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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Das Fundament der Physik


RoKo
21.10.12, 19:51
Welche fundamentalen Gesetze der Physik sind so allgemein und universell, dass sie auf alles in der Welt zutreffen?

Meine Antwort auf diese philosophische/wissenschaftstheoretische Frage ist:
Der 1. und 2. Hauptsatz. Alles andere ist speziell.

Bauhof
22.10.12, 16:12
Welche fundamentalen Gesetze der Physik sind so allgemein und universell, dass sie auf alles in der Welt zutreffen?

Meine Antwort auf diese philosophische/wissenschaftstheoretische Frage ist: Der 1. und 2. Hauptsatz. Alles andere ist speziell.

Hallo Roko,

ja. Aber ich würde noch den dritten Hauptsatz der Thermodynamik als fundamentales Gesetz hinzufügen, nämlich das Nernstsche Wärmetheorem:

Der dritte Hauptsatz konstatiert die Unerreichbarkeit des absoluten Temperaturnullpunktes.

Ich vermute, auch diesen Satz kann man nicht aus irgend etwas Fundamentalerem herleiten.

M.f.G. Eugen Bauhof

Timm
22.10.12, 17:22
Welche fundamentalen Gesetze der Physik sind so allgemein und universell, dass sie auf alles in der Welt zutreffen?


RoKo, wie definierst Du "auf alles in der Welt"? Gehört dazu nicht auch der Lauf der Gestirne, eine Shapiro-Laufzeitverzögerung, Energieniveaus in Atomen und Molekülen, ... ? Aus der Thermodynamik allein läßt die Welt sich nicht ableiten.

Gruß, Timm

Bauhof
22.10.12, 19:18
RoKo, wie definierst Du "auf alles in der Welt"? Gehört dazu nicht auch der Lauf der Gestirne, eine Shapiro-Laufzeitverzögerung, Energieniveaus in Atomen und Molekülen, ... ? Aus der Thermodynamik allein läßt die Welt sich nicht ableiten.

Gruß, Timm
Hallo Timm,

ich denke, das hat RoKo nur etwas unglücklich formuliert, wenn er schreibt "..., dass sie auf alles in der Welt zutreffen".

Ich würde die Frage so formulieren:

Welche fundamentalen Gesetze der Physik sind so allgemein und universell, dass sie auf nichts anderes zurückgeführt werden können?

M.f.G. Eugen Bauhof

Timm
22.10.12, 20:51
Welche fundamentalen Gesetze der Physik sind so allgemein und universell, dass sie auf nichts anderes zurückgeführt werden können?


Hallo Eugen,

Zwei willkürliche Beispiele: Das Pauli-Prinzip und die Schrödingergleichung gelten universell und können jedenfalls meines Wissens nicht auf fundamentalere Prinzipien zurückgeführt werden. Sind das keine Naturgesetze?

Gruß, Timm

RoKo
23.10.12, 06:12
Hallo zusammen,

mit "Alles in der Welt" meinte ich tatsächlich Alles.

Die Schrödingergleichung z.B. ist nicht auf Alles anwendbar, da sie z.B. keine EM-Felder behandelt. Ausserdem ist strittig, ob sie tatsächlich universell gilt oder nur bis zur nächsten Messung.

Der 2.Hauptsatz hingegen ist allgemeingültig, wenn man ihn entsprechend formuliert. Über die statistische TD wird eine Beziehung zu Mikroskopischem hergestellt: S = k * ln W. Daraus folgt dS>=0 und dW>=0.

Noch allgemeingültiger ist die chemische Variante: Jedes System strebt (in der Gesamtbilanz) zum Zustand niedrigster freier Energie bzw. Enthalpie. Hier muss man nur noch das Hamiltonsche Prizip ergänzen.

Hawkwind
23.10.12, 08:53
Hallo zusammen,

mit "Alles in der Welt" meinte ich tatsächlich Alles.

Die Schrödingergleichung z.B. ist nicht auf Alles anwendbar, da sie z.B. keine EM-Felder behandelt. Ausserdem ist strittig, ob sie tatsächlich universell gilt oder nur bis zur nächsten Messung.

Der 2.Hauptsatz hingegen ist allgemeingültig, wenn man ihn entsprechend formuliert. Über die statistische TD wird eine Beziehung zu Mikroskopischem hergestellt: S = k * ln W. Daraus folgt dS>=0 und dW>=0.

Noch allgemeingültiger ist die chemische Variante: Jedes System strebt (in der Gesamtbilanz) zum Zustand niedrigster freier Energie bzw. Enthalpie. Hier muss man nur noch das Hamiltonsche Prizip ergänzen.

Verstehe - der 2.HS beschreibt ALLES. Dann können wir die Schrödingergleichung ja entsorgen. :)
Was ist dies für ein alberner Thread?

Bauhof
23.10.12, 09:02
Hallo Eugen,

Zwei willkürliche Beispiele: Das Pauli-Prinzip und die Schrödingergleichung gelten universell und können jedenfalls meines Wissens nicht auf fundamentalere Prinzipien zurückgeführt werden. Sind das keine Naturgesetze?

Gruß, Timm
Hallo Timm,

jetzt erinnere ich mich, dass z.B. Schrödinger seine Gleichung nicht aus etwas anderem hergeleitet hatte, sondern erraten hatte. Damit könntest du recht haben, dass die Schrödingergleichung etwas Fundamentales beschreibt.

M.f.G. Eugen Bauhof

Bauhof
23.10.12, 09:35
Verstehe - der 2.HS beschreibt ALLES. Dann können wir die Schrödingergleichung ja entsorgen. :)
Was ist dies für ein alberner Thread?
Hallo Hawkwind,

als ich hier den ersten Beitrag von RoKo gelesen hatte, erinnerte ich mich an einen Ausspruch von Einstein:

Die Thermodynamik ist die einzige physikalische Theorie allgemeinen Inhalts, von der ich überzeugt bin, dass sie im Rahmen der Anwendbarkeit ihrer Grundbegriffe niemals umgestoßen werden wird. (zur besonderen Beachtung der grundsätzlichen Skeptiker).
Albert Einstein

Vielleicht meinte es RoKo in diesem Sinne.
Nachdem wir hier im Unterforum "Wissenschaftstheorie" sind, fand ich den Beitrag von RoKo zumindest diskussionswürdig.

M.f.G. Eugen Bauhof

Hawkwind
23.10.12, 10:16
Hallo Hawkwind,

als ich hier den ersten Beitrag von RoKo gelesen hatte, erinnerte ich mich an einen Ausspruch von Einstein:



Vielleicht meinte es RoKo in diesem Sinne.
Nachdem wir hier im Unterforum "Wissenschaftstheorie" sind, fand ich den Beitrag von RoKo zumindest diskussionswürdig.

M.f.G. Eugen Bauhof

Vielleicht hat sich Roko nur ewtas unglücklich ausgedrückt: "beschreibt alles" trifft es ja nun nicht, denn "alles" ist ja nun doch sehr viel. :)

Über "unumstößlich" mag man eher spekulieren.

