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Theorien jenseits der Standardphysik Sie haben Ihre eigene physikalische Theorie entwickelt? Oder Sie kritisieren bestehende Standardtheorien? Dann sind Sie hier richtig.

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  #1  
Alt 09.08.11, 12:56
RoKo RoKo ist offline
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Standard Quantentheorie und Wahrheitskriterien

Im Thread "de-Broglie-Wellenlänge" hat Philipp ein Thema angerissen, dass ich gerne separat zur Diskussion stellen möchte.

Zitat:
Zitat von Philipp Wehrli Beitrag anzeigen
Auch das nicht. Natürlich enthält eine brauchbare Theorie immer mehr als das, was wir bisher beobachtet haben. Dem wirst du wohl zustimmen. Du glaubst aber, wir könnten eine exakte Grenze ziehen, zwischen den Dingen, die wir theoretisch beobachten könnten und denen, die prinzipiell unbeobachtbar sind. Das streite ich ab. Und selbst wenn wir es könnten, wäre es unsinnig, diese Grenze zu einem Wahrheitskriterium zu machen. Weshalb soll etwas wahrer sein, nur weil es theoretisch irgendwann bewiesen werden kann. Siehe hier:
http://homepage.hispeed.ch/philipp.w...erbarkeit.html
Ich denke, in diesem Punkt müssen viele Erkenntnistheoretiker und Physiker umdenken.
Ich bitte um Kenntnissnahme des verlinkten Aufsatzes.
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mit freundlichem Gruß aus Hannover

Unendliche Genauigkeit ist eine Illusion
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  #2  
Alt 09.08.11, 15:21
RoKo RoKo ist offline
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Standard AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien

Grundsätzliches:

Die Falsifizierbarkeit einer Theorie halte ich für ein brauchbares Kriterium für die Wissenschaftlichkeit einer Theorie. Falsifizierbarkeit bedeutet, dass die Theorie mindestens eine Aussage enthalten muss, die ggf. empirisch prüfbar ist.

Die Einfachheit einer Theorie hingegen ist ein schwer objektivierbares Kriterium. Worauf bezieht sich das "Einfach" ? Wenn ich an die ART denke, dann sieht die Einsteinsche Feldgleichung mit ihren doppelten Indizies nur einfach aus; sie ist aber schwer zu verstehen und zu handhaben.

Falsifizierbarkeit ist aber nur ein Kriterium. Eine Theorie muss auch in sich schlüssig sein und sie sollte anerkannten Grundsätzen (z.B. den Erhaltungssätzen in der Physik) nur begründet widersprechen.

Zu den Interpretationen der Quantenmechanik:
Da alle Interpretationen der Quantenmechanik im Kern auf der Schrödingergleichung beruhen, sind sie mit dieser falsifizierbar; und von diesem Gesichtspunkt her als wissenschaftlich korrekt zu betrachten.

Meine Kritik an der VWI;
sofern sie auf der Annahme beruht, die Superpositionen der Lösungen der Schrödingergleichung seien alle gleichermaßen real, ist:
Diese Annahme widerspricht zunächst der empirischen Erfahrung, dass Messungen an einem QM-System immer zu eindeutigen Messwerten führen. "Gerettet" wird dieser Widerspruch dann mit der Annahme "vieler Welten", die man als Konsequenz der Ausgangsannahme hinnehmen muss. (vergl. H.D.Zeh). Die Erfahrung wird also gerettet durch eine prinzipiell unüberprüfbare Zusatzannahme. Diese Zusatzannahme führt m.E. darüber hinaus zu einer unerklärten Verletzung von Erhaltungssätzen.

Dieses wissenschaftliche Vorgehen halte ich für kritikwürdig, weil es nicht zwingend ist. Mit der Bohmschen Darstellung lässt sich das vermeiden. Mit dieser Darstellung lässt sich zeigen, dass von den "Vielen Welten" nur eine effektiv existiert.
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mit freundlichem Gruß aus Hannover

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  #3  
Alt 09.08.11, 18:34
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Bauhof Bauhof ist offline
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Standard AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien

Zitat:
Zitat von RoKo Beitrag anzeigen
Die Falsifizierbarkeit einer Theorie halte ich für ein brauchbares Kriterium für die Wissenschaftlichkeit einer Theorie. Falsifizierbarkeit bedeutet, dass die Theorie mindestens eine Aussage enthalten muss, die ggf. empirisch prüfbar ist.
Hallo RoKo,

ja, das ist das Mindeste, was man von einer Theorie als Kriterium für die Wissenschaftlichkeit fordern muss. Außerdem ist eine Theorie als gut zu bezeichnen, wenn sie folgende Punkte erfüllt:

