein", zumindest keine für uns übliche. Letztendlich muss man wohl aber auch diese Wahrheiten physikalisch einordnen und begreifen können, um unsere Welt besser verstehen zu können.

Ich bin auch überzeugt, dass eine Welt, bestehend einzig aus "nicht materiellen Wahrheiten" keinen Sinn ergibt, und daher unmöglich ist. Vielleicht ist es sogar so, dass unsere materielle Welt (die dafür nötige Energie) quasi aus diesen Wahrheiten hervorgeht, was für mich bedeutet, dass diese Wahrheiten dann, sofern man sie als real einstuft, selbst in gewisserweise materiell sind und so den Grundstoff unserer Welt bilden. Unsere Existenz (materielle Existenz allgemein) ist dann eine logische Konsequenz dieser sich selbst ergebenden / aus sich selbst heraus bestehenden Wahrheiten. Ein Schöpfer wird dann nicht benötigt. Was allerdings nicht bedeutet, dass ich eine "götlliche Existenz" ausschließe. ;)

Hier mal ein Besipiel, wie auf einfache und höchst beeindruckende Weise, wie ich finde, die (potenzielle) Unendlichkeit beherschbar werden kann:

http://de.wikipedia.org/wiki/Primzahlen#Gr.C3.B6.C3.9Fte_bekannte_Primzahl

Der Satz von Euklid besagt, dass es keine größte Primzahl gibt.

Es ist also ein Fakt, dass es (potenziell) unendlich viele Primzahlen gibt. Wobei hier das "es gibt" nicht sofort gleichbedeutend mit einer physikalischen Realität ist. Man kann also vielleicht eine mathematische Unendlichkeit mit der potenziellen Unendlichkeit gleichsetzen, und die aktuale Unendlichkeit mit einer physikalischen (in oder durch Raum und Zeit existierenden) Unendlichkeit.

Vielleicht kann man es so formulieren: Damit eine potenzielle/mathematische Unendlichkeit zu einer aktualen/physikalischen Unendlichkeit wird, ist auch immer unendlich viel Raum und unendlich viel Zeit und unendlich viel Materie erforderlich. Dass es aber unendlich viele Primzahlen gibt, ist eine Wahrheit, die, um gültig zu sein, eigentlich keine materielle Basis, keinen Raum und keine Zeit benötigt.

Die mathematische Unendlichkeit "existiert" also definitiv, ob eine physikalische Unendlichkeit existiert, das werden wir wohl nie in Erfahrung bringen können. Um dies nachzuprüfen, müssten wir ja auch unendlich viele Anstrengungen bewältigen ... Das ist wohl nicht zu schaffen :)

Vielleicht konnte ich dir ein paar Anregungen geben ...

Dann mal auf unendlich viele Klose, Poldi & Co Tore ... :D Viel Spaß Leute!

Grüße, AMC

amc
09.06.12, 12:56
die Mathematik ist eine menschliche Geisteswissenschaft und keine Naturwissenschaft.

Hallo Eugen,

allerdings scheinen Mathematik und Physik auch auf verblüffende Weise zusammen zu gehören, und das eben viel enger, als man es eh schon kennt. Dazu, auch aus der Welt der Primzahlen, folgendes Beispiel (es geht um die Riemannsche Vermutung):

http://www.zeit.de/2001/03/Chaos_hilf_/seite-1
Immerhin führten diese Berechnungen zu der These, die Riemannsche Vermutung tauche auch in der Quantenmechanik auf. Bei einem Nachmittagstee stellten der Mathematiker Hugh Montgomery und der Physiker Freeman Dyson fest, die Abstände zwischen den Nullstellen der Zeta-Funktion sähen genauso aus wie die Abstände zwischen den Energieniveaus in quantenchaotischen Systemen. Was hat es damit auf sich?
[...]
Fände sich eine quantenchaotische Anordnung, deren Energieniveaus exakt mit den Nullstellen der Zeta-Funktion übereinstimmen, wäre die Riemannsche Vermutung bestätigt.
[...]
Es wäre nicht das erste Mal, dass mathematische Theoreme auf dem Umweg über die moderne Physik bewiesen werden.