Gruss,
Hawkwind

ghostwhisperer
23.10.12, 10:33
Zwei miteinander gekoppelte Grundsätze beschreiben tatsächlich alles, b.z.w. erlauben eine immer gleiche Herleitung von Bewegungsgleichungen aller Art von Teilchen und Feldern:

Das Prinzip der minimalen Wirkung ist in Makro- und Mikrokosmos anwendbar.
Die Nichtunterschreitbarkeit und Quantelung der Wirkung (Wirkungsquant nach Planck) kommt im Mikrokosmos hinzu.

Auf diesen beiden Grundprinzipien basiert der Lagrange-Formalismus, welcher wiederum alle Arten von Struktur und Bewegungsgleichungen herleiten kann, von der ART (nach Hilbert), über die Mechanik bis runter zur Quantenmechanik.
Man könnte diese Gesetze auch strukturbildende Gesetze nennen.
Denn gäbe es sie nicht, würde jede Form von Materie - und vielleicht sogar die Raumzeit selbst - zusammenbrechen, zu einem Einheitsbrei zusammenlaufen (Beispiel: gel Teilchen spiralieren zueinander unter Energieabgabe - keine Atome wären möglich).

Die Kräfte allein sind unfähig Materie zu bilden!

MFG Ghosti

Ich
23.10.12, 12:55
Über "unumstößlich" mag man eher spekulieren.
Da bin ich im Prinzip deiner Meinung, insbesondere wenn man eventuelle Zusammenhänge zwischen Gravitation und Entropie berücksichtigt.
Ich sehe die Gesetze dennoch als ziemlich sattelfest an, allerdings nicht, weil sie so besonders grundlegend wären. Im Gegenteil: sie sind so sicher, weil sie aus einfachen Grundannahmen hergeleitet werden können. Das sind emergente Gesetze, keine fundamentalen. Und ihre Stärke rührt daher, dass sie weder von den mikroskopischen Eigenschaften der Bestandteile eines Systems abhängen noch auf diese anwendbar sind.
Also offensichtlich weder fundamental noch auf alles anwendbar.

Bauhof
23.10.12, 13:17
Da bin ich im Prinzip deiner Meinung, insbesondere wenn man eventuelle Zusammenhänge zwischen Gravitation und Entropie berücksichtigt.
Hallo ICH,

die Zusammenhänge zwischen Gravitation und Entropie würden mich interessieren [1].

M.f.G. Eugen Bauhof


[1] Aber vielleicht sollte man für dieses Thema einen neuen Thread eröffnen.

Ich
23.10.12, 14:38
Ja, das wäre ein neuer Thread. Ich habe selber vermutlich nicht viel beizutragen zu dem Thema. Lies dich am besten ein mit
http://en.wikipedia.org/wiki/Black_hole_thermodynamics
und
http://en.wikipedia.org/wiki/Entropic_gravity,
dann könntest du vielleicht spezielle Punkte in einem solchen Thread vertiefen.

Bauhof
23.10.12, 16:12
Ja, das wäre ein neuer Thread. Ich habe selber vermutlich nicht viel beizutragen zu dem Thema. Lies dich am besten ein mit
http://en.wikipedia.org/wiki/Black_hole_thermodynamics
und
http://en.wikipedia.org/wiki/Entropic_gravity,
dann könntest du vielleicht spezielle Punkte in einem solchen Thread vertiefen.
Hallo ICH,

danke für diese Hinweise.
Auf der Suche nach den deutschsprachigen Ausgaben dieser Artikel wurde ich zwar nicht fündig, aber ich bin dabei auf diesen (http://www.quanten.de/forum/showthread.php5?t=2329)interessanten Artikel gestossen, den ich im Unterforum "Aktuelle Meldungen" eingestellt habe.

P.S.
Jetzt erinnere ich mich wieder an die Arbeiten von Stephen Hawking und Bekenstein, die den Zusammenhang zwischen der Entropie und den Schwarzen Löchern erklärten. Vermutlich hast du diese Arbeiten im Sinn gehabt.

RoKo
24.10.12, 02:39
Verstehe - der 2.HS beschreibt ALLES. Dann können wir die Schrödingergleichung ja entsorgen. :)
Was ist dies für ein alberner Thread?Von Beschreiben war nicht die Rede. Es geht mir nur um die Frage, welche Aussagen und Gesetze der Physik auf ALLES zutreffen.

RoKo
24.10.12, 02:54
Hallo zusammen,

Zwei miteinander gekoppelte Grundsätze beschreiben tatsächlich alles, b.z.w. erlauben eine immer gleiche Herleitung von Bewegungsgleichungen aller Art von Teilchen und Feldern:

Das Prinzip der minimalen Wirkung ist in Makro- und Mikrokosmos anwendbar.
Die Nichtunterschreitbarkeit und Quantelung der Wirkung (Wirkungsquant nach Planck) kommt im Mikrokosmos hinzu. ..

So sehe ich das auch.

RoKo
24.10.12, 03:22
Hallo Ich,

.. Das sind emergente Gesetze, keine fundamentalen. Und ihre Stärke rührt daher, dass sie weder von den mikroskopischen Eigenschaften der Bestandteile eines Systems abhängen noch auf diese anwendbar sind. ..

Sofern du mit "emergente Gesetze" auch den 2. Hauptsatz der TD meinst, möchte ich widersprechen. Das Hamiltonsche Prinzip der kleinsten Wirkung führt bei einem Vielteilchensystem (Gas) zu einem Minimum, dass durch W mögliche Konstellationen realisiert werden kann. dW>=0, also die mikroskopische Variante des 2.Hautsatzes, ergibt sich aus dem Minimierungsprinzip. Da es auch den von dir zitierten Zusammenhang zwischen Entropie und Gravitation gibt, ist der 2.Hauptsatz auch hier anwendbar.

soon
24.10.12, 04:13
Es geht mir nur um die Frage, welche Aussagen und Gesetze der Physik auf ALLES zutreffen.

Hallo,
du könntest das ein wenig entschärfen, indem du ein "vorläufig" vor "auf ALLES" einfügst.

Vielleicht müsste man auch klären, ob es einen Unterschied zwischen 'Aussagen', 'Prinzipien' und 'Gesetzen' gibt. Und ob man 'Physik' mit 'Natur' gleichsetzten kann.


Fundamental scheint mir zu sein, dass physikalische Gesetze auf Wahrscheinlichkeiten beruhen. "Dass ein Apfel vom Baum Richtung Himmel fällt, kann auch sein, - es ist nur sehr unwahrscheinlich".



Für mich persönlich ist auch Folgendes fundamental, und dies wird, wie mir scheint, in der Physik nur als Nebensächlichkeit behandelt:

Es gibt in der Natur überhaupt nichts Drei-Dimensionales.

ALLES ist in permanenter Veränderung, Alterung, Weiterenticklung, Selbstorganisation, Bewegung, oder wie auch immer man es umschreiben möchte. Man hat es IMMER mit mindestens 4 Dimensionen zu tun. Eine behelfsmässige drei-dimensionale Betrachtung ist immer unscharf, wie ein "fotografischer Schnappschuß" den man mit einer Belichtungszeit > 0 Sekunden aufnehmen muss. Diese andauernde Vernachlässigung der vierten Dimension gipfelt in Vorstellungen, die Gestalt des "Universums" sei ein Autoreifen.

