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-   -   Quantentheorie und Wahrheitskriterien (http://www.quanten.de/forum/showthread.php5?t=1994)

RoKo 09.08.11 12:56

Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Im Thread "de-Broglie-Wellenlänge" hat Philipp ein Thema angerissen, dass ich gerne separat zur Diskussion stellen möchte.

Zitat:

Zitat von Philipp Wehrli (Beitrag 62384)
Auch das nicht. Natürlich enthält eine brauchbare Theorie immer mehr als das, was wir bisher beobachtet haben. Dem wirst du wohl zustimmen. Du glaubst aber, wir könnten eine exakte Grenze ziehen, zwischen den Dingen, die wir theoretisch beobachten könnten und denen, die prinzipiell unbeobachtbar sind. Das streite ich ab. Und selbst wenn wir es könnten, wäre es unsinnig, diese Grenze zu einem Wahrheitskriterium zu machen. Weshalb soll etwas wahrer sein, nur weil es theoretisch irgendwann bewiesen werden kann. Siehe hier:
http://homepage.hispeed.ch/philipp.w...erbarkeit.html
Ich denke, in diesem Punkt müssen viele Erkenntnistheoretiker und Physiker umdenken.

Ich bitte um Kenntnissnahme des verlinkten Aufsatzes.

RoKo 09.08.11 15:21

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Grundsätzliches:

Die Falsifizierbarkeit einer Theorie halte ich für ein brauchbares Kriterium für die Wissenschaftlichkeit einer Theorie. Falsifizierbarkeit bedeutet, dass die Theorie mindestens eine Aussage enthalten muss, die ggf. empirisch prüfbar ist.

Die Einfachheit einer Theorie hingegen ist ein schwer objektivierbares Kriterium. Worauf bezieht sich das "Einfach" ? Wenn ich an die ART denke, dann sieht die Einsteinsche Feldgleichung mit ihren doppelten Indizies nur einfach aus; sie ist aber schwer zu verstehen und zu handhaben.

Falsifizierbarkeit ist aber nur ein Kriterium. Eine Theorie muss auch in sich schlüssig sein und sie sollte anerkannten Grundsätzen (z.B. den Erhaltungssätzen in der Physik) nur begründet widersprechen.

Zu den Interpretationen der Quantenmechanik:
Da alle Interpretationen der Quantenmechanik im Kern auf der Schrödingergleichung beruhen, sind sie mit dieser falsifizierbar; und von diesem Gesichtspunkt her als wissenschaftlich korrekt zu betrachten.

Meine Kritik an der VWI;
sofern sie auf der Annahme beruht, die Superpositionen der Lösungen der Schrödingergleichung seien alle gleichermaßen real, ist:
Diese Annahme widerspricht zunächst der empirischen Erfahrung, dass Messungen an einem QM-System immer zu eindeutigen Messwerten führen. "Gerettet" wird dieser Widerspruch dann mit der Annahme "vieler Welten", die man als Konsequenz der Ausgangsannahme hinnehmen muss. (vergl. H.D.Zeh). Die Erfahrung wird also gerettet durch eine prinzipiell unüberprüfbare Zusatzannahme. Diese Zusatzannahme führt m.E. darüber hinaus zu einer unerklärten Verletzung von Erhaltungssätzen.

Dieses wissenschaftliche Vorgehen halte ich für kritikwürdig, weil es nicht zwingend ist. Mit der Bohmschen Darstellung lässt sich das vermeiden. Mit dieser Darstellung lässt sich zeigen, dass von den "Vielen Welten" nur eine effektiv existiert.

Bauhof 09.08.11 18:34

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Zitat:

Zitat von RoKo (Beitrag 62398)
Die Falsifizierbarkeit einer Theorie halte ich für ein brauchbares Kriterium für die Wissenschaftlichkeit einer Theorie. Falsifizierbarkeit bedeutet, dass die Theorie mindestens eine Aussage enthalten muss, die ggf. empirisch prüfbar ist.

Hallo RoKo,

ja, das ist das Mindeste, was man von einer Theorie als Kriterium für die Wissenschaftlichkeit fordern muss. Außerdem ist eine Theorie als gut zu bezeichnen, wenn sie folgende Punkte erfüllt:

Code:


1. Wenn sie mit den bereits vorhandenen Beobachtungen übereinstimmt
  und sie erklärt.

2. Wenn sie nur wenige willkürliche Elemente enthält.

3. Wenn sie in der mathematischen Formulierung elegant ist.

4. Wenn sie auch Vorhersagen über zukünftige Beobachtungen
  machen kann, welche die Theorie widerlegen können,
  wenn sich diese zukünftigen Beobachtungen nicht bewahrheiten

Zum Beispiel kann man der "Viele-Welten-Theorie" meines Wissens nur das Gut-Kriterium 3 zusprechen. Und das allein reicht nicht, um sie als wissenschaftlich zu akzeptieren.

Erfüllt denn die Bohmsche Theorie alle diese Gut-Kriterien? Das ist jetzt nur eine reine Frage, denn von dieser Theorie kenne ich fast gar nichts. Ich weiß nur, dass von den heutigen Physikern die Quantenmechanik anstelle der Bohmschen Theorie bevorzugt wird.

Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof

fossilium 09.08.11 19:41

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Hi Roko, Hi Bauhof,

vielleicht sollte man erst mal klären, was eine physikalische Theorie ist.

Meines Erachtens die Beschreibung von (vergangenen oder zukünftigen) Beobachtungen.

Keinesfalls eine Aussage über das was ist. Mit dem was ist befasst sich die Metaphysik.

Oder irre ich mich ?

Gruss Fossilium

RoKo 10.08.11 08:40

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Hallo zusammen,
Zitat:

Zitat von fossilium (Beitrag 62409)
vielleicht sollte man erst mal klären, was eine physikalische Theorie ist.

Ein guter Ansatz.
Zitat:

Meines Erachtens die Beschreibung von (vergangenen oder zukünftigen) Beobachtungen.
Das ist m.E. zu knapp definiert.

Eine gute physikalische Theorie beschreibt (vergangenes und zukünftiges) spezifisch präpariertes Naturverhalten, dessen Resultate wir beobachtet haben und zukünftig beobachten können, um Rückschlüsse auf das Gesamtverhalten der Natur ziehen zu können.
Zitat:

Keinesfalls eine Aussage über das was ist. Mit dem was ist befasst sich die Metaphysik.
Richtig. Wir können nicht wissen, was ein Elektron ist. Wir haben aber eine Theorie über die Eigenschaften eines Elektrons und darüber, wie es sich unter bestimmten Bedingungen verhält.

Eine physikalische Theorie ist ein mathematisches Funktionsmodell für einen spezifischen Bereich der Natur. Es macht Aussagen über das "funktionieren" der Natur. Es muss nicht identisch mit dem spezifischen Bereich der Natur sein.

RoKo 10.08.11 09:26

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Hallo Bauhof,

deine 4 Kriterien sind geeignet, die Güte einer Theorie zu diskutieren. Ganz objektiv sind die Punkte 2 und 3 jedoch nicht, weil sich über "willkürlich" und "Eleganz" durchaus streiten lässt.

Zur Beurteilung der Interpretationen der QM ist hinzuzufügen, dass Punkt 4 kein Unterscheidungskriterium sein kann, soweit sich diese Interpretationen auf die unveränderte Schrödingergleichung beziehen. (KD, VWI, BM) Lediglich GRW will die SGL geringfügig abwandeln.

RoKo 10.08.11 10:11

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Hallo Bauhof,

die m.E. eleganteste Darstellung der BM findet sich bei Oliver Passon, "Bohmsche Mechanik", ISBN 3-8171-1742-6.

Dort wird auf einer Seite (S.30) über die Betrachtung eines "Wahrscheinlichkeitsdichtestroms" und der Kontinuitätsgleichung die Bewegungsgleichung eines Teilchens, dass von einer Welle geführt wird, abgeleitet.

Das lässt sich auch anschaulich, z.B. am Doppelspalt darstellen.

Vor dem Spalt haben wir eine vorhersagbare Aufenthaltswahrscheinlichkeit. Zur Wahscheinlichkeitsdichte kommt man, wenn man diese z.B. durch tausend Punkte darstellt. Wenn man zu jedem dieser Punkte die "Bewegung" berechnet, dann erhält man die Wahrscheinlichkeitsdichte auf dem Schirm, die dann das bekannte Interferenzmuster zeigt.

Ich halte diese Darstellung deshalb für elegant, weil sie der Standard-QM nur eine leicht nachvollziehbare Betrachtung hinzufügt und damit erklärt, warum wir immer einen eindeutigen Messwert erhalten. Da diese Zusatzbetrachtung nur diesen Erklärungswert hat, kann jeder Standard-Physiker beruhigt mit der Standard-QM weiterarbeiten. Diese Zusatzbetrachtung ist m.E. auch mit der Darstellung der VWI/Dekohärenz vereinbar und sagt dann lediglich aus, dass von den "Vielen Welten" auf Grund von Anfangsbedingungen (Wir haben nur ein Elektron, auch wenn wir nicht wissen, wo es ist) nur eine real ist.

Bauhof 10.08.11 10:12

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Zitat:

Zitat von RoKo (Beitrag 62418)
... deine 4 Kriterien sind geeignet, die Güte einer Theorie zu diskutieren. Ganz objektiv sind die Punkte 2 und 3 jedoch nicht, weil sich über "willkürlich" und "Eleganz" durchaus streiten lässt.