Oder hier:
http://www.joergresag.privat.t-online.de/mybk3htm/chap52.htm
Einige Mathematiker glauben, dass ein Beweis in nicht allzu ferner Zukunft möglich sein könnte. So wurden Analogien zwischen den nichttrivialen Nullstellen und quantenmechanischen chaotischen Systemen entdeckt: Der Mathematiker Hugh Montgomery und der Physiker Freeman Dyson machten im Jahr 1972 die Beobachtung, dass die Abstände zwischen den Nullstellen der Zeta-Funktion genauso aussehen wie die Abstände zwischen den Energieniveaus in quantenchaotischen Systemen. Die Nullstellen scheinen sich gleichsam abzustoßen, haben also statistisch die Tendenz, nicht zu nahe beieinander zu liegen. Mathematisch präziser ausgedrückt: Die nichttrivialen Nullstellen der Zetafunktion scheinen dieselben statistischen Eigenschaften aufzuweisen wir die Eigenwerte von hermiteschen Zufallsmatrizen. Ob sich diese Analogie für einen Beweis nutzen lässt, ist allerdings noch unklar. Fände sich jedoch beispielsweise eine quantenchaotische Anordnung, deren Energieniveaus exakt mit den Nullstellen der Zeta-Funktion übereinstimmen, wäre die Riemannsche Vermutung bewiesen.

Auch wenn ich davon wenig verstehe - ist doch wahnsinnig faszinierend, oder?

Grüße, AMC

Bauhof
09.06.12, 13:18
Fände sich jedoch beispielsweise eine quantenchaotische Anordnung, deren Energieniveaus exakt mit den Nullstellen der Zeta-Funktion übereinstimmen, wäre die Riemannsche Vermutung bewiesen.
Hallo AMC,

das kann ich nicht nachvollziehen.
Die Riemannsche Vermutung kann nur mit mathematischen Mitteln bewiesen werden - falls sie überhaupt beweisbar ist. Sie kann widerlegt werden, wenn man eine Nullstelle findet, die nicht der Riemannschen Vermutung entspricht.

M.f.G. Eugen Bauhof

Bauhof
09.06.12, 13:51
Hier mal ein Besipiel, wie auf einfache und höchst beeindruckende Weise, wie ich finde, die (potenzielle) Unendlichkeit beherschbar werden kann:

Der Satz von Euklid besagt, dass es keine größte Primzahl gibt.

Es ist also ein Fakt, dass es (potenziell) unendlich viele Primzahlen gibt.

Hallo AMC,

bei der Betrachtung von unendlichen Mengen muss man unendlich vorsichtig sein. Ich bin mir nicht sicher, dass aus dem Satz von Euklid, dass es keine größte Primzahl gibt, folgt, dass es unendlich viele Primzahlen gibt.

Warum? Weil man bei dieser Folgerung unausgesprochen die Gültigkeit des "Satzes vom ausgeschlossenem Ditten" voraussetzt. Dieser Satz gilt im allgemeinen bei unendlichen Mengen nicht.

Das heißt, man unterstellt dabei, dass es entweder endlich viele oder unendlich viele Primzahlen gibt. Eine dritte Möglichkeit wird unausgesprochen ausgeschlossen. Was erst zu beweisen wäre, denn wir wissen nicht, ob es zwischen "endlich" und "unendlich" nicht doch noch etwas dazwischen gibt.

Als Beispiel denke ich dabei an die "Kontinuumshypothese". Die behauptet, dass es zwischen der Mächtigkeit der Menge der natürlichen Zahlen und der Mächtigkeit des Zahlen-Kontinuums keine weitere Mächtigkeit gibt. Beim (erfolglosen) Beweisversuch dieser Hypothese ist Georg Cantor psychisch krank geworden.

M.f.G. Eugen Bauhof

amc
09.06.12, 13:53
das kann ich nicht nachvollziehen.
Die Riemannsche Vermutung kann nur mit mathematischen Mitteln bewiesen werden - falls sie überhaupt beweisbar ist. Sie kann widerlegt werden, wenn man eine Nullstelle findet, die nicht der Riemannschen Vermutung entspricht.

Das Zitat stammt nicht von mir. Solltest du vielleicht noch deutlich machen.

Jene Aussage lässt sich bei beiden von mir genannten Quellen finden. Naja, offenbar hat einer da mehr abgeschrieben, als eigenes Wissen kundgetan. :rolleyes:

Allerdings verstehe ich auch nicht so recht, warum die das so sagen. Offenbar verhalten sich Primzahlen ganz ähnlich oder sogar in gewisserweise identisch wie schwere Atome. Aber, wenn man dies nun beobachtet, ist dies ja kein strenger Beweis dafür, dass es immer so ist. Da stimme ich dir voll zu. Mir geht es erstmal nur um die verblüffende Entdeckung, dass dieser Zusammenhang offenbar besteht.