Weiterhin scheint mir auch fundamental zu sein:
Die menschliche Betrachtung der Natur, und damit auch die Physik, findet IMMER in einer bestimmten Größenordnung statt. Diese Betrachtung ist IMMER nur ein Ausschnitt von etwas Größerem oder liegt ausserhalb etwas Kleinerem. Die Physik kann keine Aussage über etwas absolut Größtes oder etwas absolut Kleinstes machen. Daraus lässt z.B. rückschliessen, daß Photonen selbstverständlich aus kleineren Teilen bestehen.

LG soon

Ich
24.10.12, 21:09
Es gibt in der Natur überhaupt nichts Drei-Dimensionales.

ALLES ist in permanenter Veränderung, Alterung, Weiterenticklung, Selbstorganisation, Bewegung, oder wie auch immer man es umschreiben möchte. Man hat es IMMER mit mindestens 4 Dimensionen zu tun.
Sehr gut!
Das wird in der Physik aber nicht als Nebensächlichkeit betrachtet, sondern ist der Kern der Relativitätstheorien. Wobei man aber zugegebenermaßen viel zu oft eine dreidimensionale Sichtweise beschreibt.

RoKo
27.10.12, 02:27
Hallo zusammen,

aus den bisherigen Antworten auf die Ausgangsfrage "Welche fundamentalen Gesetze der Physik sind so allgemein und universell, dass sie auf alles in der Welt zutreffen?" kann ich nur den Schluss ziehen, dass es keine fundamentalen Gesetze der Physik gibt.

RoKo
11.11.12, 05:51
Hallo zusammen,

im Thread "Verschränkung" im Standard-Forum hatte sich eine Nebendebatte ergeben, die auch für dieses Thema wichtig ist. Ich erlaube mir deshalb eine Zusammenstellung m.E. wichtiger Aussagen.

Hallo zusammen,
..
Ach ja, und ich möchte mich noch bei Hawkwind, Timm und Philipp Wehrli einreihen bezüglich des Stellenwerts der Energieerhaltung. Diese folgt in der Tat mathematisch aus der Zeitinvarianz und ist nicht fundamental. ..
was ist dann fundamental in der Physik?

Symmetrien. Vielleicht.

..Und zum Verhältnis Symmetrie - Energieerhaltung aus ebendiesem Link:
Zitat von Wikipedia
Symmetrien sind eng mit Erhaltungssätzen verknüpft. Das Noether-Theorem besagt, dass jeder kontinuierlichen Symmetrie eine Erhaltungsgröße zugeordnet werden kann. So folgt z.B. aus der Zeittranslationsinvarianz die Energieerhaltung des Systems
Noch eine Anmerkung: Das Wort "Satz" wie in "Energieerhaltungssatz" oder soundsovielter "Hauptsatz der Thermodynamik" darf durchaus im Sinne der Mathematik verstanden werden:
Zitat von Wikipedia Ein Satz oder Theorem ist in der Mathematik eine widerspruchsfreie logische Aussage, die mittels eines Beweises als wahr erkannt, das heißt, aus Axiomen und bereits bekannten Sätzen hergeleitet werden kann.
Diese Sätze können also gar nicht fundamental sein.

Die Frage, die sich mir nun stellt, ist:
Aus welchen Axiomen und bereits bekannten Sätzen sind der Energieerhaltungssatz und der zweite Hauptsatz der Thermodynamik deduziert worden?

Ist es nicht so, dass diese Sätze aus der Erfahrung abgeleitet sind und daher als Postulate in die Physik eingeführt werden müssten?

Marco Polo
11.11.12, 07:31
Guten Morgen, Roko,

aus den bisherigen Antworten auf die Ausgangsfrage "Welche fundamentalen Gesetze der Physik sind so allgemein und universell, dass sie auf alles in der Welt zutreffen?" kann ich nur den Schluss ziehen, dass es keine fundamentalen Gesetze der Physik gibt.

in der klassischen Physik betrachtete man die Kraftgesetze für die Gravitation und die elektromagnetische Wechselwirkung als vielfach bestätigte, allgemeine Naturgesetze.
Hinzu kamen im 20. Jahrhundert die schwache Wechselwirkung und die starke Wechselwirkung, nachdem die Radioaktivität und die Atomkerne entdeckt waren.

http://de.wikipedia.org/wiki/Grundkr%C3%A4fte_der_Physik

Auch die fundamentalen Naturkonstanten sind zu nennen:

http://www.uni-due.de/physik/wende/keune/deutsch/Konstanten.pdf

Reicht das etwa nicht?

Grüsse, MP

RoKo
11.11.12, 15:16
Hallo Marco,

..Reicht das etwa nicht? Nein - nicht im Sinne der Frage. Nur die Gesamtheit aller Naturgesetze scheint in dem Sinne auf alles zuzutreffen, dass man sich dann das passende heraussuchen kann.

Der philosophische Hintergrund ist die Frage, ob Naturgesetze "a priori" und unabhängig von den Dingen sind.

Ich
11.11.12, 20:10
Aus welchen Axiomen und bereits bekannten Sätzen sind der Energieerhaltungssatz und der zweite Hauptsatz der Thermodynamik deduziert worden?

Aus der Zeitinvarianz bzw. den Postulaten der statistischen Mechanik.
Ist es nicht so, dass diese Sätze aus der Erfahrung abgeleitet sind und daher als Postulate in die Physik eingeführt werden müssten?
Nein. Das war historisch so, aber man hat seit über 100 Jahren ein tieferes Verständnis dieser Dinge.


Die Begriffe: Symmetrie(bruch), Urknall und Physik stehen aber auch in einem Zusammenhang?
Ja. Man vermutet verschiedene Symmetriebrüche in der Anfangszeit des Universums, die aus einer vereinheitlichen, extrem symmetrischen Physik die heutige Physik machten. Natürlich alles noch reichlich spekulativ.