Hallo RoKo,

absolut objektive Kriterien kann es gar nicht geben. Alles ist Menschenwerk, über das man diskutieren kann. Wenn wir ausschließlich nur absolut objektive Bewertungskriterien für physikalische Theorien tatsächlich zur Verfügung hätten, dann würde vermutlich keine der heutigen Theorien Bestand haben. Warum? Weil es keine endgültige physikalische Theorie geben kann.
Zitat:

Zitat von RoKo (Beitrag 62418)
... Lediglich GRW will die SGL geringfügig abwandeln.

Was bedeute die Abkürzung GRW? Hier ist sie nicht zu finden.

M.f.G. Eugen Bauhof

RoKo 10.08.11 15:53

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Hallo Bauhof,

GRW = Ghirardi-Rimini-Weber-Theorie

fossilium 12.08.11 16:04

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Hi Roko,

das Problem der Bestimmung, was eine Theorie ist, lebt von seinen Verästelungen. Ich versuche mal
diese Verästelungen abzuscheiden, indem ich wie folgt zuspitze:

Eine physikalische Theorie beschreibt, welche elementaren Strukturen und Gesetzmässigkeiten den Vorgängen in der Natur zugrunde liegen. Sie besteht grundsätzlich aus zwei Teilen: ein Teil, der etwas beschreibt, das beobachtbar ist, und einen anderen Teil, der beschreibt, was nicht beobachtbar ist. Der erste Teil enthält physikalische Aussagen, der zweite Teil metaphysische Aussagen. Die Sprache,
in der die Theorie abgefasst ist (Deutsch, Mathematik, Chinesisch) spielt keine Rolle.

Die Güte einer physikalischen Theorie ist umso grösser, je grösser der Teil der beobachtbaren Aussagen ist. Enthält sie nur unbeobachtbare Aussagen, ist sie keine physikalische Theorie mehr, sondern Metaphysik.

Soweit die VWT unbeobachtbare Aussagen macht, ist sie reine Metaphysik. Das gleiche gilt für die Stringtheorie. Aussagen über den Ort eines Quantenobjekts außerhalb von Beobachtungen sind auch Metaphysik, es sei denn die Theorie bestimmt den Ort, und diese Bestimmung wäre z.B. zukünftigen Beobachtungen zugänglich.

Letzendlich wirft diese Deutung des Begriffs Theorie die Grundsatzfrage auf, ob wir - unter Anwendung wissenschaftlichen Methoden - nur das wissen können, was letzendlich beobachtbar ist – oder auch das was, sich jeder Beobachtung entzieht.


Gruss
Fossilium

Bauhof 12.08.11 17:16

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Zitat:

Zitat von fossilium (Beitrag 62484)
Eine physikalische Theorie beschreibt, welche elementaren Strukturen und Gesetzmässigkeiten den Vorgängen in der Natur zugrunde liegen. Sie besteht grundsätzlich aus zwei Teilen: ein Teil, der etwas beschreibt, das beobachtbar ist, und einen anderen Teil, der beschreibt, was nicht beobachtbar ist.

Hallo fossilium,

im Prinzip stimme ich dir zu.
Nur beim zweiten Teil würde ich ergänzen, dass eine gute Theorie auch Voraussagen über zukünftige Beobachtungen machen sollte, welche geeignet sind, die Theorie zu widerlegen.
Zitat:

Zitat von fossilium (Beitrag 62484)
Enthält sie nur unbeobachtbare Aussagen, ist sie keine physikalische Theorie mehr, sondern Metaphysik.

Ja. Ich würde nur noch ergänzen, sie ist auch dann keine physikalische Theorie mehr, wenn sie auch nur eine Aussage über irgendwelche Entitäten macht, die prinzipiell unbeobachtbar sind, wie z.B. die hypothetischen "viele Welten".

M.f.G. Eugen Bauhof

Philipp Wehrli 13.08.11 01:24

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Zitat:

Zitat von RoKo (Beitrag 62398)
Grundsätzliches:

Die Falsifizierbarkeit einer Theorie halte ich für ein brauchbares Kriterium für die Wissenschaftlichkeit einer Theorie.

...

Meine Kritik an der VWI;
...
Die Erfahrung wird also gerettet durch eine prinzipiell unüberprüfbare Zusatzannahme.

Weil du Zeh so magst, schau mal da:
http://www.zeh-hd.de/
Physik ohne Realität: Tiefsinn oder Wahnsinn?
Zitat:

Schließlich bemerkte erstmals Hugh Everett, daß man gar keinen Kollaps annehmen muß, wenn man stattdessen die Konsequenz einer universellen Schrödingergleichung in der Form (2) einfach akzeptiert, so daß alle Komponenten des globalen Quantenzustands weiter-*‐ existieren würden. Diese Annahme ist zwar nicht verifizierbar (nur konsequent), wohl aber falsifizierbar – nämlich durch die Entdeckung einer Gültigkeitsgrenze der globalen Schrödingergleichung, die einem Kollaps entsprechen könnte.
Die VWI ist also falsifizierbar. Dagegen ist die Verneinung der VWI logischerweise nicht falsifizierbar.

Worauf willst du nun verzichten: Auf die Falsifizierbarkeit oder auf die VWI?


Zitat:

Zitat von RoKo (Beitrag 62398)
Diese Zusatzannahme führt m.E. darüber hinaus zu einer unerklärten Verletzung von Erhaltungssätzen.

Das halte ich für Unfug. Kannst du einen seriösen Physiker nennen, der das behauptet und begründet?

EMI 13.08.11 01:58

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Zitat:

Zitat von Bauhof (Beitrag 62485)
Ja. Ich würde nur noch ergänzen, sie ist auch dann keine physikalische Theorie mehr, wenn sie auch nur eine Aussage über irgendwelche Entitäten macht, die prinzipiell unbeobachtbar sind, wie z.B. die hypothetischen "viele Welten".

Genau Bauhof,

im Mittelalter fragte man sich, warum fällt die Erde nicht runter?
Antwort, drunter steht eine Schildkröte, welche die Erde trägt.
Und worauf steht die Schildkröte? Auf einer Schildkröte natürlich und diese wiederum auf Einer.
Die Erde ruht auf einem Turm von unendlich vielen Schildkröten und da dieser unter der Erde ist, muss man sich damit abfinden, das wir die Schildkröten niemals sehen können.

Irgendwie ist, für mich zumindest, der Turm der unendlichen Schildkröten mit der VWT wieder eingeführt wurden. Das ist zwar legetim aber keine Physik.

Gruß EMI

Hawkwind 13.08.11 09:07

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Zitat:

Zitat von Philipp Wehrli (Beitrag 62488)

Zitat:

Schließlich bemerkte erstmals Hugh Everett, daß man gar keinen Kollaps annehmen muß, wenn man stattdessen die Konsequenz einer universellen Schrödingergleichung in der Form (2) einfach akzeptiert, so daß alle Komponenten des globalen Quantenzustands weiter-*‐ existieren würden. Diese Annahme ist zwar nicht verifizierbar (nur konsequent), wohl aber falsifizierbar – nämlich durch die Entdeckung einer Gültigkeitsgrenze der globalen Schrödingergleichung, die einem Kollaps entsprechen könnte.
Die VWI ist also falsifizierbar. Dagegen ist die Verneinung der VWI logischerweise nicht falsifizierbar.

Hmm, wie sähe denn so ein Experiment aus, das den globalen Kollaps der Schrödingergleichung verifiziert?

Das würde ja bedeuten, man würde die Nicht-Existenz der anderen Welten irgendwie beobachten, mit denen wir aber gar nicht kommunizieren können. Mir scheint das ein Ding der Unmöglichkeit, oder nicht?

Aber auch Claus Kiefer (ein Anhänger der KD, auf den Bauhof hier auch schon verwiesen hat) scheint so etwas nicht auszuschließen: in einem Artikel, der den aktuelle Status der Kopenhagener Interpretation diskutiert,
On the interpretation of quantum theory – from Copenhagen to the present day
kommt er zu dem Fazit

Zitat:

Zitat von Kiefer
Die Kopenhagener Deutung greift zurück auf klassische Konzepte. Andererseits sagt die Quantentheorie selbst Dedkohärenz voraus, wodurch System wiez.B. Messapparaturen dem lokalen Beobachter klassisch erscheinen. Man kann dies als eine teilweise Rechtfertigung des Kopenhagener Programms ansehen: es wird rückblickend erklärt, warum die Kopenhagener Deutung Basis für pragmatische Rechnungen sein kann - zumindest in nicht-gravitativen Situationen.

Der Prozess der Dekohärenz basiert auf der Gültigkeit der Schrödingergleichung und kann deshalb keinen realen Kollaps beschreiben. Für lokale Experimente ist das sicher auch nicht nötig, denn Dekohärenz kann erklären, warum wir einen Kollaps oder "Quantensprung" zu beobachten scheinen. ...

Das Messproblem für das totale System - Umgebung eingeschlossen - ist jedoch weiterhin ungelöst. Die bislang einzigen Alternativen sind es entweder einen realen Kollaps anzunehmen, der die Schrödingergleichung verletzt (für den es bislang keine experimentellen Hinweise gibt), oder Everetts Deutung zu favorisieren, die Realität aller Verzweigungen annimmt. Es scheint akum vorstellbar, dass eine experimentelle Unterscheidung in absehbarer Zukunft möglich sein wird. ...

Freie Übersetzung und Hervorhebungen von mir. Es scheinen also doch irgendwelche Experimente zumindest denkbar zu sein, die unterscheiden zwischen KD und VWI - im Gegensatz zu dem, was man früher immer gelesen hat. Vielleicht wird ja eines Tages tatsächlich eine der Deutungen per Beobachtung falsifiziert werden.
Ich denke, wir werden es nicht mehr erleben und können hier nur spekulieren und mehr oder weniger willkürlich etwas favorisieren.