Grüße, AMC

richy
09.06.12, 18:14
Zu Euklid.
Man kann auch folgende Beweismethode fuer undendlich viel Primzahlen verweden. Sei p_max die groesste angenommene Primzahl, dann enthaelt das Primorial p_max# plus eins =2*3*5*7*11....*p_max +1 einen Primfaktor, der goesser ist als p_max. Dies folgt aus einem einfachen Satz ueber die Primfaktoren von Summen. Damit muesste man nun schon die Existenz von p_max# + 1 widerlegen, damit diese Primzahl p>p_max nicht existiert.
Das Primorial p_max# ist eine zusammengesetze natuerliche Zahl und muesste in diesem Fall die groesste natuerliche Zahl sein. "Zufaelligerweise" ein Primorial. Hmm. Meines Wissens laesst sich aber auch nicht beweisen, dass es keine groesste natuerliche Zahl gibt. So erstaunlich dies auch klingen mag, aber es koennte an einer Stelle auch einfach Schluss sein. Im obigen Szenario waere die Begruendung, dass dem Meister die Primzahlen "ausgegangen" sind. :-)
Gruesse

eigenvector
09.06.12, 23:01
Hmm. Meines Wissens laesst sich aber auch nicht beweisen, dass es keine groesste natuerliche Zahl gibt.

Für alle Natürlichen Zahlen gilt, dass man 1 addieren kann, und damit eine jeweils größere Zahl erhält.
Es gibt keine größte Natürliche Zahl.

richy
10.06.12, 00:23
Für alle Natürlichen Zahlen gilt, dass man 1 addieren kann, und damit eine jeweils größere Zahl erhält.
Das ist ein Grundaxiom der Mathematik. Daran zu Zweifeln, dass es keine groesste natuerliche Zahl gibt ist nicht meine Idee, sondern die eines Mathematikers. Zwar im Rahmen einer Doku, aber bei einem Mathematiker nehme ich das dann doch ernst, obwohl mir auch gleich dieses Axiom dazu eingefallen ist. Ok ein Axiom kann man nicht beweisen, aber es wird wohl noch mehr dahinter stecken.
bei der Betrachtung von unendlichen Mengen muss man unendlich vorsichtig sein.
Eben :-)
Ich bin mir nicht sicher, dass aus dem Satz von Euklid, dass es keine größte Primzahl gibt, folgt, dass es unendlich viele Primzahlen gibt.Dennoch bin ich mir aufgrund des Beweises mit den Primorials jetzt recht sicher, dass die Aussage bezuglich der groessten Primzahl sogar ein fundamentaleres Axiom darstellt als die Existenz eines Nachfolgers zu jeder natuerlichen Zahl. Wenn man in Betracht zieht, dass die Primzahlen die fundamentalere Klasse von Zahlen darstellt, aus denen alle natuerlich Zahlen gebildet werden koennen.
Wuerde eine groesste Primzahl p existieren, so haette deren Primorial p# tatsaechlich keinen Nachfolger p#+1. Das von dir in Erinnerung gerufene Grundaxiom des existierenden Nachfolgers waere verletzt. Es waere aber noch kniffeliger. Denn dennoch koennten natuerliche Zahlen groesser p#+1 existieren. Solche mit mehrfachen Primfaktoren wie z.B. 2*p# oder (p#)^2. Die natuerlichen Zahlen waeren ab einem gewissen Wert durchloechert wie ein schweizer Kaese.
Ich wuerde daher meinen, dass die Primzahlen die selbe Maechtigkeit aufweisen wie die natuerlichen Zahlen. Sie lassen sich durchnummerieren. Und wieviele natuerliche Zahlen gibt es ?
Gruesse

Anmerkung: p(i)#+1 liefert natuerlich nicht einfach p(i+1)

Physikus
10.06.12, 01:07
"Wahrheit" ist vielleicht treffender. Das Wort "Tatsache" kann ein Handeln in Raum und Zeit suggerieren. In gewisserweise also schon, würde ich sagen. Also, wenn eine Wahrheit besteht, dann "ist" sie auch, aber eine Wahrheit benötigt nicht zwingend eine physikalische Basis, um zu "sein", zumindest keine für uns übliche. Letztendlich muss man wohl aber auch diese Wahrheiten physikalisch einordnen und begreifen können, um unsere Welt besser verstehen zu können.

Ich bin selbst zu folgender Auffassung gekommen:

Das materiell Existente ist "so wie es ist" vorhanden, besteht demnach physikalisch.

Nun kann man dieses "Bestehende" interpretieren.

Um auf das Beispiel zurückzukommen...

Jemand denke [I]alles sei schlecht[/I

- dieser Satz alleine ist schon Interpretation

- Rein physikalisch gesehen passiert ein menschlicher Denkforgang
(Gehirnvoränge, Neuronenschaltungen,...)

- Aus diesem Ereignis können wiederum unendlich viele Interpretationen erstellt werden

Also:

Der Gedanke "Alles sei schlecht" ist physikalisch begrenzt lässt aber auf der Ebene der menschlichen Interpretation eine Unendlichkeit zu, also unendlich viele Möglichkeiten welche nicht materiell existent sind sofern diese nicht gedacht werden und somit auf diese Weise existent werden.