Wenn du Symmetrien als fundamental vermutest (scheint mir nun auch sinnvoll), welche dieser beiden Aussagen passt dann eher "ins Bild":

- Auch auf großen Skalen ist Energierhaltung zu vermuten.

oder

- Auf großen Skalen ist zu vermuten, dass sich Energie in "Nichts" auflöst.
Das hat mit der Größe der Skalen nichts zu tun. Wie mehrfach erwähnt beruht der Energieerhaltungssatz auf einer "Zeittranslationssymmetrie": wenn ich die gesamte interessierende Welt magisch um einen konstanten Wert (z.B. ein Jahr) in der Zeit verschieben würde, dann würde trotzdem alles gleich ablaufen. Wenn dem so ist, gilt Energieerhaltung auf allen Skalen. Wenn nicht, wie z.B. in den explizit zeitabhängigen kosmologischen Koordinaten, dann nicht. Dort gilt nicht einmal der Impulserhaltungssatz, weil dort auch keine Symmetrie bezüglich einer Verschiebung um eine konstante Strecke besteht.
Stattdessen gibt es eine Symmetrie bezüglich einer Verschiebung um eine konstante "mitbewegte Entfernung". Die führt zu dem "Erhaltungssatz", dass das Produkt aus Skalenfaktor und (pekuliären) Impuls einen Teilchens konstant bleibt. Sprich: alle Impulse werden weniger, wenn das Universum expandiert (=kosmologische Rotverschiebung).
Warum kann die Annahme von Energieerhaltung deines Erachtens kein Axiom sein?
Man kann alles mögliche als Axiom aufstellen und den Rest versuchen abzuleiten. Sinnvoll ist aber immer, etwas höchst allgemeines, einfaches - wie zum Beispiel die Vermutung, dass ein geeignetes Experiment morgen oder in tausend Jahren dasselbe Ergebnis wie heute liefern wird - als Axiom zu verwenden, um damit etwas komplizierteres herleiten zu können. Lies mal das hier (http://www.peaceone.net/basic/Feynman/V1%20Ch04.pdf), um zu verstehen, wie kompliziert und abstrakt "Energieerhaltung" im Vergleich dazu ist. Sowas verwendet man nicht als Axiom, über so was wundert man sich höchstens.
Falls du subtil ausdrücken wolltest, Physik und Mathematik blieben von meinen Aussagen unberührt, dann lasse das. Sonst gibt es irgendwann nen Symmetriebruch.
?? Ich wollte höchst unsubtil und holzhammerig ausdrücken, dass "Sätze" aus etwas anderem abgeleitet werden und deswegen, wenn überhaupt, besagtes Andere fundamental ist, nicht der Satz. Hat null mit deiner Person zu tun, nur mit deiner Frage. Samma empfindlich, oder wie?

RoKo
12.11.12, 11:31
Hallo Ich,

Man kann alles mögliche als Axiom aufstellen und den Rest versuchen abzuleiten. Sinnvoll ist aber immer, etwas höchst allgemeines, einfaches - wie zum Beispiel die Vermutung, dass ein geeignetes Experiment morgen oder in tausend Jahren dasselbe Ergebnis wie heute liefern wird - als Axiom zu verwenden, um damit etwas komplizierteres herleiten zu können. Lies mal das hier (http://www.peaceone.net/basic/Feynman/V1%20Ch04.pdf), um zu verstehen, wie kompliziert und abstrakt "Energieerhaltung" im Vergleich dazu ist. Sowas verwendet man nicht als Axiom, über so was wundert man sich höchstens.
Da wird sehr stark die doch höchst unterschiedliche Sicht eines Physikers und eines Ingenieurs deutlich. Aus meiner Sicht ist Energie deshalb höchst allgemein, weil es die einzige Eigenschaft ist, die allen physischen Objekten (Teilchen, Felder) gemeinsam ist. Und jede Art der Veränderung dieser Objekte ist zugleich ein Energieumwandlungsprozess.

Wie mehrfach erwähnt beruht der Energieerhaltungssatz auf einer "Zeittranslationssymmetrie": wenn ich die gesamte interessierende Welt magisch um einen konstanten Wert (z.B. ein Jahr) in der Zeit verschieben würde, dann würde trotzdem alles gleich ablaufen. Wenn dem so ist, gilt Energieerhaltung auf allen Skalen. Wenn nicht, wie z.B. in den explizit zeitabhängigen kosmologischen Koordinaten, dann nicht. Dort gilt nicht einmal der Impulserhaltungssatz, weil dort auch keine Symmetrie bezüglich einer Verschiebung um eine konstante Strecke besteht. Da stellt sich mir die Frage, ob zeitabhängige Koordinaten noch unter das Prinzip allgemeiner Relativität fallen.

Ich
12.11.12, 12:01
Dennoch, wenn du mir mit Worten wie "Ich spreche hier über Physik", Signale aussendest, ob bewusst oder unbewusst, dann sage ich dir lieber einmal mehr als einmal weniger, dass ich Grenzen kenne.
Ach so...
Mein Wortlaut war: "Ich meine Symmetrien in der Physik (http://de.wikipedia.org/wiki/Symmetrie_%28Physik%29), nicht im Sinne von möglichst gleichförmiger Materieverteilung." Einfach deshalb, weil der Wikipedia-Artikel in dem Link sinngemäß so heißt. Ich kann ja schlecht schreiben "Ich meine Symmetrie (Physik)".

Wenn du damit oder "mit dem Ablauf der Diskussion" ein Problem hast, dann lies es nochmal durch. Was ich geschrieben habe ist so gemeint wie es da steht, ohne Messitsch zwischen den Zeilen. Wenn du was anderes liest (z.B. "Ich spreche hier über Physik"), kann ich das nicht ändern. Das habe ich weder geschrieben noch gemeint, deshalb meine nicht geringe Verwirrung über deine Reaktion.

Marcus Ulpius
14.11.12, 20:36
Hallo Roko,
Welche fundamentalen Gesetze der Physik sind so allgemein und universell, dass sie auf alles in der Welt zutreffen?
Interessante philosophische Fragestellung.

Es ist zwar kein Gesetz - Aber das Kausalitätsprinzip würde ich hier aufführen wollen:
Jede Wirkung (= Beobachtung) kann auf eine (oder mehrere) Ursache(n) zurückgeführt werden.
Das Kausalitätsprinzip stellt die Reproduzierbarkeit von Experimenten sicher (Ursache -> Wirkung) - Auch die quantenmechanischer Versuche.

Erst wenn wir die jeweilige Kausalität verstanden haben ist die Entwicklung geeigneter Modelle und damit korrekte Vorhersagen möglich:
Die Kausalität ist damit in meinen Augen ein (das?) Fundament der Physik.

wkr
Marcus

Hawkwind
14.11.12, 22:22
Hallo Roko,

Interessante philosophische Fragestellung.

Es ist zwar kein Gesetz - Aber das Kausalitätsprinzip würde ich hier aufführen wollen:
Jede Wirkung (= Beobachtung) kann auf eine (oder mehrere) Ursache(n) zurückgeführt werden.
Das Kausalitätsprinzip stellt die Reproduzierbarkeit von Experimenten sicher (Ursache -> Wirkung) - Auch die quantenmechanischer Versuche.

Erst wenn wir die jeweilige Kausalität verstanden haben ist die Entwicklung geeigneter Modelle und damit korrekte Vorhersagen möglich:
Die Kausalität ist damit in meinen Augen ein (das?) Fundament der Physik.

wkr
Marcus

Tja, was ist überhaupt ein Gesetz?

Kausalität ist m.E. eher eine Forderung, die der Mensch (zusätzlich) an die Theorien der Physik stellt. Die Bewegungsgleichungen der Theorien sind ja invariant unter Zeitumkehr: was Ursache ist und was Auswirkung ist, kann sich in einem anderen Prozess komplett umkehren.