Gruss,
Hawkwind

Bauhof 13.08.11 09:36

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Zitat:

Zitat von Hawkwind (Beitrag 62496)
Es scheinen also doch irgendwelche Experimente zumindest denkbar zu sein, die unterscheiden zwischen KD und VWI - im Gegensatz zu dem, was man früher immer gelesen hat. Vielleicht wird ja eines Tages tatsächlich eine der Deutungen per Beobachtung falsifiziert werden.

Hallo Hawkwind,

so viel mir bekannt ist, ist eine der Aussagen der VWT, das die vielen Welten prinzipiell unbeobachtbar sind. Wie kann man die prinzipiell unbeobachtbare Existenz der vielen Welten per Beobachtung widerlegen, wenn die vielen Welten laut VWT unbeobachtbar sind?

Alle Aussagen einer Theorie müssen an der Erfahrung scheitern können, also falsifizierbar sein.

M.f.G Eugen Bauhof

Hawkwind 13.08.11 11:00

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Zitat:

Zitat von Bauhof (Beitrag 62498)
Hallo Hawkwind,

so viel mir bekannt ist, ist eine der Aussagen der VWT, das die vielen Welten prinzipiell unbeobachtbar sind.

Auf dem Stand war ich bislang auch; das scheint aber nicht von allen mehr so gesehen zu werden. Man müsste mal nach einem Vorschlag für so ein Experiment googeln.

Bauhof 13.08.11 14:28

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Zitat:

Zitat von Hawkwind (Beitrag 62500)
Auf dem Stand war ich bislang auch; das scheint aber nicht von allen mehr so gesehen zu werden. Man müsste mal nach einem Vorschlag für so ein Experiment googeln.

Hallo Hawkwind,

wer oder was hat dich denn dazu gebracht, dass das nicht mehr von allen so gesehen wird, dass das die vielen Welten prinzipiell unbeobachtbar sind? Wikipedia messe ich da keine große Bedeutung bei, denn da kann jeder reinschreiben. Ich vertraue mehr auf die durch Lektoren geprüfte Bücher.

M.f.G. Eugen Bauhof

Hawkwind 13.08.11 15:22

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Zitat:

Zitat von Bauhof (Beitrag 62506)
Hallo Hawkwind,

wer oder was hat dich denn dazu gebracht, dass das nicht mehr von allen so gesehen wird,

Die Links hier im Thread: Zeh, Kiefer, Tegmark, ... .

Philipp Wehrli 13.08.11 20:50

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Zitat:

Zitat von Hawkwind (Beitrag 62496)
Hmm, wie sähe denn so ein Experiment aus, das den globalen Kollaps der Schrödingergleichung verifiziert?

Z. B. wenn wir beim Doppelspaltversuch mit grösseren Atomen keine Interferenz beobachten könnten, obwohl dies nach Dekohärenztheorie noch möglich ist. Dann wüssten wir, dass manche Teile der Welle kollabieren, sobald mehrere Teilchen im Spiel sind. Wir hätten eine Gültigkeitsgrenze der Schrödingergleichung gefunden.


Zitat:

Zitat von Kiefer
...
Der Prozess der Dekohärenz basiert auf der Gültigkeit der Schrödingergleichung und kann deshalb keinen realen Kollaps beschreiben. Für lokale Experimente ist das sicher auch nicht nötig, denn Dekohärenz kann erklären, warum wir einen Kollaps oder "Quantensprung" zu beobachten scheinen. ...

Das Messproblem für das totale System - Umgebung eingeschlossen - ist jedoch weiterhin ungelöst. Die bislang einzigen Alternativen sind es entweder einen realen Kollaps anzunehmen, der die Schrödingergleichung verletzt (für den es bislang keine experimentellen Hinweise gibt), oder Everetts Deutung zu favorisieren, die Realität aller Verzweigungen annimmt. Es scheint akum vorstellbar, dass eine experimentelle Unterscheidung in absehbarer Zukunft möglich sein wird. ...

Mir scheint, das ist genau, was ich sage. Die einzigen überzeugenden Interpretationen sind, einen Kollapsmechanismus zu postulieren oder Everetts Deutung.

Allerdings weiss ich nicht, weshalb eine experimentelle Unterscheidung schwierig sein soll. Die Schrödingergleichung ist sehr gut bestätigt. Aber bei jedem Experiment hätte sich auch herausstellen können, dass es einen Kollaps gibt. Natürlich wird es immer noch schwieriger, die Experimente noch weiter zu verbessern. Aber so ist es eben, wenn man eine wahre Aussage falsifizieren will: Es wird immer schwieriger, je mehr man es erfolglos versucht hat. Das spricht klar für die VWI.

Philipp Wehrli 13.08.11 21:06

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Zitat:

Zitat von Bauhof (Beitrag 62506)
Hallo Hawkwind,

wer oder was hat dich denn dazu gebracht, dass das nicht mehr von allen so gesehen wird, dass das die vielen Welten prinzipiell unbeobachtbar sind? Wikipedia messe ich da keine große Bedeutung bei, denn da kann jeder reinschreiben. Ich vertraue mehr auf die durch Lektoren geprüfte Bücher.

M.f.G. Eugen Bauhof

Da machst du einen Denkfehler. Die vielen Welten sind prinzipiell unbeobachtbar, weil alles, was wir beobachten, per definitionem zu unserer Welt gehört. Die Theorie sagt aber: Es gibt keine prinzipielle Grenze, an der die Dynamik nicht mehr unitär ist. Die Information bleibt erhalten. Diese Aussage ist falsifizierbar.

Bauhof 14.08.11 11:18

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Zitat:

Zitat von Philipp Wehrli (Beitrag 62515)
Mir scheint, das ist genau, was ich sage. Die einzigen überzeugenden Interpretationen sind, einen Kollapsmechanismus zu postulieren oder Everetts Deutung.

Hallo Philipp Wehrli,

ich folge weder der einen noch der anderen Alternative. Die Psi-Funktion (Schrödinger-Gleichung) beschreibt nicht das Quantenobjekt direkt, sondern sie gibt einen Wahrscheinlichkeitskatalog für dessen Verhaltensmöglichkeiten an.

Die korrekte Deutung der Schrödingerschen Wellenfunktion erfolgte durch Max Born: Das Quadrat gibt die Wahrscheinlichkeiten der Wellenfunktion an, mit denen das Teilchen an verschiedenen Orten anzutreffen ist.

Folgerichtig betrachtet daher Zeilinger die Wellenfunktion Psi nicht als etwas Realistisches, das in Raum und Zeit existiert, sondern lediglich als ein mathematisches Hilfsmittel, mit Hilfe dessen man Wahrscheinlichkeiten berechnen kann. Der vermeintliche Kollaps der Wellenfunktion ist aber dann nicht etwas, was im wirklichen Raum stattfindet, sondern er ist eine ganz simple Denknotwendigkeit.

Andreas Bartels hat das genauer untersucht und schreibt auf Seite 75 seines Buches [1] folgendes:
Zitat:

Schrödingers ursprünglicher Gedanke, Quantenobjekte seien raumzeitlich ausgebreitete Wellen, erwies sich aber schon bald als trügerisch. Werner Heisenberg, Max Born und Pascual Jordan entwickelten eine Theorie, in der die dynamischen Größen durch Operatoren dargestellt wurden, und die Dynamik selbst als Wirkung der Operatoren auf abstrakte Teilchen-Zustände, die aufgrund dieser Wirkung in andere Zustände übergehen.

Diese Theorie, die sich als äquivalent mit der Schrödinger-Theorie herausstellte, legt weder ein Wellenbild der Materie noch irgendein anderes anschauliches Bild der Quantenobjekte nahe.

In dieser Situation bietet sich zwar noch der Ausweg an, nur die Schrödinger-Theorie realistisch zu interpretieren und Heisenbergs Matrizen-Mechanik als eine nur formal korrekte Simulation der wirklichen physikalischen Vorgänge zu betrachten. Aber dieser Ausweg ist versperrt.

Schrödingers Wellenfunktion nimmt nur im Fall eines einzelnen Teilchens die Form einer physikalischen Welle in Raum und Zeit an. Als Lösung für Vielteilchen-Systeme ergibt sich eine Welle in einem abstrakten, höherdimensionalen Koordinatenraum. Außerdem bleibt die Tatsache bestehen, dass ein Elektron an einem ganz bestimmten Ort mit einer lokalisierten Masse und Ladung registriert werden kann.

Wie sollte etwas, das in Wirklichkeit eine physikalische Welle ist, als lokalisierbares Teilchen auftreten können? Aus dieser Sicht erweist sich nun Schrödingers raumzeitlich reale Interpretation der Wellenfunktion als nur in Spezialfällen zulässige Vergegenständlichung des abstrakten Heisenberg-Formalismus.
Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof

[1] Bartels, Andreas
Grundprobleme der modernen Naturphilosophie.
Paderborn 1996. ISBN=3-8252-1951-8

Gandalf 14.08.11 17:03

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Zitat:

Zitat von Bauhof (Beitrag 62521)
..., sondern er ist eine ganz simple Denknotwendigkeit.

...sagte der Schneider dem Kaiser, als er ihm seine neuen Kleider überreichte.

"Folgerichtig", lässt sich aus dieser 'Charade' daher schon mal gar nix ableiten!

Borns "Wahrscheinlichkeitsbetrachtung" mag für die Anwendungen nützlich sein, in denen Quantenphysik eine Rolle spielt (und auch wenn das 'viele' sind, sagt das weiterhin nichts über die 'Richtigkeit' an sich aus). Genauso wie "Lebenserwartungen" für Versicherungsmathematiker und der Kartenstapel für Pokerspieler.