Code:
 
1. Wenn sie mit den bereits vorhandenen Beobachtungen übereinstimmt
   und sie erklärt.

2. Wenn sie nur wenige willkürliche Elemente enthält.

3. Wenn sie in der mathematischen Formulierung elegant ist.

4. Wenn sie auch Vorhersagen über zukünftige Beobachtungen
   machen kann, welche die Theorie widerlegen können,
   wenn sich diese zukünftigen Beobachtungen nicht bewahrheiten
Zum Beispiel kann man der "Viele-Welten-Theorie" meines Wissens nur das Gut-Kriterium 3 zusprechen. Und das allein reicht nicht, um sie als wissenschaftlich zu akzeptieren.

Erfüllt denn die Bohmsche Theorie alle diese Gut-Kriterien? Das ist jetzt nur eine reine Frage, denn von dieser Theorie kenne ich fast gar nichts. Ich weiß nur, dass von den heutigen Physikern die Quantenmechanik anstelle der Bohmschen Theorie bevorzugt wird.

Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof
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Ach der Einstein, der schwänzte immer die Vorlesungen –
ihm hatte ich das gar nicht zugetraut!

Hermann Minkowski
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  #4  
Alt 09.08.11, 19:41
fossilium fossilium ist offline
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Standard AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien

Hi Roko, Hi Bauhof,

vielleicht sollte man erst mal klären, was eine physikalische Theorie ist.

Meines Erachtens die Beschreibung von (vergangenen oder zukünftigen) Beobachtungen.

Keinesfalls eine Aussage über das was ist. Mit dem was ist befasst sich die Metaphysik.

Oder irre ich mich ?

Gruss Fossilium
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  #5  
Alt 10.08.11, 08:40
RoKo RoKo ist offline
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Standard AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien

Hallo zusammen,
Zitat:
Zitat von fossilium Beitrag anzeigen
vielleicht sollte man erst mal klären, was eine physikalische Theorie ist.
Ein guter Ansatz.
Zitat:
Meines Erachtens die Beschreibung von (vergangenen oder zukünftigen) Beobachtungen.
Das ist m.E. zu knapp definiert.

Eine gute physikalische Theorie beschreibt (vergangenes und zukünftiges) spezifisch präpariertes Naturverhalten, dessen Resultate wir beobachtet haben und zukünftig beobachten können, um Rückschlüsse auf das Gesamtverhalten der Natur ziehen zu können.
Zitat:
Keinesfalls eine Aussage über das was ist. Mit dem was ist befasst sich die Metaphysik.
Richtig. Wir können nicht wissen, was ein Elektron ist. Wir haben aber eine Theorie über die Eigenschaften eines Elektrons und darüber, wie es sich unter bestimmten Bedingungen verhält.

Eine physikalische Theorie ist ein mathematisches Funktionsmodell für einen spezifischen Bereich der Natur. Es macht Aussagen über das "funktionieren" der Natur. Es muss nicht identisch mit dem spezifischen Bereich der Natur sein.
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  #6  
Alt 10.08.11, 09:26
RoKo RoKo ist offline
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Standard AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien

Hallo Bauhof,

deine 4 Kriterien sind geeignet, die Güte einer Theorie zu diskutieren. Ganz objektiv sind die Punkte 2 und 3 jedoch nicht, weil sich über "willkürlich" und "Eleganz" durchaus streiten lässt.

Zur Beurteilung der Interpretationen der QM ist hinzuzufügen, dass Punkt 4 kein Unterscheidungskriterium sein kann, soweit sich diese Interpretationen auf die unveränderte Schrödingergleichung beziehen. (KD, VWI, BM) Lediglich GRW will die SGL geringfügig abwandeln.
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  #7  
Alt 10.08.11, 10:11
RoKo RoKo ist offline
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Hallo Bauhof,

die m.E. eleganteste Darstellung der BM findet sich bei Oliver Passon, "Bohmsche Mechanik", ISBN 3-8171-1742-6.

Dort wird auf einer Seite (S.30) über die Betrachtung eines "Wahrscheinlichkeitsdichtestroms" und der Kontinuitätsgleichung die Bewegungsgleichung eines Teilchens, dass von einer Welle geführt wird, abgeleitet.