Die Forderung nach Kausalität führt manchmal dazu, dass zusätzliche Bedingungen gefordert werden wie etwa die Mikrokausalität (http://en.wiktionary.org/wiki/microcausality) in Quantenfeldtheorien, wo das Verschwinden der (Anti-)Kommutatoren zwischen Feldoperatoren zu Koordinaten mit raumartigem Abstand zueinander sicher stellt, dass sich Ereignisse mit raumartigem Abstand voneinander nicht beeinflussen können.

Aber wenn ich z.B. an die gewöhnliche Quantenmechanik denke, dort wüsste ich auf Anhieb jetzt gar nicht zu sagen, wieso Kausalität dort eine fundamentale Rolle spielen sollte; die Theorie ist komplett invariant unter Zeitumkehr. Quantitative Vorhersagen lassen sich ableiten, ohne auch nur einen Gedanken an Kausalität zu verschwenden.

Oder welche Rolle spielt Kausalität z.B . bei der Berechnung der Energieniveaus des Wasserstoffatoms?

Gruss,
Hawkwind

Mirko
15.11.12, 09:10
Tja, was ist überhaupt ein Gesetz?

Kausalität ist m.E. eher eine Forderung, die der Mensch (zusätzlich) an die Theorien der Physik stellt. Die Bewegungsgleichungen der Theorien sind ja invariant unter Zeitumkehr: was Ursache ist und was Auswirkung ist, kann sich in einem anderen Prozess komplett umkehren.

Die Forderung nach Kausalität führt manchmal dazu, dass zusätzliche Bedingungen gefordert werden wie etwa die Mikrokausalität (http://en.wiktionary.org/wiki/microcausality) in Quantenfeldtheorien, wo das Verschwinden der (Anti-)Kommutatoren zwischen Feldoperatoren zu Koordinaten mit raumartigem Abstand zueinander sicher stellt, dass sich Ereignisse mit raumartigem Abstand voneinander nicht beeinflussen können.

Aber wenn ich z.B. an die gewöhnliche Quantenmechanik denke, dort wüsste ich auf Anhieb jetzt gar nicht zu sagen, wieso Kausalität dort eine fundamentale Rolle spielen sollte; die Theorie ist komplett invariant unter Zeitumkehr. Quantitative Vorhersagen lassen sich ableiten, ohne auch nur einen Gedanken an Kausalität zu verschwenden.

Oder welche Rolle spielt Kausalität z.B . bei der Berechnung der Energieniveaus des Wasserstoffatoms?

Gruss,
Hawkwind

Vielleicht sitzt da oben auch irgendjemand oder irgendwas und lacht sich schlapp über unsere/eure Versuche die Natur zu beschreiben und in Gesetzmäßigkeiten zu packen.
Immer wenn die Physik und ihre Beschreibungen, der Natur der Sache nahe kommen, streut "er","sie","es" irgendeine Gemeinheit ein, um der Physik das Leben schwer zu machen !

So quasi als feixender, liebevoll gemeiner Schelm und Herscher übers Universum !

Irgendwie hat der Gedanke was von kosmologischer Satire.
Gefällt mir irgendwie.

"Er , Sie , Es " hat bestimmt ein verdammt lustiges Leben/Existenz.:D

So, wollte aber euren Thread nicht kaputt machen........

Bauhof
15.11.12, 09:44
So quasi als feixender, liebevoll gemeiner Schelm und Herscher übers Universum !Irgendwie hat der Gedanke was von kosmologischer Satire.
Hallo Mirko,

ja, dein feixender, liebevoll gemeiner Schelm und Herrscher über das Universum ist nur Satire, denn er/sie/es ist nur eine allzumenschliche Fiktion.

M.f.G. Eugen Bauhof

JoAx
15.11.12, 11:41
Immer wenn die Physik und ihre Beschreibungen, der Natur der Sache nahe kommen, streut "er","sie","es" irgendeine Gemeinheit ein, um der Physik das Leben schwer zu machen !


Das sehe ich aber anders, Mirko.

Diese "Gemeinheiten" (ich nehme an, du meinst die QM) stellen überhaupt erst sicher, dass man den Mikrokosmos beschreiben kann. ;)
Und vlt. sind sie gar nicht gemein - soll heissen - dass wir die "Gemeinheiten" uns selbst antun, wenn wir die Mathematik in "unsachgemässe" Worte/"Bildchen" fassen wollen. :D


Gruß, Johann

RoKo
15.11.12, 12:03
Hallo Marcus,

Interessante philosophische Fragestellung.

Es ist zwar kein Gesetz - Aber das Kausalitätsprinzip würde ich hier aufführen wollen:
Jede Wirkung (= Beobachtung) kann auf eine (oder mehrere) Ursache(n) zurückgeführt werden.
Nach dieser Bemerkung war ich zunächst geneigt, Bedenken anzumelden. Dann habe ich länger über den nachfolgenden Satz nachgedacht.

Das Kausalitätsprinzip stellt die Reproduzierbarkeit von Experimenten sicher (Ursache -> Wirkung) - Auch die quantenmechanischer Versuche. Dieser Satz handelt ja nicht vom dem, was die Physik über die Natur aussagen kann, sondern von dem, was sie als Wissenschaft voraussetzen muss. Deinen letzten Satz würde ich deshalb wie folgt ausdücken:

Kausalität ist das methodische Fundament der Physik.

(Ich werde später nochmals auf die Kausalität zurückkommen.)

RoKo
15.11.12, 12:39
Hallo Hawkwind,

Tja, was ist überhaupt ein Gesetz?Dazu später mehr.
Kausalität ist m.E. eher eine Forderung, die der Mensch (zusätzlich) an die Theorien der Physik stellt. Siehe meine Antwort an Marcus.
Die Bewegungsgleichungen der Theorien sind ja invariant unter Zeitumkehr: was Ursache ist und was Auswirkung ist, kann sich in einem anderen Prozess komplett umkehren.Ob der Stein unter Gravitationseinwirkung (=Ursache) den Berg hinabrollt (=Wirkung), oder ob wir durch Muskelkraft (=Ursache) den Stein wieder hinaufrollen (=Wirkung), spielt für die Kausalität keine Rolle.

Entscheidend für einen Kausalprozess ist die Energieumwandlung.

Aber wenn ich z.B. an die gewöhnliche Quantenmechanik denke, dort wüsste ich auf Anhieb jetzt gar nicht zu sagen, wieso Kausalität dort eine fundamentale Rolle spielen sollte; ..

Oder welche Rolle spielt Kausalität z.B . bei der Berechnung der Energieniveaus des Wasserstoffatoms?Keine. Aber woher wissen wir etwas von den Enerieniveaus des Wasserstoffatoms? Von den Emissions- und Absorbtionsspektren, also von Energieumwandlungsprozessen.

Das führt dann zur Antwort auf die Eingangsfrage:
Tja, was ist überhaupt ein Gesetz?
Ein Gesetz ist eine Regel ohne Ausnahme.

Alle Naturgesetze, die etwas verändern - und nur so können wir etwas erfahren / erkennen / beobachten, sind mit Energieumwandlung verbunden und somit Kausalgesetze.