Born ist schon lange dadurch widerlegt, das Interferenz auch dann stattfindet, wenn man ein einziges Teilchen betrachtet und daher statistische Wahrscheinlichkeiten keine Rolle spielen: Das die Zahlen eines Würfels über alle Würfe hinweg gleichmäßig verteilt sind, hat NICHTS damit zu tun, das bei einem einzigen Wurf eine bestimmte Zahl angezeigt wird!

Genau darum kommt man ohne die 'Vielen Welten' nicht aus, wenn man nach Erklärungen sucht.

Gandalf 14.08.11 17:28

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Zitat:

Zitat von Hawkwind (Beitrag 62500)
Auf dem Stand war ich bislang auch; das scheint aber nicht von allen mehr so gesehen zu werden. Man müsste mal nach einem Vorschlag für so ein Experiment googeln.

Da brauchst Du nicht googeln, die Betrachtung des DS-Experimentes "ohne intellektuelle (Vor-)Verstellung des Blickwinkels" genügt (Nicht umsonst nannte Everett seine Theorie nicht VWT- sondern 'Relative-Zustands-Theorie'):

Ein "Einziges Teilchen": Öffne ich zwischen(oder daneben) den 2 Spalten am DS einen weiteren (oder mehrere weitere), dann kommt das Teilchen plötzlich auch an den Stellen auf dem Detektorschirm 'nicht mehr an', an denen es ankam, als nur zwei Spalte offen waren.

a) Wer oder was verhindert, dass das Teilchen dort nicht mehr ankommt, obwohl 'mehr Möglichkeiten' gegeben sind, an dieser Stelle anzukommen?
b) Was für Eigenschaften müssen im Spiel sein, dass verhindert wird, dass das Teilchen bei zusätzlich offenen Spalten nicht mehr dort ankommt?


Und ja, es gibt ein Experiment, mit dem die VWI 'totsicher' falsifiziert werden kann ;)
Freiwillige vor:

http://kosmologie.fuer-eilige.de/vielwelten.htm

In letzter Zeit überlegt man sich Experimente, die zwischen den verschiedenen Deutungen unterscheiden. Allerdings sind die meisten Physiker der Ansicht, dass es solche Experimente nicht geben kann. Kontrovers diskutiert wurde folgender Vorschlag: Man konstruiert einen isolierten Kasten mit einem instabilen Atom und einer Giftgaskapsel. Ein Physiker, dem genug an der Sache liegt, wird in der Rolle von Schrödingers Katze in den Kasten gesperrt. Unter der Voraussetzung, dass sich das Bewusstsein des Wissenschaftlers stets für die Welt 'entscheidet', in der er weiterlebt, kann diesem nichts Schlimmes passieren. Dennoch hat sich bislang noch kein Physiker zur Durchführung des Experiments gefunden.
:cool:

...nunja, vlt. hat dieses Experiment ja auch schon stattgefunden, bzw. läuft noch: Man könnte das vorgefunden 'anthropische Prinzip' für genau dieses Experiment halten

Ansonsten gilt das was Phillip Wehrli gesagt hat: Die VWI ist durch den "Kollaps" falsifizierbar. Ansonsten halte ich diesen weiterhin lediglich für eine 'Denknotwendig, die nicht der Physik dient, sondern persönliche Weltbilder zu retten.

- Also Bitte: Weist ihn endlich nach! ( - oder hört auf unnötige Annahmen zu machen)

Grüße

Marco Polo 14.08.11 17:38

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Hi Wilfried,

Zitat:

Zitat von Gandalf (Beitrag 62534)
Genau darum kommt man ohne die 'Vielen Welten' nicht aus, wenn man nach Erklärungen sucht.

zugegeben, die VWI (oder wie die heisst) hat einen gewissen Reiz. Meiner unmaßgeblichen Meinung nach hapert es aber immer noch an der Definition.

Also sind diese vielen Welten tatsächlich realisiert, oder sind das eher Wahrscheinlichkeitswelten, von denen nur eine, eben die unsrige, realisiert ist.

Die Vorstellung, dass es von mir unzählige Doppelgänger in anderen Welten gibt, erzeugt bei mir Magenkrämpfe.

Das mag natürlich auch an meiner geistigen Beschränktheit liegen.

Gruss, Marco Polo

Hawkwind 14.08.11 18:01

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Nein, ganz im Ernst: es scheint durchaus unterschiedliche Ansichten darüber zu geben, ob es möglich ist, die VWI per Beobachtung zu testen:
Am häufigsten findet man zwar die Behauptung, die VWI sei prinzipiell nicht per Beobachtung unterscheidbar, siehe z.B. De Witt (1970)

Wie immer frei übersetzte Auszüge:

Quantum Mechanics And Reality
Zitat:

Die Aufspaltung in die Verzweigungen ist unbeobachtbar.
Lustig, De Witts Gedanken, als er das erste Mal von der VWI gehört hatte:
Zitat:

Ich erinnere mich immer noch lebhaft an den Schock. den ich verspürte, als ich das erste Mal vom Viele-Welten-Konzept gehört hatte. Die Idee von mehr als 10^100 nicht ganz perfekten Kopien meiner selbst, die sich immer weiter in mehr und mehr Kopien aufspalten, die absolut unwahrnehmbar sind, ist nicht so leicht mit dem gesunden Menschenverstand in Einklang zu bringen. Das ist ganz gehörige Schizophrenie.
Aber es gibt auch andere Autoren, die behaupten, einen realistischen Vorschlag zum Test der VWI zu haben

Plaga et al., 1995
Proposal for an experimental test of the many-worlds interpretation of quantum mechanics
Zitat:

The many-worlds interpretation of quantum mechanics predicts the formation of distinct parallel worlds as a result of a quantum mechanical measurement. Communication among these parallel worlds would experimentally rule out alternatives to this interpretation. A procedure for ``interworld'' exchange of information and energy, using only state of the art quantum optical equipment, is described. A single ion is isolated from its environment in an ion trap. Then a quantum mechanical measurement with two discrete outcomes is performed on another system, resulting in the formation of two parallel worlds. Depending on the outcome of this measurement the ion is excited from only one of the parallel worlds before the ion decoheres through its interaction with the environment. A detection of this excitation in the other parallel world is direct evidence for the many-worlds interpretation. This method could have important practical applications in physics and beyond.
Wieder andere, z.B. Page, 2000 behaupten, dass gewisse kosmolgische Beobachtungen die VWI stützen könnten:
Can Quantum Cosmology Give Observational Consequences of Many-Worlds Quantum Theory?
Zitat:

Although many people have thought that the difference between the Copenhagen and many-worlds versions of quantum theory was merely metaphysical, quantum cosmology may allow us to make a physical test to distinguish between them empirically. The difference between the two versions shows up when the various components of the wavefunction have different numbers of observers and observations. In the Copenhagen version, a random observation is selected from the sample within the component that is selected by wavefunction collapse, but in the many-worlds version, a random observation is selected from those in all components. Because of the difference in the samples, probable observations in one version can be very improbable in the other version.
Habe aber weder Lust noch Zeit, mich da wirklich zu vertiefen. :)

Gruß,
Hawkwind

Philipp Wehrli 14.08.11 18:15

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Zitat:

Zitat von Bauhof (Beitrag 62521)
Die korrekte Deutung der Schrödingerschen Wellenfunktion erfolgte durch Max Born: Das Quadrat gibt die Wahrscheinlichkeiten der Wellenfunktion an, mit denen das Teilchen an verschiedenen Orten anzutreffen ist.

Weshalb denkst du, dies sei die korrekte Deutung? Borns Idee ist wertvoll für einen Mechaniker, der die Dinge eben ausrechnen muss. Ist sie aber auch geeignet für einen philosophisch orientierten Physiker, der eine umfassende Theorie finden will? Bzw.: Ist es nicht möglich, Borns Idee auf eine solide Grundlage zu stellen, indem man noch einen tieferen Grund für das Auftreten von Wahrscheinlichkeiten angibt?


Zitat:

Zitat: Bartels, Andreas
Diese Theorie, die sich als äquivalent mit der Schrödinger-Theorie herausstellte, legt weder ein Wellenbild der Materie noch irgendein anderes anschauliches Bild der Quantenobjekte nahe.
Das ist so. Heisenberg hat einfach nur gerechnet und auf jedes Bild verzichtet. Deshalb ist es nicht angebracht, die 'Kopenhagener Deutung' eine 'Deutung' zu nennen. Da wird nichts gedeutet. Eine 'Deutung' beantwortet die Frage: Wie rechnet denn die Natur?


Zitat:

Zitat: Bartels, Andreas
Schrödingers Wellenfunktion nimmt nur im Fall eines einzelnen Teilchens die Form einer physikalischen Welle in Raum und Zeit an. Als Lösung für Vielteilchen-Systeme ergibt sich eine Welle in einem abstrakten, höherdimensionalen Koordinatenraum. Außerdem bleibt die Tatsache bestehen, dass ein Elektron an einem ganz bestimmten Ort mit einer lokalisierten Masse und Ladung registriert werden kann.

Wie sollte etwas, das in Wirklichkeit eine physikalische Welle ist, als lokalisierbares Teilchen auftreten können? Aus dieser Sicht erweist sich nun Schrödingers raumzeitlich reale Interpretation der Wellenfunktion als nur in Spezialfällen zulässige Vergegenständlichung des abstrakten Heisenberg-Formalismus.
Schrödingers Wellenfunktion beschreibt eben nicht nur unsere 3+1 dimensionale Welt, sondern alle Welten. Deshalb reichen 3+1 Dimensionen nicht aus. Bis heute hat es niemand geschafft, nur unsere 3+1 dimensionale Welt zu beschreiben. Es braucht immer noch die anderen Welten, von denen wir eben nur die Schatten sehen.