Das lässt sich auch anschaulich, z.B. am Doppelspalt darstellen.

Vor dem Spalt haben wir eine vorhersagbare Aufenthaltswahrscheinlichkeit. Zur Wahscheinlichkeitsdichte kommt man, wenn man diese z.B. durch tausend Punkte darstellt. Wenn man zu jedem dieser Punkte die "Bewegung" berechnet, dann erhält man die Wahrscheinlichkeitsdichte auf dem Schirm, die dann das bekannte Interferenzmuster zeigt.

Ich halte diese Darstellung deshalb für elegant, weil sie der Standard-QM nur eine leicht nachvollziehbare Betrachtung hinzufügt und damit erklärt, warum wir immer einen eindeutigen Messwert erhalten. Da diese Zusatzbetrachtung nur diesen Erklärungswert hat, kann jeder Standard-Physiker beruhigt mit der Standard-QM weiterarbeiten. Diese Zusatzbetrachtung ist m.E. auch mit der Darstellung der VWI/Dekohärenz vereinbar und sagt dann lediglich aus, dass von den "Vielen Welten" auf Grund von Anfangsbedingungen (Wir haben nur ein Elektron, auch wenn wir nicht wissen, wo es ist) nur eine real ist.
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  #8  
Alt 10.08.11, 10:12
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Bauhof Bauhof ist offline
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Standard AW: Quantentheorie und Wahrheitskriterien

Zitat:
Zitat von RoKo Beitrag anzeigen
... deine 4 Kriterien sind geeignet, die Güte einer Theorie zu diskutieren. Ganz objektiv sind die Punkte 2 und 3 jedoch nicht, weil sich über "willkürlich" und "Eleganz" durchaus streiten lässt.
Hallo RoKo,

absolut objektive Kriterien kann es gar nicht geben. Alles ist Menschenwerk, über das man diskutieren kann. Wenn wir ausschließlich nur absolut objektive Bewertungskriterien für physikalische Theorien tatsächlich zur Verfügung hätten, dann würde vermutlich keine der heutigen Theorien Bestand haben. Warum? Weil es keine endgültige physikalische Theorie geben kann.
Zitat:
Zitat von RoKo Beitrag anzeigen
... Lediglich GRW will die SGL geringfügig abwandeln.
Was bedeute die Abkürzung GRW? Hier ist sie nicht zu finden.

M.f.G. Eugen Bauhof
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Hermann Minkowski
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  #9  
Alt 10.08.11, 15:53
RoKo RoKo ist offline
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Hallo Bauhof,

GRW = Ghirardi-Rimini-Weber-Theorie
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Ge?ndert von RoKo (10.08.11 um 15:55 Uhr)
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  #10  
Alt 12.08.11, 16:04
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Hi Roko,

das Problem der Bestimmung, was eine Theorie ist, lebt von seinen Verästelungen. Ich versuche mal
diese Verästelungen abzuscheiden, indem ich wie folgt zuspitze:

Eine physikalische Theorie beschreibt, welche elementaren Strukturen und Gesetzmässigkeiten den Vorgängen in der Natur zugrunde liegen. Sie besteht grundsätzlich aus zwei Teilen: ein Teil, der etwas beschreibt, das beobachtbar ist, und einen anderen Teil, der beschreibt, was nicht beobachtbar ist. Der erste Teil enthält physikalische Aussagen, der zweite Teil metaphysische Aussagen. Die Sprache,
in der die Theorie abgefasst ist (Deutsch, Mathematik, Chinesisch) spielt keine Rolle.

Die Güte einer physikalischen Theorie ist umso grösser, je grösser der Teil der beobachtbaren Aussagen ist. Enthält sie nur unbeobachtbare Aussagen, ist sie keine physikalische Theorie mehr, sondern Metaphysik.

Soweit die VWT unbeobachtbare Aussagen macht, ist sie reine Metaphysik. Das gleiche gilt für die Stringtheorie. Aussagen über den Ort eines Quantenobjekts außerhalb von Beobachtungen sind auch Metaphysik, es sei denn die Theorie bestimmt den Ort, und diese Bestimmung wäre z.B. zukünftigen Beobachtungen zugänglich.

Letzendlich wirft diese Deutung des Begriffs Theorie die Grundsatzfrage auf, ob wir - unter Anwendung wissenschaftlichen Methoden - nur das wissen können, was letzendlich beobachtbar ist – oder auch das was, sich jeder Beobachtung entzieht.


Gruss
Fossilium
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