Aber nicht alle Naturgesetze sind notwendig Kausalgesetze. Es gibt z.B. relationale Gesetze wie E=m*C² oder S=k*ln W, die nur Beziehungen herstellen.

Und interessanterweise gibt es Naturgesetze, die sich auf Energietransportprozesse beziehen, wie z.B. die Schrödingergleichung oder
die Teile der Maxwellschen Gleichungen E=rot B, B=rot E. Ohne Energieumwandlungsprozesse können wir von deren Konsequenzen nichts erfahren.

Hawkwind
15.11.12, 13:01
Entscheidend für einen Kausalprozess ist die Energieumwandlung.




Physikalische Prozesse sind immer von einem Energie- und/oder Impulsaustausch begleitet. Ich weiss wirklich nicht, warum wir solche Prozesse nun "Kausalprozesse" nennen sollte.

Gruss,
Hawkwind

RoKo
15.11.12, 16:08
Physikalische Prozesse sind immer von einem Energie- und/oder Impulsaustausch begleitet. Ich weiss wirklich nicht, warum wir solche Prozesse nun "Kausalprozesse" nennen sollten.
Das ist eine philosophische Frage. Ist z.B. das Untergehen der Sonne am Abend und das morgentliche Aufgehen nur eine regelmäßige Ereignisfolge oder gibt es einen tiefer liegenden Grund, eine "causa"(lateinisch).

Du hattest zuvor die durchaus richtige Feststellung getroffen: Kausalität ist m.E. eher eine Forderung, die der Mensch (zusätzlich) an die Theorien der Physik stellt. Die evolutionäre Erkenntnistheorie (z.B. Gerhard Vollmer) zieht daraus den ersten Schluss, dass kausales Denken ein Selektionsvortil sein muss. Daraus folgt dann logisch der zweite Schluss, dass dieser Selektionsvorteil nur dann bestehen kann, wenn die Natur sich weitgehend kausal verhält.

Mirko
16.11.12, 08:34
Hallo Mirko,

ja, dein feixender, liebevoll gemeiner Schelm und Herrscher über das Universum ist nur Satire, denn er/sie/es ist nur eine allzumenschliche Fiktion.

M.f.G. Eugen Bauhof

Nur zur Klarstellung:

Mein Kommentar war nicht theologisch gemeint, sondern lediglich süffisant und humorvoll.
Die Physik tut alles um die Dinge um uns herum korrekt zu beschreiben und schafft es nicht ganz, da "mein" fiktiver Herrscher sie dauernd ärgert !

Hat was von Douglas Adams :-)

Aber nun back to topic.......

Hawkwind
16.11.12, 09:24
Das ist eine philosophische Frage. Ist z.B. das Untergehen der Sonne am Abend und das morgentliche Aufgehen nur eine regelmäßige Ereignisfolge oder gibt es einen tiefer liegenden Grund, eine "causa"(lateinisch).


Ich denke, dass Kausalität in der Physik von Wenig-Teilchen-Systemen kaum eine bis keine Rolle spielt, da sämtliche Vorgänge immer noch gemäß Physik "legal" sind, wenn man die Richtung des Zeitpfeils umkehrt.*

Dies gilt aber nicht mehr so uneingeschränkt in der Physik von Systemen extrem vieler Teilchen (Thermodynamik, Statistische Physik).

__
* einzige Ausnahme ist wohl die winzige CP-Verletzung der elektroschachen Wechselwirkung in der Physik von K- und neuerdings auch B-Mesonen, die gemäß CPT-Invarianz dann auch eine T-Verletzung impliziert.

RoKo
20.11.12, 16:57
Hallo Hawkwind,

Ich denke, dass Kausalität in der Physik von Wenig-Teilchen-Systemen kaum eine bis keine Rolle spielt, da sämtliche Vorgänge immer noch gemäß Physik "legal" sind, wenn man die Richtung des Zeitpfeils umkehrt.Tatsächlich ist es so, das Naturgesetze von der Physik nicht explizit als Kausalgesetze formuliert werden.

Dennoch geht es in der Natur wesentlich kausal zu. Selbstverständlich ist es "legal", dass der Stein auch nach oben fliegt - bei entsprechender kinetischer Energie - in der Regel fällt er aber nach unten. Alle spontan ablaufenden Vorgänge erfolgen nach einem Minimierungsprinzip.

Marcus Ulpius
21.11.12, 11:13
Hallo Hawkwind,
Kausalität ist m.E. eher eine Forderung, die der Mensch (zusätzlich) an die Theorien der Physik stellt.
Frage: Wie / Mit welchem Begriff beschreibst Du dass sämtliche (ordnungsgemäss ausgeführten ;-)) Experimente in der Realität reproduzierbar sind?

Gruß
Marcus

Marcus Ulpius
23.11.12, 06:17
Hallo Hawkwind,

Die Eingangsfrage von Roko lautete:
Welche fundamentalen Gesetze der Physik sind so allgemein und universell, dass sie auf alles in der Welt zutreffen?
Nur reproduzierbare Experimente besitzen physikalische Aussagekraft.
"Reproduzierbar" bedeutet dass unter exakt denselben Rahmenparametern immer dieselben Ergebnisse erzielt werden: Nur auf einer solchen Basis sind Vorhersagen überhaupt erst möglich.
Zwingende Voraussetzung hierfür ist dass die Natur immer und überall denselben Gesetzmässigkeiten folgt.

Ich nenne das Kausalität - Wie bezeichnest du es?

Nach deinen bisherigen Äusserungen zu urteilen räumst du der Kausalität nur einen Platz in den Modellen ein - Nicht in der Realität.
z.B.
Quantitative Vorhersagen lassen sich ableiten, ohne auch nur einen Gedanken an Kausalität zu verschwenden.
Wie das? Wie kannst du irgendeine Vorhersage treffen ohne von immer und überall gültigen Gesetzmässigkeiten auszugehen?

Oder habe ich dich falsch verstanden?

Oder welche Rolle spielt Kausalität z.B . bei der Berechnung der Energieniveaus des Wasserstoffatoms?
z.B. dass das betreffende Wasserstoffatom nicht plötzlich verschwindet während du noch rechnest. ;-)

wkr
Marcus

Hawkwind
23.11.12, 08:57
Mojn Ulpius,

Hallo Hawkwind,

Die Eingangsfrage von Roko lautete:

Nur reproduzierbare Experimente besitzen physikalische Aussagekraft.
"Reproduzierbar" bedeutet dass unter exakt denselben Rahmenparametern immer dieselben Ergebnisse erzielt werden: Nur auf einer solchen Basis sind Vorhersagen überhaupt erst möglich.
Zwingende Voraussetzung hierfür ist dass die Natur immer und überall denselben Gesetzmässigkeiten folgt.

Ich nenne das Kausalität - Wie bezeichnest du es?


Ich nenne die Reproduzierbarkeit experimenteller Ergebnisse "Reproduzierbarkeit". :)
Was du da erwähnst, scheint mehr mit Determinismus zu tun haben, den es in der Quantenmechanik so naiv eh nicht mehr gibt.