Manche Physiker streichen diese Welten willkürlich aus der 'Realität' heraus, ohne auch nur eine klare Regel anzugeben, was gestrichen werden soll. Und dann wundern sie sich, dass in dem verbleibenden Rumpfgebilde, das sie 'Realität' nennen, unmotivierte Quantensprünge passieren.

Gandalf 14.08.11 19:50

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Hi Marc!
Zitat:

Zitat von Marco Polo (Beitrag 62536)
Also sind diese vielen Welten tatsächlich realisiert, oder sind das eher Wahrscheinlichkeitswelten, von denen nur eine, eben die unsrige, realisiert ist.

Die Vorstellung, dass es von mir unzählige Doppelgänger in anderen Welten gibt, erzeugt bei mir Magenkrämpfe.

Da liegt wohl weniger an irgendwelchen Beschränktheiten, sondern "liebgewonnen Gewohnheiten"

Die Frage, die auch @Hawkwind stellte (und auf die ich noch keine Antwort bekam): Was ist der Unterschied bezüglich der obigen "Magenkrämpfe" zwischen den "Vielen Welten der Quantentheorie" und den "Vielen Welten - (die sich aus) der klassischen Kosmologie" zwangsläufig ergeben, wenn man gen Firmament schaut??

Stehen wir nicht ähnlichen 'gedanklichen Zäsuren' gegenüber, wie damals. vor 100 Jahren, als die RT aufkam (und die ist immer noch nicht vollständig von den Philosophen verarbeitet und in der "breiten Masse" angekommen!?)

Wa ist so schlimm daran, dass unser 'Ego-Zentrisches Weltbild' auf dem Prüfstand steht?

Ich will überhaupt nicht sagen, daß mir diese "Problematik" nicht ebenfalls zu schaffen macht. Auf der anderen Seite bietet die VWT 'Lösungen' für viele philosophische Probleme an, - die regelmäßig (auch und gerade hier im Forum) NICHT mal andiskutiert werden, weil man schon bei dieser "Krampffrage" hängen bleibt und jede weitere Diskussion zwangsläugig in Belanglosigkeiten abgleitet.


Dabei gibt es sehr wohl Ansätze, auch dieses Problem zu lösen:

H.D. Zeh meint z.B. das die anderen Zweige 'nicht bewusst' wären und daher irrelevant.

D.Deutsch sieht das ganz anders: Wenn wir 'unsicher' sind, dann heißt das in "physikalischer Übersetzung: In 50% der Welten habe ich mich für "A" entchieden, - in den anderen 50% für Lösung "B" ..so wie wir eben regelmäßig 'Entscheidungen abwägen' und daraus ableiten, daß wie einen 'freien Willen' haben oder hätten.

...ich meine, das wäre mal ein Schritt das eigene Denken und die Reflexion darüber in das Ganze mit einzubeziehen (ohne das es unter dem Duktus der "Esoterik" mit dem Bannstrahl belegt wird, - was für viele ein Grund zu sein scheint, sich der 'notwendigen' weiterführenden Diskussion darüber zu entziehen)

Grüße

Marco Polo 14.08.11 20:25

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Zitat:

Zitat von Gandalf (Beitrag 62545)
Da liegt wohl weniger an irgendwelchen Beschränktheiten, sondern "liebgewonnen Gewohnheiten":)

Das möchte ich gar nicht abstreiten, Wilfredos. :)

Zitat:

Die Frage, die auch @Hawkwind stellte (und auf die ich noch keine Antwort bekam): Was ist der Unterschied bezüglich der obigen "Magenkrämpfe" zwischen den "Vielen Welten der Quantentheorie" und den "Vielen Welten - (die sich aus) der klassischen Kosmologie" zwangsläufig ergeben, wenn man gen Firmament schaut??
Also jetzt moment mal. Das eine hat doch mit dem anderen nichts zu tun. Es beschleicht mich der Eindruck, dass du hier VWI und Multiversum ducheinander würfelst.

Zitat:

Stehen wir nicht ähnlichen 'gedanklichen Zäsuren' gegenüber, wie damals. vor 100 Jahren, als die RT aufkam (und die ist immer noch nicht vollständig von den Philosophen verarbeitet und in der "breiten Masse" angekommen!?)
Das ist allerdings kein Problem der SRT/ART, sondern vielmehr eines der Philosophen und der breiten Masse.

Zitat:

Was ist so schlimm daran, dass unser 'Ego-Zentrisches Weltbild' auf dem Prüfstand steht?
Wie kommst du darauf, dass z.B. die SRT oder ART nicht ständig auf dem Prüfstand steht? Genau das Gegenteil ist der Fall.

Zitat:

Ich will überhaupt nicht sagen, daß mir diese "Problematik" nicht ebenfalls zu schaffen macht. Auf der anderen Seite bietet die VWT 'Lösungen' für viele philosophische Probleme an, - die regelmäßig (auch und gerade hier im Forum) NICHT mal andiskutiert werden, weil man schon bei dieser "Krampffrage" hängen bleibt und jede weitere Diskussion zwangsläugig in Belanglosigkeiten abgleitet.
Seit wann ist es die Aufgabe der Physik philosophische Probleme zu lösen?

Zitat:

Dabei gibt es sehr wohl Ansätze, auch dieses Problem zu lösen:

H.D. Zeh meint z.B. das die anderen Zweige 'nicht bewusst' wären und daher irrelevant.

D.Deutsch sieht das ganz anders: Wenn wir 'unsicher' sind, dann heißt das in "physikalischer Übersetzung: In 50% der Welten habe ich mich für "A" entchieden, - in den anderen 50% für Lösung "B" ..so wie wir eben regelmäßig 'Entscheidungen abwägen' und daraus ableiten, daß wie einen 'freien Willen' haben oder hätten.

...ich meine, das wäre mal ein Schritt das eigene Denken und die Reflexion darüber in das Ganze mit einzubeziehen (ohne das es unter dem Duktus der "Esoterik" mit dem Bannstrahl belegt wird, - was für viele ein Grund zu sein scheint, sich der 'notwendigen' weiterführenden Diskussion darüber zu entziehen)
Es gibt also hierzu auch unter Experten unerschiedliche Meinungen. Dazu in unserem Forum einen Konsens herbeizuführen dürfte demnach nahezu aussichtslos sein.

Und selbst wenn dieser erreicht werden sollte, sagt das nichts aus.

Auch wenn es mir schwer über die Lippen geht: Wer die VWI als Esotherik bezeichnet, tut dieser möglicherweise unrecht. Aber eben nur möglicherweise. :)

Grüsse, Marco Polo

Gandalf 14.08.11 21:37

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Zitat:

Zitat von Marco Polo (Beitrag 62546)
Also jetzt moment mal. Das eine hat doch mit dem anderen nichts zu tun. Es beschleicht mich der Eindruck, dass du hier VWI und Multiversum ducheinander würfelst.

nein, ich verwechsel gar nichts. Es ging um 'Magenkrämpfe' - und Du hast meine Antwort @ Hawkwind nicht gelesen; hier:
Zitat:

Zitat von Gandalf (Beitrag 62335)
H
Diese "unbegrenzt viele unbeobachtbare Welten" - sind schon schon längst Usus - in der Kosmologie! Seit Aufgabe des Heliozentrischen Weltbildes. Du brauchst nur Deinen Blick Richtung Sternenhimmel zu wenden. - Dann gibt es nur noch "feine Unterschiede" ob man von einem riesigen, aber begrenzten Kosmos ausgeht, oder das Universum für 'unendlich' groß hält. (Alles Vorstellungen, die sich aus dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft gut 'extrapolieren' lassen).

Je nachdem ist es also 'sehr wahrscheinlich - bis gewiss' (es sei denn man hängt bestimmten religiösen Vorstellungen an), dass die Naturgesetze auch dort gelten; dass es an "unbeobachtbaren Stellen" im Universum 'Leben' gibt, hochentwickeltes Leben; Leben, das unserem sehr ähnlich ist; eine "zweite Erde"; ...einen "zweiten Hawkwind"....

...UND - was sollte uns das für uns bedeuten? Belastet uns (Dich) das - wirklich? Hier und Jetzt? Wenn man das anderes sieht, sollte man vlt. aufhören Kosmologie zu betreiben und das Feld den Philosophen und Religiösen überlassen.

Zitat:

Zitat:

Stehen wir nicht ähnlichen 'gedanklichen Zäsuren' gegenüber, wie damals. vor 100 Jahren, als die RT aufkam (und die ist immer noch nicht vollständig von den Philosophen verarbeitet und in der "breiten Masse" angekommen!?)
Das ist allerdings kein Problem der SRT/ART, sondern vielmehr eines der Philosophen und der breiten Masse.
..ich sage nichts anderes!?? :confused:

Zitat:

Zitat:

Was ist so schlimm daran, dass unser 'Ego-Zentrisches Weltbild' auf dem Prüfstand steht?
Wie kommst du darauf, dass z.B. die SRT oder ART nicht ständig auf dem Prüfstand steht? Genau das Gegenteil ist der Fall.
Wie kommst 'Du' darauf, dass ich gesagt hätte, dass "die SRT oder ART nicht ständig auf dem Prüfstand steht?" Wo steht das?? -... Ich sprach von 'unserem 'egozentrischen Weltbild'!?? (Bist Du sicher, dass Du hier im richtigen Thread zur richtigen Fragestellung postest:confused: )

Zitat:

Seit wann ist es die Aufgabe der Physik philosophische Probleme zu lösen?
Seit dem es das WISSEN_SCHAFFEN gibt!? Wie anders wäre es möglich gewesen, einen 'Blitzschlag' zu entmystifizieren? Es ist kein Gott nötig der diesen schleudert und uns aus denknotwendigen Gründen strafen will, - sondern: "nur" Physik!
Zitat:

Es gibt also hierzu auch unter Experten unerschiedliche Meinungen. Dazu in unserem Forum einen Konsens herbeizuführen dürfte demnach nahezu aussichtslos sein.
:confused: Marco - Seit wann geht es bei einem wissenschaftlichen Diskurs um 'Konsens'? Kann es sein dass Du etwas grundsätzliches Mißverstanden hast? 'Konsens in der Wissenschaft' gibt/gab es regelmäßig nur unter Ideologien!?