Der Unterscheid liege demnach in der Auffassung, man muss wie folgt unterscheiden:

- Das faktische Sein materieller, physikalischer Existenz

- Die unendlichen Möglichkeiten diese zu interpretieren

Diese "Möglichkeiten, Wahrheiten" sind demnach nicht physikalisch vorhanden, zumindest nicht nachweisbar.

Akutal unendlich ist meiner Ansicht nach nicht vorstellbar ("sich die Gesamtheit aller Zahlen vorzustellen")
Potenziell unendlich ist für das menschliche Gehirn erfassbar ("es gibt immer eine noch größere Zahl")
Die Begriffe würden demnach das Selbe beschreiben, sich aber in der Auffassung des Menschen unterscheiden.
Beide Bezeichnungen beschreiben aber das Selbe.

amc
10.06.12, 01:25
Beide Bezeichnungen beschreiben aber das Selbe.

Ich finde nicht. Wenn man bei den Begriffen bleibt - aktual Unendliches muss immer in irgend einer Form tatsächlich geschehen sein, jetzt geschehen, oder zu 100% noch geschehen. Potenziell Unendliches muss nicht geschehen sein. So verstehe ich das zumindest. Die Frage ist vielleicht, wie real ist diese potenzielle Unendlichkeit und auf welche Art real und was bedeutet das für unsere real erfahrbare Welt ...

Ich bin selbst zu folgender Auffassung gekommen:
Das materiell Existente ist "so wie es ist" vorhanden, besteht demnach physikalisch.

Wenn du jetzt gesagt hättest, das Existente ist nicht vorhanden, dann wäre ich sehr irritiert. hehe ;)

Jemand denke [i]alles sei schlecht[/I

- dieser Satz alleine ist schon Interpretation

Ja, vielleicht ein bisschen zu viel Interpretation.

Grüße, AMC

Bauhof
10.06.12, 09:16
Das ist ein Grundaxiom der Mathematik. Daran zu Zweifeln, dass es keine groesste natuerliche Zahl gibt ist nicht meine Idee, sondern die eines Mathematikers. Zwar im Rahmen einer Doku, aber bei einem Mathematiker nehme ich das dann doch ernst, obwohl mir auch gleich dieses Axiom dazu eingefallen ist. Ok ein Axiom kann man nicht beweisen, aber es wird wohl noch mehr dahinter stecken.
Halllo Richy,

wo kann man diese Doko eines Mathematikers finden?

M.f.G. Eugen Bauhof

richy
12.06.12, 20:32
Hallo Eugen
wo kann man diese Doko eines Mathematikers finden?
Bei Youtube. Ich weiss ein direkter Link waere natuerlich eine bessere info, aber ich habe im Moment im Krankenhaus nur GPRS am Laptop. Selbst fuer die Google-Suche zu langsam. Vielleicht findest du dort die Doku und kannst den Link liefern. Waere toll, denn die Sendung war sehr interessant. Themen waren Rekorde fuer grosse Zahlen, Unendlichkeit in der Mathematik, Cantor, Goedel, Touring. Ich meine mehrteilig.
Viele Gruesse

soon
12.06.12, 22:30
Das ist, glaube ich, nicht der Link nach dem gesucht wird, aber der Teil über Cantor behandelt ebenfalls das Thema:

BBC-Doku 'Dangerous Knowledge' über Georg Cantor, Ludwig Boltzmann, Kurt Gödel and Alan Turing.

http://www.youtube.com/watch?v=DUyVDoLnfP4

(in besser Qualität findet man das im usenet, - als 700 MB - Datei)


LG soon

//Edit
erster Teil eines besseren Mitschnitts :
http://www.youtube.com/watch?v=iALZYHW_5bU&feature=relatedhttp://

Bauhof
14.06.12, 18:00
Vielleicht findest du dort die Doku und kannst den Link liefern. Waere toll, denn die Sendung war sehr interessant. Themen waren Rekorde fuer grosse Zahlen, Unendlichkeit in der Mathematik, Cantor, Goedel, Touring. Ich meine mehrteilig. Viele Gruesse
Hallo Richy,

den Link habe ich mit den von dir angegebenen Stichwörtern nicht gefunden. Die Links des Users "soon" sind leider alle englischsprachig, damit kann ich nichts anfangen.

Oder war es vielleicht dieser Link:
http://www.youtube.com/watch?v=gjkhpT4U2eY

Mich interessiert nur der von dir zitierte Zweifel, dass es keine größte natürliche Zahl gibt. Wurde dieser Zweifel in dem von dir genannten Vortrag explizit ausgesprochen und auch begründet?

Es eilt nicht, werde erst mal wieder gesund.

M.f.G. Eugen Bauhof