Nach deinen bisherigen Äusserungen zu urteilen räumst du der Kausalität nur einen Platz in den Modellen ein - Nicht in der Realität.
z.B.


Phh ... diese Frage ist mir zu schwierig: ich dachte, es geht hier um Physik, also um Modelle.


Wie das? Wie kannst du irgendeine Vorhersage treffen ohne von immer und überall gültigen Gesetzmässigkeiten auszugehen?

Oder habe ich dich falsch verstanden?


Die Frage ist, was bedeutet "Kausalität"?
Kausalität liegt nach meinem bescheidenen Verständnis dann vor, wenn ein Prozess nicht umkehrbar ist, d.h. wenn Ursache und Wirkung ihre Rollen nicht vertauschen können.
Wenn du dir nun einen Film anschaust, der einen physikalischen Prozess wiedergibt, z.B. Emission eines Photons durch ein Atom, dann ist der rückwärts abgespielte Film (Absorption eines Photons) genauso ein nach den Gesetzen der Physik erlaubter Prozess. Du kannst gar nicht beurteilen, welches die korrekte Abspulrichtung ist; ich sehe da deshalb keine Kausalität.
[Nachtrag] Ein anderer Aspekt von Kausalität (manchmal als "Mikrokausalität" bezeichnet) ist es einfach, Inkonsistenzen zu vermeiden: wenn für den Beobachter eines Prozesses ein Ereignis zeitlich vor einem anderen stattfindet, dann müssen alle Beobachter dieselbe zeitliche Reihenfolge feststellen. Ansonsten wird es "wüst", da Ereignisse aus unserer relativen Zukunft Einfluss auf die Gegenwart haben könnten.


z.B. dass das betreffende Wasserstoffatom nicht plötzlich verschwindet während du noch rechnest. ;-)


Anscheinend bedeutet Kausalität für dich, dass niemand zaubert. :)

Nun gut, da unterscheidet sich dein Verständnis von Kausalität mit Sicherheit von meinem.

Aber wir sind nicht die Einzigen, die über die Bedeutung von Kausalität in der Physik grübeln; in Wiki findet man z.B.

Kausalität wird oft auch als das Prinzip von Ursache und Wirkung bezeichnet. In diesem Sinne wird es von vielen Physikern weniger als Naturgesetz sondern als Interpretation des Geschehens angesehen, da es keine exakte Vorschrift gibt, wie sich eine bestimmte Ursache und die zugehörige Wirkung räumlich und zeitlich abgrenzen lassen. Letztlich werden in der Physik Vorgänge der Natur erschöpfend durch Lösungen von mathematischen Gleichungen beschrieben. Eine Notwendigkeit, Teilbereiche dieser Lösungen als Ursachen und als Wirkungen zu bezeichnen, besteht letztlich nicht, sondern dient lediglich zur Veranschaulichung und zum besseren Verständnis.


Gruss,
Hawkwind

JoAx
23.11.12, 10:14
z.B. dass das betreffende Wasserstoffatom nicht plötzlich verschwindet während du noch rechnest. ;-)


Das kann tatsächlich passieren, Marcus. Nicht beim Rechnen "auf dem Papier", aber in einer Pauli-Falle. Die Ursache lässt sich da wohl schwer bis gar nicht angeben. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Atom sich auch ausserhalb der Falle befindet ist nicht Null. Irgendwann "schlägt sie zu", und das Atom ist weg. :)

Dabei gibt es Sicher auch eine Störung des em. Feldes (der Widerstand ist schlisslich weg), aber ist diese Störung die Ursache für das Verschwinden des Atoms, oder das Verschwinden des Atoms die Ursache für die Störung?


Gruß, Johann

Hawkwind
23.11.12, 10:27
Das kann tatsächlich passieren, Marcus. Nicht beim Rechnen "auf dem Papier", aber in einer Pauli-Falle. Die Ursache lässt sich da wohl schwer bis gar nicht angeben. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Atom sich auch ausserhalb der Falle befindet ist nicht Null. Irgendwann "schlägt sie zu", und das Atom ist weg. :)

Dabei gibt es Sicher auch eine Störung des em. Feldes (der Widerstand ist schlisslich weg), aber ist diese Störung die Ursache für das Verschwinden des Atoms, oder das Verschwinden des Atoms die Ursache für die Störung?


Gruß, Johann

Ist die Ursache nicht der "08/15 -Tunneleffekt" der Quantenmechanik?
Der ist doch gut verstanden.

Ich denke übrigens, es muss "Paulfalle"
http://de.wikipedia.org/wiki/Paul-Falle
heissen.

Auch bitte diesen Tunnel durch die Paulfalle nicht verwechseln mit dem
Tunnel durch St. Pauli (http://www.elbe-wochenblatt.de/altona/lokales/ein-tunnel-durch-st-pauli-d2388.html) :)

Gruss,
Hawkwind

JoAx
23.11.12, 12:15
Ich denke übrigens, es muss "Paulfalle"
http://de.wikipedia.org/wiki/Paul-Falle
heissen.


Stimmt, mein Fehler.

Der Tunneleffekt ist aber keine Ursache, oder?

Gruß!

Hawkwind
23.11.12, 12:18
Stimmt, mein Fehler.

Der Tunneleffekt ist aber keine Ursache, oder?

Gruß!

Er ist dafür verantwortlich, dass es eine Wahrscheinlichhkeit gibt, das Atom außerhalb der Falle vorzufinden. Alles, wofür es eine Wahrscheinlichkeit gibt, tritt dann eines Tages auch ein, wenn man oft genug probiert.

Marcus Ulpius
24.11.12, 07:10
Hallo Hawkwind,

Falls die Natur determiniert wäre (Determinismus = ereignisorientiert) wäre es z.B. möglich vorherzusagen welchen Spin man bei einem Teilchen eines verschränkten Paares messen wird - Dem ist aber nicht so.

Man kann zwei Dinge vorhersagen:
1. Man wird einen Spin messen ("0 oder 1").
2. Das andere Teilchen weist genau den entgegengesetzten Spin auf.

Diese beiden Vorhersagen basieren auf (beobachtbar) immer wiederkehrenden Gesetzmäßigkeiten = kausalen Zusammenhänge der Natur.
Deshalb muss jede physikalische Theorie das Kausalitätsprinzip erfüllen.

Determinismus und Kausalität sind nicht dasselbe:
Die Ergebnisse von Experimenten sind nicht zwangsläufig determiniert (insbesondere in der QM).
Die Möglichkeiten des Ausgangs eines Experiments werden allerdings durch das Kausalitätsprinzip stets eingeschränkt.

Anderes Beispiel:
Es steht nicht fest wann ein Radionuklid zerfällt / zerfallen sein wird.
Es steht allerdings fest dass ein Atom Jod 133 zerfallen wird (*).