Zitat:

Und selbst wenn dieser erreicht werden sollte, sagt das nichts aus.
Will das jemand? Und wenn ja - wer? cui bono?

Zitat:

Auch wenn es mir schwer über die Lippen geht: Wer die VWI als Esotherik bezeichnet, tut dieser möglicherweise unrecht. Aber eben nur möglicherweise. :)
Nein, wer die VWI mit Esoterik auch nur ansatzweise in Verbindung bringt (bzw. mit dem was er unter "Esotherik" selbst entgegen einer bestehenden Definition versteht), sollte sich fragen, ob er bei einer Diskussion, bei der es um Physik und Quantenpyhsik geht überhaupt richtig ist und ob er sich nicht selbst für dieses Forum disqualifiziert - denn die VWI ist auch wenn "nicht mainstream" in allen Belangen eine gültige Interpretation der QT (was auch bei ihren wissenschaftlichen "Gegnern" allgemein unbestritten ist) - Was aber natürlich nicht heißt: Das die VWI letztendlich doch noch falsifiziert werden und als "Auswuchs" in der Wissenschaftsgeschichte abgehakt werden kann (Was ich als selbstverständlich voraussetze und es unendlich müßig finde es ständig wiederholen zu müssen). Falsifizieren müssen es allerdings die, die zusätzliche Annahmen machen und 'Denknotwendigkeiten voraussetzen' (Denknotwendigkeiten, die sich nicht begründen lassen, außer in ihrem Anspruch und daher als 'Esoterik pur' bezeichnet werden können) und nicht umgekehrt.

Grüße

RoKo 14.08.11 21:41

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Zitat:

Zitat von Philipp Wehrli (Beitrag 62542)
(..) Ist es nicht möglich, Borns Idee auf eine solide Grundlage zu stellen, indem man noch einen tieferen Grund für das Auftreten von Wahrscheinlichkeiten angibt?

In der Quantenoptik ist es recht deutlich, dass es einen Zusammenhang zwischen Intensität und Wahrscheinlichkeit gibt.

Philipp Wehrli 14.08.11 22:44

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Zitat:

Zitat von RoKo (Beitrag 62549)
In der Quantenoptik ist es recht deutlich, dass es einen Zusammenhang zwischen Intensität und Wahrscheinlichkeit gibt.

Über die Rechnung müssen wir nicht streiten. Aber das ist keine Deutung. Ich frage mich:
Wer würfelt da?
Wann würfelt er?
Was beeinflusst die Würfel?
Würfelt überhaupt jemand?
Können wir nachweisen, dass gewürfelt wird?
...

Bauhof 15.08.11 15:21

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Zitat:

Zitat von Marco Polo (Beitrag 62536)
Also sind diese vielen Welten tatsächlich realisiert, oder sind das eher Wahrscheinlichkeitswelten, von denen nur eine, eben die unsrige, realisiert ist. Gruss, Marco Polo

Hallo Marc,

die VWI-Theoretiker haben m.E. folgendes weltanschauliches Problem:

Sie können die Bornsche probalistische Deutung der Quantentheorie nicht akzeptieren. Die VWI-Theoretiker negieren, dass ein einzelnes Teilchen nicht durch irgendwelche tiefliegende Steuermechanismen gelenkt wird. Da man bisher keinerlei Belege für solche hintergründigen Steuermechanismen gefunden hat, erfinden sie die vielen Welten, in denen alle möglichen Zustände des Teilchens vorkommen.

Scheinbar genial, weil man dann den intrinsischen, absoluten Zufall in der bisherigen (offiziellen und jetzt noch gültigen) Deutung der Quantentheorie mit diesem Trick außen vor lassen kann.

Das haben Esoteriker und Religionsanhänger gemeinsam: Sie können niemals den intrinsischen Zufall akzeptieren, weil sonst ihrer Weltanschauung (oder ihres religiösen Glaubens) der Boden entzogen würde.

M.f.G. Eugen Bauhof

JoAx 15.08.11 15:32

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Zitat:

Zitat von Bauhof (Beitrag 62560)
weil man dann den intrinsischen, absoluten Zufall in der bisherigen (offiziellen und jetzt noch gültigen) Deutung der Quantentheorie mit diesem Trick außen vor lassen kann.

Der Zufall ist aber nicht absolut, Eugen.
Nicht alles ist Zufall in QM, interessanter weise. Hast du zwei verschränkte Elektronen, dann kanst du nicht wissen, wie ihre Spins sich verteilt haben - welcher den "Up" und welcher den "Down" "bekommen" hat (/"bekommt"). Hast du aber an einem den "Up" gefunden, dann findest du beim anderen auf gar keinen Fall den "Up"-Spin => kein Zufall.


Gruß, Johann

PS: Du scheinst mir nicht fair und nicht objektiv zu sein, Eugen, wenn's um die VWI geht.

Hawkwind 15.08.11 17:04

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Zitat:

Zitat von Gandalf (Beitrag 62534)
Born ist schon lange dadurch widerlegt, das Interferenz auch dann stattfindet, wenn man ein einziges Teilchen betrachtet und daher statistische Wahrscheinlichkeiten keine Rolle spielen:

Es muss heissen, wenn man "einzelne Teilchen" betrachtet.
Eine Ortsmessung an einem einzigen Elektron ergibt immer einen Ort und kein Muster!

Siehe z.B. Abb. 5 in
http://www.ifi.unicamp.br/~cabrera/teaching/aula%208%202010s1.pdf

Dafür brauche ich keine Vielen Welten; das Muster sehe ich komplett in "meiner Welt". :)

Gruß,
Hawkwind

Bauhof 15.08.11 18:47

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Zitat:

Zitat von JoAx (Beitrag 62561)
Der Zufall ist aber nicht absolut, Eugen.

Hallo Johann,

das mit dem Zufall in der Quantentheorie sauge ich mir natürlich nicht aus den Fingern, sondern aus meiner Literatursammlung. In folgendem Sinne sehe ich den Zufall in der Quantenmechanik als absolut:

Das Ergebnis einer Quanten-Messung ist eine Sache des objektiven Zufalls.

Abner Shimony schreibt dazu in [1] auf Seite 71:
Zitat:

Wenn der Quantenzustand eines Systems eine vollständige Beschreibung des Systems darstellt, dann ist eine Größe, welche in diesem Quantenzustand einen unbestimmten Wert hat, objektiv unbestimmt; ihr Wert ist dem Wissenschaftler, der das System zu beschreiben versucht, nicht nur einfach unbekannt.

Weil außerdem das Ergebnis einer Messung einer objektiv unbestimmten Größe durch den Quantenzustand nicht festgelegt wird, andererseits aber der Quantenzustand die vollständige Information über das System enthält, ist das Ergebnis einer Messung eine Sache des objektiven Zufalls, nicht einfach eine Sache des Zufalls in dem Sinne, dass der Wissenschaftler es nicht vorhersagen kann. Und schließlich ist die Wahrscheinlichkeit für jedes mögliche Ergebnis einer Messung eine objektive Wahrscheinlichkeit.
M.f.G. Eugen Bauhof

[1] Shimony, Abner
Die Realität der Quantenwelt.
Aufsatz im Sammelband: Quantenphilosophie.
Herausgegeben von Wolfgang Neuser und Katharina Neuser von Oettingen
Heidelberg 1996. ISBN=3-86025-366-2

Gandalf 15.08.11 20:32

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Zitat:

Zitat von Hawkwind (Beitrag 62562)
Es muss heissen, wenn man "einzelne Teilchen" betrachtet.
Eine Ortsmessung an einem einzigen Elektron ergibt immer einen Ort und kein Muster!

Ok, vlt hab ich mich mißverständlich ausgedrückt: Ich meinte ein 'einziges Elektron', das man Richtung DS innherhalb des DS-Experimentes aussendet.
Im übrigen ist auch falsch, wenn Du damit impizieren willst, das jeweils einzelne Elektronen hintereinander ausgesendet, kein Muster bilden: Sie kommen niemals an exakt der gleichen Stelle an. Und das hierfür ein Muster zu Grunde liegen 'muß', kann man dadurch nachvollziehen, wenn man die Spalte von 2 sukzessive auf "unendlich" (= entspechend 1 Spalt) erhöht und jeweils das Ergebnis betrachtet.

Zitat:

Dafür brauche ich keine Vielen Welten; das Muster sehe ich komplett in "meiner Welt". :)
Es geht nicht um "sehen", sondern 'erklären'!? a) + b) ?

Grüße

EMI 16.08.11 00:41

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Zitat:

Zitat von Gandalf (Beitrag 62565)
Es geht nicht um "sehen", sondern 'erklären'!? a) + b) ?

Eben Gandalf,

dein a oder b, ist zu sehr eingegrenzt. Vieleicht ist die Erklärung c?
Fakt ist, IMHO, dass die VWT nichts, absolut nichts erklärt, sondern das "Problem" nur beiseite schiebt und zwar ins Niwana.

Gruß EMI

JoAx 16.08.11 07:53

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Hallo Eugen!

Zitat:

Zitat von Bauhof (Beitrag 62564)
das mit dem Zufall in der Quantentheorie sauge ich mir natürlich aus den Fingern, sondern aus meiner Literatursammlung.