Die Frage ist, was bedeutet "Kausalität"?
Kausalität liegt nach meinem bescheidenen Verständnis dann vor, wenn ein Prozess nicht umkehrbar ist, d.h. wenn Ursache und Wirkung ihre Rollen nicht
vertauschen können.
Wenn du dir nun einen Film anschaust, der einen physikalischen Prozess wiedergibt, z.B. Emission eines Photons durch ein Atom, dann ist der rückwärts abgespielte Film (Absorption eines Photons) genauso ein nach den Gesetzen der Physik erlaubter Prozess. Du kannst gar nicht beurteilen, welches die korrekte Abspulrichtung ist; ich sehe da deshalb keine Kausalität.
Eine Emission bleibt immer eine Emission und eine Absorption immer eine Absorption.
Wenn es sich ergibt dass man eine Beschreibung der Natur (= ein Teil unseres Modells) mit geringem Anpassungsaufwand auch auf einen anderen Sachverhalt anwenden kann dann sehe ich das lediglich als "Arbeitserleichterung" an.
Man sollte keinesfalls unberücksichtigt lassen dass sich eine Umkehrung des Zeitpfeils jeglicher experimentellen Überprüfbarkeit entzieht: "In der Natur laufen alle Filme vorwärts ab".

Ich nenne die Reproduzierbarkeit experimenteller Ergebnisse "Reproduzierbarkeit".:)
:-)
Wenn ich Dich richtig verstehe siehst Du (aber wenigstens) die "Reproduzierbarkeit" als ein fundamentales Gesetz der Physik an welches auf alles in der Welt zutrifft (So lautete Rokos Frage)?
Oder haben wir neben Begriffsinhalten auch erkenntnis-theoretisch unterschiedliche Ansichten?

Das kann tatsächlich passieren, Marcus. Nicht beim Rechnen "auf dem Papier", aber in einer Pauli-Falle. Die Ursache lässt sich da wohl schwer bis gar nicht angeben. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Atom sich auch ausserhalb der Falle befindet ist nicht Null. Irgendwann "schlägt sie zu", und das Atom ist weg. :)
Ja - Auch diese von dir angeführte Kausalität gilt als belegt. :-)
(*) "... sofern es nicht verschwindet." ;-)

Ein anderer Aspekt von Kausalität (manchmal als "Mikrokausalität" bezeichnet) ist es einfach, Inkonsistenzen zu vermeiden: wenn für den Beobachter eines Prozesses ein Ereignis zeitlich vor einem anderen stattfindet, dann müssen alle Beobachter dieselbe zeitliche Reihenfolge feststellen.
Ansonsten wird es "wüst", da Ereignisse aus unserer relativen Zukunft Einfluss auf die Gegenwart haben könnten.
Genau.

Phh ... diese Frage ist mir zu schwierig: ich dachte, es geht hier um Physik, also um Modelle.
Ja - Aber jedes physikalische Modell setzt aber ein immer wiederkehrendes Verhalten dessen voraus, was man mit ihm beschreiben möchte.

Anscheinend bedeutet Kausalität für dich, dass niemand zaubert. :)
Oder "würfelt" ...... ;-)

wkr
Marcus

Hawkwind
24.11.12, 10:21
Hallo Hawkwind,

Falls die Natur determiniert wäre (Determinismus = ereignisorientiert) wäre es z.B. möglich vorherzusagen welchen Spin man bei einem Teilchen eines verschränkten Paares messen wird - Dem ist aber nicht so.


So ist es.


Man kann zwei Dinge vorhersagen:
1. Man wird einen Spin messen ("0 oder 1").
2. Das andere Teilchen weist genau den entgegengesetzten Spin auf.



So ist es.



Diese beiden Vorhersagen basieren auf (beobachtbar) immer wiederkehrenden Gesetzmäßigkeiten = kausalen Zusammenhänge der Natur.


Genau hier gallopierst du mir davon: nicht jedes Gesetz ist "kausal".
Wenn ich von den Beobachtungen abstrahiere, z.B. dass die Arbeit, die ein bewegtes Objekt verrichten kann, mit dem Betragsquadrat seiner Geschwindigkeit geht, dann ist das ein Gesetz und da ist jede Kausalitäz außen vor.. Was sollte da Ursache und was Wirkung sein? Da gibt es keinen kausalen Zusammenhang.


Deshalb muss jede physikalische Theorie das Kausalitätsprinzip erfüllen.


Eine Folgerung, die ich, wie gesagt, nicht nachvollziehen kann.



Determinismus und Kausalität sind nicht dasselbe:


Genau darauf wies ich dich ja hin. Ist also selbst mir bekannt. :)


...
Wenn ich Dich richtig verstehe siehst Du (aber wenigstens) die "Reproduzierbarkeit" als ein fundamentales Gesetz der Physik an welches auf alles in der Welt zutrifft (So lautete Rokos Frage)?


Nöö, das ist kein Gesetz: das ist eine Forderung/Hoffnung von uns Menschen an die Natur, die es uns überhaupt erst erlaubt, empirisch Naturwissenschaft zu betreiben. Ohne reproduzierbare Experimente gibt es überhaupt keine Physik.

Vielleicht liegen wir auch gar nicht so weit auseinander: Kausalität ist die Grundvorausetzung, Physik betreiben zu können, aber nicht "erst" eine Eigenschaft ihrer Gesetze.

Gruss,
Hawkwind

RoKo
24.11.12, 18:05
Hallo Hawkwind,

Die Frage ist, was bedeutet "Kausalität"?
Kausalität liegt nach meinem bescheidenen Verständnis dann vor, wenn ein Prozess nicht umkehrbar ist, d.h. wenn Ursache und Wirkung ihre Rollen nicht vertauschen können.
Irreversible Prozesse sind nicht umkehrbar - und alle realen Prozesse sind nicht umkehrbar; bestenfalls mit Energie- und Arbeitsaufwand reparabel.

Während du auf deine zeitumkehrinvarianten Gleichungen schaust, suche ich nach Ursachen von Betriebsstörungen. Und da wüsste ich schon gerne, ob die Betriebsstörung (=Wirkung) gestezmäßig verursacht wurde oder ob es nur eine Laune der Natur, objektiver Zufall oder der Eingriff eines überirdischen Wesens war.

Hawkwind
24.11.12, 19:32
Hi Roko,

Hallo Hawkwind,

Irreversible Prozesse sind nicht umkehrbar - ...



Du sagst es: nur irreversible Prozesse sind nicht umkehrbar (Hauptsätze der Thermodynamik: erst die Entropie legt Richtung des Zeitpfeils fest).
Aber selbst in der Thermodynamik gibt es reversible Prozesse (wenn sie denn im thermischen Gleichgewicht stattfinden), erst recht in der Physik weniger Teilchen.

Gruss,
Hawkwind

Marcus Ulpius
29.11.12, 18:44
Hallo Hawkwind,

um die Diskussion (hoffentlich) abzukürzen:

Gott würfelt - Nicht immer aber von Zeit zu Zeit.
Wenn er das tut benutzt er statische Würfel mit ganzzahliger endlicher Seitenanzahl.

Nur das ermöglicht uns Vorhersagen.
Deshalb betrachte ich das als so etwas wie das "Grundgesetz der Physik".

wkr
Marcus

Nachtrag: Manche Würfel Gottes sind gezinkt - Dann sind bei einem Wurf nicht alle Seiten gleich wahrscheinlich.