Ich schätze, dass da irgendwo ein -'nicht' - fehlt. :)

Zitat:

Zitat von Bauhof (Beitrag 62564)
Das Ergebnis einer Quanten-Messung ist eine Sache des objektiven Zufalls.
...

Dagegen ist nichts einzuwenden.

Es bleibt dennoch die Frage, wie man die Koherenz begreifen kann. Denn in diesem Fall besteht ein Quantensystem nicht aus einem Teilchen (Elektron, Photon, ...), sondern aus (mind.) 2. Und in meinem Beispiel kann ich mit 100%-ger Sicherheit sagen, dass das Ergebnis der Messung der Spins der Elektronen - Spin1 + Spin2 = 0 - ergeben wird. Es ist ein objektiver Zufall, wie sich die Spins verteilen:

a) Spin1 = Up, Spin2 = Down
oder
b) Spin1 = Down, Spin2 = Up

aber dass ihre Summe Null ergeben wird, ist 100% sicher = kein Zufall.
Darauf will die VWI eingehen, und nicht auf den Zufall selbst/an sich. So sehe ich das zumindestens.

Bei nichtkoherenten Elektronen sieht es anders aus. Da sind 4 Möglichkeiten gegeben:

a) Spin1 = Up, Spin2 = Down
oder
b) Spin1 = Down, Spin2 = Up
oder
c) Spin1 = Up, Spin2 = Up
oder
d) Spin1 = Down, Spin2 = Down

die ihrerseits absolut zufällig sind.
Warum verschwinden die Möglichkeiten c) und d)?
Oder anders gefragt:
Warum ergeben sich zwei zusätzliche Kombinationen?


Gruß, Johann

Hawkwind 16.08.11 08:31

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Zitat:

Zitat von Gandalf (Beitrag 62565)
Ok, vlt hab ich mich mißverständlich ausgedrückt: Ich meinte ein 'einziges Elektron', das man Richtung DS innherhalb des DS-Experimentes aussendet.
Im übrigen ist auch falsch, wenn Du damit impizieren willst, das jeweils einzelne Elektronen hintereinander ausgesendet, kein Muster bilden:


Wie kommst du auf sowas?
So weit fortgeschritten ist mein Alzheimer doch noch nicht - andererseits bleibt die alten Erinnerungen ja sowieso länger hängen.
Nein, wenn ich so etwas implizieren wollte, dann sollte ich lieber schweigen: das ist doch genau das, was die Quantenmechanik ausmacht. :)

Zitat:

Zitat von Gandalf (Beitrag 62565)
Sie kommen niemals an exakt der gleichen Stelle an. Und das hierfür ein Muster zu Grunde liegen 'muß', kann man dadurch nachvollziehen, wenn man die Spalte von 2 sukzessive auf "unendlich" (= entspechend 1 Spalt) erhöht und jeweils das Ergebnis betrachtet.


Es geht nicht um "sehen", sondern 'erklären'!? a) + b) ?

Grüße

Das erklärt ganz allein die Schrödingergleichung der Quantenmechanik - ohne all das Interpretations-Gedönse.
Sie sagt ja eine entsprechende Wahrscheinlichkeitsverteilung voraus, die du dann in einem statistischen Ensemble von Experimenten siehst. Der Viele-Welten-Experimentator braucht freilich nur ein einziges; er braucht mit seinen Kopien in den verschiedenen Welten nur noch die Resultate auszutauschen, um auf das Muster zu kommen. In der Praxis nutzt man aber lieber stattdessen mehrere Elektronen. :)

Gruß,
Hawkwind

Bauhof 16.08.11 09:55

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Zitat:

Zitat von JoAx (Beitrag 62572)
Hallo Eugen! Ich schätze, dass da irgendwo ein -'nicht' - fehlt. :)

Hallo Johann,

danke, das habe ich soeben berichtigt.

Zitat:

Zitat von JoAx (Beitrag 62572)
Es bleibt dennoch die Frage, wie man die Koherenz begreifen kann. Denn in diesem Fall besteht ein Quantensystem nicht aus einem Teilchen (Elektron, Photon, ...), sondern aus (mind.) 2. Und in meinem Beispiel kann ich mit 100%-ger Sicherheit sagen, dass das Ergebnis der Messung der Spins der Elektronen - Spin1 + Spin2 = 0 - ergeben wird. Es ist ein objektiver Zufall, wie sich die Spins verteilen:

a) Spin1 = Up, Spin2 = Down
oder
b) Spin1 = Down, Spin2 = Up

aber dass ihre Summe Null ergeben wird, ist 100% sicher = kein Zufall.
Darauf will die VWI eingehen, und nicht auf den Zufall selbst/an sich. So sehe ich das zumindestens.

Ich verstehe leider nicht, auf was du hinauswillst. Kannst du ein (in der Literatur bekanntes Experiment) abgeben, was das dieses Ergebnis wiedergibt? Willst du damit generell oder teilweise den probalistischen Charakter der Quantentheorie in Frage stellen?

Vermutlich kann da Hawkwind besser weiterhelfen als ich.

M.f.G. Eugen Bauhof

Hawkwind 16.08.11 10:08

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Zitat:

Zitat von Bauhof (Beitrag 62578)
Hallo Johann,

danke, das habe ich soeben berichtigt.


Ich verstehe leider nicht, auf was du hinauswillst. Kannst du ein (in der Literatur bekanntes Experiment) abgeben, was das dieses Ergebnis wiedergibt? Willst du damit generell oder teilweise den probalistischen Charakter der Quantentheorie in Frage stellen?

Vermutlich kann da Hawkwind besser weiterhelfen als ich.

M.f.G. Eugen Bauhof

Johann will auf Verschränkungen hinaus. So etwas beobachtet man z.B. in Experimenten wie von Einstein, Rosen & Podolsky vorgeschlagen.
Wenn das Gesamtsystem, aus dem 2 Quanten entstanden sind, z.B. Drehimpuls 0 hatte, dann gebietet die Erhaltung des Drehimpulses, dass die Spins der beiden Quanten sich immer zu 0 aufsummieren (wenn es keine Bahndrehimpulse gibt). Wenn die beiden Quanten zur Zeit der Messung räumlich voneinander entfernt sind, zeigt sich so der nichtlokale Charakter der Quantentheorie. Ich sehe das aber nicht als ein "in Frage stellen des probalistischen Charakters der Quantentheorie" an.

@roko: selbst Drehimpuls ist in der Quantentheorie eine Erhaltungsgröße.

JoAx 16.08.11 10:26

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Hallo Eugen!

Zitat:

Zitat von Bauhof (Beitrag 62578)
Kannst du ein (in der Literatur bekanntes Experiment) abgeben, was das dieses Ergebnis wiedergibt?

Experiment, an dem auch Zeilinger beteiligt war:
http://de.wikipedia.org/wiki/GHZ-Experiment

Zitat:

Zwei Teilchen werden gemeinsam in einem verschränkten Zustand erzeugt und fliegen auseinander. Diese Teilchen besitzen nur zwei mögliche Zustände, http://upload.wikimedia.org/math/4/9...133ef47c24.png und http://upload.wikimedia.org/math/e/e...182c1314c3.png. Wird nun der Zustand des einen Teilchens gemessen (z.B. http://upload.wikimedia.org/math/e/e...182c1314c3.png), weiß man, dass das andere Teilchen sich im jeweils anderen Zustand befindet (also http://upload.wikimedia.org/math/4/9...133ef47c24.png).
Zitat:

Zitat von Bauhof (Beitrag 62578)
Willst du damit generell oder teilweise den probalistischen Charakter der Quantentheorie in Frage stellen?

Jein. Man kann nicht bestimmen, was man an einemTeilchen misst - http://upload.wikimedia.org/math/4/9...133ef47c24.png oder http://upload.wikimedia.org/math/e/e...182c1314c3.png. Insofern gilt der objektive Zufall (auch in der VWI). Sobald man aber das eine oder das andere festgestellt hat, ergibt sich beim anderen (verschränkten) Teilchen zwangsläufig (auch keine Auswahlmöglichkeit seitens des Experimentators) das andere Ergebnis. Und das will ich jetzt beim Namen nennen = kein Zufall.

Wäre es anders, dann gäbe es bsw. wirklich keine Impulserhaltung in der QM. Die Natur wäre dann nicht "bloss zufällig", sondern schlicht willkürlich.


Gruß, Johann

Harti 16.08.11 10:52

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Hallo zusammen,

ich habe mir Folgendes zum Thema überlegt.

Es stehen sich zwei Aussagen gegenüber:

1) Es gibt im Mikrokosmos Geschehensabläufe, die absolut zufällig erfolgen,
keine Ursache haben.

2) Jeder Geschehensablauf hat eine Ursache, sie kann im Einzelfall lediglich
unbekannt sein.

Beide Aussagen beinhalten Absolutheitsfeststellungen über die Wirklichkeit. Im ersten Fall wird jede nur denkbare Ursache ausgeschlossen, im zweiten Fall wird für jeden nur denkbaren Fall (immer) eine Ursache angenommen.

Solche Absolutheitsaussagen über die Wirklichkeit sind aufgrund unserer prinzipiell beschränkten Erkenntnismöglichkeiten nicht möglich. Absolutheitsaussagen sind Glaubensäußerungen.

Einsteins Satz "Gott würfelt nicht" ist deshalb zu korrigieren in "Wir können nicht wissen, ob Gott würfelt", allenfalls glauben, dass er nicht würfelt.

Die erstgenannte Annahme hat einen erheblichen Nachteil. Wenn man annimmt, etwas passiere absolut zufällig, gibt es keinen Sinn, nach einer Ursache (nach weitergehnder Erkenntnis) zu forschen. Dies ist unzweckmäßig. Man sollte Einsteins Satz in diesem Sinne interpretieren.

MfG
Harti

RoKo 16.08.11 11:24

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Hallo Hawkwind,
Zitat:

Zitat von Hawkwind (Beitrag 62580)
@roko: selbst Drehimpuls ist in der Quantentheorie eine Erhaltungsgröße.

Willst du dein anfängliches Unverständnis über die Unterschiede zwischen dem Impuls in der KM und in der QM wieder zum Thema machen?

Ich dachte, du hättest es verstanden.

Hier nochmals deutlich: In der KM haben Teilchen Ort und Impuls als unabhängige Variable. In der QM haben Teilchen nur einen Ort als unabhängige Variable. Wenn man für diese Teilchen einen Impulsvektor berechnet, dann bleibt dieser nicht erhalten.

JoAx 16.08.11 11:50

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Hallo Harti!

Zitat:

Zitat von Harti (Beitrag 62583)
Solche Absolutheitsaussagen über die Wirklichkeit sind aufgrund unserer prinzipiell beschränkten Erkenntnismöglichkeiten nicht möglich. Absolutheitsaussagen sind Glaubensäußerungen.

Einsteins Satz "Gott würfelt nicht" ist deshalb zu korrigieren in "Wir können nicht wissen, ob Gott würfelt", allenfalls glauben, dass er nicht würfelt.

Irgendetwas muss man sagen, wenn man weiter kommen will.
Andernfalls kann man gleich in den Bäumen leben bleiben.
Das Experiment sagt dann, was an den Aussagen richtig, und was falsch ist/war.

So eine Erde als Scheibe auf einem Schildkrötenturm ist im Grunde eine gültige Theorie. Sie liefert mind. zwei überprüfbare Aussagen:

1. Die Erde ist eine Schebe - falsch
2. Es gibt einen Turm aus Schildkröten, auf dessen Rücken die Scheib-Erde ruht - falsch

Aus heutiger Sicht ist diese Theorie zwar als naiv und falsch zu bezeichnen, aber eine Theorie ist es dennoch.


Gruß, Johann

Hawkwind 16.08.11 11:50

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Zitat:

Zitat von RoKo (Beitrag 62584)
Hallo Hawkwind,

Willst du dein anfängliches Unverständnis über die Unterschiede zwischen dem Impuls in der KM und in der QM wieder zum Thema machen?

Ich dachte, du hättest es verstanden.

Hier nochmals deutlich: In der KM haben Teilchen Ort und Impuls als unabhängige Variable. In der QM haben Teilchen nur einen Ort als unabhängige Variable. Wenn man für diese Teilchen einen Impulsvektor berechnet, dann bleibt dieser nicht erhalten.


Ein letztes Mal - das ist einfach falsch: der Erwartungswert des Impulses ist für abgeschlossene Systeme in der Quantenmechanik eine Erhaltungsgröße - ganz unabhängig davon, wie "scharf" er ist.

Was man in der Quantenmechanik unter Erhaltungsgröße versteht:
Zitat:

Definition 15-2 Eine Observable heisst Erhaltungsgrösse, wenn ihr Erwartungswert im Verlaufe der Bewegung konstant bleibt.
http://141.20.44.172/ede/06theophys3/061205.pdf

Ist nun auch nicht das erste Mal, dass ich dir das geschrieben hatte.

Verbreite deine Aussage bitte nicht in den Standardphysik-Foren, da sie im Widerspruch zur Standardphysik steht. Ansonsten würde ich die Moderation bitten, einzuschreiten.

MfG,
Hawkwind

JoAx 16.08.11 11:55

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Zitat:

Zitat von RoKo (Beitrag 62584)
Willst du dein anfängliches Unverständnis über die Unterschiede zwischen dem Impuls in der KM und in der QM wieder zum Thema machen?

:eek:

WOW!

Mod.-Modus -> on.

Rolf, ich schlage vor, dass du im "Jenseits" einen Thread zu Erhaltungsgrößen in der QM aufmachst, wo man dann auch klären könnte, wer da und was "unversteht".

Mod.-Modus -> off.


Gruß, Johann

Bauhof 16.08.11 13:25

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Zitat:

Zitat von Hawkwind (Beitrag 62580)
Johann will auf Verschränkungen hinaus. So etwas beobachtet man z.B. in Experimenten wie von Einstein, Rosen & Podolsky vorgeschlagen.
Wenn das Gesamtsystem, aus dem 2 Quanten entstanden sind, z.B. Drehimpuls 0 hatte, dann gebietet die Erhaltung des Drehimpulses, dass die Spins der beiden Quanten sich immer zu 0 aufsummieren (wenn es keine Bahndrehimpulse gibt). Wenn die beiden Quanten zur Zeit der Messung räumlich voneinander entfernt sind, zeigt sich so der nichtlokale Charakter der Quantentheorie. Ich sehe das aber nicht als ein "in Frage stellen des probalistischen Charakters der Quantentheorie" an.

Hallo Hawkwind,

danke, dadurch ist es mir klargeworden, worauf Johann hinauswollte.

M.f.G. Eugen Bauhof

Bauhof 16.08.11 13:29

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Zitat:

Zitat von JoAx (Beitrag 62582)
Sobald man aber das eine oder das andere festgestellt hat, ergibt sich beim anderen (verschränkten) Teilchen zwangsläufig (auch keine Auswahlmöglichkeit seitens des Experimentators) das andere Ergebnis. Und das will ich jetzt beim Namen nennen = kein Zufall.

Hallo Johann,

ja, natürlich ist das "kein Zufall". Aber das hat seinen Grund darin, dass zwei Quantenobjekte so eng mit einander verbunden sind, dass sie ein einziges physikalisches System bilden, das auch bei räumlicher Trennung bestehen bleibt. Der Hinweis zur Verschränkung von Brian Greene auf Seite 142 seines Buches erscheint mir plausibel und hilfreich:
Zitat:

Unter den Physikern herrscht Einigkeit, dass jede solche scheinbare Abweichung von der speziellen Relativitätstheorie sich letztlich als Illusion erweist. Die intuitiv einleuchtende Erklärung lautet, dass die beiden Photonen zwar räumlich getrennt sind, ihr gemeinsamer Ursprung aber eine fundamentale Verbindung zwischen ihnen herstellt.

Obwohl sie sich rasch voneinander entfernen und eine räumliche Trennung zwischen ihnen entsteht, sind sie durch ihre Geschichte verbunden. Selbst wenn sie getrennt sind, bleiben sie Teil eines einzigen physikalischen Systems. In Wahrheit zwingt oder veranlasst also nicht die Messung eines Photons ein anderes, fernes Photon dazu, identische Eigenschaften anzunehmen.

Vielmehr sind die beiden Photonen so eng miteinander verbunden, dass wir sie - obwohl räumlich getrennt - getrost als ein einziges physikalisches Gebilde betrachten dürfen. Daher können wir sagen, dass sich eine Messung an diesem einen Gebilde - das aus zwei Photonen besteht - auch auf das ganze Gebilde auswirkt, das heißt, gleichzeitig auf beide Photonen.
Aber ich sehe deswegen keinen Anlass, an dem probalistischen Charakter der Quantenmechanik zu zweifeln. Gibt die Tatsache der Verschränkung einen Anlass, das man die VWT als physikalische Theorie in Betracht ziehen sollte?

M.f.G. Eugen Bauhof

[1] Greene, Brian
Der Stoff, aus dem der Kosmos ist.
Raum, Zeit und die Beschaffenheit der Wirklichkeit.
Berlin 2004. ISBN=3-88680-738-X

JoAx 16.08.11 14:18

AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien
 
Hi Eugen!

Zitat:

Zitat von Bauhof (Beitrag 62595)
Aber ich sehe deswegen keinen Anlass, an dem probalistischen Charakter der Quantenmechanik zu zweifeln.

Das tue ich nicht. Die VWI aber auch nicht, wenn ich's richtig sehe.

Zitat:

Zitat von Bauhof (Beitrag 62595)
Gibt die Tatsache der Verschränkung einen Anlass, das man die VWT als physikalische Theorie in Betracht ziehen sollte?

Für mich ist die Idee von Everett, wenn ich sie richtig verstanden habe, eben zunächst "nur" eine Idee, wie, sagen wir mal, manches in der QM erklärt werden kann. Wie aus dem unendlichdimensionalen Hilbertraum auch nur eine "klassische" 3D-Welt "auszuschneiden" ist, ist mir allerdings nicht klar. Ich kann mir zwar denken, wie man es sich "wünscht", aber ob das auch funktioniert, und ob deswegen viele "klassische" 3D-Welten möglich sind, ist imho nicht selbstverständlich.
Physikalische Theorie? Das will sie ja selbst nicht sein - sie ist eine Interpretation einer physikalischen Theorie - der QM.

Zitat:

Vielmehr sind die beiden Photonen so eng miteinander verbunden
Wie ist es mit -"so eng miteinander verbunden" - gemeint?

Zitat:


...als ein einziges physikalisches Gebilde betrachten dürfen
. Daher können wir sagen, dass sich eine Messung an diesem einen Gebilde - das aus zwei Photonen besteht - auch auf das ganze Gebilde auswirkt, das heißt, gleichzeitig auf beide Photonen.
Und die VWI nimmt das alles wörtlich. Sie sagt ungefähr (und grob):
Zwei verschränkte Teilchen sind ein physikalisches Gebilde. Erst wenn wir keine Verschränkung feststellen, betrachten wir 'tatsächlich' unterschiedliche physikalische Gebilde -> zwei zusätzliche Messergebnis-Möglichkeiten c) und d).


Gruß, Johann


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